Protocol of the Session on September 24, 2001

(Wolfgang Riemann, CDU: Das können wir doch im Januar beschließen.)

Und, Herr Ritter, wenn Sie sagen, die CDU habe keine Beweise, dann lassen Sie mich noch eins anmerken:

(Angelika Gramkow, PDS: Seit zehn Jahren ist das so. Das hat nämlich was mit Haushaltsvollzug und -ablauf zu tun.)

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Nun überfordere mal Herrn Rehberg nicht!)

Im letzten Jahr zur gleichen Zeit waren nur 44 Prozent nicht ausgegeben. Also ich habe den Eindruck,

(Angelika Gramkow, PDS: Und zum Jahresende?)

je mehr sich Herr Holter mit seinen Vorgängen im Ressort befassen muss,

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Rehberg, zum Jahresende?!)

desto weniger ist er in der Lage, sachgerechte Politik zu machen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Und weil er dazu nicht in der Lage ist, Herr Böttger, sollten Sie heute die Hand für unseren Antrag heben.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Gerd Böttger, PDS: Jaja!)

Herr Ritter, Sie haben Beweise gefordert. Ich will nur einen einzigen hier beiziehen. Wie finden Sie den Zusammenhang, wenn ein Referatsleiter im Arbeitsministerium am 8. Januar 2001 schreibt: „In diesem Zusammenhang stellt sich für mich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Firma BBJ Servis GmbH bisher für das Ministerium in diesem Bereich tätig geworden ist. Ebenso ist fraglich, in welchem Umfang bereits eine vertragliche Verpflichtung zur Leistungserbringung durch die Firma BBJ Servis GmbH besteht.“? Er führt hier weiter aus, dass nach sei

ner Auffassung der Vertragsentwurf die Mitwirkungspflichten des Auftraggebers nicht ausreichend definiert und so weiter und so fort. Und darauf antwortet ein paar Tage später der stellvertretende Abteilungsleiter Arbeitsmarktpolitik Herr Klinger ganz direkt: „Soweit im Auftrag des Arbeitsministeriums agiert wurde, sind seitens BBJ nach meinem Wissen Einzelrechnungen gelegt worden.“ Das Wissen holt er sich übrigens nicht aus dem Arbeitsministerium, sondern dieses Wissen holt er sich, ich zitiere weiter: „Dies betrifft nach Rücksprache mit Frau Bötel, BBJ, Rechnungen über drei Tagessätze im Februar 2000 und diverse andere Einzelrechnungen.“ Meine Damen und Herren, wo leben wir? Hier werden einfach Einzelrechnungen gestellt, hier werden Tagessätze fixiert, ohne dass es hier ganz offenkundig eine vertragliche Grundlage gibt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Vor allen Dingen werden sie auch noch bezahlt.)

Und weiter führt Herr Klinger zur freihändigen Vergabe aus – hören Sie gut zu, Herr Holter, weil Sie sagen, es ist alles korrekt verlaufen: „3. Einziger Grund für die freihändige Vergabe ist die ausschließliche Geeignetheit des Bieters im Kontext der bereits erbrachten Leistungen und konkreten Arbeitszusammenhänge.“ Aber scheinbar ist der Hintergrund ein ganz anderer. Er führt weiter aus: „Aktuelle Verpflichtungen im Sinne formal rechtlich abgesicherter vertraglicher Vereinbarungen bestehen nicht. Gleichwohl sind die Aktivitäten von BBJ, veranlasst durch die Hausspitze, zurzeit eingebettet in die Planungen von VIII M“, das ist der Minister.

Und, meine Damen und Herren, das ist nun für mich wirklich der dickste Hammer. Herr Klinger schreibt zur Preisgestaltung: „Nach Durchsicht des Angebotes und in Anbetracht der nach meiner Einschätzung notwendigen Organisations- und Beratungsleistungen erscheint die von der Bieterin kalkulierte Vergütung sachgerecht.“ Und jetzt kommt die Fußnote, diese müssen Sie sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: „Meine Einschätzung“, die vom stellvertretenden Abteilungsleiter Arbeitsmarktpolitik, „gründet sich dabei weniger auf meine Erfahrungen im Rahmen der mir seit dem 1. Januar 2001 übertragenen Aufgaben von VIII 510“ – und jetzt hören Sie zu – „als vielmehr aus meiner BBJ-Innensicht.“

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist es.)

Das heißt, hier wird ein Vermerk geschrieben, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht in der Verantwortung als stellvertretender Abteilungsleiter, sondern – noch einmal gerade für Sie, meine Damen und Herren von der SPD –, „aus meiner BBJ-Innensicht“.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Was hat das mit Arbeit im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu tun? Kann mir das jemand erklären?! Kann mir das jemand von Ihnen erklären?!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Übrigens ganz nebenbei, auch wieder zum Mitschreiben, es ging hier um rund 350.000 DM Beratungsleistung. Und wenn Sie die Muße haben, gucken Sie sich den Vertrag mal ganz genau an. Hier ist keine Leistung konkret fixiert. Lediglich eins ist fixiert, dass zwei Stellen bezahlt werden. Das ist fixiert. Das heißt, man muss davon ausgehen, wenn Tagungen stattfinden, dann kommen Tagungskosten, Reisespesen, Übernachtungen und so wei

ter noch oben drauf. Und für was, Herr Holter? Wo sind die Ergebnisse? Wofür?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Herr Ritter, meine Damen und Herren, wollen Sie noch mehr Beweise haben? Herr Ministerpräsident, ich verlange ja gar nicht, dass Sie das selber durchgelesen haben, aber Sie müssen doch Mitarbeiter haben, die Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident, das ist der Inhalt des Berichtes der Innenrevision. Und da stellen Sie sich vor Ihren Bauminister, in Kenntnis dieses Berichtes?! Herr Ringstorff, wenn Sie es wünschen, ich stelle Ihnen diesen Bericht zu. Dann lesen Sie ihn bitte selber und bilden Sie sich ein Urteil.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Ich kann Ihnen nur dringendst raten, allerdringendst raten: Lesen Sie gründlich und bilden Sie sich dann Ihre Meinung! Und denken Sie daran – darauf sind Sie mit Ihrem Amtseid verpflichtet –, Sie haben die Belange des Landes Mecklenburg-Vorpommern wahrzunehmen und nicht die Interessen von Herrn Holter und der PDS!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, das habe ich versucht deutlich zu machen, dass in der Arbeitsmarkt- und Baupolitik ein politischer Neuanfang notwendig ist. Mit diesem Minister Holter ist dies nicht zu erreichen. Ich denke, die politische Seite ist die eine Komponente. Mein Kollege Uli Born wird noch deutlicher auf die dubiosen Vorgänge im Arbeits- und Bauministerium eingehen, das ist die andere Seite.

Aus meiner Sicht, Herr Ministerpräsident, müssen Sie Herrn Holter aus beiden Gründen entlassen, denn – Herr Holter, das werfe ich Ihnen ganz persönlich vor – Sie haben hier, Sie persönlich und die PDS als Partei, eine politisch moralische Messlatte für solche Vorgänge gelegt.

(Dr. Berndt Seite, CDU: Ja.)

Wir führen nicht zum ersten Mal Debatten über Rücktrittsforderungen. Sie aber haben eine ganz, ganz hohe Latte für sich gelegt. Wie tief wollen Sie die heute legen? Möglichst unter den Meeresspiegel oder wenigstens zehn Zentimeter über dem Fußboden?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich rate Ihnen – und nur das ist moralisch glaubwürdig –, legen Sie sie so hoch, wie Sie sie auch bei anderen gelegt haben. Nur das ist politisch und moralisch glaubwürdig.

Meine Damen und Herren von SPD und PDS, Sie haben eine Verantwortung, weil Sie gewählt worden sind. Sie haben auch die Verantwortung zur Kontrolle der eigenen Landesregierung. Ich bin fest davon überzeugt, wenn Sie ein Stück innehalten, jeder für sich allein, dann können Sie dieser Verantwortung nur gerecht werden, wenn Sie unserem Antrag zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Ministerpräsident Herr Ringstorff. Bitte sehr, Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU zeigt nur eins: Diese Sondersitzung hätten wir uns eigentlich sparen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Denn, meine Damen und Herren von der CDU, dieser Antrag enthält nichts Neues, gar nichts Neues und Sie haben auch nichts vorgetragen, Herr Rehberg, was unser Land in irgendeiner Weise voranbringen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Zu Ihren Vorwürfen gegen die Landesregierung nur zwei Dinge:

(Harry Glawe, CDU: Sie orga- nisieren ja den Stillstand hier.)

Erstens gibt es bis heute nicht einen stichhaltigen Beweis dafür, dass bei der Vergabe von Fördermitteln im Arbeitsministerium rechtswidrig gehandelt worden ist.

(Wolfgang Riemann, CDU: Vergaberecht ist ja kein Recht, Herr Dr. Ringstorff.)

Und zweitens weiß ich nicht, was Sie mit den im Titel Ihres Antrages aufgeführten aktuellen Vorgängen in der Staatskanzlei und im Justizministerium meinen. In der Staatskanzlei und im Justizministerium wird ordentlich und nach Recht und Gesetz gearbeitet, Herr Rehberg.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das sind die Fakten. Mehr gibt es von mir zu diesen Vorwürfen heute nicht zu sagen, meine Damen und Herren von der Opposition.

Das Thema Arbeitslosigkeit ist auch viel zu ernst für parteipolitische Spielchen, wie Sie sie hier betreiben. Ich sage hier ganz deutlich, auch wir sind mit den aktuellen Arbeitsmarktdaten nicht zufrieden. Unsere Wirtschaft und unser Arbeitsmarkt befinden sich heute in einem tief greifenden Strukturwandel. Auf der einen Seite entstehen neue wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in der Industrie, im Tourismus, auf dem Gebiet der neuen Technologien und in anderen Dienstleistungsbranchen, leider aber noch nicht genug, um den Beschäftigungsrückgang in der Bauwirtschaft und im öffentlichen Dienst auszugleichen. Und Sie wissen auch, meine Damen und Herren von der CDU, dass es sinnlos ist, bei einem Wohnungsleerstand von über 50.000 Wohnungen zusätzliche Mittel in den Wohnungsneubau hineinzupumpen.