Protocol of the Session on December 12, 2001

(Georg Nolte, CDU: Rezession.)

In der Wirtschaftswissenschaft schlichtweg Rezession. Auch wenn Sie die Bauwirtschaft rein- oder rausrechnen, Sie können es drehen oder wenden, wie Sie wollen, Sie bleiben immer bei einem dicken Minus haften. Und Ihr Haushalt, wenn Sie sich mal allein die Investitionsausgaben angucken, gibt keine hinreichende Antwort darauf, wie man da entgegensteuern könnte.

Meine Damen und Herren, geht von Ihrem Haushalt wirklich eine Aufbruchstimmung, eine Aufholstimmung aus oder ist Ihre Devise „Verwalten statt gestalten“? Wenn man sich die Ergebnisse im Finanzausschuss anguckt, dann kann man eigentlich nur deprimiert sein. Man müsste ja eigentlich meinen, dass man, um wirklich strukturelle Verbesserungen zu erreichen, darangeht, die sächlichen Verwaltungsausgaben zu kürzen und Mittel zugunsten der 7er- und 8er-Titel umzuschichten. Weit gefehlt! Realität ist, die sächlichen Verwaltungsausgaben sind im Rahmen der Beratungen noch einmal um 22,4 Millionen Euro in 2002 und um 21,7 Millionen Euro in 2003 angehoben worden. In den gleichen Jahren sinken die Investitionsausgaben um 43,4 Millionen Euro im nächsten Jahr und in 2003 um 67,5 Millionen Euro. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind, wenn ich noch richtig rechnen kann, 110 Millionen Euro in zwei Jahren oder runde 220 Millionen DM.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Unglaublich!)

Können Sie sich mal ausrechnen, was Sie mit 220 Millionen DM an Investitionsvolumen anschieben könnten?!

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Das heißt, im Städtebau könnten Sie die Summe mal sechs, mal sieben nehmen, bei der Wirtschaftsförderung im Schnitt mal drei bis vier. Das heißt, Sie könnten fast 1 Milliarde Mark an zusätzlichen Investitionen daraus machen. Das ist Ihre Politik für Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig! Richtig!)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, sparen ist sicher sinnvoll, aber sparen ist nur dann sinnvoll, wenn man auch mit Verstand spart. Und wer bei diesen Steuermindereinnahmen schon einen Ausgleich zu drei Viertel schafft über die Erhöhung der geplanten Nettoneuverschuldung, dem kann ich nur eins sagen, Sie haben in drei Jahren rot-roter Landesregierung überhaupt keine Vorsorge für die Zukunft getroffen, weder für das Jahr 2006, Stichwort Neustrukturierung EU-Fördermittel, noch für das Jahr 2004, Auslaufen Solidarpakt I.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich höre schon die Finanzministerin wieder davon reden, dass die Vorschläge der CDU unseriös sind, dass es keine Gegenfinanzierung gibt.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS: Richtig. – Dr. Ulrich Born, CDU: Falsch, Frau Gramkow, stimmt nicht.)

Frau Finanzministerin, wir werden uns im nächsten Jahr, im Wahljahr die Mühe machen, all die Vorschläge von Seiten der CDU-Landtagsfraktion aufzulisten, die Sie als unseriös bezeichnet haben und die Sie dann im nächsten Haushalt realisiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: So.)

Diese Mühe werden wir uns machen, Frau Finanzministerin, und wir werden dort etliche Punkte miteinander finden.

Das heißt, die CDU will und wird nicht in den Schuldenstaat hineingehen. Sie werden jetzt immer wieder Vergleiche zu den Jahren 1994 und 1995 finden und heranziehen. Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Erinnerung: 1994 reales Wirtschaftswachstum in Mecklenburg-Vorpommern fast 11 Prozent, 1995 reales Wirtschaftswachstum rund 6 Prozent. Und, noch mal zur Erinnerung, wir werden in diesem Jahr bei minus 2 Prozent liegen und im nächsten Jahr eher noch ein Tick unter minus 2 Prozent.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann noch mal zu einem Faktor: Sie brüsten sich ja immer damit, dass Sie die Nettoneuverschuldung drastisch abgesenkt haben. Nur, Sie sind nicht mal Ihren eigenen Zielen gerecht geworden. Sie haben für die Jahre 2000 bis 2003 kumuliert die Nettoneuverschuldung um 238,3 Millionen Euro überschritten, das sind rund 460 Millionen DM. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, Sie haben Ihre politischen Ziele auch auf diesem Gebiet nicht einmal ansatzweise erfüllt, erfüllen können oder nicht erfüllen wollen.

Und auch hier zur Erinnerung, wie die Situation in den Jahren 1994/95 aussah: Wir haben im Jahr 2000 minus 400 Gewerbeanmeldungen im Saldo. Zur Erinnerung: 1994 5.800 plus, 1995 rund 5.000 plus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, das sind in zwei Jahren fast 11.000 Gewerbeanmeldungen in einer Zeit, als der Boom der Imbissbuden und so weiter schon längst ein Stück weit vorbei war. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sage ich Ihnen ganz offen, ich bin stolz darauf, dass wir in den ersten Jahren Grundsteine legen konnten als CDU-geführte Landesregierung, als CDUFraktion in der Verantwortung, dass sich hier in zwei Jahren 10.000 Menschen im Land dazu entschlossen haben, sich selbständig zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

So einen Gründerboom, so eine Aufbruchstimmung, das wünschte ich mir heute.

(Angelika Gramkow, PDS: Wie viel sind davon noch da?)

Ach, Frau Kollegin!

(Angelika Gramkow, PDS: Soll ich Ihnen das mal hier sagen?!)

Herr Kollege Holter hat gerade gesagt, dass Mecklenburg-Vorpommern das Land ist, in dem sich die meisten Existenzgründer am Leben erhalten haben in den letzten zehn Jahren. Sie widersprechen Ihrem eigenen Minister.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Auweia!)

Der hat doch gesagt, dass wir da Spitze sind, Frau Kollegin Gramkow.

(Angelika Gramkow, PDS: Ich habe Sie gefragt, wie viele aus der Gründerzeit noch da sind.)

Und deswegen denke ich mal, von den 11.000 in den Jahren 1994/95 leben heute die allermeisten noch,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Wie viele denn?)

nach seinen Worten zumindest mehr als in Sachsen und Thüringen.

(Angelika Gramkow, PDS: Wie viele sind es denn? Zahlen sind doch da.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur politischen Ehrlichkeit gehört doch auch Folgendes:

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Jetzt sind wir aber gespannt.)

Herr Kollege Borchert, vielleicht haben Sie ja nicht das Kurzzeitgedächtnis wie andere. „,Sparen‘... sollte für Sie“, so beginnt das Zitat, gemeint sind die Finanzpolitiker in Bund und Ländern, „vor allem heißen: Investieren in realwirtschaftliche Entwicklung. Denn eine Politik, die notwendige Investitionen in die Zukunft versäumt, trägt mehr zur Belastung künftiger Generationen bei als eine Politik, die nicht primär Schulden abbaut.“ Und weiter im Zitat: „Woher sollen Zinsen und Schuldentilgung denn kommen, wenn nicht aus realwirtschaftlichem Wachstum?“ Man ist also – und hören Sie genau zu! – „kein Bittsteller, wenn“ man „mehr Investitionsmittel verlang(t), sondern ein Anwalt der volkswirtschaftlichen Vernunft!“ Kollege Borchert, wissen Sie noch, woher das stammt? Scheinbar wissen Sie es nicht mehr.

(Rudolf Borchert, SPD: Klären Sie mich mal auf!)

Ja, Herr Kollege Borchert, das ist der Aufruf des Bundestagsabgeordneten Richter infolge des Thierse-Papiers. Und diesen Aufruf haben Sie unterschrieben.

(Rudolf Borchert, SPD: Gut. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das hast du gut gemacht.)

Das heißt, diesen Aufruf haben Sie unterschrieben,

(Angelika Gramkow, PDS: Er hat Recht. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Herr Kollege Borchert, gemeinsam mit Herrn Rothe von der IHK Schwerin, mit Herrn Seidel vom Unternehmerverband Rostock und mit Professor Seitz von der Uni Frankfurt/Oder,

(Rudolf Borchert, SPD: Da sehen Sie mal, Herr Rehberg!)

der ein Gutachten für das Finanzministerium zum Ausgleichsfaktor Länderfinanzausgleich erstellt hat. Wenn dieses richtig ist, Herr Kollege Borchert,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

wenn Sie diese Passage anerkennen und wenn dies von volkswirtschaftlicher Vernunft zeugt – und Sie haben es ja unterschrieben –, dann kann das doch im Umkehrschluss nur heißen, dass Ihre Politik und die Politik Ihrer Finanzministerin eine Politik der haushaltspolitischen Unvernunft ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Herr Borchert, warum haben Sie, als wir hier im Landtag den Antrag gestellt haben, dass wir den Ministerpräsidenten aus Thüringen Bernhard Vogel unterstützen wollen bei seinem Sonderprogramm Ost, wo es ja nicht um ein Mehr ging, sondern um das Vorziehen von Infrastruktur

maßnahmen, warum haben Sie gegen unseren Antrag gestimmt? Sie haben nicht mal den Mut gehabt, sich zu enthalten beziehungsweise nicht mit abzustimmen und eine persönliche Erklärung abzugeben.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Du bist ja ein Schlimmer!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Borchert, ich rate Ihnen, überlegen Sie sich vorher, was Sie unterschreiben, ob Sie das dann auch wirklich in allen Phasen Ihres politischen Alltags einhalten können.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Rehberg!)

Noch einmal, das Zitat ist korrekt und Sie haben das unterschrieben. Ich bin hoch gespannt, wenn Sie nachher hier zum Haushalt reden als finanzpolitischer Sprecher, was Sie zu diesem Doppelhaushalt 2002/03 dann noch zu sagen haben.