Protocol of the Session on April 12, 2000

Das alte Vergütungssystem stellte vor allen Dingen auf den Schwierigkeitsgrad des Einzelfalles ab. Langjährig tätige Betreuer erwarben Erfahrungswissen und wurden bei der Übernahme von schwierigen oder sehr schwierigen Betreuungen von den Gerichten entsprechend höher bezahlt. Dies wird nach dem neuen bundesrechtlichen Vergütungssystem spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist ab Mitte dieses Jahres nicht mehr möglich sein. Zukünftig wird einzig und allein auf die formale, durch Zeugnisse belegte Ausbildung des Betreuers abgestellt. Berufliches Erfahrungswissen zählt nicht mehr für die Eingruppierung.

Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen, dass wir uns im Bundesrat vergeblich gegen eine Neuregelung gewandt haben. Da sie nun dennoch Gesetz geworden ist, müssen wir einen Teil der Folgen mit der landesrechtlichen Regelung der Fortbildung und Prüfung beseitigen. Dies tut die Landesregierung mit der Vorlage des Gesetzentwurfes.

Der Gesetzentwurf schafft außerdem die Möglichkeit für die Betreuungsbehörden, die Mitteilungspflicht der beruflichen Betreuer auch erzwingen zu können. Das ist zurzeit nicht zweifelsfrei. Wir sind aber darauf angewiesen, Daten für die Planung des Betreuungswesens von den beruflichen Betreuern zu erhalten. Die Mitteilungs

pflichten des Gesetzes dürfen daher nicht nur ein sanktionsloser Appell des Gesetzgebers bleiben, sondern auch eine rechtlich durchsetzbare Pflicht werden. Diese soll in das Landesausführungsgesetz zum Betreuungsgesetz eingefügt werden, um eine Zersplitterung der Ausführungsregelungen zu vermeiden.

Ich hoffe, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung Ihre Zustimmung finden wird und die Beratungen in den Landtagsausschüssen zügig vorangehen, damit möglichst bald in diesem Bereich weitergehende Rechtssicherheit für die langjährig beruflichen Betreuer und die Betreuungsvereine geschaffen wird. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Reinhard Dankert, SPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. König von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Dr. König.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum 1. Januar des letzten Jahres trat das Betreuungsrechtsänderungsgesetz in Kraft. Dadurch gelten neue Regelungen zur Vergütungsordnung von beruflichen Betreuern gegen die Staatskasse. Darauf wies ja schon die Sozialministerin Frau Dr. Bunge hin.

Erste praktische Erfahrungen im Umgang mit dieser Gesetzesänderung zeigen nun, dass es neben dem gewünschten Effekt der bundesweiten Vereinheitlichung und Gleichbehandlung der Betreuer und Betreuungsvereine durch Anbindung des Stundensatzes der Vergütung an eine einschlägige Qualifikation der Betreuer Benachteiligungen für die Betreuer in den neuen Bundesländern gibt. Diese Benachteiligungen liegen darin, dass durch die Gesetzesänderung es zu einer finanziellen Schlechterstellung kommt, da die vorhandenen Fachkenntnisse der Betreuer in den neuen Bundesländern in der Regel durch berufliche Erfahrung in der Praxis und durch Weiterbildung erworben wurden und nicht so sehr durch eine einschlägige, abgeschlossene Fachausbildung.

Meine Damen und Herren, um diesen Mangel zu beheben und den erfahrenen und kompetenten Betreuern weiterhin eine existenzsichernde Tätigkeit zu ermöglichen, sieht die vorliegende landesrechtliche Regelung eine bis zum 30. Juni 2002 befristete Möglichkeit zur Nachqualifizierung vor. Diese Nachqualifizierung soll federführend vom Bildungsministerium im Einvernehmen mit dem Sozial- und Justizministerium durch Rechtsverordnung geregelt werden.

Nach Angaben des Sozialministeriums besteht ein relativ hoher Bedarf an so einer landesrechtlichen Regelung, denn mit Stand vom Dezember 1998 haben sich von 204 Berufsbetreuern 164 zur Nachqualifizierung angemeldet. Es besteht bei der Gleichstellung der Betreuer in West und Ost Handlungsbedarf. Diesem Handlungsbedarf kommt die Landesregierung mit der Beschlussvorlage auf Drucksache 3/1202 nach.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf etwas Vernünftiges auf den Weg gebracht hat. Eine eingehende Diskussion der Ausgestaltung der Qualität und des Prozederes der

Nachqualifizierung soll im Rechts-, Sozial- und Bildungsausschuss erfolgen. Hier müssen dann auch die Regelungsvorschläge der Landesregierung auf ihre Durchsetzbarkeit und Qualität hin geprüft werden.

(Vizepräsidentin Renate Holnagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion stimmt der Überweisung der vorliegenden Drucksache in die oben genannten Ausschüsse zu. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Dr. König.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Koburger von der Fraktion der PDS.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wie schon erwähnt, haben wir es mit einem Ausführungsgesetz zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz zu tun. Nur noch eine Anmerkung. Es ist wie bei vielen anderen Gesetzen, die die alte Bundesregierung erlassen hat: Nach relativ kurzer Zeit mussten wieder Änderungen geschaffen werden, um hier Fehler und Lücken auszubügeln. Ich denke, auch mit dieser Ausführung, die wir jetzt im Lande vornehmen, wird noch eine weitere Lücke mit geschlossen.

Diese Änderungen ergaben sich insbesondere aus rechtspolitischen Entscheidungslinien, die sich auf die Anpassung von Verfahrensbestimmungen an die Bedürfnisse der gerichtlichen Praxis richten sowie an das Bemühen, eine Neukonzeption der Vergütung von Berufsbetreuerinnen und -betreuern zu schaffen. Die verfahrensrechtliche Seite will ich bewusst vernachlässigen, da sie nicht Gegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfes ist. Benennen möchte ich jedoch die Neuregelung der Vergütung von Betreuerinnen und Betreuern. Bekanntlich richtet sich diese Vergütung maßgeblich nach den nutzbaren Fachkenntnissen der -betreuerinnen und Betreuer. Der Gesetzgeber hat dafür drei einschlägige Qualifikationsstufen vorgegeben. Diesen einzelnen Stufen wurden jeweils Festbeträge der Vergütung zugewiesen. Die daran geknüpften Hoffnungen bei den betroffenen Berufsbetreuerinnen und -betreuern und den hinter ihnen stehenden Verbänden nach einer allgemeinen Erhöhung der Vergütung erfüllten sich jedoch nicht, so dass letztlich für die überwiegende Mehrzahl der Betreuerinnen und Betreuer die übernommenen Stundensätze der Vergütung die Festschreibung des Status quo bedeuten.

Die Neuregelung wirkte sich allerdings nachteilig insbesondere für die Betreuerinnen und Betreuer in den neuen Bundesländern aus. Hier haben Menschen unterschiedlicher Qualifikation als Quereinsteigerinnen und -einsteiger die Chance für eine neue Erwerbstätigkeit genutzt oder sind nach der Einheit andere Wege gegangen. Das Änderungsgesetz ließ jetzt nur noch die Vergütung gemäß einer entsprechenden Ausbildung zu. Jahrelange praktische Erfahrungen fanden dabei keinerlei Berücksichtigung. Um dem Rechnung zu tragen und keine Lücken in der Betreuung entsprechender Personen entstehen zu lassen – die Zahl hat ja Frau Bunge schon genannt –, bedarf es landesrechtlicher Regelungen über die Umschulung und Fortbildung von Berufsvormündern. Danach soll durch Landesrecht bestimmt werden, dass durch die Teilnahme an einer Umschulung oder Fortbildung mit abschließender

staatlich anerkannter Prüfung eine Nachqualifizierung der tätigen Betreuerinnen und Betreuer der Aufstieg in die Vergütungsgruppen ermöglicht wird. Weitergehende Zulassungsvoraussetzungen, Anforderungen an die Umschulung oder Fortbildung, die Art und der Umfang der zu erbringenden Prüfungsleistungen, das Prüfungsverfahren selbst und die Zuständigkeit durch das Landesrecht sind durch das Landesrecht näher zu regeln.

Dies liegt uns in Erster Lesung vor. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass das sehr zeitig geschehen ist. Formell betrachtet ist demzufolge das Gesetz ein Bereich für die Justiz und die Bildung. Jedoch sollten wir das Gesetz auch unter dem Blickwinkel sehen, dass das Betreuungsrecht grundlegender Korrekturen und Akzentverschiebungen bedarf in Richtung der Reform des Betreuungsrechtes von der justizförmigen zur sozialen Betreuung. Daher ist die Überweisung in den Sozialausschuss dringend geboten und demzufolge stimmen wir dem zu.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Koburger.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1202 zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Sozialausschuss sowie an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Tätigkeitsberichtes des Petitionsausschusses gemäß § 31 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern – Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 1999, Drucksache 3/1208.

Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses gemäß § 31 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern: Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 1999 – Drucksache 3/1208 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses Herr Grams von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Petitionsrecht ist eines der wichtigsten verfassungsrechtlich verankerten Rechte der Menschen in unserem Land. Auch im Jahr 1999 machten viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes hiervon Gebrauch. Die große Bedeutung dieses Rechtes liegt im direkten Kontakt der Bürgerinnen und Bürger mit einem parlamentarischen Gremium. Was die Menschen über Petitionen an uns Volksvertreter herantragen, hat einen besonders hohen Stellenwert. Insoweit ist der Petitionsausschuss ein wichtiges Bindeglied zwischen den Bürgern im Land, dem Parlament und der Regierung. Ich denke, man muss sehr großen Wert darauf legen, diese Verbindung zu pflegen, immerhin ermöglicht die Arbeit im Petitionsausschuss eine schnelle Rückkopplung über die

Auswirkungen von gesetzgeberischen Entscheidungen und Verordnungen der Landesregierung auf die Bürgerinnen und Bürger im Land.

Nach Artikel 10 unserer Verfassung hat jeder das Recht, sich schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Über 2.100 Bürgerinnen und Bürger haben im Berichtszeitraum von diesem Recht Gebrauch gemacht und sich in über 500 Petitionen an den Petitionsausschuss mit der Bitte gewandt, ihr Anliegen zu beraten und nach Lösungsmöglichkeiten für die aufgeworfenen Probleme zu suchen. Dem darin zum Ausdruck kommenden Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger in das Petitionsrecht setzen, haben sich alle Mitglieder des Ausschusses bemüht in ihrer täglichen Arbeit gerecht zu werden. Für die Mitglieder des Petitionsausschusses bedeutet die Bearbeitung von Petitionen – gestatten Sie mir diese Bemerkung – viel beharrliche und intensive Arbeit, häufig über das normale Alltagsgeschäft hinaus. Für diese kompetente und engagierte Arbeit danke ich allen Ausschussmitgliedern recht herzlich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Hannelore Monegel, SPD)

Bevor ich auf den vorliegenden Bericht zu sprechen komme, möchte ich außerdem den fleißigen und zuverlässigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschusssekretariates meinen besonderen Dank aussprechen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Auch in einer Zeit, in der durch krankheitsbedingte Ausfälle eine besonders schwierige Situation entstand, leisteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariates umfangreiche Vorarbeit und halfen jederzeit geduldig, Sonderwünsche der Berichterstatterinnen und Berichterstatter nach zusätzlichen Stellungnahmen und anderen Recherchen für die Vorbereitung der Beschlussempfehlungen zu erfüllen. Herzlichen Dank dafür auch im Namen der Kolleginnen und Kollegen und all jenen, die uns bei der Lösung aktiv unterstützt haben. An dieser Stelle möchte ich mich persönlich und im Namen der Mitglieder des Ausschusses recht herzlich bei Herrn Pommerening, dem langjährigen Sekretär des Ausschusses, bedanken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Heike Lorenz, PDS)

Wir wünschen ihm für seine neue Tätigkeit viel Erfolg und alles Gute.

(Harry Glawe, CDU: Jawohl!)

Lassen Sie mich nun konkret auf den vorliegenden Bericht eingehen. Mit 502 Petitionen wurden im Jahr 1999 13,5 Prozent weniger Eingaben eingereicht als im Vorjahr. Erheblich zurückgegangen ist die Zahl der Eingaben zu Arbeitnehmerproblemen, im Bereich Vermögensfragen und im Bereich Bauwesen. Zuwächse waren 1999 im Bereich des Justizministeriums, Beschwerden über Gerichte, sowie des Sozialministeriums, Maßregelvollzug und Renten, zu verzeichnen.

Zur Klärung der Anliegen der Bürgerinnen und Bürger wandte sich der Petitionsausschuss 1999 549-mal mit Stellungnahmeersuchen an die Landesregierung. Hierbei ist interessant, dass am häufigsten das Innenministerium um Stellungnahmen zu Eingaben, die dessen Geschäftsbereich betreffen, gebeten wurde. Auch das Sozialministerium und das Justizministerium wurden recht häufig um

die Abgabe einer Stellungnahme zu Petitionen gebeten. Die Stellungnahmen der Ministerien erwiesen sich als sehr zweckmäßig. In den Ausschussberatungen wurden die geladenen Vertreter der Landesregierung kritisch zu den einzelnen Petitionen befragt, um im Interesse der Petentinnen und Petenten eine Lösung zu finden beziehungsweise die getroffenen Entscheidungen, die zu der jeweiligen Petition geführt haben, zu verstehen.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, den Ermessensspielraum der rechtlichen Regelung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger voll auszuschöpfen,

(Beifall Harry Glawe, CDU: Richtig.)

jedoch lässt die geltende Rechtslage mitunter nur einen politischen Handlungsspielraum zu, den es stärker für die parlamentarische Arbeit zu nutzen gilt. Es muss festgestellt werden, dass auch im Berichtszeitraum 1999 viele Beschwerden beim Petitionsausschuss eingegangen sind, die sich mit der Gebühren- und Beitragsentwicklung in den Kommunen befassen. Offensichtlich gelingt es vor Ort vielfach immer noch nicht, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger so einzubeziehen, dass für sie die Entscheidungen in den Kommunen transparent und akzeptabel sind. Dieses ausgewählte Beispiel zeigt, dass jeder Abgeordnete, aber auch die Landesregierung oder die Entscheidungsträger vor Ort sowie die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aus der Lektüre des Tätigkeitsberichtes Schlussfolgerungen für die Arbeit mit den Bürgern ziehen sollten.

An dieser Stelle sei eine etwas kritische Anmerkung gestattet. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns zu Recht, dass wir uns sehr zügig und konzentriert mit ihren Anliegen auseinander setzen. In letzter Zeit war allerdings verstärkt zu beobachten, dass die Landesregierung häufig erst verspätet auf das Stellungnahmeersuchen des Petitionsausschusses reagiert hat.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist nicht in Ordnung. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich bitte die Ministerien sehr eindringlich, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Stellungnahmeersuchen des Petitionsausschusses vordringlich zu bearbeiten, eventuell nach Verbesserung für Verwaltungsabläufe zu suchen, um die Frist von einem Monat zu wahren.