Protocol of the Session on December 14, 2000

Und drittens. Basis eines realistischen Vergleiches ist ferner die so genannte Auftragsstatistik der Bundeswehr, also Anzahl und Wert der Aufträge je Bundesland. Und hier sieht es so aus:

Anzahl der Aufträge: Schleswig-Holstein 11,6 Prozent, wir nur 2,7 Prozent

Wert der Aufträge: Schleswig-Holstein 5 Prozent, wir nur 1,1 Prozent

Erst danach sollten wir die Diskussion, natürlich mit öffentlichem Druck aus den Regionen, hier sind die Landräte und die Oberbürgermeister angesprochen, in Richtung Berlin dann auch wirklich gemeinsam führen.

In Mecklenburg-Vorpommern muss beim Heer mit einem starken Abbau von Dienstposten gerechnet werden. Zukünftig wird es – Sie sagten es schon – nur noch vier Wehrbereichskommandos geben, die sich an den Landesgrenzen orientieren. Die Streitkräftebasis besteht dann im Wesentlichen aus dem Streitkräfteunterstützungskommando, dem Einsatzkommando und dem Kommando strategische Aufklärung. Die Struktur der Zwischenebene mit Logistik, Kampfunterstützung sowie Artillerie und Luftabwehr bleibt nach dieser Grobplanung unklar.

Nun zu unserem Land:

Die Flugabwehrraketengruppe 24 und der Stab des Flugabwehrraketengeschwaders 2 bei Bad Sülze mit insgesamt 948 Dienstposten müssen mit Reduzierungen rechnen. Gleiches gilt für die Flugabwehrraketengruppe 31 Cammin mit 433 Dienstposten und für die in Sanitz mit 446. Im Osten soll, mein Kollege sagte es schon, eine Heeresdivision der Kampfeinheiten völlig wegfallen. Im Gespräch ist die 40. Brigade in Schwerin. Und das bedeutet den Abzug von 5.000 Soldaten aus den Standorten im Großraum Schwerin, Dabel, Hagenow, Lübtheen; in Dabel nach den Angaben „Der Welt am Sonntag“ allein 700. Die Standorte Eggesin mit 1.717 Dienstposten, Torgelow mit 1.735 und Viereck mit 998 scheinen sicher zu sein. Pasewalk wird allerdings aufgegeben.

In der Region Neubrandenburg, Stavenhagen und Trollenhagen mit insgesamt 4.749 Dienstposten des Heeres muss ebenfalls mit einem Abbau gerechnet werden. Gleiches trifft für die Kleindienststellen in Waren, Wismar, Rechlin und Golchen mit insgesamt 184 Dienstposten zu. Offen bleibt bei der Grobausplanung, welche Führungsebene es in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt noch geben wird. Bei drei Sanitätszentren, einmal in Rostock, die Bundeswehrapotheke in Warnemünde und bei der Dienststelle Neustadt-Glewe, muss auch ein großes Fragezeichen gemacht werden.

Bei der Luftwaffe entfällt die Führungsebene der Luftwaffenkommandos. Die Zahl der Verbände auf Geschwaderebene wird stark reduziert, die Unterstützungskommandos fallen wie in den anderen Teilstreitkräften weg. Die Luftwaffenstandorte mit dem Hauptstandort Laage

mit 1.619 Dienstposten sowie die Kleindienststellen der Luftwaffe in Putgarten, Elmenhorst und Utzedel mit 236 sind, soweit wir das jetzt wissen, sicher.

Bei der Marine ist nur Stralsund-Parow mit 1.835 Dienstposten sicher. Zu der Kleindienststelle in Marlow mit 29 gibt es keine Information. Fakt ist, dass alle Seekriegsmittel und die Unterstützungs- und Führungskräfte in einem Bereich zusammengefasst werden. Die übrigen Gliederungen kommen zum Marineamt. Nach der Region Schwerin gibt es bei der Marine in Rostock mit insgesamt 2.401 Dienstposten die größten Probleme. Uns muss es um die Stärkung des Marineamtes und der Marine gehen, weil die Bundesmarine in der Küstenregion eine sehr große Bedeutung für den maritimen Tourismus hat.

(Beifall Eckhardt Rehberg, CDU)

Und da fordere ich die Rostocker Abgeordneten nun auf, sich endlich mal stark zu machen.

(Dr. Berndt Seite, CDU: Ja. – Reinhard Dankert, SPD: Wir schreiben nicht immer gleich Zeitungsartikel. – Unruhe bei Reinhard Dankert, SPD, und Eckhardt Rehberg, CDU)

Die Oberbürgermeister von Wilhelmshaven und Kiel sowie die Politiker der Regionen setzen sich seit einiger Zeit massiv für ihre Marine ein. Massiv! Sie wollen auch die Korvetten, die für Warnemünde vorgesehen waren, in ihren Häfen stationieren. Das Marineunterstützungskommando mit 900 Dienstposten in Wilhelmshaven soll nach unseren Informationen aufgelöst werden. Für Mecklenburg-Vorpommern ist es ganz wichtig, dass das Marineamt mit seinen Dienstposten und dass der Kommandokopf der Marine in Rostock bleiben. Aufgrund der Bedeutung für unsere maritim geprägte Küstenregion müssen wir uns auch dafür stark machen, unter Umständen weitere Kräfte des Marineunterstützungskommandos aus Wilhelmshaven nach Rostock zu holen. Der Beschluss für die Stationierung der Korvetten in Warnemünde darf eben nicht in Frage gestellt werden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Der Minister sagt aber nur, was in Kiel erhalten bleibt.)

Über die wirtschaftliche Bedeutung von Heer, Marine und Luftwaffe waren wir uns ja wohl hier im Hause alle einig. Mit einem klaren Bekenntnis zur NATO sowie zur Bundeswehr und ihrer Standorte im Land sollten wir heute ein sicherheitspolitisches und ein wirtschaftspolitisches Zeichen setzen. Unter Beachtung der realen Vergleichszahlen im Norden müssen wir um jeden Dienstposten kämpfen, auch, wenn möglich, neue ins Land holen. Es gibt keinen Spielraum für eine weitere Verkleinerung der Bundeswehr in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern.

Vor diesem Hintergrund und der von uns skizzierten Gefahr für Bundeswehrstandorte in Mecklenburg-Vorpommern fordere ich Sie auf, bitte ich Sie nochmals, unseren Antrag zu unterstützen und vor allen Dingen nicht den entscheidenden Punkt 5 herauszustreichen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Damit machen Sie unseren ganzen Antrag zunichte. Und das ist eben kein Bekenntnis zur Bundeswehr. Das muss man klar und deutlich sagen. Wie wollen Sie sich denn für unsere Interessen engagieren, wenn Sie sich in

die laufenden Verhandlungen nicht mehr einschalten wollen? Diesen Punkt streichen Sie raus. Also Sie wollen plakativ sagen, wir sind für die Bundeswehr, aber der Herr Wirtschaftsminister und Sie wollen nichts Praktisches dafür tun. Wir brauchen Engagement für das Land und keine Friedhofsruhe.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

Ich darf Sie nochmals bitten, sich dafür zu engagieren. Und wie gefährdet Arbeitsplätze sind, das sehen wir in Neubrandenburg.

(Monty Schädel, PDS: Das ist aber kein Bundeswehrstandort.)

Aber das interessiert Sie ja offenbar nicht.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und möchte Sie nochmals bitten, diesen Ihren Änderungsantrag mit der Streichung des Punktes 5 zu überdenken und ihn nicht als Änderungsantrag hier zu bringen, sondern gemeinsam mit uns für eine vernünftige Lösung zu stimmen, dass die Landesregierung sich aktiv in die laufenden Verhandlungen einschaltet. Nur so können wir unsere Interessen hier im Lande bewahren.

(Siegfried Friese, SPD: Das tut sie auch ohne Ihren Antrag.)

Ich bitte Sie, nochmals darüber nachzudenken.

Das geht nicht ohne unseren Antrag, denn Sie bewegen sich von allein doch überhaupt nicht. Und Sie schon gar nicht.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Bräunig von der SPD-Fraktion.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Herr Bräunig, nun lassen Sie doch mal den Monty reden!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich will’s vorwegnehmen, das Bekenntnis, Herr Rehberg, da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein, auch das meiner Fraktion:

(Reinhardt Thomas, CDU: Wie bei der Bahn.)

Wir stehen unmissverständlich zur NATO und zur Bundeswehr sowie zur festen Einbindung der Bundeswehr in die NATO.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Monty Schädel, PDS: Ach Mann, eh! So, wie du mich als Offizier werben wolltest, oder was?)

Und, Herr Schädel, Herr Schädel, ich muss Ihnen wirklich mal von hier vorne Folgendes sagen:

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Es ist bedauerlich,

(Monty Schädel, PDS: Vor zehn Jahren wolltest du mich nämlich noch als Offizier werben.)

es ist bedauerlich, dass unser Koalitionspartner praktisch noch nicht begriffen hat, dass die Bundeswehr ein Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Also ich muss jetzt wirklich mal sagen: Jetzt reicht’s!

Meine Damen und Herren, erst im April diesen Jahres hat sich der Landtag mit einem Antrag der CDU auseinander gesetzt, der dem jetzt vorliegenden sehr ähnelt. Schon damals habe ich unmissverständlich die Position der SPD-Fraktion zur Rolle der Bundeswehr dargestellt: Die SPD-Landtagsfraktion bekennt sich nachdrücklich zur sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rolle der Bundeswehr. Die Bundeswehr ist und bleibt ein Eckpfeiler unserer Demokratie.

(Monty Schädel, PDS: O Gott! Meine Fresse! Vor zehn Jahren warst du mein Wehrausbilder. Das kann ja wohl nicht sein, was du hier erzählst!)

Meine Damen und Herren, um die Bundeswehr der veränderten sicherheitspolitischen Lage anzupassen, ist ein Umstrukturierungsprozess dringend vonnöten. Die bevorstehende größte Umstrukturierung seit Bestehen der Bundeswehr und die damit einhergehende Definition ihrer künftigen Aufgaben wird einen nicht unerheblichen Einfluss auf Personalstärke sowie auf Mittelausstattung haben. Über die künftige Personalstärke wurde bereits entschieden.

Die angestrebten Kosteneinsparungen können durch folgende Maßnahmen realisiert werden:

Kürzung beziehungsweise sogar die Aufgabe von Rüstungsvorhaben,

kurzfristige Reduzierung des zivilen wie auch des militärischen Personalumfangs,

Senkung der Betriebs- und Stationierungskosten zunächst durch die Optimierung der Nutzung von Standorten – Optimierung heißt nicht gleich Standortschließung, das hat das Bundesverteidigungsministerium deutlich gemacht,