Protocol of the Session on June 28, 2001

Entschuldigung, den Wechsel habe ich nicht mitbekommen, Frau Holznagel –, Frau Präsidentin, dieser Einbringung feststellen: Das Zustandekommen dieses Antrages ist ein parlamentarischer Erfolg. Ich freue mich außerordentlich, dass es zu diesem TOP-Thema von existentieller Bedeutung für das Küstenland MecklenburgVorpommern, insbesondere den Tourismus, die maritime Wirtschaft überhaupt sowie die anderen Ostseeanrainerstaaten zu einem Konsensantrag gekommen ist. Ich werte dieses Ergebnis als sachlich untermauerten politischen Willen dieses Hohen Hauses, Zustimmung der Abgeordneten vorausgesetzt natürlich.

Dieser nun erzielte Konsens besteht darin, dass wir der Vorbeugung und Bekämpfung von Schiffsunfällen, der Schiffssicherheit, der Sicherheit der Seeschifffahrt sowie der internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich für unser Bundesland vor dem Hintergrund der katastrophalen ökologischen wie sozialen und wirtschaftlichen Folgen eines großen Tanker- oder Gefahrgutfrachterunfalls höchste Priorität beimessen. Konsens wurde auch in einzelnen Forderungen und Empfehlungen, die unter Ziffer 2 und 3 aufgeführt sind, erreicht.

Der Landtag hat die Thematik vor geraumer Zeit aufgegriffen und in einem Beschluss vom September 2000 bereits einstimmig festgestellt, dass alles getan werden muss, um den Lebensraum Ostsee vor Schäden zu bewahren und das ökologische System Ostsee nachhaltig zu verbessern. Deshalb enthält der vorliegende Antrag nicht nur zwölf elementare Forderungen an die Landesund Bundesregierung, die zur Verhütung und Bekämpfung und Nachsorge von Schiffsunfällen als notwendig angesehen werden, sondern auch konkrete politische Empfehlungen für die 10. Ostseeparlamentarierkonferenz im kommenden September in Greifswald. Damit können wir auch politische Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit unseres Bundeslandes in diesem sensiblen Themenkomplex unter den deutschen Küstenländern auf nationaler und auf internationaler Ebene wesentlich stärken.

Mit diesem Antrag wurde grundsätzlich Einigkeit erzielt, so dass die parlamentarische Diskussion, die wir hier ja über eineinhalb Jahre geführt haben, eigentlich für beendet erklärt werden sollte. Dieser Konsensantrag begründet eine tragfähige Plattform für gemeinsames Handeln und die Stärkung der Position dieses Landes Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings kann es nicht Aufgabe dieses Hohen Hauses sein, technische und organisatorischlogistische Einzelheiten zu klären.

Was geleistet wurde in intensiv geführten systematischen Arbeiten unter Einbeziehung externen Sachver

standes, ist nur möglich gewesen, weil sich die Abgeordneten der Fraktionen dieses Parlaments von dem Gedanken tragen ließen, Übereinstimmung um der Sache willen in den Vordergrund zu stellen, etwas zu bewegen. Und dafür möchte ich Ihnen ganz persönlich danken und ausdrücklich auch den Präsidenten Herrn Hinrich Kuessner und die Vizepräsidentin Frau Renate Holznagel in diesen Dank einbeziehen. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Dr. Klostermann.

Das war die Berichterstattung. Das Wort zur Begründung des Antrages wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Riemann von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht zum ersten Mal und – das garantieren wir Ihnen – auch nicht zum letzten Mal befassen wir uns heute mit dem Thema der Ostseesicherheit. Die CDU-Fraktion hat seit Beginn dieser Legislaturperiode regelmäßig und wiederholt dieses Thema aufgegriffen, Handlungsbedarfe definiert und eine Reihe von Lösungsvorschlägen unterbreitet. Mit gleicher Regelmäßigkeit wurde uns seitens der Landesregierung in Person des Umweltministers – zugegeben rhetorisch schön, aber sachlich vollkommen falsch – erläutert, dass unsere Vorschläge nicht umsetzbar seien und die Landesregierung schon alles im Griff habe.

(Peter Ritter, PDS: Das sollte Ihnen zu denken geben.)

Die Regierungsfraktionen haben diese Märchenstunden regelmäßig abgenickt und unsere Initiativen abgeschmettert. Wir haben uns, meine Damen und Herren, jedoch nicht beirren lassen und das Thema weiter behandelt mit Fachleuten, mit Betroffenen vor Ort und mit Mitteln – das gestehe ich zu –, die aufrütteln sollten.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Boh eh!)

Und langsam, Herr Schoenenburg, wurde zumindest bei den Kollegen im Umweltausschuss, allen voran Herr Klostermann, ein Prozess der Erkenntnis deutlich,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das haben wir jetzt der CDU zu verdanken. – Heinz Müller, SPD: Den toten Vögeln.)

der auf drei Säulen basierte:

1. auf der Einsicht, dass unsere Vorschläge richtig waren und richtig sind,

2. auf einer Distanzierung zu Herrn Professor Methling zur eigenen Profilierung und

3. auf der Erkenntnis, dass er als Ausschussvorsitzender mit unseren Ideen gut in die Zeitung kommt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

In der Konsequenz haben Sie, Herr Klostermann, und Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, einen Richtungswechsel vorgenommen, der sachlich endlich, endlich in die vernünftige Richtung weist, aber natürlich noch nicht weit genug geht.

(Heinz Müller, SPD: Natürlich.)

Doch zumindest sehen Sie jetzt mit uns den Handlungsbedarf und verpassen gleichzeitig ihrer eigenen Landesregierung eine schallende Ohrfeige. Indem Sie heute mit uns gemeinsam die Landesregierung zum Handeln auffordern, gestehen Sie endlich ein, dass bislang noch nichts und nichts Ausreichendes passiert ist.

(Kerstin Kassner, PDS: Nein, nein, nein!)

Und dennoch, meine Damen und Herren, ist Handeln wichtiger denn je.

Der Ostseeraum war seit dem Entstehen der jeweiligen politischen Bündnisse in Ost- und Westeuropa nach dem Zweien Weltkrieg ein Schauplatz des Wettkampfs der Systeme. Seit Beginn der 90er Jahre ist dieses anders geworden. Die Ostsee ist nicht mehr länger ein Symbol der Teilung und des Todes

(Peter Ritter, PDS: Die Ostsee ist ein Meer des Friedens geworden, Herr Riemann.)

hinter dem Warschauer Pakt,...

Lesen Sie mal „Flucht über die Ostsee“, Herr Ritter! Lesen Sie dieses Buch mal, dann wissen Sie, wovon ich rede!

(Peter Ritter, PDS: Ich kann Ihnen mal die aktuellen Zahlen über die Fluchtbewegung über die Ostsee heutzutage geben, Herr Riemann.)

... sondern sie entwickelt sich mehr und mehr zu einem europäischen Meer, zu einer gemeinsamen europäischen Region. 1991 hat das finnische Parlament deshalb frühzeitig die Chancen erkannt, diesen Prozess durch das Zusammenführen der Parlamente aller Ostseeanrainerstaaten zu befördern. Ursprünglich nur als einmaliges Ereignis geplant verständigten sich schon 1991 die Teilnehmer der Konferenz angesichts der Fülle der zu lösenden Aufgaben auf eine jährliche Fortsetzung ihres Treffens.

Obwohl es über diese parlamentarische Konferenz zur Zusammenarbeit im Ostseeraum kein festgeschriebenes Statut gibt, hat sich in der Praxis eine klare inhaltliche Zielstellung herauskristallisiert:

Erstens. Die Konferenz will die Menschen des Ostseeraumes näher zusammenführen.

Zweitens. Die Konferenz will die vielen ungenützten Potentiale dieser Region in nahezu allen Politikbereichen stärker nutzen und Anstöße für die Tätigkeit der Regierungen der Ostseeanrainerstaaten geben.

Drittens. Die Konferenz will dazu beitragen, dass die gemeinsamen Interessen aller Ostseeanrainerstaaten ein stärkeres Gewicht in den politischen Entscheidungsprozessen auf der europäischen Ebene erhalten.

Aus diesem Grunde ist es auch zu begrüßen, dass wir uns entschlossen haben, die kommende Ostseeanrainerkonferenz am 3. und 4. September in unser Land zu holen,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wer ist wir? Wer ist wir?)

denn auch hier gilt der Anspruch: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Doch nun zur Drucksache 3/2111, die endlich konkrete Maßnahmen der Landes- und Bundesregierung einfordert. Die Ostseesicherheit bedarf des gemeinsamen Handelns aller Parteien des Landtages und dass Handlungsbedarf besteht,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber wenn Sie so freche Reden halten.)

Herr Schoenenburg, daran zweifelt in diesem Hause – vielleicht außer Ihnen – keiner mehr, obwohl einige Vertreter der Koalition und der Regierung noch im Februar 2000 anderer Ansicht waren und auf den Antrag meiner Fraktion auf der Drucksache 3/1054 „Sicherheitskonzept Ostsee“ einen gleichen Antrag mit der gleichen Intention damals noch ablehnten. Vor dem Hintergrund aber, dass unser Land in ganz erheblichem Maße von der Entwicklung...

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wir haben einen anderen Antrag gemacht. Das wissen Sie doch.)

Ich weiß, Herr Schoenenburg, dass Ihnen das heute peinlich ist, dass Sie damals diese Anträge abgelehnt haben.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was ist uns daran denn peinlich?)

Aber Sie könnten mal zuhören und mit dem Schwatzen aufhören.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ritter?

Nach Abschluss meines Vortrages, Herr Ritter.

Vor dem Hintergrund, dass unser Land in ganz erheblichem Maße von der Entwicklung des Tourismus geprägt ist, würde ein Schiffsunglück nicht nur zu einer ökologischen, sondern auch zu einer ökonomischen Katastrophe führen. Und ich weiß, wovon ich rede. Ich habe die Ölklumpen in Koserow vor wenigen Wochen mit eingesammelt. Ich habe mit den Hoteliers dort gesprochen und ihre Sorgen und Ängste sollten wir auch hier im Landtag ernst nehmen. Das sensible Binnenmeer Ostsee mit seiner geringen Eigenbewegung wäre über Jahre hinaus zerstört. Die Küstenregionen unseres Landes wären jeglicher Grundlage für eine touristische Entwicklung beraubt. Besonders aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, erfordert die maritime Sicherheit auf der Ostsee ein zügiges Handeln, sollte nicht Lippenbekenntnis sein, sondern uns allen am Herzen liegen.

Auch wenn der heute zur Beratung anstehende Antrag auf der Drucksache 3/2111 von allen Fraktionen dieses Hauses eingebracht wurde, so muss ich doch voranstellen, dass es bis zur heutigen Antragsvorlage ein sehr steiniger Weg war. So hat meine Fraktion seit dem Februar 2000 vier Anträge in das Parlament eingebracht, die zum Ziel hatten, sich für präventive Maßnahmen und für Initiativen zur Bekämpfung von Schiffsunglücken, Tankerunfällen und Ölkatastrophen an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns einzusetzen. Und schon damals – seit dem 2. Februar 2000 – verwiesen wir darauf, dass es in Sachen Ostseesicherheit Unzulänglichkeiten gibt. Mittlerweile sind diese Defizite wohl allen Mitgliedern