Und noch etwas zum Geld. Weder im Bundeshaushalt noch in Ihrem Antrag findet man etwas zur Beseitigung der Unterschiede in der Ost-West-Besoldung.
Aber 200 Millionen DM in den Bundeshaushalt für die Angleichung des Soldes an das Westniveau einzustellen hält keine Regierung ein, egal ob sie nun schwarz-gelb oder rot-grün zusammengesetzt ist.
Doch zurück zum Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren. Natürlich haben die Bundeswehrstandorte Bedeutung und Einfluss in ihren Regionen. Viele Unternehmen, die heute zum Beispiel im Bundeswehrstandort Basepohl Instandsetzungs- oder Versorgungsaufgaben wahrnehmen, tun das vielfach schon seit Anbeginn der Existenz dieses Standortes, also seit 1975. Eine Schließung dieses Standortes hätte damit natürlich Auswirkungen auf diese Unternehmen. Und damit ist selbstverständlich die Politik gefordert. Dabei muss es aber nicht darum gehen, möglichst viele und möglichst große Standorte zu erhalten, sondern es muss darum gehen, endlich ein Konversionsprogramm zu erarbeiten
und zu starten, das den Firmen vor Ort, aber auch den Soldaten und vor allen Dingen den Zivilbeschäftigten eine Perspektive gibt.
So stehen zum Beispiel die Neubrandenburger Fahrzeugwerke aufgrund ausbleibender Aufträge doch nicht zum ersten Mal vor dem Problem, Mitarbeiter entlassen zu müssen. Und was ist der Politik dabei immer wieder nur eingefallen? –
Das Abfordern neuer Instandsetzungskapazitäten von der Bundeswehr. Weiter nichts! Dabei wäre doch gerade dieser Betrieb auch aufgrund der Fähigkeiten seiner Beschäftigten eine erste Adresse in einem Konversionsprogramm.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Konversion als notwendige Abarbeitung der Folgen von Kriegen, Aufrüstung, Truppenstationierung und Abrüstungsentscheidungen ist in erster Linie eine Sache des Bundes. Zugleich ist Konversion eine gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe im Schnittpunkt von Friedens-, Abrüstungs-, Wirtschafts-, Umwelt-, Regional-, Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Kulturpolitik. Konversion muss im Zusammenwirken von EG, Bund, Ländern und Gemeinden bewältigt werden.“ So steht es in den Leitlinien für Konversion des Landes Brandenburg und diese Leitlinien wurden bereits im Jahr 1992 durch einen Landtagsbeschluss bekräftigt. Wir sollten nun also nicht mehr länger warten und auch endlich ein solches Programm auf den Weg bringen. Das ist allemal sinnvoller, als hier dem Landtag ständig neue Treueschwüre abzuverlangen.
Folgende Feststellungen des brandenburgischen Ministerpräsidenten sollten uns dabei Richtschnur sein. Manfred Stolpe sagte: „,Schwerter zu Pflugscharen’ ist die biblische Metapher für das, was in der Politik Konversion, also zivile Umwandlung genannt wird. Dass Konversion gelingt, ist auch ein Gebot des Friedens. Ein Weg zum Frieden ist die militärische Abrüstung. Konversion, die Schwester der Abrüstung, kann helfen, der Abrüstung innen-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch den Weg zu bahnen.“
Ich fordere die Landesregierung daher erneut auf, in diesem Sinne aktiv zu werden und den Landtag schnellstmöglich und fortdauernd zu informieren. Das erspart uns dann Anträge der CDU wie den jetzt vorliegenden
(Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)
Herr Ritter, wir haben ein KONVER-Programm seit 1995 und in Rügen läuft das zum Beispiel mit 10 Millionen DM. Und, Herr Dr. Timm – er ist nicht da –, wir messen Sie an Ihren Taten, nicht an Ihren Worten.
Und wer den Punkt 5 aus dem Antrag streicht, der fällt genauso um wie bei der Bahn. Das ist nämlich der entscheidende Punkt. Und da nützen auch die schönsten Reden nichts. Aber ich will es trotzdem noch mal versuchen.
Mit der Wiedervereinigung ist der große Ost-West-Konflikt, natürlich mit seinen sicherheitspolitischen Konsequenzen, mittlerweile Geschichte. Gott sei Dank, muss ich dazusagen. Mit der Halbierung der Zahl der deutschen Soldaten wurde dieser veränderten Sicherheitslage Rechnung getragen. Der Hydra wurde also der große Kopf abgeschlagen.
Es sind aber viele kleine Köpfe nachgewachsen. Die Bedrohung für Deutschland und die NATO ist keineswegs geringer geworden. Wachsamkeit ist und bleibt der Preis der Freiheit. Die bewährte Verankerung der Bundeswehr in unserer Gesellschaft verpflichtet uns, über die äußere und innere Sicherheit in der Öffentlichkeit zu diskutieren.
Nur mit der Beteiligung der Bürger kann Sicherheitspolitik in unserem Lande erfolgreich sein. Die möglichen Bedrohungsszenarien sind real, aber nicht genau vorherzusagen. Schon aus diesem Grunde kann die Verteidigungsfähigkeit nicht zu knapp bemessen werden. Vor allem die unkontrollierte Weitergabe von Massenvernichtungswaffen erfordert eine Art neuen NATO-Doppelbeschluss unter Einbindung Russlands. Der Proliferationsbericht des BND gibt ein reales, aber sehr beunruhigendes Bild über die Gefährdung durch atomar, biologisch und chemisch bestückte Raketen und über die Bedrohung durch den weltweiten Terrorismus. Und es ist so, Herr Ritter, an der südlichen und südöstlichen Flanke Europas sowie in Nordkorea sind Waffen vorhanden, die deutsches Territorium und europäisches Territorium mittlerweile bedrohen. Sicherheitspolitisch sind, und auch das ist wahr, nur Mittel- und Nordeuropa sowie der Ostseeraum befriedet. Östlich und südöstlich von Europa existiert eben leider ein Krisenbogen mit explosivem Konfliktpotential. Das können wir ja jeden Tag im Fernsehen sehen. Hinzu kommen der Mittelmeerraum und Zentralasien. Deutschland, Europa und die NATO müssen sich also zukünftig darauf vorbereiten, Konflikte und Krisen am Ort ihres Entstehens zu lösen,
um daraus resultierende weltweite Flächenbrände zu verhindern. Aus der Landesverteidigung wird eine Distanzverteidigung an den Grenzen des NATO-Bündnisses. Auch auf direkte Angriffe von außen müssen Deutschland und Europa vorbereitet sein.
Die Einsatzkräfte der Bundeswehr brauchen daher große Flexibilität, um in Krisensituationen reagieren zu können. Die Armee benötigt aber auch genügend Kampfstärke zur Landesverteidigung. Hinzu kommt die Frage eines technologischen Schutzschirmes gegen Raketen. Bei den zukünftigen Einsatzbedingungen der Bundeswehr haben strategische Aufklärung, Verlegfähigkeit der Verbände über große Entfernungen sowie weltweite Kommunikation also große Priorität. Diese Anforderungen entsprechen dem neuen NATO-Konzept. Darauf müssen wir uns vorbereiten und aus diesem Grunde benötigen wir eine Reform der Bundeswehr. Der heutige Zuwachs an Sicherheit konnte nur durch militärische Stärke und Solidarität im NATO-Bündnis erreicht werden.
Vor dem Hintergrund des vorhandenen weltweiten Gefährdungspotentials kann es neben dem klaren Bekenntnis zur Bundeswehr nur eine Reform der Bundeswehr mit dem Ziel geben, sich auf jetzige und zukünftige Gefährdungspotentiale und Krisenherde taktisch und technisch einzustellen. Für eine Reform, die nur das Ziel der Verkleinerung der Bundeswehr verfolgt, gibt es weder politische noch militärstrategische Spielräume. Eine Verringerung auf 100.000 Mann hieße, in fünf Jahren die Bundeswehr abzuschaffen. Und das ist Ihr Ziel, meine Damen und Herren.
Vor dem Hintergrund der zukünftigen Bedrohung hat Frankreich Mitte des Jahres in Sintra vorgeschlagen, dass jedes EU-Land 0,7 Prozent seines Bruttosozialproduktes allein für Verteidigungsinvestitionen aufwenden solle. Und Frankreich hat ja bekanntlich eine sozialistische Regierung. Selbst Bundesverteidigungsminister Scharping spricht von einer Investitionslücke von 20 Milliarden DM, Experten rechnen mit circa 30 Milliarden.
Die Landesregierung sollte sich also, wenn sie unsere Interessen vertreten will, beim Bund erst einmal für zwei Rahmenbedingungen einsetzen: für die mittelfristige Anhebung des Verteidigungsetats auf 50 Milliarden bis 2003 sowie in den folgenden zehn Jahren auf 54 Milliarden und für die langfristige Erhöhung des Verteidigungsetats von heute 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes auf 2 Prozent. Nur so kann Deutschland seine Verpflichtungen innerhalb der NATO erfüllen.
Ausgehend von der genannten sicherheitspolitischen Bedrohungsanalyse kann die Personalstärke der Bundeswehr nicht unter 300.000 Mann heruntergefahren werden. Voraussetzung dafür sind allerdings die notwendigen Modernisierungs- und Investitionsmaßnahmen. Das wären 200.000 Mann Heer, 75.000 Mann Luftwaffe, 25.000 Mann Marine – das ist aus unserer Sicht die Mindeststärke für eine zukünftig modernisierte Bundeswehr.
Die seit dem 11. Oktober bekannt gewordene so genannte Grobausplanung für die Neuausrüstung der Bundeswehr liegt vor. Diese Grobplanung lässt allerdings wesentliche Fragen offen. Vor allem bei der Personalstärke und bei den zivilen Mitarbeitern sind negative Entscheidungen auch für Mecklenburg-Vorpommern zu befürchten. Die Verunsicherung ist deswegen natürlich groß. Trotz Forderung der NATO-Partner nach einem angemessenen Wehretat soll der Verteidigungshaushalt aber mittelfristig sinken. Entscheidungen für notwendige Modernisierungen werden nach dieser Grobplanung offenbar auf die lange Bank geschoben. Die Standortentscheidungen werden ebenfalls noch verschoben. Wir haben das heute in der Zeitung „Die Welt“ das erste Mal so bitter gelesen. Arbeitsplätze in der wehrtechnischen Industrie, zivile Arbeitsplätze der Bundeswehr und bei Unternehmen, die von Aufträgen der Bundeswehr leben, sind damit akut gefährdet.
Nach der Grobplanung ergibt sich folgendes vorläufiges Bild: Beim Bundes- und Verteidigungsministerium wird nur pauschal von Personalkürzungen gesprochen. Neue Organisationselemente werden aber scheinbar schon geschaffen. Wir befürchten eine Aufblähung der Strukturen. Die Anzahl der Wehrpflichtigen wird schon in den nächsten vier Jahren halbiert. Damit sind weitere Probleme bei der Wehrgerechtigkeit vorprogrammiert und es hat auch Auswirkungen auf die sozialen Dienste, wie wir wissen.
Nun zu den einzelnen Teilstreitkräften. Die Ausplanung von Heeresverbänden und die Reduzierung der Zahl der Einzelverbände bei der Luftwaffe lassen auf einen erheblichen Abbau von Dienstposten schließen. Bei den Verantwortungsbereichen für Wehrbereichskommandos, Sanitätskommandos und Wehrbereichsverwaltungen bleibt der Sitz von Kommandobehörden und Dienstellen bisher offen. Völlig ungeklärt bleibt die Frage über den sozial verträglichen Abbau von Zivilpersonal.
Landtag und Landesregierung müssen eine Grundsatzdiskussion zum Erhalt der Standorte, Dienstposten und
Erstens. Die Armee einer föderalen Republik benötigt die Präsenz und auch die Wirtschaftskraft in der Fläche.
Zweitens. Der Vergleich unseres Landes mit den anderen neuen Bundesländern ist unakzeptabel. Für uns gilt der Vergleich mit Schleswig-Holstein und da haben wir nur ein Drittel der Soldaten in Schleswig-Holstein.
Und drittens. Basis eines realistischen Vergleiches ist ferner die so genannte Auftragsstatistik der Bundeswehr, also Anzahl und Wert der Aufträge je Bundesland. Und hier sieht es so aus: