Protocol of the Session on November 16, 2000

Die Einhaltung dieses Grundsatzes, die Umsetzung von Küstenschutzmaßnahmen möglichst nur im Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen zu realisieren, gestaltet sich dabei nicht immer einfach. Ich möchte deshalb den vor Ort agierenden Staatlichen Ämtern für Umwelt und Natur bescheinigen, dass sie auch auf diesem Gebiet eine gute Arbeit leisten, indem sie sich stets um einvernehmliche, aber auch finanzierbare Lösungen bemühen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine bisherigen Ausführungen haben verdeutlicht, welche Aufgabe

das Land mit der Verpflichtung zur Gewährleistung des Küstenschutzes für im Zusammenhang bebaute Gebiete übernommen hat. Eine Mittelaufstockung auch für diese wichtige Aufgabe scheint mir in Anbetracht der schwierigen Haushaltslage nicht realistisch. Vor diesem Hintergrund sind auch Forderungen nach einer Erweiterung der Schutzverpflichtung des Landes auf bestimmte Küstengebiete außerhalb der im Zusammenhang bebauten Gebiete durch Änderung des Landeswassergesetzes zu bewerten. Dazu zählt auch der Beschluss des Kreistages Rügen. Seine Umsetzung würde zusätzliche Millionenbeträge für den Küstenschutz notwendig machen, ist daher aus meiner Sicht nicht realisierbar, und ich kann auch deshalb keine diesbezügliche Gesetzesinitiative des Umweltministeriums in Aussicht stellen.

Dennoch sehe ich im Zuge der bereits seit längerem vorgesehenen Novellierung des Landeswassergesetzes die Möglichkeit und die Notwendigkeit für eine differenzierte Definition der Pflichten und Zuständigkeiten für den Küstenschutz ohne eine Verschiebung der genannten Prioritäten.

Lassen Sie mich neben diesen formalrechtlichen und finanziellen Aspekten noch einen anderen Gesichtspunkt benennen:

Wie ernst nehmen wir die Empfehlung der HelsinkiKommission zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebietes? In ihrer Ausarbeitung 16/3 empfiehlt die Kommission den Regierungen der Vertragsparteien, „den dynamischen Charakter und die ständige Veränderung der Küste als einen natürlichen Vorgang anzusehen und zu akzeptieren und neue Küstenschutzmaßnahmen außerhalb von Ansiedlungen normalerweise nicht durchzuführen“. Damit besteht auch die Verpflichtung, im Interesse des Küstennaturschutzes Küstenschutzmaßnahmen auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen.

Mir ist in den vergangenen Wochen des Öfteren vorgehalten worden, mein Vorhaben wäre nicht weitsichtig und würde die komplexen Zusammenhänge nicht berücksichtigen, die mit einer Abtrennung des südlichen Inselteiles verbunden wären. Ich habe für diese Vorhaltungen wenig Verständnis. Sie zeigen, dass die Kritiker den Sinn des von uns freiwillig durchgeführten Anhörungsverfahrens nicht erkannt haben.

(Caterina Muth, PDS: Ja.)

Gerade die Kenntnis der komplexen Zusammenhänge war Anlass, alle von dem Vorhaben Betroffenen zu informieren und gleichzeitig deren Stellungnahmen zu erbitten. Nur so kann möglichst viel Fachwissen in den Entscheidungsprozess einfließen. Und ich sehe keine andere Möglichkeit, die Problematik tatsächlich ganzheitlich zu betrachten.

Ich möchte deutlich betonen, dass bisher niemand – ich sage noch einmal, niemand – vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, auch wenn dies hin und wieder so zu lesen war. Doch wer heute Millionen für Aufspülungen südlich Neuendorf bereitstellen will – das sind jeweils circa 3 Millionen DM im Abstand von sieben Jahren –, muss gleichzeitig sagen, welche Maßnahmen zum Schutz von Küstenortschaften er dafür aus der Planung streichen will

(Caterina Muth, PDS: Das ist genau der Punkt, ja.)

oder welche anderen Finanzierungsquellen und Lösungswege erschlossen werden können. Ich denke, dass alle hier Anwesenden mir zustimmen werden, dass eine derartige Verschiebung der Prioritäten nicht verantwortet werden kann.

(Beifall Helmut Holter, PDS, und Caterina Muth, PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte Ihnen noch einige konkrete Informationen geben, die für die sachliche Beurteilung der Problematik Hiddensee erforderlich sind neben den sehr informativen Ausführungen von Herrn Dr. Klostermann.

Schon in der Vergangenheit befand sich der südlichste Dünenabschnitt auf einer Länge von 3,2 Kilometern, gehörig zur Kernzone des Nationalparkes, nicht im Küstenschutzanlagenbestand des Landes MecklenburgVorpommern. Dieser Küstenabschnitt weist schon seit langem keine Dimensionierung mehr auf, die erforderlich wäre, um bei schweren Sturmfluten einen Dünendurchbruch zu verhindern. Bei diesem Küstenabschnitt wird aber davon ausgegangen, dass aufgrund der Breite des Gellens und der vorhandenen Geländehöhen kein dauerhafter Durchbruch entstehen kann, sondern dass es nur zu flächenhaften Überströmungen im Sturmflutfall kommt. Und dieses ist ja kein Problem, denn es ist „nur“ Badestrand.

(Unruhe bei Lutz Brauer, CDU, und Gesine Skrzepski, CDU)

Die jetzt vorgeschlagene Einstellung der kostenintensiven Wiederaufspülung des anschließenden Dünenabschnittes ist eigentlich kein Novum. Für den Fall, dass der Dünenabschnitt ohne Unterhaltung von zurzeit 3,2 Kilometer Länge auf 6,8 Kilometer Länge ausgedehnt würde, würden nunmehr allerdings die Inselbereiche mit einbezogen werden, die aufgrund der geringen Breite und Geländehöhe bei schwerer Sturmflut abgetrennt werden könnten. Die entstehende neue Insel würde circa fünf Quadratkilometer groß sein. Allerdings bestand bereits in der Vergangenheit – und das möchte ich hier hervorheben – die Durchbruchgefährdung für den betreffenden Küstenabschnitt. Nur wurde offiziell nicht darüber gesprochen nach der Devise: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.

(Lutz Brauer, CDU: Die Zeiten sind vorbei.)

Die Düne hatte bis 1993 wahrscheinlich niemals eine den heutigen Bemessungskriterien genügende Dimensionierung. Die 1990 vorhandene Düne wies eine Beschaffenheit auf, die deutlich unter der heutigen Dünendimensionierung lag.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Nach einer mittleren Sturmflut im Jahr 1993 war in einigen Abschnitten überhaupt keine Düne mehr vorhanden. Die Sicherheit musste deshalb, da Neuendorf noch nicht eingedeicht und die Auswirkungen auf Westrügen nicht bekannt waren, durch eine Dünenaufspülung hergestellt werden. 235.000 Kubikmeter wurden damals in die Düne eingebaut. Aber diese Mengen sind in den vergangenen sieben Jahren zu einem erheblichen Teil wieder aus diesem Küstenabschnitt hinaustransportiert worden.

Die gegenwärtige Lage stellt sich so dar: Die „normalen“ Unterhaltungsarbeiten zur Verbesserung der natürlichen Sandanwehung der Dünen werden auch im betreffenden Abschnitt wie in der Vergangenheit durchgeführt.

(Beifall Lutz Brauer, CDU)

Und es zeichnet sich bereits vor Abschluss des Anhörungsverfahrens ab, dass dies auch künftig so sein wird.

(Lutz Brauer, CDU: Ein Schritt in die richtige Richtung. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

In dieser Auffassung bin ich vor allem durch die Besichtigung des betreffenden Küstenabschnittes und im Ergebnis der offenen, sachorientierten Diskussion, übrigens unter Teilnahme des lieben Kollegen Brauer,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

mit den Hiddenseern am Montag dieser Woche bestärkt worden.

Ich möchte noch eine Bemerkung zu den als mögliche Dauerlösung ins Gespräch gebrachten Steinwällen machen. Die Rückbildung sandiger Küsten kann dauerhaft nur durch künstliche Sedimentzuführungen unterbunden werden. Es gibt auch international keine Alternative dazu. Nur so wird die negative Sedimentbilanz, die Ursache für jeden Küstenrückgang ist, tatsächlich bekämpft. Buhnen, Wellenbrecher, Steinwälle und andere Bauwerke können dabei unterstützend zum Einsatz kommen. Isoliert verwendet können sie nicht zur Problemlösung beitragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich an den Inseldurchbruch südlich Neuendorf bei der „Schwarze Peter Bucht“ im Jahr 1964 erinnern, der erst im Jahre 1989 endgültig geschlossen werden konnte.

(Dr. Henning Klostermann, SPD: 1864.)

Habe ich 1900 gesagt?

(Dr. Henning Klostermann, SPD: Ja.)

Ich bitte um Entschuldigung, 1864 und 1889 geschlossen. Damals hatte man 25 Jahre benötigt, um die von der Natur geschlagene Bresche wieder zu beseitigen. Das lag sicherlich nicht am fehlenden Willen der Beteiligten, sondern an den begrenzten technologischen Möglichkeiten. Spülschiffe, die innerhalb weniger Tage mehrere hunderttausend Kubikmeter Sand aufspülen können, gab es damals noch nicht. Ich will damit darauf hinweisen, dass heute ungleich größere und schnellere Handlungsmöglichkeiten bestehen. Sollte sich ein Inseldurchbruch trotz der Fortsetzung der Unterhaltungsmaßnahmen tatsächlich infolge eines schweren Hochwassers ereignen, wäre es unkompliziert und kurzfristig möglich, dem entgegenzuwirken.

(Lutz Brauer, CDU: Wie denn?)

Ich möchte nicht verschweigen, dass ich diese Strategie – Fortsetzung der Unterhaltungs- und Pflegearbeiten plus sofortiges Reagieren auf ein nicht absehbares Großereignis – gegenwärtig für die sinnvollste Handlungsalternative ansehe. Dazu könnte eventuell eine kostengünstige Ablagerung beziehungsweise Aufspülung des regelmäßig anfallenden Baggergutes auf den Schifffahrtswegen kommen. Darüber haben wir am Montag auch diskutiert.

Über Zwischenergebnisse der Anhörung, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich gegenwärtig nur wenig sagen. Bis heute liegen uns fünf Stellungnahmen vor. Es sind vor allen Dingen Hinweise zu den Auswirkungen der Schifffahrt, auf die Fahrrinnen und auf den Tourismus. Diese werden sicherlich durch weitere Stellun

gnahmen ergänzt, auch durch eine Stellungnahme des zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamtes.

Nach Abschluss der Anhörung am 4. Dezember 2000 werde ich Ihrem Antrag entsprechend das Hohe Haus gern bis zum 15. Januar 2001 über die vorgebrachten Einwände und Argumente informieren. Den vorliegenden Antrag kann ich deshalb nur zusammenfassend unterstützen. Die umfassende Information des Landtages zum Einzelfall Hiddensee wird der grundsätzlichen Bedeutung, die ihm zukommt, gerecht. Deswegen bedanke ich mich für diesen Antrag und die Diskussion dazu. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, Reinhard Dankert, SPD, Lutz Brauer, CDU, und Gesine Skrzepski, CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Brauer von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie noch im Plenum sitzen! Es geht um Wasser, um sehr viel Wasser. Deshalb gestatten Sie mir erst einmal auch einen Schluck davon. Es ist so drööch hier.

(Jörg Vierkant, CDU: Wohl bekomm’s!)

Eben, im Glas, Herr Minister, und es geht nicht um Süppchen,

(Peter Ritter, PDS: Sturm im Wasserglas!)

wie Herr Dr. Klostermann so treffend bemerkte.

Vorab, Herr Dr. Klostermann, ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass die Abgeordneten der Koalition diesen Antrag heute hier eingebracht haben.

(Peter Ritter, PDS: Manchmal fällt uns eben was ein, Herr Brauer.)

Vielleicht haben gemeinsame Fahrten von Stralsund nach Schwerin im Zug doch mitunter anregende Momente. Wie gesagt, ich bin überaus glücklich, dass dieser Antrag heute hier vorliegt, gibt er auch der CDU Gelegenheit, Informationen zu erhalten, die für die Bewertung des Küstenschutzes der Insel Hiddensee unabdingbar sind. Schön wäre es allerdings, wenn dies auch bei anderen Themen, und ich denke dabei an FFH beispielsweise,

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Ach Gott! – Caterina Muth, PDS: Sie können doch einen Antrag nach dem anderen stellen.)