Kampagne in der Wirtschaft als nicht regierungsfähig eingeschätzt wird, dann spricht das für sich. Und am besten ist die Aussage Ihres Parteifreundes Wulff aus Niedersachsen, der Ihre eigene Aktion treffend als heilsamen Blick in den Abgrund bezeichnet hat, wobei ich meine Zweifel habe, ob das wirklich heilsam war. Ich kann Sie deshalb nur von dieser Stelle hier auffordern: Distanzieren Sie sich in aller Deutlichkeit von Ihrem Plakat! Entschuldigen Sie sich öffentlich für diese Entgleisung, Kollege Rehberg, ansonsten haben Sie die politische Berechtigung verloren und verspielt, auch nur ansatzweise Kritik an dem Thema Rente zu üben.
Wer politische Auseinandersetzungen in diesem Stil vollzieht, der zeigt nur zu deutlich, wie er das Recht auf Opposition versteht.
(Harry Glawe, CDU: Reden Sie mal wieder zum Thema! Das ist völlig am Thema vorbei! Wer hat Ihnen bloß die Rede geschrieben?!)
Und ich sage Ihnen noch einmal ganz deutlich: Eine solche Opposition hat das Land nicht verdient. Und Frau Merkel hat eben Recht, wenn Sie im gestrigen „Bild“Interview selbst bestätigt: „Die CDU ist derzeit nicht regierungsfähig, weder im Bund noch im Land.“ Genau, Frau Merkel, Sie haben Recht! – Danke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Opposition ist unmissverständlich formuliert. Ohne Umschweife, ebenso unmissverständlich möchte ich für die PDS-Fraktion unsere Position zu Ihrem Antrag darstellen. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Warum ist Ihr Antrag aus unserer Sicht ein unehrliches Dokument? Ausgerechnet Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion – und dazu hätte ich gerne ein paar Worte von Ihnen, Herr Nolte, erfahren, aber vielleicht geht dann Herr Rehberg darauf ein –, beklagen die Benachteiligung der Rentner in den neuen Bundesländern. Wer aber hat das zu verantworten? Sie waren es doch, die zwischen 1990 und 1998 in Regierungsverantwortung den Bürgern der neuen Bundesländer die Angleichung der Renten verwehrten. 1998 betrug das Renteneinkommen eines Rentnerehepaares aus den neuen Bundesländern lediglich 83 Prozent im Vergleich zu einem Paar in den
alten Bundesländern. Bei verwitweten Frauen fällt das Missverhältnis noch krasser aus. Witwen in den neuen Bundesländern erhalten durchschnittlich lediglich 71 Prozent des Einkommens einer Witwe aus den alten Bundesländern. Heute führen Sie dazu lautstark Klage, während Sie diese Ungerechtigkeiten in Ihrer Regierungszeit überhaupt nicht störten.
Sie haben bekanntlich eine Nettolohnanpassungsformel eingeführt, die eine Benachteiligung der Rentnerinnen und Rentner in den neuen Bundesländern strukturell zementieren. Sie waren es doch, die eine Anhebung der Altersgrenze für den Renteneintritt vorgenommen haben.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, Sie sprechen in Ihrem Antrag von Generationengerechtigkeit des Rentensystems und mahnen eine solche an. Wer aber hat 1997 den so genannten demographischen Faktor initiiert, der eine langsamere Anpassung des Rentenniveaus an die Lohnentwicklung bewirkt, der, wie Sie seinerzeit selbst sagten – ich habe dazu mal die Reden von Herrn Blüm nachgelesen aus dem Jahr 1997 –, das Rentenniveau abgesenkt und die Renten, das war billigend in Kauf genommen, pro Jahr um einen dreistelligen Betrag gekürzt hat? Die Neuordnung der Hinterbliebenenrente war ein ungelöstes Problem der Kohl-Regierung. Diese hat de facto auch die Berufsunfähigkeitsrente abgeschafft.
Wir sprechen Ihnen zumindest moralisch den Anspruch ab, einen Zustand zu geißeln, den Sie selbst so herbeiführen wollten beziehungsweise herbeigeführt haben.
Ihre Rentenreformvorschläge sind uns noch sehr gut gegenwärtig. Bedauerlich ist, dass die rot-grüne Bundesregierung nicht willens war, ein den Erfordernissen entsprechendes Gesetzeswerk auf den Weg zu bringen, sondern mit der vorliegenden Rentenreform einen Einstieg in den Ausstieg aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen hat. Das kritisiert die PDS außerordentlich. Gleichzeitig bedeutet das aber nicht, meine Damen und Herren von der CDU, dass wir Ihnen sozusagen nachträglich Beihilfe leisten. Mit uns ist das nicht zu machen.
Warum ist Ihr Antrag unserer Meinung nach populistisch und schlicht und einfach unanständig? Im Punkt 1 Ihres Antrages sprechen Sie sich für ein gerechtes Rentensystem aus. Wie sozial, wie gerecht war das Rentensystem am Ende Ihrer Regierungszeit? Sie waren es, die das Rentenniveau von 70 auf 64 Prozent des durchschnittlichen Nettolohnniveaus kürzten. Wer schürte den Generationenkonflikt, anstatt mit einer anderen Arbeitsmarktpolitik und einer gerechteren Steuerpolitik dem
Damals erklärten Sie, die Rentenniveausenkung sei notwendig, weil die Menschen gesünder und älter werden, länger leben. Wenn man sich das mal auf der Zunge zergehen lässt, nur mal reduziert auf solche Argumentation haben Sie gesagt, ihr seid zu gesund und zu alt, das wäre das Problem. So suggerierten Sie es den Menschen.
Die Entwicklung der Rentenfinanzen hat jedoch mit einer anderen Sache etwas zu tun, nämlich mit der Geburtenentwicklung und der Arbeitsmarktlage, insbesondere mit der Wertschöpfung. Dieser Zusammenhang wurde von Ihnen stets ignoriert und wird leider, muss man so sagen, auch von der jetzigen Bundesregierung außer Acht gelassen.
Warum sagen wir, dass Ihr Antrag in seinen Auswirkungen ein unsozialer ist? Das ist der Hauptgrund, warum wir Ihren Antrag ablehnen. Unsozial ist er deshalb, weil auch Sie die private Altersvorsorge und damit die Entsolidarisierung der gesetzlichen Rentenversicherung favorisieren. Die private Altersvorsorge ist Ihnen nur „zu kompliziert“, um Sie einmal wörtlich zu zitieren.
An dieser Stelle sind Sie unverblümt deutlich. Sie wollen die de facto Zwangsprivatisierung der Rente eben nur etwas unkomplizierter. Es widerstrebt Ihnen nicht, die Rentenfinanzen von der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abzukoppeln. Sie wollen, dass die Sicherung des Lebensstandards im Alter vom Maß der Börsenkurse abhängig ist.
Sie wollen, dass Arbeitnehmer, um ihr Rentenniveau zu halten, einseitig zusätzliche Belastungen auf sich nehmen sollen.
Insofern sind auch Sie bereit zu akzeptieren, dass jeder lohnabhängige Beschäftigte monatlich 40 bis 190 DM aus eigener Tasche zusätzlich berappen soll. Sie sichern mit einer privaten Vorsorge allenfalls das Einkommensrisiko ab, aber soziale Risiken wie Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit sichern Sie so nicht. Das führt jedoch zur Entsolidarisierung in der Gesellschaft und da sagen wir: Mit uns nicht! Unproduktiv ist Ihr Antrag, weil er jedes konstruktive Element vermissen lässt. Sie benutzen das Thema Rente, Sie instrumentalisieren die Rente, um gegen die Bundesregierung zu Felde zu ziehen, und dabei ist Ihnen, wenn ich an die bewusst niederträchtig gestaltete Plakataktion denke, jedes Mittel recht.
Ihnen in Sachen Rente zuzustimmen hieße, sich mit Ihnen in Tateinheit zu begeben und ebenso wie Sie destruktiv zu sein.