Bevor ich unsere Alternativen nenne, möchte ich mich schon mit der aktuellen Rentenreform auseinander setzen und darauf verweisen, mit welchen Plänen die SPD einmal angetreten ist. Ich zitiere aus dem SPD-Wahlprogramm des Jahres 1998:
„Die Kürzung des Rentenniveaus würde viele Rentnerinnen und Rentner zu Sozialhilfeempfängern machen. Bei Frauenrenten von durchschnittlich 900 Mark im Monat wird dies besonders deutlich. So darf man mit Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, nicht umgehen. Die SPD-geführte Bundesregierung wird die unsoziale Rentenpolitik unmittelbar nach der Bundestagswahl korrigieren.“
Das lasse ich einmal unkommentiert im Raum stehen. Gemessen an der Wirklichkeit zeigt sich, wie weit die jetzige Regierungspolitik sich selbst von ihren eigenen Ansprüchen entfernt hat.
1. Die rot-grüne Rentenreform ist nicht geeignet, die Zukunftsfragen der Rentenversicherung sozial gerecht anzugehen.
Aber deswegen sitzen wir mit Ihnen nicht in einem Boot. Also ich mache die Unterschiede schon deutlich.
(Wolfgang Riemann, CDU: Wer das Blindengeld einfriert, den wollen wir auch nicht in unserem Boot. Genau.)
(Wolfgang Riemann, CDU: Hier im Land Sozialabbau betreiben und dann in Berlin klagen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
1. Die rot-grüne Rentenreform ist nicht geeignet – das wiederhole ich noch mal –, die Zukunftsfragen der Rentenversicherung sozial gerecht anzugehen. Sie läuft auf einen Abbau der sozialstaatlich garantierten gesellschaftlichen Solidarität hinaus. Eine solche Rentenreform macht die Rente nicht verlässlich und auch
2. Die rot-grüne Rentenreform folgt allein dem Ziel, die Lohnnebenkosten für die Unternehmen zu senken. Gleichzeitig will die Regierungskoalition die private Altersvorsorge von einer freiwilligen und zusätzlichen zu einer faktisch obligatorischen Altersversorgung machen. Nur wer privat vorsorgt, soll im Alter noch annähernd das heutige gesetzliche Rentenniveau erreichen.
3. Die rot-grüne Rentenreform stellt – wie auch die von CDU, CSU und FDP – ein gigantisches Subventionsprogramm für die private Versicherungswirtschaft und Börsengesellschaft dar. Und das ist mein Kritikpunkt, warum auch Sie, das frage ich mich ganz einfach, sich immerzu zum Interessenvertreter von Versicherungsunternehmen und Börsengesellschaften machen, und nicht der Bürgerinnen und Bürger.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Und was ist mit den Häuslebauern?)
Unsere kritische Sicht auf die Rentenpolitik der jetzigen Bundesregierung müssen wir erhärten. Nach der Verabschiedung der Rentenreform im Bundestag ist nun der Bundesrat am Zuge.
Die Reform besteht aus zwei Teilen, zum einen aus einem zustimmungsfreien Teil, in dem die Senkung des Rentenniveaus und die neue Rentenanpassungsformel enthalten sind. Im zweiten Teil, dem zustimmungspflichtigen, geht es vor allem um die staatliche Förderung der privaten Vorsorge und die Einführung der Grundsicherung im Alter.
Die zustimmungspflichtigen Bestandteile der Reform ziehen aus unserer Sicht – da bitte ich Sie mal zuzuhören allesamt – direkte finanzielle Auswirkungen auf die Haushalte von Kreisen, Gemeinden und kreisfreien Städten nach sich. Die Vorhaben über die Einführung einer bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung verursachen den als Trägern der Grundsicherung eingesetzten Kreisen und kreisfreien Städten voraussichtlich erhebliche Mehrausgaben.
(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Das ist Mal was Vernünftiges, das muss man mal unterstreichen. – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Die haben auch mal was Vernünftiges bei der PDS. – Angelika Gramkow, PDS: Nun ist es aber gut, ne?)
Die Leistungen sollen ab dem 01.01.2003 gezahlt werden. Für fünf Jahre ist die Kostenbeteiligung des Bundes mit 600 Millionen DM festgesetzt. Das Bundesministerium für Finanzen hat auf Anfrage die Ausgaben für die Grundsicherung auf 4,25 Milliarden DM beziffert. Darin enthalten sind 2,5 Milliarden DM an bisheriger Sozialhilfeausgabe. Die Mehrkosten der Grundsicherung belaufen sich demnach auf 1,75 Milliarden DM. Die Bundesregierung will auf der anderen Seite jedoch nur 600 Millionen DM erstatten. Für die Differenz, die mehr als 1 Milliarde DM beträgt, sollen augenscheinlich die Länder und Kommunen aufkommen.
Der Sonderausgabenabzug, den alle steuerpflichtigen Pflichtversicherten geltend machen können, beträgt vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze von ihrem steuerpflichtigen Einkommen. Es wurde aus unserer Sicht aus zwei Gründen eingeführt, erstens als Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung und zweitens, um die Länder und Gemeinden mit in die Finanzierung zu holen.
(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig. – Harry Glawe, CDU: Das hat die SPD nicht ver- standen. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Für den eigentlichen Zweck des Gesetzes, staatliche Hilfe für Privatvorsorge von niedrigen und mittleren Einkommen, hätte eine Zulage ausgereicht.
Dann hätte es sich aber um ein Bundesleistungsgesetz gehandelt und wäre vom Bund allein zu zahlen gewesen.
Nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen kostet der Sonderausgabenabzug 20 Milliarden DM. Diese 20 Milliarden DM entfallen zur guten Hälfte als Steuermindereinnahmen auf die Haushalte von Ländern und Gemeinden. Erstmals in der Geschichte der BRD werden also Länder und Gemeinden direkt an der Finanzierung der Alterssicherung beteiligt und sollen das mit ihren eigenen Haushalten ausgleichen. Für Mecklenburg-Vorpommern ließe sich daraus prognostizieren, dass ein nennenswerter zweistelliger Millionenbetrag an Steuermindereinnahmen allein durch die Rentenreform auf unser Land und seine Kommunen zukommen wird.
(Wolfgang Riemann, CDU: Aber der Ministerpräsident stimmt freudig zu. – Harry Glawe, CDU: Richtig, Herr Koplin. Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte gesagt, wir stellen all dem klar und deutlich politische Alternativen entgegen. Sie bestehen in Folgendem:
1. Wir sind für den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Deshalb sind wir für den Erhalt des Systems der solidarisch finanzierten gesetzlichen Rentenversicherung.
2. Wir sind für Reformen auf der Einnahmeseite der gesetzlichen Rentenversicherung. Deshalb sagen wir: Versicherungspflicht für alle, nicht nur für die Lohnabhängigen, sondern auch für Beamte, Abgeordnete und Minister.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig. – Wolfgang Riemann, CDU: Frau Bunge guckt schon ganz kritisch. Dann kann sie gar nicht mehr nach Sydney fahren. – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)
3. Wir sind für die Verdopplung der Beitragsbemessungsgrenze, denn wir sind für die Stärkung der Soli
darität der Starken mit den Beziehern niedriger Einkommen. Deshalb sagen wir, statt Renten zu kürzen, muss mehr Geld in die Rentenkasse geholt werden.
4. Wir sind für mehr Gerechtigkeit bei der Sicherung der Altersvorsorge. Deshalb sollten die Anteile der Arbeitgeber an der betrieblichen Bruttowertschöpfung bemessen werden.
5. Wir treten ein für ein unabhängiges würdevolles Leben im Alter ohne eine zwangsweise zusätzliche Privatvorsorge. Wir sprechen uns dafür aus, dass eine private Vorsorge wie in bisheriger Art und Weise ausschließlich eine Frage der Freiwilligkeit ist.