Protocol of the Session on November 14, 2001

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie knüpfen wieder an die erfolgreichen 40 Jahre an.)

Mit dem Job-AQTIV-Gesetz wird sich dieser Prozess leider weiter fortsetzen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Herr Holter knüpft wieder an erfolgreiche 40 Jahre an.)

Und gestatten Sie mir dazu ein paar Worte. Auch meine Fraktion sieht positive Ansätze in diesem Gesetz, für die wir jahrelang außerparlamentarisch gekämpft haben, so zum Beispiel:

1. die Abschaffung einer Wartezeit bis zum Eintritt in Fördermaßnahmen,

2. die Wiederaufnahme der Förderung von Hauptschulabschlüssen,

3. die Aufnahme von Zeiten des Bezugs der Erwerbsminderungsrente, des Mutterschaftsgeldes sowie von Kindererziehungszeiten in die Versicherungspflicht der Bundesanstalt für Arbeit und

4. die Ausdehnung der Möglichkeiten für ehrenamtliche Tätigkeit ohne Nachteile.

Das ist ausgesprochen positiv. Aber diese Regelungen des Job-AQTIV-Gesetzes wurden den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der tatsächlich eingetretenen Lage auf dem Arbeitsmarkt mit dem gewaltigen Ost-West-Gefälle leider nicht gerecht, und schon gar nicht der hohen und verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit,

(Harry Glawe, CDU: Ach nee?!)

zumal weder der Bundeshaushalt noch der Etat der Bundesanstalt für Arbeit die notwendigen Mittel zu ihrer Finanzierung vorsieht.

(Harry Glawe, CDU: Wir hatten noch nie so viel Arbeitslose wie unter der PDS-Regierung und Herrn Holter.)

Dieses Gesetz soll haushaltneutral sein.

(Harry Glawe, CDU: 34 Prozent sind langzeitarbeitslos.)

Alle neuen guten Maßnahmen müssen damit aus dem Vorhandenen finanziert werden und sie gehen zu Lasten von Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen. Und dies kann für MecklenburgVorpommern bedeuten, dass wir das durchschnittliche Niveau dieser Maßnahmen zum Beispiel bei ABM von 17.000 auf eine Entwicklung zum Jahresende von durchschnittlich 12.000 ABM-Stellen in Mecklenburg-Vorpommern vielleicht im nächsten Jahr nicht halten können? Welchen Sinn hat eine dreijährige Wartefrist nach einer Beschäftigungsmaßnahme, außer Langzeitarbeitslosigkeit zu verfestigen und die Gefahr von Sozialhilfe nicht bannen zu können?

Meine Damen und Herren, die ostdeutschen Länder werden noch lange Zeit und auf ein hohes Niveau von aktiver Arbeitsmarktpolitik angewiesen sein. Wir fordern deshalb nicht ABM und SAM auf Teufel komm raus, und schon gar keine Wahl-ABM. Aber eins ist doch klar: Wenn von 100 Mark aktiver Arbeitsmarktpolitik 5 Mark in der Verantwortung des Landes liegen, haben wir eine Verantwortung, uns um die restlichen 95 Mark zu kümmern. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist schon bemerkenswert, welche sprachlichen Kunststücke Herr Holter und sein Pressesprecher Monat für Monat vollbringen, um die sich ständig verschlechternde Lage auf dem Arbeitsmarkt schönzureden. Wenn man den Reden Glauben schenken würde, so müsste sich die Lage von Monat zu Monat seit dem Regierungsantritt kontinuierlich verbessern,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Da war auch jeden Monat etwas anderes.)

eine Erfolgsbilanz müsste sich an die nächste reihen und das Problem der Arbeitslosigkeit schon in absehbarer Zeit keins mehr sein. In Erinnerung sei nur gerufen, dass man 20.000 Arbeitslose weniger haben wollte.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Sehr interessant waren vor wenigen Tagen zwei Vorträge von Herrn Seutemann – das ist der Präsident des Landesarbeitsamtes Nord – auf den Regionalkonferenzen in Schwerin und Neubrandenburg. Und zwar stellte er die so genannten Ringstorff/Holter-Kurven vor.

(Heiterkeit bei Dr. Christian Beckmann, CDU)

Und die Kurven drücken sich so aus: Er legte die Arbeitslosenkurven der Jahre 1999, 2000 und 2001 übereinander, und glauben Sie, die Kurve des Jahres 2001 war in jedem Monat die höchste Kurve gegenüber dem Jahr 1999 und auch gegenüber den Vorjahren, wenn Sie weitere Vergleiche ziehen.

(Harry Glawe, CDU: So ist es. – Angelika Gramkow, PDS: Sagen Sie auch dazu, dass es die anderen Länder damit verglichen hat und wir da gar nicht so schlecht aussehen?)

So viel zur Realität, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Harry Glawe, CDU: Jeden Monat, drei Jahre lang!)

Und jetzt muss man noch einmal die Frage stellen, was ist hausgemacht und welche äußeren Einflüsse haben wir. Ich habe hier schon im September darauf hingewiesen, dass der Export in Deutschland im ersten Halbjahr 2001 gegenüber dem ersten Halbjahr 2000 um acht Prozent gewachsen ist. Das heißt, die nachlassende Konjunktur ist zu weiten Teilen hausgemacht. Wir haben ja heute noch einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt zur Steuerschätzung. Darauf kann man dann näher eingehen.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Gramkow, Herr Minister Holter, wir haben in Mecklenburg-Vorpommern Rezession. Wir haben ein Wirtschaftswachstum von minus 2,1 Prozent und das nennt man Rezession. Ich sage Ihnen für das nächste Jahr voraus: Wenn die Wirtschaftsforschungsinstitute heute für Gesamtdeutschland ein Wachstum von 0,6 Prozent prognostizieren, dann geht das Wirtschaftswachstum in Mecklenburg-Vorpommern ins Minus hinein. Und was tun Sie dagegen? – Nichts, aber auch gar nichts!

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist doch falsch.)

Sie haben eine völlig verfehlte und eine falsche Politik. Warum haben Sie nicht Ja gesagt zum Infrastrukturprogramm des Thüringischen Ministerpräsidenten? Warum sagen Sie Ja zur Ökosteuer?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Warum sagen Sie Ja zu einer Steuerreform, die Sie mittlerweile, Frau Gramkow, bedauern? Haben Sie denn nicht mitgekriegt schon letztes Jahr, dass außer einem warmen Händedruck für Mecklenburg-Vorpommern nichts herausgekommen ist?

(Herbert Helmrich, CDU: Heiße Luft! – Angelika Gramkow, PDS: Haben Sie nicht mitgekriegt, dass ich dazu nicht Ja gesagt habe? Sie wissen doch immer alles.)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Ihre Lösung wirklich der öffentliche Beschäftigungssektor ist, der pro Nase 40.000/50.000 Mark kostet, dann kucken Sie sich die Zahlen an im Haushalt des Arbeits- und Bauministeriums! Herr Holter hat hier selber gesagt, er hat in ÖBS und „Jugend baut“ circa 840 Beschäftigte, Kosten 46 Millionen DM oder 23 Millionen Euro.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ein Skandal!)

Das ist doch keine zielorientierte Arbeitsmarktpolitik!

(Angelika Gramkow, PDS: Sie sollten mal Ihre Zahlen überprüfen, Herr Rehberg!)

Dieses Geld sollten Sie lieber in der Infrastruktur ausgeben. Das ist der völlig falsche Politikansatz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und wo bleiben Ihre Politikansätze?

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Wenn ich diese Programmteile sehe für die zunehmende Zahl der Langzeitarbeitslosen in Mecklenburg-Vorpommern, für die älteren Arbeitnehmer, was haben Sie für sie übrig, wo ist Ihr politischer Ansatz?

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Den sage ich Ihnen sofort.

(Angelika Gramkow, PDS: Der Transrapid. – Barbara Borchardt, PDS: Niedriglohnsektor.)

Ich denke, es ist völlig inakzeptabel, die klassischen ABM noch heute mit der Gießkanne zu verteilen, und das wird weiter gemacht. Hier eine Konzentration für Ältere und für soziale Problemgruppen vorzunehmen, das halte ich für richtig. Genauso inakzeptabel ist es, 25-Jährigen Mobilitätsbeihilfen von bis zu 8.000 DM zu geben, damit sie dieses Land verlassen. Auch dieses ist inakzeptabel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und, meine Damen und Herren, was haben Sie denn geschafft in diesem Jahr, was die Sozialhilfeempfänger betrifft? – Eine Steigerung um 12,5 Prozent. Auch das ist Ergebnis Ihrer Politik.

(Dr. Christian Beckmann, CDU: Skandalös, skandalös!)