Protocol of the Session on December 14, 2000

Zwei Vorbemerkungen:

Erstens. Wenn ich die Presseinformation sehe, die Herr Thomas zu dem heutigen Antrag abgegeben hat, dann lese ich hier zum Beispiel: „nur Mittel- und Nordeuropa sowie der Ostseeraum (sind) befriedet. Auf dem Balkan... existiert immer noch ein explosives Konfliktpotential.... das zukünftige Bedrohungspotential wächst“. Aus jeder Zeile tropft förmlich noch der Kalte Krieg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Die zweite Vorbemerkung, Herr Rehberg. Ich bin sehr oft zu Gesprächen bei der Standortkameradschaft des Bundeswehrverbandes in Basepohl und dort sage ich auch ganz deutlich meine Meinung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber nicht die, die Sie hier im Landtag sagen.)

Ich brauche mich dort also nicht zu verbiegen. Und wir hatten erst letztens zwei Besuchergruppen aus Basepohl hier. An einer Gesprächsrunde hat der Kollege Brick teilgenommen. Sie können ihn mal befragen, was ich dort zum Standort Basepohl geäußert habe.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja, und was sagt Kollege Monty Schädel?)

Ich liege gar nicht auseinander mit meinem Kollegen Monty Schädel, das werden Sie gleich merken.

(Unruhe bei Eckhardt Rehberg, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Oh, darf der nicht reden heute?)

Ich könnte es mir jetzt einfach machen, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

und Ihnen Ihr Argument entgegenhalten, welches Sie nutzten, wenn mein geschätzter Kollege Putensen und ich in der zweiten Wahlperiode des Landtages das Thema Bundeswehr auf die Tagesordnung gesetzt hatten,

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig. – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

nämlich: Was soll das hier? Das sind bundespolitische Themen und die sollen auch dort behandelt werden.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ach!)

Ich tue das aber nicht, Herr Rehberg, weil dieses Argument damals genauso falsch war, wie es heute falsch ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Das hat aber der Innenmi- nister gerade wieder gesagt. Was gilt denn nun?)

Das haben Sie jetzt offenbar auch erkannt. Der Lernprozess auf den harten Bänken der Opposition trägt nach nunmehr zwei Jahren offensichtlich erste Früchte.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Also ich sitze hier ganz gemütlich.)

Aber – um es vorwegzunehmen, Herr Rehberg, damit Sie weiter gemütlich sitzen bleiben können –

(Dr. Ulrich Born, CDU: Der Herr Innenminister hat es anders gesagt.)

die PDS-Landtagsfraktion wird natürlich nicht in Ihren Lobesgesang auf die Bundeswehr einstimmen

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

und wir werden demzufolge Ihrem Antrag auch nicht zustimmen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Also das ist doch!)

Gerade mal noch tragbar wäre der erste Satz im Punkt 2 Ihres Antrages, der da lautet:

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

„Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern bekennt sich zur Notwendigkeit eines Umstrukturierungsprozesses der drei Teilstreitkräfte im Rahmen einer Bundeswehrreform.“ Ich weiß zwar nicht, warum ich dazu gleich ein Bekenntnis ablegen muss, aber ich halte eine Reform der Bundeswehr allemal für nötig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Daher hat auch die PDS-Bundestagsfraktion ein Reformprogramm für die Bundeswehr vorgelegt.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Kern dieses Programms ist die Reduzierung der Bundeswehr auf eine 100.000-Mann-Armee.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Einzelne Punkte hier im Detail zu erläutern würde jetzt zu weit führen, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber Sie haben offenbar gesteigertes Interesse, ich kann Ihnen das Konzept gern mal zum Lesen geben.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Nee! – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Im nächsten Satz des Punktes 2 sprechen Sie das veränderte sicherheitspolitische Umfeld an und spätestens hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, trennen sich natürlich unsere Wege. Es gibt in der Tat ein verändertes sicherheitspolitisches Umfeld, denn die Militärblöcke des Kalten Krieges stehen sich nicht mehr gegenüber. Dennoch oder vielleicht deshalb sind Kriege auch in Europa wieder führbar geworden. Daraus leiten Sie Ihre neuen Anforderungen für die nationalen Streitkräfte ab.

In einem Papier des Bundesverteidigungsministeriums heißt es zur Analyse des Kosovo-Krieges: „Deutschland zeigte – nach der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages am 16. Oktober 1998 – für die vom Rat beschlossene Luftoperation für begrenzte und gestaffelte Luftschläge der NATO bis zu 14 Aufklärungs- und ECRTornado-Flugzeuge verbindlich an. Im Rahmen dieser Luftoperation flog die Luftwaffe mit oben genannten 14 Tornados zwischen dem 24. März und 10. Juni 1999 438 ECR... Sorties, 244 Flugkörper HARM wurden dabei verschossen.“ Unter dem Titel „Erkannte Defizite der Bundeswehr“ ist zu lesen in dem gleichen Papier: „Felder sind:

Strategisch/operative Aufklärungstätigkeit (z. B. Satelli- tenaufklärung),

Logistische Versorgung über weite Entfernungen,

Führungsfähigkeit,

Elektronische Kampfführung.“

Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer auch nur über etwas militärischen Sachverstand verfügt, wird schnell erkennen, dass es sich bei der Aufzählung dieser Komponenten nicht um Elemente der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland handelt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Und nicht nur aus sicherheitspolitischen Gründen müssen wir diesem Wertewandel eine Absage erteilen.

Die, wie Sie es nennen, veränderten Anforderungen an die nationalen Streitkräfte sind natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Im bereits zitierten Dokument des Bundesverteidigungsministeriums ist dazu zu lesen: „Im Haushaltsjahr 1999 schlagen bei den einsatzbedingten Zusatzkosten“, gemeint ist auch hier wieder der Kosovo-Einsatz, „wie üblich die Personalkosten als größter Kostenverursacher mit über 450 Millionen DM zu Buche. Betriebskosten wie z. B. für Mieten/Pachten, Materialerhaltung, Liegenschaftsbetrieb, Betriebsstoff und Transporte werden rund 400 Millionen DM betragen. Kosten für Beschaffungen, Umrüstungen, Betreuung,... Ersatz für Verbrauchsmaterial und Munition betragen 250 Millionen DM.“

Ach ja, weil wir gerade beim Geld sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, quasi über Nacht wurden in den Haushalt des Bundes Verpflichtungsermächtigungen

im Umfang von 10 Milliarden DM für die Beschaffung eines Großraumtransporters eingestellt.

(Reinhardt Thomas, CDU: Richtig.)

Für die Beschaffung des Eurofighters kann sich der Steuerzahler schon jetzt auf 40 Milliarden DM einstellen. Wie hoch war doch gestern der Landesetat, den wir beschlossen haben, werte Frau Gramkow?

(Wolfgang Riemann, CDU: Wie viel haben denn Ihre Hubschrauber gekostet, Herr Ritter?)

In der Tat, Herr Riemann,