Protocol of the Session on September 20, 2001

Frau Keler, noch einmal, irgendwann hat es ein Ende, dass Sie die Investitionen zusammenstreichen können. Sie müssen sich zusätzlich darauf einrichten, dass die EU-Strukturfonds im Jahr 2006 nicht mehr so fließen werden. Der Solidarpakt Korb I, Korb II ist ausdefiniert.

(Zuruf von Dr. Berndt Seite, CDU)

Fangen Sie endlich an, wirklich dort zu sparen, wo es möglich und notwendig ist, nämlich bei den Personalausgaben,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig. So ist es.)

und bauen Sie hier nicht immerzu potemkinsche Dörfer!

(Zuruf von Ministerin Sigrid Keler)

Also, das ist doch! Entschuldigen Sie, Sie sparen doch wirklich nicht dort, wo es notwendig ist, wenn Sie nach Ihren eigenen Worten in vier Jahren, in vier Haushaltsjahren 87 Stellen bei der obersten Landesverwaltung abbauen – das kann doch nicht ansatzweise Ihr Ziel sein! –,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. So ist das.)

aber auf der anderen Seite die Stellenstreichungen fast überwiegend zu 85 Prozent im Lehrerbereich erfolgen. Und jetzt haben Sie offenbar auch noch vor, den Hochschulen an den Kragen zu gehen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh ja.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie können Sie eigentlich guten Mutes Ja sagen zu einem Doppelhaushalt, wenn Sie in zwei substantiellen Bereichen politische Vorhaben realisieren wollen, und zwar, Sie wollen ein neues Schulgesetz auf den Tisch legen

(Angelika Gramkow, PDS: Ist schon da.)

und Sie wollen das Landeshochschulgesetz novellieren.

(Dr. Ulrich Born, CDU: 100 Millionen mehr.)

Das heißt, sind wir hier zur Farce verkommen, dass wir gar nicht mehr abwarten, wie Leistungsgesetze – und das sind Leistungsgesetze – letztendlich aussehen? Ich bin hoch gespannt, wie Sie in den Ausschüssen darlegen wollen, dass der Doppelhaushalt 2002/03 schon all das beinhaltet, was in den Gesetzen festgeschrieben ist. Oder planen Sie von vornherein einen Nachtragshaushalt? Die zentrale Frage beim Landeshochschulgesetz wird sein, gerade mit Blick auf die vollmundigen Ankündigungen von wem auch immer: Wie verstehen Sie wirklich Hochschulautonomie? Das wird die zentrale Frage sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Schlagzeile in der Pressemitteilung lautet „Hochschule Wismar verbittert und enttäuscht im Vertrauen zur Landesregierung über Kabinettsentwurf zum Haushaltsplan“.

(Zuruf von Dr. Berndt Seite, CDU)

Und bezogen – wie soll man auch immer sagen zu diesem Titel? – auf den Titel „Sammelansatz für Ausgaben der Hochschulen“ schreibt die Hochschule Wismar: „Diese Mittel sind der autonomen Verfügungsgewalt der Hochschulen entzogen und werden, ausgehend von den Erfahrungen der Vergangenheit und auch von der Tatsache, dass bereits die Bildung dieses Spezialfonds bar jeder Transparenz für die Hochschulen ist, wohl mehr oder weniger willkürlich durch das Bildungsministerium ohne Transparenz der Entscheidungsfindung eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang werden in den Hochschulen Äußerungen immer lauter, die befürchten, dass bei diesen Entscheidungsfindungen das ,Wohlverhalten’ einer Hochschule eine größere Rolle spielen wird, als sachlich-strategische Erwägungen innerhalb der Hochschule.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe nicht im wohl verstandenen Interesse der Universitäten und Fachhochschulen, dass sich diese Befürchtungen bewahrheiten werden.

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Und deswegen kann ich Ihnen zu unserer Position eins sagen: Wenn Hochschulautonomie, dann Hochschulautonomie, wenn Globalhaushalt, dann Globalhaushalt – aber nicht hinten durch die Küche das Geld wieder eintreiben

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

und die Hochschulen am Gängelband führen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist trotz aller Schönrederei überhaupt nicht zukunftsführend, denn ein Kapital in diesem Land sind auch unsere beiden Universitäten und unsere Fachhochschulen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Zukunftsfonds – nennen Sie die 20 Millionen, die, beginnend ab dem kommenden Jahr, ausgereicht werden sollen! Herr Sellering hatte auch Vorpommernfonds gesagt. Davon redet er jetzt nicht mehr,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee. – Angelika Gramkow, PDS: Wir sind aber schon beim Haushalt. Darf ich darauf verweisen?)

aus gutem Grund, aus sehr gutem Grund, weil nur noch ein Viertel der Mittel, zumindest auf dem Papier, für Vorpommern vorgesehen ist

(Wolfgang Riemann, CDU: Das werden wir mal prüfen, Herr Minister.)

und drei Viertel eben nicht vorgesehen sind.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja. – Dr. Ulrich Born, CDU: Jaja.)

Aber, Sarkasmus einmal beiseite, finden Sie das wirklich seriös, Frau Gramkow und Herr Kollege Schlotmann, dass hier im nächsten Jahr jede zweite Mark aus EFRE kommt und im übernächsten Jahr 40 Prozent? Das ist doch kein zusätzliches Geld, das Sie auf den Tisch legen. Das ist Geld, das Sie woanders abziehen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das hängt damit zusammen, dass wir die Druckmaschinen nicht erfunden haben. – Zuruf von Dr. Christian Beckmann, CDU)

Und wenn Sie ehrlich sind mit einer Politik – auf der einen Seite rufen Sie neue Schlagwörter ins Leben und dann streichen Sie im Einzelplan 06 des Wirtschaftsministeriums die Beratungskosten für Existenzgründer auf das niedrigste Niveau von 50.000 Euro. Meine Damen und Herren, lassen Sie es sein! Schreiben Sie neben die 20 Millionen gleich die Programme, wo das Geld auch eingesetzt wird, und hören Sie auf, die Menschen in diesem Land zu verdummen! Das sind keine zusätzlichen Mittel,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja eben, eben.)

das sind davon Positionen. Nicht mehr und nicht weniger! Und für Vorpommern ist es schon gar nicht gedacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, dass Sie Wahrheiten, nackte Tatsachen im dritten Jahr Ihrer Regierung nicht gerne hören, bloß, wenn Sie den Anspruch haben, dass Sie nicht das Symbol des Abschwungs, der Stagnation, des Griffs in die Taschen der Bürger über die Ökosteuer sein wollen, dass Sie nicht das Symbol der Arbeitslosigkeit, das Symbol der Abwanderung junger Menschen aus unserem Land sein wollen, dass Sie nicht ständig vor Rot-Grün in Berlin einknicken, wenn die Streichorgie für die neuen Bundesländer weitergeht, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie einen Landeshaushalt vorlegen, der nicht die Linie fährt: Investitionen streichen, damit die Nettokreditaufnahme vermindern, aber konsumtive Ausgaben nicht oder nur wenig antasten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SPD und PDS, ich hoffe, dass Sie wirklich Frau und Manns genug sind, in den Beratungen des Parlaments so vorzugehen – so verstehe ich Parlamentsarbeit seit 1991, ich kann Ihnen beim Haushalt viele Beweise vorlegen, wo die CDU-Fraktion als Regierungsfraktion auch substantielle Änderungen herbeigeführt hat –, dass dieser Haushalt, der die Zukunft des Landes nicht positiv gestalten wird, nicht so rausgeht, wie er reingekommen ist. Ich hoffe, dass wir alle unserer parlamentarischen Verantwortung gerecht werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Rehberg.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Gramkow für die PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das, was wir eben erlebt haben, hören wir seit Wochen.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Länger!)

Die CDU verdammt den vorgelegten Haushaltsentwurf in Bausch und Bogen. Und da kommt es nicht darauf an – und es ist bemerkenswerterweise nicht nur Herr Riemann, so hatte ich eben das Gefühl –, mal kurz einige Milliarden in den Ring zu werfen, wo es sich doch vielleicht um Millionen handelt. Liegt es an der Schwierigkeit mit der neuen Währung? Oder vielleicht daran, die Öffentlichkeit bewusst mit unseriösen Zahlen zu verunsichern? Mit Tippfehlern allein, meine Damen und Herren, kann das jedenfalls nicht erklärt werden.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Auch nicht mit Nullen.)

Die realen Ausgangsbedingungen, Herr Rehberg – 8.154 Millionen Euro Schulden, jährlich circa 490 Millionen Euro Zinsen –, und eigene Verantwortlichkeiten dafür schon lange aus dem Blick verloren, bejammern und beklagen Sie den eingeschlagenen Kurs der Politik von SPD und PDS. Wo sind sie denn aber, Ihre so vermeintlich vorhandenen Antworten, Programme und Alternativen? Haben wir sie eben etwa gehört?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Jawohl, Frau Gramkow, Arbeitsteilung. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ach, der Herr Riemann bringt die. – Peter Ritter, PDS: Der kann’s auch nicht besser.)

Sie haben bereits in der Presseerklärung vom 10. Juli diese Alternativen angekündigt und wir haben heute eigentlich nur uralte Plattheiten der CDU gehört:

(Gesine Skrzepski, CDU: Oh, oh, oh!)

Investitionen rauf –...

Sie sollten gut zuhören, Frau Skrzepski.

(Gesine Skrzepski, CDU: 8.000 arbeitslose Bauarbeiter.)