Protocol of the Session on November 15, 2001

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Notwendig ist meines Erachtens, die Eigeninitiative und den Unternehmergeist junger Menschen zu fördern. Vor dem Hintergrund der Tendenz des Wegzugs junger Menschen aus Mangel an Arbeitsplätzen hat die Schaffung innovativer Arbeitsplätze allergrößte Priorität auch in der Forschungs- und Technologiepolitik. Die Landesregierung hat dazu den schon erwähnten Zukunftsfonds eingerichtet. In den Mittelpunkt der Verwendung der Finanzmittel soll die Förderung der Jugend und junger Existenzgründer gerückt werden. Die Tendenz des anhaltenden Wegzugs, besonders von jungen qualifizierten Menschen, muss gestoppt und umgekehrt werden. Dazu kann der Zukunftsfonds einen Beitrag leisten. Zudem sollten europäische Wanderungs- und Freiwilligenjahre gefördert und ausgebaut werden, um für zeitbefristete Mobilität, Arbeitswelterfahrung im Ausland und damit verbundene Erhöhung der Fremdsprachenkompetenz Anreize zu schaffen.

Auch die Hochschulen, und hier besonders die Fachhochschulen, sind dabei, sich auf die neuen Herausforderungen in der Wirtschaft einzustellen. Vor allem in den Studiengängen der Informations- und Technologiebranche werden neue Studiengänge angeboten, die die Ausbildung einerseits erheblich verkürzen und andererseits den Praxisbezug verstärken. Damit wächst die Attraktivität unserer Hochschulen im nationalen, aber auch im internationalen Maßstab. Die Rahmenbedingungen für die Flexibilität und inhaltliche Ausrichtung der Studiengänge und Forschungsschwerpunkte werden in naher Zukunft mit dem zu verabschiedenden neuen Landeshochschulgesetz noch verbessert. Das stimmt mich angesichts der gegenwärtigen intensiven Bemühungen zur Modernisierung von Lehre und Forschung an unseren Hochschulen optimistisch sowohl für die künftigen Zahlen von Studentinnen und Studenten im Land als auch für qualitative Verbesserungen.

Zur Schaffung beruflicher Perspektiven gehört jedoch auch, besonders in den ländlichen Regionen die Lebensqualität für junge Menschen zu steigern.

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

Jugendtreffs, Kino und Theater, vor allem aber Möglichkeiten der kreativen Freizeitgestaltung und das ehrenamtliche Engagement

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

verdienen gesellschaftliche Anerkennung und Förderung.

Zudem, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung mit dem Programm „Chancen im Wandel“ als erste Bundesregierung überhaupt erstmals ein umfassendes, ressortübergreifendes Programm zur Jugendpolitik vorgelegt. Mit dem Regierungsprogramm wird unterstrichen, dass Jugendpolitik Querschnittspolitik ist, die einer klaren politischen Leitlinie folgt. Die zwei wesentlichen Ziele sind, der jungen Generation bessere und gerechtere Chancen auf Arbeit und Bildung zu ermöglichen und die Erziehung zu Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit zu verstärken. Die SPD-geführte Bundesregierung hat bereits in den ersten drei Regierungsjahren bewiesen, wie positiv sich eine koordinierte Politik für die Jugend auswirkt. Die Bündelung und Verzahnung der vorhandenen Jugendaktivitäten wird nun noch weiter verstärkt.

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Jugendpolitik ist damit in allen zentralen Handlungsfeldern verankert und umfasst die ganze Palette von Themenbereichen.

Herr Glawe, Sie waren nicht mal bereit, die Beteiligung von Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen mit zu unterstützen

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja, ja, ja.)

und sitzen hier und maulen und meckern nur an unseren Vorschlägen herum. Ich finde das unglaublich. Ich finde es unglaublich!

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Meine Damen und Herren, ich bitte die Zwischenrufe jetzt endlich mal etwas einzustellen. Es wird ständig dazwischengeredet.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Aber dann auch auf der anderen Seite.)

Es ist auf der anderen Seite nicht so dazwischengeredet worden, Herr Rehberg. Ich sehe das von hier oben sehr genau

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ja? – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und ich bitte auch, das zu beachten.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Jaja, wir werden uns wieder sprechen. – Minister Till Backhaus: Was ist denn das hier für ein Stil?! Er ist wieder größenwahnsinnig heute.)

So erhalten Kinder und Jugendliche in benachteiligten Lebensverhältnissen noch bessere Unterstützung. Ein neues, auf fünf Jahre angelegtes Programm soll die Lebensbedingungen junger Menschen verbessern, die in sozial schwachen Regionen von fehlenden Bildungs-, Ausbildungs- und Unterstützungsmöglichkeiten betroffen sind. Im Rahmen des Kinder- und Jugendplans werden neue Initiativen gefördert, aus denen in Zusammenarbeit mit Kommunen und der Wirtschaft Projekte von Jugendlichen für Jugendliche hervorgehen. Die Chancen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung müssen allen Jugendlichen

offen stehen. Sie müssen die Chance haben, ihre Ideen zu realisieren, ihren eigenen Weg zu finden und aktiv am materiellen und ideellen Reichtum der Gesellschaft teilzuhaben.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Volker Schlotmann, SPD)

In der Jugendpolitik haben soziale Gerechtigkeit und Sicherheit daher ebenso Gewicht wie Modernität und Individualität. Jugendliche brauchen Freiräume zur Entfaltung, sie brauchen aber auch Sicherheit in dreifacher Hinsicht: materielle Sicherheit, Sicherheit auf soziale Anerkennung und Sicherheit im gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Die Bilanz der ersten drei Regierungsjahre beweist deutlich, wie entschieden die Politik der gesamten Bundesregierung die Chancen junger Menschen fördert, und diesen Weg gilt es auf Bundes- wie auch auf Landesebene weiterzugehen. Wir werden deshalb dem vorliegenden Antrag zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD)

Das Wort hat jetzt die Vorsitzende der PDS-Fraktion Frau Gramkow. Bitte sehr, Frau Gramkow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Dr. Born, es gibt keine Lösung des Problems und ich finde es schon etwas makaber, wenn nicht der Inhalt von Ihnen diskutiert, sondern an der Form herumgemäkelt wird. Haben Sie nie etwas von Dialektik gehört?

Die demographische Entwicklung ist eine wirkliche Herausforderung für ein zukunftsfähiges Land – und ich füge hinzu –, für die Politik, die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft und deswegen werde ich Ihnen eine etwas längere Betrachtung des Themas jetzt nicht ersparen. Dieses gilt nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern, sondern für uns alle.

Eine Kernthese der Demographen lautet: Bevölkerungsentwicklung ist das Resultat des Wirkens objektiver Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung sowie individueller Haltungen und Motive. Sie ist folglich eine Kombination aus objektiven und subjektiven Faktoren. Und sie ist vor allem ein langfristiger Prozess, bei dem Fehlentscheidungen zu Fehlentwicklungen führen, die erst sehr viel später sichtbar werden. Das ignoriert die Opposition in unserem Land und versucht, die Bevölkerungsentwicklung in jedem Falle als direktes Ergebnis der Qualität der aktuellen Politik zu verkaufen. Die Ursachen für diese Entwicklung liegen aber Jahre zurück und reichen noch über die DDR hinaus. Das heißt nicht, dass wir die vorhandenen Tatsachen ignorieren dürfen, aber ich bin davon überzeugt, dass sich Fakten, die sich über Jahrzehnte herausgebildet haben, eben nicht in kurzfristiger Zeit beseitigen lassen. Dies zu behaupten ist populistisch und unredlich.

Die demographische Entwicklung lässt sich in vier Grundprozesse einteilen:

1. Geburten,

2. Todesfälle,

3. Abwanderung oder man kann es auch Fortzüge nennen,

4. Zuwanderung oder eben Zuzüge.

Nur in ihrem Zusammenhang und ihren gegenseitigen Wechselbeziehungen lassen sie sich betrachten und sind so die Basis für Lösungsansätze. Ein Teilgebiet, zum Beispiel die Abwanderung, herauszugreifen, ist bei aller Bedeutung des Themas viel zu wenig.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Was würde es langfristig nützen, wenn, übertrieben formuliert, so wenig Kinder geboren werden, dass keiner mehr abwandern kann?

Meine Damen und Herren, das vorhandene Zahlenmaterial ist umfassend und in seiner Masse schon fast erdrückend. Es bildet die reale Situation korrekt ab, sagt aber natürlich wenig über die Ursachen und Lösungsmöglichkeiten. Was können wir aus den nackten Zahlen, bezogen auf die vier schon genannten Grundprozesse demographischer Entwicklung, entnehmen? Ich will, trotz dessen hier schon viel gesagt ist, es komprimiert zusammenfassen:

Erstens. Geburtenentwicklung und Sterbefälle

Seit 1991 gibt es in unserem Land mehr Menschen, die sterben, als Menschen, die geboren werden. Die Geburtenrate ist im Verhältnis zur DDR-Zeit auf ein Drittel gesunken. Das Saldo der Zahlen von 1994 betrug 10.901. So viele Menschen starben mehr, als in diesem Jahre geboren worden sind. Und noch 1999 standen 12.598 Geburten 17.458 Sterbefällen gegenüber. Das Erfreuliche daran ist, die Anzahl der Geburten steigt wieder in unserem Land, während sich die Zahl der Sterbefälle vermindert. Aber das Unerfreuliche, der Anstieg der Geburtenrate reicht nicht aus, um die Sterbefälle zu kompensieren. Das Verhältnis entwickelt sich positiv, aber wir sind von einem demographisch gesunden Saldo noch weit entfernt.

Man kann dies auch anders ausdrücken: Die Nettoreproduktionsrate liegt bei 0,65 Prozent, das heißt, die Elterngeneration wird nur zu zwei Dritteln durch Nachkommen ersetzt. Anzumerken wäre auch, dass diese Entwicklung kein Phänomen unseres Landes ist, sondern wir uns in einem Boot in der Bundesrepublik und in anderen Industriestaaten befinden. Geht das so weiter, könnte aus dem Boot aber auch ein sinkendes Schiff werden.

(Zurufe von Dr. Berndt Seite, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)

Meine Damen und Herren der CDU, ich habe Ihnen sehr gut zugehört. Vielleicht sollten Sie dies wirklich tun.

Zweitens. Zu den Wanderungsbewegungen

Wanderungsbewegungen erfassen Zu- und Fortzüge über die Landesgrenzen hinweg. Das ist ein Zustand, von dem wir alle wissen und der uns bewegt. Es gibt jedoch noch einen anderen, nämlich die Wanderungsbewegungen innerhalb des Landes. Sie sind für politische Entscheidungen mindestens genauso wichtig. Die Folgen dieser Bewegungen sehen wir zum Beispiel an dem Problem der Speckgürtel um die kreisfreien Städte, aber auch in einer zunehmenden Überalterung in unseren kleinen Gemeinden.

Doch lassen Sie mich zurückkommen zu den Zu- und Wegzügen über die Landesgrenzen hinweg. Die 1990 begonnene Wanderung hat sich hinsichtlich ihrer Grundmuster, also objektive und subjektive Faktoren, bis 1999 doch kaum verändert. In den letzten Jahren sind aller

dings zwei wiederum gegensätzliche Tendenzen nachweisbar. Das Erfreuliche: Bei der Altersgruppe über 60 sind deutliche Zuwächse bei den Zuzügen in unserem Land zu verzeichnen. Das Unerfreuliche: In der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen verlassen überproportional viele junge Menschen das Land. Darunter sind zwei Gruppen, die richtig wehtun: Es sind gut ausgebildete und – was für mich noch schlimmer ist – es sind gut ausgebildete junge Frauen. Die Folgen sind, dass es einen erheblichen Männerüberschuss von circa 10.000 im Land gibt.