(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)
2. Das Justizministerium entwickelt mit den Einrichtungen ein Lockerungskonzept und bestimmt dabei, in welchen Einzelfällen bei der Entscheidung, zum Beispiel über einen unbewachten Kurzurlaub für mehrere Stunden, eine zusätzliche fachliche Stellungnahme oder eine Letztkontrolle durch das Ministerium selbst erfolgen muss. Dass die Kliniken diese Vorgaben beachten, wird selbstverständlich wiederum durch das Justizministerium überwacht.
3. Auch die Einzelheiten der Begleitung und Bewachung der Betroffenen in einer Lockerungsmaßnahme, also beispielsweise bei einem begleiteten Ausgang, werden durch verantwortliche Grundentscheidungen des Justizministeriums vorgegeben, damit nicht eigentlich richtige Entscheidungen der Ärzte durch fahrlässiges, unprofessionelles Handeln des Begleit- und Bewachungspersonals zu Gefahren für die Bevölkerung führen. Auch die Einhaltung dieser Vorgaben wird selbstverständlich vom Justizministerium überwacht.
Damit, fasse ich zusammen, werden alle Maßnahmen im Maßregelvollzug, die in irgendeiner Weise Auswirkungen auf die Sicherheit der Bevölkerung haben können, vom Justizministerium getroffen und damit auch vom Justizministerium, vom Justizminister verantwortet.
Diese Verantwortung des Justizministeriums besteht im Übrigen nicht erst mit In-Kraft-Treten der Ihnen im Entwurf vorliegenden Änderung des PsychKG,
sondern der Ministerpräsident hat durch Organisationsverfügung vom 04.10.2000 bestimmt, dass das Justizministerium die Durchführung der sich aus Paragraph 37 Absatz 3 Satz 1 PsychKG ergebenden Aufgabe übernimmt, die Einrichtungen des Maßregelvollzuges durch geeignete Maßnahmen gegen ein Entweichen der Betroffenen zu sichern.
Die damit schon jetzt im Vorgriff auf die Gesetzesänderung bestehende Zuständigkeit des Justizministeriums für die Sicherheit im Maßregelvollzug nehmen wir bereits wahr.
In erster Linie betrafen die in unserem Land aufgetretenen Sicherheitsprobleme die baulich-technische Sicherheit unserer Maßregelvollzugskliniken. Der aus dem Justizvollzug kommende Sicherheitsexperte, der zunächst im Sozialministerium abgeordnet war und der von mir auch künftig mit allen Sicherheitsaufgaben des Maßregelvollzuges betraut wird, hat eine umfassende Analyse der baulich-technischen Gegebenheiten der Kliniken in Ueckermünde und Stralsund wie auch des Neubaus in Rostock vorgenommen und er hat ein Sicherheitskonzept erstellt, das zu bautechnischen Nachrüstungen mit einem Finanzvolumen von circa 5,3 Millionen DM führt.
Die entsprechenden Vorkehrungen hat die Landesregierung unverzüglich in die Wege geleitet. Aber, meine Damen und Herren,...
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wer war denn da der Bauherr? – Dr. Martina Bunge, PDS: Da waren Sie noch in der Regierung. – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Dr. Gerhard Bartels, PDS)
Aber, meine Damen und Herren, wir reden über Sicherheit und wir reden über Sicherheit jetzt. Baumaßnahmen kosten nicht nur viel Geld, sondern ihre Umsetzung auch viel Zeit. Aus diesem Grunde habe ich zur Schließung dieser erkannten Sicherheitslücken entsprechende Sofortmaßnahmen eingeleitet.
Ich bitte um Verständnis, dass ich mich hier zu Einzelheiten nicht äußern möchte, nur so viel: Bis zur Fertigstellung der endgültigen Außensicherung sind sowohl personelle wie auch technische Zwischenlösungen veranlasst worden.
Der zweite wesentliche, die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung berührende Bereich sind die Lockerungen des Maßregelvollzuges nach draußen. Hier ist mir zunächst wichtig zu betonen, dass sich in den vergangenen Jahren die hohe Professionalität des Klinikpersonals grundsätzlich bewährt hat. Die berechtigte Sorge und Diskussion um die öffentliche Sicherheit hat in letzter Zeit den Blick ein wenig verstellt auf die vorzeigbaren und belegbaren Bilanzen der guten Arbeit unserer Kliniken im Maßregelvollzug.
Meine Damen und Herren! Im Land sind derzeit etwa 150 Maßregelvollzugspatienten untergebracht. Im Rahmen des durch die Paragraphen 63 und 64 Strafgesetzbuch bundesgesetzlich vorgegebenen – bundesgesetzlich vorgegeben, Herr Thomas – Behandlungsauftrages befinden sich hiervon zurzeit mehr als 70 Patienten in den unterschiedlichsten Lockerungsstufen, die der Maßregelvollzug vorsieht. Im Einzelnen sind dies – ich möchte Ihnen das gerne vortragen, weil ich denke, dass wir alle wissen sollten, worüber wir reden – folgende:
2. Stufe: Ausgang eins zu eins Das heißt, in Begleitung einer Pflegekraft darf sich ein Patient meist auf dem Klinikgelände bewegen.
3. Stufe: Ausgang eins zu vier Das heißt, in Begleitung einer Pflegekraft dürfen sich vier Patienten in der Gruppe, meist auf dem Klinikgelände, frei bewegen.
6. Stufe: Langzeiturlaub, meist bei Unterbringung in betreutem Wohnen Dabei bleibt die Anbindung an das medizinisch-therapeutische Personal bestehen.
Dieses zurzeit praktizierte Lockerungssystem zeichnet sich dadurch aus, dass die Patienten, um von Lockerungsstufe zu Lockerungsstufe zu gelangen, jeweils ein umfangreiches Prüfverfahren durchlaufen müssen. Dabei prüft nicht etwa das unmittelbar mit dem Insassen befasste Behandlungspersonal die Verantwortbarkeit der Lockerung. Das würde ich für einen gravierenden Fehler halten. Bei uns ist es so, dass jeweils der Chefarzt der Klinik, der selbst nicht Behandelnder ist, die Gegenkontrolle wie auch die Schlussentscheidung übernimmt. Das bedeutet, dass ein Patient, bis er in Lockerungsstufe sechs gelangt ist, mindestens sechsmal ein umfangreiches, jeweils ausführlich dokumentiertes Prüfverfahren durchlaufen haben muss.
... dauert in der Regel, das ist mir ein wichtiger Punkt, weil aus meiner Sicht sehr leichtfertig darüber geredet wird, dass wir mit Lockerungsstufen zu leicht umgehen – deshalb hören Sie bitte bei diesem Punkt zu,
hören Sie bitte bei diesem Punkt zu –, dieses Durchlaufen der Lockerungsstufen dauert in der Regel mehrere Jahre. Man kann also sagen, um in Lockerungsstufe sechs zu kommen, muss sich ein Patient über mehrere Jahre in zahlreichen Einzelmaßnahmen der jeweiligen Lockerungsstufe bewährt haben. Dies gibt ein ganz erhebliches Maß an Sicherheit und das drückt sich auch in den positiven Bilanzen des Maßregelvollzuges in unserem Land aus.
Es spricht also auch viel dafür, dass wir das jetzige Lockerungssystem – auch nach der von mir eingeleiteten Überprüfung dieses Lockerungssystems – im Wesentlichen beibehalten können. Da diese Überprüfung einige Zeit in Anspruch nehmen wird, habe ich selbstverständlich auch im Bereich der Lockerungen Sofortmaßnahmen veranlasst. Auch hierzu möchte ich keine Einzelheiten sagen, nur so viel: Es ist sichergestellt, dass in jedem einzelnen Fall der jeweils nächste Antrag auf Einzelmaßnahmen in der bewilligten Lockerungsstufe oder der jeweils nächste Antrag auf Einstufung in die nächsthöhere Lockerungsstufe zum Anlass einer grundsätzlichen Prüfung des ganzen Falles genommen wird. Auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, uns einen Überblick zu verschaffen und etwaige Fehlentscheidungen im Einzelfall zu korrigieren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss zu dem Risiko- und Gefahrenbereich kommen, der durch den Fall Schmökel zurzeit besonders in der Diskussion ist, nämlich den Bereich der Aufsicht und Bewachung der Insassen, wenn sie die Klinik verlassen. Dazu sage ich ganz klar: Urlaub zum Besuch seiner Mutter hätte Schmökel nach unserem Lockerungskonzept nicht erhalten, nicht erhalten.
Was allerdings auch wir selbst bei gefährlichen Insassen wie Schmökel machen und machen müssen, das sind so genannte humanitär begründete Ausführungen. Das kann zum Beispiel der Besuch eines ärztlichen Spezialisten sein, den wir nicht in die Anstalt holen können. Für diese Fälle haben wir folgende Grundsatzanordnung: Wenn in Mecklenburg-Vorpommern gewaltbereite und offenbar untherapierbare Patienten das Klinikgelände verlassen müssen, geschieht dies grundsätzlich nur unter Fesselung, begleitet von mindestens drei Kräften und gegebenenfalls unter Hinzuziehung beziehungsweise Einbindung zusätzlicher Sicherheitskräfte der Polizei.
Sie sehen also, meine Damen und Herren, das Justizministerium ist zuständig für die Sicherheit im Maßregelvollzug und es nimmt diese Aufgabe mit großer Verantwortung wahr. Schaffen Sie, meine Damen und Herren, für die weitere Arbeit die notwendigen gesetzlichen Grundlagen und sorgen Sie bei diesem Gesetzentwurf für ein rasches, sachliches, solides Verfahren! – Vielen Dank.
Herr Minister, Sie haben ausführliche Ausführungen gemacht über die Sicherheitsmaßnahmen bei Lockerungsverfahren. Meine Frage geht dahin: Sehen Sie auch gesetzlichen Handlungsbedarf eventuell auf Bundesebene für die Frage, wann ein solcher Täter möglicherweise auf Gutachten der Ärzte et cetera nun endgültig entlassen werden kann?
Können Sie mir dann noch eine kleine Erläuterung geben? Ich war auf dem Dampfer, dass Sie fragen wollten, wie wir die Untherapierbaren herausfinden. Deshalb überraschen Sie mich jetzt mit dem Gegenteil.