Protocol of the Session on December 13, 2000

(Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Zwei plausible Initiativen der Opposition sind mit Mehrheitsbeschluss in ihrer grundsätzlichen Intention zu Initiativen der Regierungskoalition erklärt worden. Abgesehen davon setzten die Koalitionsfraktionen einen einvernehmlichen Beschluss des Ausschusses außer Kraft. Dieser Beschluss sollte einen fairen Umgang miteinander während der Haushaltsberatungen sicherstellen. Fairness und Chancengleichheit waren nach diesem skandalösen Vorgang nicht mehr gewährleistet. Und das werfe ich Ihnen als Ausschussvorsitzenden vor, sehr geehrter Herr Bluhm, dass Sie es versäumt haben, die Einhaltung von Ausschussbeschlüssen konsequent anzumahnen. Ansonsten erübrigen sich Sitzungen des Bildungsausschusses. Ihre Meinung können Sie nämlich auch so durchsetzen. Dazu brauchen Sie das Schauspiel „Ausschuss“ nicht unbedingt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Was ist denn das für ein Ausschuss?)

Meine Damen und Herren, in diesem Landtag setzt sich ein politischer Stil durch, den man mit Fug und Recht als Diktatur der Mehrheit bezeichnen kann.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Aus diesem Klima heraus lässt sich die Opposition leicht als eine politische Kraft hinstellen, die nichts in diesem Land bewegen kann.

Dass dies aber ganz und gar nicht der Fall ist, beweisen im Besonderen die Initiativen der CDU-Fraktion im Bereich der Bildungspolitik. Ob dies nun die Frage zur Verkürzung der gymnasialen Ausbildung ist oder die Frage nach dem Lehrerpersonalkonzept, die Realitäten überholen die Regierung. Und gerade das letzte Wochenende hat gezeigt, dass die Regierung nicht umhinkommt, auch auf Forderungen der CDU einzugehen. Es ist schon mehr als absurdes Theater, meine Damen und Herren, das Sie hier spielen, wenn Sie im Oktober einen Antrag der CDU-Fraktion ablehnen, in dem wir den Bildungsminister aufforderten, für den Lehrerberuf eine Imagekampagne zu starten, und am Wochenende der derzeitige Präsident der KMK, der Bremer Bildungssenator und Ihr Genosse Willi Lemke, genau dazu aufruft, um mehr Abiturienten für den Lehrerberuf in die Hochschulen zu bekommen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja, die sind lernfähig. Das wollen wir Ihnen ja nicht vorwerfen. – Wolfgang Riemann, CDU: Bremen, Bremen!)

Es ist schon mehr als absurdes Theater, meine Damen und Herren, wenn die CDU-Fraktion eine an den Realitäten orientierte Fortschreibung des Lehrerpersonalkonzeptes einfordert, Sie dies ablehnen und vier Wochen später die GEW genau dies fordert. So schlecht kann also die Opposition dann wohl doch nicht sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will hier nicht klagen. Der Umgang mit der Opposition ist ein rauer und soll dies ja wohl auch sein. Der Spaß hört allerdings da auf, wo elementare Grundsätze der Demokratie in Gefahr geraten, schleichend, für die Öffentlichkeit kaum erkennbar und wahrnehmbar. Das schadet dem Selbstverständnis des Landtages und in der Konsequenz hat jede Fraktion darunter zu leiden, denn der Öffentlichkeit bleibt es auf Dauer nicht verborgen, ob und wie viel Einfluss der einzelne Abgeordnete auf Entscheidungen der Regierung geltend machen kann.

Das beste aktuelle Beispiel ist hierbei die Kollegin Polzin. Seit sie im Landtag ist, hat sie sich einer Angelegenheit im Einzelplan 07 im Besonderen verschrieben. Die Reisekostenerstattungen für Schulausflüge sind ihr zur Herzenssache geworden, da sie aus eigenem Erleben weiß, wie wichtig Schulausflüge für Schüler und Lehrer sind. Sie machte im Ausschuss darauf aufmerksam, dass aus dem besagten Titel Querfinanzierungen zu anderen Dienstreisetiteln erfolgten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Sie machte immer wieder darauf aufmerksam, dass die restriktive Richtlinie zur Reisekostenerstattung gar nicht die Möglichkeit bietet, dass dieser Titel voll ausgeschöpft werden kann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das sagen wir schon seit Jahren. Nicht wahr, Herr Dr. Bartels? – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Die Konsequenz: Die Koalitionäre entnahmen diesem pädagogisch durchaus sinnvollen Titel 152.000 DM, um damit die Bildungseinrichtungen mit Beherbergungsbetrieb und die Staatlichen Museen zu finanzieren. Und wo bleibt nun Frau Polzin? Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich diesem Diktat zu beugen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ihre Sorge für die liebe Kollegin ist aber sehr rührend.)

Wurde die Richtlinie inzwischen verändert? Bis heute nicht.

Meine Damen und Herren, das ist nur ein Beispiel von vielen. Die nötigen Impulse fehlen. Wir erleben aktuell, dass eine Ausnahme des Bildungsbereiches aus den Einsparungen nicht ausreicht. Uns laufen die Lehrer davon. Junge Menschen fangen erst gar nicht mit dem Studium für das Lehramt an. Anreize fehlen. Ihre Bildungspolitik ist eher ein Chaos.

(Wolfgang Riemann, CDU: Gescheitert.)

Immer neue Konzepte werden auf den Weg gebracht, ohne dass eines einmal umgesetzt wird: erst das Qualitätskonzept, jetzt die regionale Schule, dann ein Lehrer

bildungsgesetz und wieder an anderer Stelle mit letzter Not eine Verordnung zur Schulentwicklungsplanung. Durcheinander, wo man hinblickt! Die Koalition lebt von Ankündigungen, so auch im Rahmen der Haushaltsberatungen. Hier und da soll geprüft werden, Aufforderungen jedoch ergehen nicht. Alles soll so unverbindlich wie möglich sein, damit die Opposition keine Angriffsfläche hat. Meine Damen und Herren, so kann man Politik nicht machen! Die Menschen im Land erwarten konkrete Maßnahmen zur Senkung des Unterrichtsausfalls und zur qualitätsgerechten Absicherung des Unterrichts. Nicht mehr und nicht weniger! – Ich danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Schnoor.

Das war schon ein Redebeitrag zum Einzelplan 07. Wir kommen noch mal zurück zur allgemeinen Aussprache.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs am 21. September sind 57 Tage vergangen, davon 11 Tage im Finanzausschuss. In der Zwischenzeit sind sehr viel Zeit, Arbeit und manchmal auch Nerven investiert worden, damit wir heute in der abschließenden Haushaltsberatung, in der so genannten Königsdebatte, die Politik für das nächste Jahr in Zahlen gießen können.

Gemessen an den schwierigen Rahmenbedingungen ist es der Regierung und den Koalitionsfraktionen gemeinsam gelungen, einen guten und soliden Landeshaushalt dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen. Zielstrebig, konsequent und erfolgsorientiert setzten damit SPD und PDS den eingeschlagenen Weg der nachhaltigen Haushaltskonsolidierungspolitik fort.

(Wolfgang Riemann, CDU: Entsprechend den Beschlüssen des XI. Parteitages der SED. – Heiterkeit und Unruhe bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Gerd Böttger, PDS: Und des XX. der CDU.)

Herr Riemann, die Richtung stimmt. Die Konsolidierung ist für uns die einzige Möglichkeit, Handlungsspielräume für wichtige Zukunftsaufgaben zu schaffen. Herr Riemann, von Ihrer Fraktion war bisher noch nichts zu hören zum Thema Konsolidierung. Vielleicht kommt es dann noch gleich von Ihnen.

Angesichts einer Verschuldung von 15,8 Milliarden DM und einer Zinsbelastung von 901 Millionen DM im Jahre 2001 gibt es zur Konsolidierungspolitik keine Alternative.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Wir wollen mit unserer Politik ernsthaft wieder Gestaltungsspielräume für Zukunftsaufgaben schaffen und deshalb müssen wir von unserem Schuldenberg herunterkommen. In diesem Zusammenhang ist es als Erfolg zu werten, dass die Nettokreditaufnahme wie im Vorjahr bei 650 Millionen DM liegt. Schließlich mussten Steuermindereinnahmen im Saldo von circa 200 Millionen DM und weitere zwangsläufige Mehrbedarfe, wie zum Beispiel durch die BAföG-Novelle des Bundes 10 Millionen, erhöhte Sozialhilfeausgaben 13,6 Millionen, Zusatzversorgungen für Sonder- und Zusatzrentensysteme von 5,6 Millio

nen, Betriebskostenerstattung für Kitas 3 Millionen, zusätzliche Planungsmittel für Straßenbau 7 Millionen und so weiter, berücksichtigt werden. Für 2002 bleibt es aber das Ziel, die Nettokreditaufnahme auf 450 Millionen DM abzusenken, so dass ein weiterer wichtiger Schritt zum Erreichen eines ausgeglichenen Haushalts vollzogen werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Haushaltskonsolidierungspolitik muss aber mit moderner Gestaltungspolitik verbunden werden. Das heißt, Sparen nicht zum Selbstzweck, sondern Konsolidierung als Chance nutzen, als Chance, politische Ziele für eine sozial gerechte und zukunftsfähige Entwicklung unseres Landes zu bestimmen und die dafür notwendigen Investitionen zielgerichtet einzusetzen. Dazu gehört auch, dass das Tempo der Konsolidierungspolitik ausgewogen sein muss und nicht geprägt sein darf von blindem Aktionismus.

(Beifall Heinz Müller, SPD, und Volker Schlotmann, SPD)

Es ist zum Beispiel völlig absurd, Herr Riemann und meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, zu glauben, wir könnten mit einem 20-Millionen-DM-Sonderprogramm für Schulbausanierung oder anderen Hilfsprogrammen für die Bauwirtschaft Bauinvestitionen in einer Größenordnung auslösen,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Vier Mann hören bloß noch zu aus Ihrer Fraktion, Herr Borchert!)

die irgendwelche nachhaltigen Effekte auf dem Arbeitsmarkt bringen oder die Probleme der Bauwirtschaft lösen könnten. Das ist völlig absurd.

(Georg Nolte, CDU: Da fragen Sie mal die Bürger in Ihrem Landkreis, wie die das sehen!)

Meine Damen und Herren, Herr Nolte, der vorliegende Haushalt für 2001 wird, gemessen vor allem an den engen finanziellen Handlungsspielräumen, dem Anspruch von Gestaltungspolitik durchaus gerecht. Ich möchte dies an folgenden drei Schwerpunkten deutlich machen:

Erstens. Die Investitionspolitik wird mit über 3 Milliarden DM auf hohem Niveau fortgesetzt. Dabei werden alle Bundes- und EU-Mittel vom Land komplementär finanziert,

(Wolfgang Riemann, CDU: Um das Niveau abzusenken.)

so dass der Rückgang des Investitionsvolumens von 137 Millionen DM gegenüber dem Vorjahr lediglich in einem Rückgang der Bundesmittel begründet ist. Eine Auswahl von Investitionsschwerpunkten ist unter anderem: Die Wirtschaftsförderung wird auf sehr hohem Niveau weiter fortgeführt, die Technologieförderung zum Beispiel bei über 17 Millionen DM. Für die Bewerbung um die BMW-Ansiedlung hat der Finanzausschuss einer Verpflichtungsermächtigung von 200 Millionen DM zugestimmt. Damit ist zumindest von Landesseite her der Weg für diese Industrieansiedlung geebnet. Glauben Sie, Herr Rehberg, Herr Riemann und andere,

(Wolfgang Riemann, CDU: Bei dieser Landesregierung glaube ich nicht dran.)

dass Sie mit Ihrem ständigen Schlechtreden unseres Landes aus parteipolitischen Gründen auch nur irgendeinen Investor in unser Land holen könnten?

(Wolfgang Riemann, CDU: Bei dieser Landesregierung? – Volker Schlotmann, SPD: Dummes Zeug!)

Zweitens. Infrastrukturentwicklung. Das ist natürlich auch ein Schwerpunkt in der gesamten Investitionspolitik. Da ist es schon als Erfolg zu werten, dass wir trotz Bundeskürzungen in diesem Bereich die Investitionen auf hohem Niveau fortsetzen können, ob es der Straßenbau, der Investitionskorridor für den Hochschulbau oder für den Krankenhausbau oder auch die Städtebauförderung ist. Auf weiterhin hohem Niveau werden hier Investitionen organisiert und umgesetzt.

Der zweite Schwerpunkt der Gestaltungspolitik wird aber auch daran deutlich, dass die Landesregierung bereits bei der Haushaltsaufstellung unter aktiver Einflussnahme der Koalitionsfraktionen politische Schwerpunkte gesetzt hat, die dazu führten, notwendige Einsparungen in den Ressorts nicht nach dem bisher üblichen Rasenmäherschlüssel vorzunehmen. Geradezu folgerichtig war dann auch die Entscheidung, die Bereiche Bildung und Soziales von zusätzlichen Einsparvorgaben auszunehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Volker Schlotmann, SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Müdes Klatschen!)