Protocol of the Session on April 5, 2001

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal, damit ich nicht missverstanden werde, bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist eine Menge falsch gelaufen in den letzten Jahren. Aber das, was im Augenblick von RotGrün in diesem Bereich gemacht wird, das wird desaströse Folgen noch in Jahren haben, gerade und auch für Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das. – Jürgen Seidel, CDU: Die werden sich noch wundern.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, worum geht es Bernhard Vogel? Es geht ihm darum, dass Infrastruktur gefördert wird, und zwar Verkehrsinfrastruktur. Und hier geht es darum, pro Jahr 570 Millionen DM nach Mecklenburg-Vorpommern zu schieben, auf vier Jahre. Ich habe das mal auf die Einwohnerzahl umgelegt. Der zweite Bereich, Infrastrukturpauschale für Städte und Gemeinden, 250 Millionen – ist das was Negatives bei der kommunalen Finanzsituation, die Sie heraufbeschworen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren?

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das Dritte ist, es geht um den Abbau regionalspezifischer Defizite, Städtebauförderung zum Beispiel, Sanierung und Wohnumfeldverbesserung und so weiter und so fort, noch mal 250 Millionen. Meine Damen und Herren von SPD, gerade von der SPD, warum sagen Sie nicht Ja zu diesem Programm? Vorbehaltlos. Das heißt, das ist kein konjunkturelles Strohfeuer, was hier entfacht werden soll, sondern es soll überhaupt das Fundament gelegt werden, damit im Osten die Konjunktur anspringen kann. Das ist Sinn und Inhalt der Vogel’schen Vorschläge.

(Zuruf von Dr. Rolf Eggert, SPD)

Und jetzt kann man sich immer über die Gegenfinanzierung streiten. Hier sage ich nur ein paar Stichworte: Bundesbankgewinn, Veräußerung der Deutschen Ausgleichsbank, die Zinsersparnisse durch den Verkauf der UMTS-Lizenzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, hier ist eine gewisse finanzielle Basis vorhanden.

Aber wie sieht die Chefsache „Aufbau Ost“ denn wirklich aus? Wenn man einem Artikel von Spiegel-Online vom

30. März diesen Jahres glauben darf, gibt es einen Maulkorb Ost statt eines Aufbau Ost für SPD-Politiker. Es ist die Rede von einem vertraulichen Vorbereitungspapier für eine Sitzung der ostdeutschen Funktionsträger der SPDBundestagsfraktion. Als Teilnehmer der Besprechung sind neben den SPD-Parlamentariern die Ministerpräsidenten Höppner und Ringstorff genannt sowie der brandenburgische SPD-Landesvorsitzende Platzeck. In dem Papier wird das Thüringer Sonderprogramm als populistisch abqualifiziert.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das machen sie immer.)

Herr Ministerpräsident Ringstorff,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Der ist nicht da.)

ich frage Sie von dieser Stelle aus ganz direkt und konkret: Existiert ein solches Papier? Wenn es existiert, ist sein Inhalt für Sie so peinlich, dass es den Vermerk „Vertraulich“ erhalten muss? Ist es wahr, dass laut Aussage dieses Papiers der Bundeskanzler im Zusammenhang mit der Zukunft des Aufbau Ost die Parole „Mund halten!“ ausgegeben hat? Erklärt sich Ihre kritiklose Übernahme rot-grüner Politik vielleicht daraus, dass Sie fortlaufend mit Maulkörben aus Berlin versehen werden?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, und auch an Sie, Herr Neumann, gerichtet, dieses Programm von Herrn Vogel, das ist kein parteipolitisches Süppchen. Das ist die Darlegung, wie wir wirklich wieder dazu kommen, dass die Wachstumsraten im Osten über den Wachstumsraten des Westens liegen.

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Rehberg, sagen Sie doch ehrlich, worum es Herrn Vogel wirklich geht bei diesem Programm! Sagen Sie es doch wirklich ehrlich!)

Das will ich Ihnen sagen, es geht ihm darum, dass wir endlich die Nachholbedarfe, die die fünf Wirtschaftsforschungsinstitute auch im Auftrag der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern benannt haben, die sich auf 300 Milliarden DM beziffern, im Bereich der technischen und sozialen Infrastruktur schneller aufholen, als das im Augenblick Rot-Grün in Berlin erwarten lässt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Herr Rehberg!)

Um nicht mehr und nicht weniger geht es Bernhard Vogel.

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Rehberg, es geht um nicht weniger und mehr als um die Autobahn in Thüringen.)

Ach! Frau Gramkow,

(Angelika Gramkow, PDS: Ich wollte das nur im Protokoll haben, Herr Rehberg.)

Frau Gramkow, und das kommt auch ins Protokoll.

(Angelika Gramkow, PDS: Falls Sie das nicht wissen von Ihrem Parteifreund aus Thüringen. Falls Sie das nicht wissen.)

Da ich Bernhard Vogel etwas besser als Sie kenne, Bernhard Vogel ist für mich einer der seriösesten deutschen Ministerpräsidenten, die ich kennen gelernt habe.

(Angelika Gramkow, PDS: Er hat das im Landtag von Thüringen gesagt, Herr Rehberg.)

Das muss ich Ihnen sehr, sehr klar und deutlich sagen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Bernhard Vogel geht es um Thüringen, das ist selbstverständlich. Aber Bernhard Vogel geht es um den Osten insgesamt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Er kämpft wenigstens für sein Land.)

Und das hat er seit fast zehn Jahren als thüringischer Ministerpräsident bewiesen, auch und gerade in Verhandlungen mit dem Bund und in der Ministerpräsidentenkonferenz aller Länder.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist wohl wahr.)

Auf Bernhard Vogel lasse ich nichts kommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Letztes Jahr war es noch Biedenkopf, glaube ich.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie Zeugen brauchen – Herr Höppner: Man muss die nötigen Mittel jetzt schnell einsetzen. Herr Stolpe: Wir müssen mehr tun mit Blick auf ältere Langzeitarbeitslose und bei der Infrastruktur. Sogar Herr Holter sagt, wenn jetzt die Weichen nicht anders gestellt werden können, droht ein Abriss.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Und was macht er?)

Professor Pohl vom Wirtschaftsforschungsinstitut aus Halle findet diesen Vorschlag auch gut. Oder, um Ihre Bundesvorsitzende Frau Zimmer zu zitieren, Frau Gramkow: Die Forderung Vogels basiert auf der realen Einschätzung der Verhältnisse.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Angelika Gramkow, PDS: Deswegen haben wir trotzdem andere Vorschläge gemacht, Herr Rehberg.)

Als Letztes lassen Sie mich als Kronzeugen einen völlig unbefangenen Politiker nennen, der immense Verdienste um die Deutsche Einheit hat, und zwar Hans-Dietrich Genscher. Hans-Dietrich Genscher sagt: „Der Wirtschaftsstandort Deutschland gewinnt insgesamt an Attraktivität,“ – und jetzt hören Sie gut zu, gerade diejenigen, die sagen, junge Leute sollten zuerst mal nach draußen gehen – „wenn er die großen menschlichen Ressourcen im Osten voll vor Ort zu nutzen weiß und wenn er eine moderne Infrastruktur, Forschung und Entwicklung eingeschlossen, flächendeckend vorweisen kann.“ Und weiter sagt er: „Sonderprogramm 2001 bis 2004 und Solidarpakt II sind die Themen. Die Zeit drängt, die Sache duldet keinen Aufschub.“ Meine Damen und Herren, wer in diesem Hause möchte da Hans-Dietrich Genscher widersprechen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist kein Strohfeuerprogramm, Frau Keler, wie die Konjunkturprogramme – ich bin gleich fertig – aus den 70er Jahren. Ich würde an Ihrer Stelle als Finanzministerin wirklich mal darüber nachdenken, wenn dieses Programm realisiert wird, wie viele Steuermärker dann bei der Realisierung dieses Programms nach Mecklenburg-Vorpommern fließen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es. Das muss sie endlich mal lernen. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das Wort hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion Herr Schlotmann. Bitte sehr, Herr Schlotmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Lieber Kollege Rehberg, nicht unser Genosse Thierse ist derjenige, der demotiviert, sondern, ich glaube, was hier demotiviert hat in den vergangenen Jahren, sind die bösen und falschen Versprechungen der CDU, insbesondere Ihres Frontmannes, von blühenden Landschaften,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, Herr Thierse hat was anderes gesagt. – Dr. Christian Beckmann, CDU: Sie weiden sich doch auch an den blühenden Land- schaften. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

die sich eben nicht bewahrheitet haben. Das gehört zur Wahrheit, meine Damen und Herren der CDU!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Kollege Riemann, dass Sie gleich wieder losschreien, das war schon mal klar.

Meine Damen und Herren! Mit schöner Regelmäßigkeit präsentiert uns die CDU-Fraktion hier im Landtag Anträge wie den heute vorliegenden zur wirtschaftlichen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. In einem Rundumschlag will die Opposition den Eindruck vermitteln, sie wüsste allein, wie die Zukunft unseres Landes zu gestalten sei.

(Jürgen Seidel, CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)

Meine Damen und Herren der CDU, …