Protocol of the Session on April 12, 2000

Die modifizierte Formulierung des Paragraphen 90a des Bürgerlichen Gesetzbuches setzt ein deutliches Signal dafür, dass der Tierschutz eine ethische und auch insbesondere moralische Verpflichtung in unserer Gesellschaft ist, zeigt sich doch auch der Umgang mit den Tieren als ein Spiegel in unserer Gesellschaft. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist in diesem Zusammenhang sehr deutlich ausgefallen. Danach wurde entschieden, dass nicht jede wirtschaftliche Erwägung bei der Tierhaltung einen vernünftigen Grund im Sinne des Paragraphen 1 des Tierschutzgesetzes für die Zufügung von Schmerzen der Nutztiere darstellt. Diesem Gedanken entspricht auch das tatsächlich jahrelange Bemühen der Tierschützer in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, nämlich den Tierschutz im Grundgesetz fest zu verankern. Das würde unter anderem die Durchsetzung vieler Tierschutzvorschriften bis in die höchsten Gerichtsinstanzen hinein deutlich erleichtern. Allerdings muss ich hier noch einmal betonen, dass auch eine Flut von rechtlichen Grundlagen den Tierschutzgedanken nicht weiter voranbringt, wenn man es nicht tatsächlich selber will, wenn Respekt, Ehrfurcht und insbesondere die Liebe vor dem Tier nicht fest und tatsächlich in unseren Wertvorstellungen verankert werden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Zum Tier, die Liebe zum Tier. Sie haben gesagt, vor dem Tier.)

Zum Tier, ja. Das ist ein gutes Stichwort, Herr Dr. Born.

Wir haben ja so manche Diskussion hier in der Vergangenheit geführt. Ich erinnere an Neubukow oder verschiedenste andere Maßnahmen, wo leider gerade aus dem christlichen Lager die Vorstellungen doch erheblich anders waren.

(Beifall Beate Mahr, SPD)

Der Tierschutz hat im Landwirtschaftsministerium und damit in dem von mir zu verantwortenden Haus und für mich persönlich einen sehr, sehr hohen Stellenwert. Konsequenterweise habe ich dem Tierschutz in dem Agrarkonzept 2000 eine besondere Priorität eingeräumt. Mein Ziel der Agrarpolitik ist ganz klar eine tierschutzgerechte Produktion, die den Ansprüchen der Verbraucher neben preisgünstigen Lebensmitteln, aber insbesondere mit einer hohen Qualität gerecht wird. Es gehört zum tierhalterischen Selbstverständnis, landwirtschaftlichen Nutztieren ein artgerechtes Verhalten zu ermöglichen und jedes tatsächliche vermeidbare Leid von ihnen fernzuhalten. Eine solche Einstellung kommt nicht nur den Tieren selbst zugute, sondern ist aus meiner Sicht eine hohe moralische Pflicht. Sie fördert darüber hinaus auch die Akzeptanz für landwirtschaftliche Produktionsweisen und damit für den Agrarbereich insbesondere und leistet einen außerordentlich wichtigen Beitrag für das positive Image unseres Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Die Bilder von Mutterkühen – ich weiß nicht, ob dem einen oder anderen so etwas schon einmal aufgefallen ist –, wenn diese auf Winterweiden zum Teil bis zum Bauche im Morast versinken, sollten in diesem Zusammenhang auch unbedingt der Vergangenheit angehören. Zum Glück, und das betone ich an dieser Stelle, sind dieses Ausnahmen. Sie fallen uns aber leider besonders ins Auge. Deshalb müssen wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass solche Dinge nicht mehr passieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den letzten Jahren ist schrittweise tatsächlich einiges im Sinne des Tierschutzes und seines angemessenen Stellenwertes dazu erreicht worden. Hier einige Beispiele, so die weitere Senkung der Zahl der Tierversuche und der verwendeten Tiere in Mecklenburg-Vorpommern, die Kapazitätsund Ausstattungsverbesserung der Tierheime in Mecklenburg-Vorpommern. Ich bin dem Parlament außerordentlich dankbar, dass wir in diesem Jahr wieder 200.000 DM zur Verfügung haben, um gezielt Investitionen in diesem Bereich voranzubringen. Ich erinnere an die Sachkundelehrgänge nach dem Tierschutztransport und der Tierschutzschlachtverordnung und insbesondere im Zoofachhandel. Ich erinnere an die verbindlichen Gespräche – und dafür bin ich sehr dankbar – zur Einführung des Tierschutzes in den Schulunterricht, auch hier in gemeinsamer ressortübergreifender Zusammenarbeit, und die erfolgreich durchgeführten Landeswettbewerbe zur artgerechten Nutztierhaltung. Ich glaube, auch dieses ist ein Beweis dafür, dass wir es tatsächlich mit dem Tierschutz in Mecklenburg-Vorpommern sehr, sehr ernst nehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Mein erklärtes Ziel ist es, dieses Schritttempo weiter deutlich zu erhöhen. Nach der jüngsten Novellierung des Tierschutzgesetzes vom 25. Mai 1998 wurde jedoch deutlich, dass die bisher geltende Tierschutzzuständigkeits

verordnung aktualisierungsbedürftig ist. Weil das neue Tierschutzgesetz auch einige neue Aufgaben beschreibt, die originäre Aufgaben der Kreisordnungsbehörden darstellen, muss die neue Zuständigkeitsregelung gemäß Paragraph 72 Absatz 3 der Landesverfassung per Gesetz erfolgen.

In der Hauptsache bleiben aber, und das will ich hier noch einmal deutlich herausstreichen, die Landräte und Oberbürgermeister die zuständigen Behörden. Die neu hinzukommenden Aufgaben sind vor allem Zuständigkeiten für weitere Tierhaltungserlaubnisse oder auch Sachkundebescheinigungen oder Bescheinigungen und Kontrollen. Neben der genannten Aufgabenerweiterung für die Kommunalbehörden möchte ich besonders auf die einzige tatsächliche Zuständigkeitsänderung hinweisen. Bisher war das Ministerium als oberste Landesbehörde insbesondere für die Abschnitte 4 bis 7 und 11 des Tierschutzgesetzes zuständig. Diese besonderen Aufgaben im Zusammenhang mit Tierversuchen in MecklenburgVorpommern sollen nun zweckmäßigerweise und im Sinne der Funktionalreform in meinem Ministerium auf das Landesveterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt als Landesoberbehörde übertragen werden. Damit bleibt die Gleichbehandlung aller Antragsteller innerhalb des Landes und auch darüber hinaus möglich.

Die Voraussetzung für die erforderliche wissenschaftliche Bearbeitung der Tierversuchsanträge beziehungsweise -anzeigen wird sogar damit noch erheblich verbessert. Das wird langfristig auch dem Wissenschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern zugute kommen und Sie wissen ja, dass wir hier an einem doch hoffentlich zukunftsträchtigen Projekt im Sinne der weiteren Entwicklung gerade von Wissenschaftsstandort und Entwicklungsstandort Mecklenburg-Vorpommern vorankommen wollen.

Abschließend will ich nicht unerwähnt lassen, dass die Zuständigkeit für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für betäubungsloses Schlachten – vielfach bekannt unter dem Begriff des Schächtens – aufgrund der Sensibilität der Thematik auch weiterhin von der obersten Landesbehörde entschieden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Eine Alternative zu dem vorliegenden Gesetzentwurf ist nicht zu erkennen. Für die öffentlichen Haushalte entstehen im Übrigen damit keine Kosten. Insofern bitte ich Sie, den Gesetzentwurf in den Ausschüssen möglichst zügig zu beraten, um somit auch und insbesondere einen außerordentlich wichtigen Beitrag zum Tierschutz innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu leisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schwebs von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Frau Schwebs.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung zur Regelung von Zuständigkeiten im

Bereich des Tierschutzes ist nach Ansicht der Fraktion der PDS plausibel und mit großer Sicherheit praktikabel. Da dieses Gesetz im Wesentlichen die Anpassung landesrechtlicher Bestimmungen an die neuen Bedingungen nach dem novellierten Tierschutzgesetz ist, handelt es sich im Großen und Ganzen um einen verwaltungstechnischen Akt, der hier zu vollziehen ist. Es stellt sich also eher die Frage, ob wir der vorgeschlagenen Aufgabenstruktur zustimmen. In diesem Zusammenhang folgen wir der Argumentation der Regierung.

Es ist ratsam, die neuen Aufgaben zur Umsetzung des novellierten Tierschutzgesetzes weitgehend auf die Landkreise und die kreisfreien Städte zu übertragen. In den zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern, bei den Landräten beziehungsweise Oberbürgermeistern ist schon in der Vergangenheit gute Arbeit auf diesem Gebiet geleistet worden. Die vorhandene personelle Ausstattung und Fachkompetenz der Ämter ist gut geeignet, die neuen Aufgaben des Tierschutzes zu erfüllen, sei es auf dem Gebiet der Beaufsichtigung von Einrichtungen und Betrieben, die gewerbsmäßig Tiere transportieren, der Erteilung einer Erlaubnis zum Halten von Tieren in Zoologischen Gärten oder der Erlaubniserteilung für das Ausbilden von Hunden zu Schutzzwecken für Dritte. Gleichsam erscheint es uns sinnvoll, die neuen Aufgaben im Bereich Tierversuchswesen in die Kompetenz des Landesveterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamtes zu übertragen.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle bietet es sich eigentlich an, Sie wegen der Überschaubarkeit der vorliegenden Drucksache um Zustimmung zu bitten und das Rednerpult freizugeben. Aber die Gelegenheit ist günstig, ein Stichwort aufzugreifen, das ich mir gerade in geschickter Weise selbst zugespielt habe – nämlich Tierversuchswesen.

Zweifelsfrei hat die Novellierung des Tierschutzgesetzes im Mai 1998 schon einige wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet des Tierschutzes gebracht. Dennoch bleibt das Tierversuchswesen nach wie vor äußerst umstritten und liefert gegenwärtig die aktuelle Kulisse für mehrere parlamentarische Initiativen auf Bundesebene. Noch in dieser Woche wird im Bundestag über Anträge von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und PDS debattiert, die zum Inhalt haben, dass der Tierschutz als verfassungsrechtlich geschützter Belang in das Grundgesetz aufgenommen wird. Damit würde der Tierschutz in Deutschland endlich einen höheren Stellenwert gegenüber anderen geschützten Rechtsgütern, wie etwa der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit, der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie, erhalten.

Den Kritikern aus der Opposition sei erklärt, dass dieser Antrag Tierversuche nicht verbieten will. Wohl soll er aber dazu beitragen, dass unnötige Tierversuche unterbleiben und alternative Versuchsmethoden gefördert werden und sich entwickeln können. Zur Aufnahme des Tierschutzes als verbindliches Staatsziel in die Verfassung bedarf es bekanntlich einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Doch das scheint am Widerstand von CDU und CSU zu scheitern. Deshalb möchte ich insbesondere Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ermuntern, Ihren bescheidenen Einfluss auf Ihre Bundestagsabgeordneten geltend zu machen, dass dieses Ziel doch noch zu erreichen ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Müller von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Müller.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tierschutz wird in der Bevölkerung zu Recht sehr emotional diskutiert und auch in diesem Parlament haben Probleme des Tierschutzes von der ersten Legislaturperiode an eine große Rolle gespielt. Es gab zahlreiche Initiativen, die Wirkung gezeigt haben. In fast allen Haushaltsberatungen gelang es, Haushaltsmittel für den Tierschutz zu erstreiten. Ich erinnere mich auch an die auf den verschiedenen Ebenen des politischen Lebens geführten Diskussionen um die Käfighaltung von Legehennen im Zusammenhang mit der Legehennenhaltung in der Großanlage in Neubukow, der Minister hat ebenfalls darauf hingewiesen.

Wie Sie wissen, hat es hier entsprechende Entwicklungen im Interesse tierschutzgerechter Haltungsbedingungen gegeben, wenn auch das Ziel, das endgültige Verbot der Käfighaltung, noch nicht erkämpft werden konnte. Oder denken Sie an die über die Medien veröffentlichten Bilder grausamer Tierquälerei bei Transporten von Lebendvieh oder an Tierversuche, die den Tieren große Schmerzen bereiten.

Die 1998 erfolgte Novellierung des Bundestierschutzgesetzes wurde seitens der SPD im Bund und im Land lange gefordert. Die CDU hat unter ihrer damaligen Regierungsverantwortung leider sechs Jahre gebraucht, um diese Novellierung auf den Weg zu bringen. Glücklicherweise ist es über den Vermittlungsausschuss seinerzeit gelungen, originäre SPD-Vorstellungen im Vermittlungsverfahren durchzusetzen. Davon sind unter anderem zu nennen:

die Ermächtigung für das Bundesministerium, das Verbringen von Tieren oder deren Einfuhr nach Deutschland von der Einhaltung von Tierschutzbestimmungen abhängig zu machen,

der Sachkundenachweis, der auf Personen auszudehnen ist, die gewerbs- oder berufsmäßig Tiere betäuben oder töten,

das Verbot der Aggressionsdressur und der Aggressionszucht

sowie die Einführung eines Zentralregisters für Zirkusbetriebe und Tierschauen, um den Tierschutz auch dort verstärkt durchzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz Verbesserung im Tierschutzrecht sind noch etliche Hintertüren offen geblieben. Der Käfighaltung für Legehennen steht, wie bereits gesagt, auch durch diese Novellierung grundsätzlich noch nichts im Wege. Tierversuche können durch Rechtsverordnungen wieder zugelassen werden und jeder Tierversuch, der nicht innerhalb von zwei bis drei Monaten untersagt wurde, gilt zukünftig als genehmigt. Dennoch sind die behördlichen Verantwortlichkeiten für den Schutz der Tiere beträchtlich gestiegen. Die Landesregierung hat daher von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Zuständigkeiten per Gesetz, wie es die Landesverfassung vorschreibt, auf verschiedene Ebenen zu verlagern, das heißt auf die Landkreise, die kreisfreien Städte, das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei sowie auf das Landesveterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamt Mecklenburg-Vorpommern.

Aufgabe der Behörde soll es nunmehr sein, die per Gesetz erreichten Verbesserungen in hoher Qualität von der Papierform auf die Praxis im Interesse des Tierschutzes zu übertragen. Das dem Parlament im Entwurf der Landesregierung vorliegende Tierschutzzuständigkeitsgesetz trägt diesem Anliegen Rechnung.

Namens der Fraktion der SPD beantrage ich die Überweisung des Entwurfes zur federführenden Bearbeitung in den Landwirtschaftsausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, wie eben auch vorgetragen wurde, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1199 zur federführenden Beratung an den Landwirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsgesetzes, Drucksache 3/1202.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 3/1202 –

Das Wort zur Einbringung hat die Sozialministerin Frau Dr. Bunge. Bitte sehr, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer mehr erwachsene Menschen können ihre Angelegenheiten nicht selbst wahrnehmen und benötigen deshalb als gesetzliche Vertreter eine Betreuerin oder einen Betreuer. In Mecklenburg-Vorpommern sind es derzeit über 20.000 Personen. Exakt waren am 31.12.1999 bei den Amtsgerichten unseres Landes 20.444 Betreuungsverfahren registriert. Bei den betroffenen Menschen handelt es sich vorwiegend um ältere, aber auch psychisch Kranke und geistig behinderte Personen.

Unser Ziel ist es, die Qualität der beruflichen Betreuungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern. Die berufsbegleitende Fortbildung richtet sich an bewährte und erfahrene Berufsbetreuer. Ihnen sollen umfassende und fundierte Kenntnisse zur Bewältigung ihrer Aufgaben vermittelt werden. Zwar haben sich die meisten alten Bundesländer entschlossen, eine solche Fortbildung nicht anzubieten. Wie die anderen neuen Bundesländer auch halten wir dagegen entsprechende Regelungen für erforderlich. Das zeigt schon der von den Betreuungsvereinen und beruflichen Betreuern gemeldete Bedarf an Qualifizierung.

Uns war es zudem wichtig, dass Umschulung, Fortbildung und Prüfung im Land selbst durchgeführt werden. Die Betreuerinnen und Betreuer sollen nicht darauf verwiesen werden, nach Berlin, Magdeburg oder Hamburg

fahren zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist der heute eingebrachte Gesetzentwurf zu sehen, mit dem eine Rechtsgrundlage für die Nachqualifizierung von beruflichen Betreuern geschaffen werden soll.

Die Inhalte der Fortbildungsmaßnahmen werden in einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung durch das Bildungsministerium geregelt. Messlatte für Fortbildung und Prüfung ist ein dem Hochschulniveau vergleichbares Niveau, sofern von den Prüflingen nicht ausdrücklich eine mittlere, einem Lehrberuf vergleichbare Qualifikation gewünscht wird.

Mit den jetzt vorgelegten Regelungen wird es den erfahrenen und bewährten Berufsbetreuern, die zur Zeit nicht über eine einschlägige Ausbildung verfügen, auch in Zukunft möglich sein, im Betreuungswesen zu akzeptablen Bedingungen mitzuarbeiten. Nach der bundesrechtlichen Regelung erhält ein Betreuer, der für einen mittellosen Betroffenen bestellt ist, für seine Tätigkeit eine Vergütung aus der Staatskasse. Der Stundensatz beträgt grundsätzlich 31,50 DM. Betreuer, die eine Ausbildung an einer Hochschule abgeschlossen haben, zum Beispiel Juristen, Sozialpädagogen, Psychologen und natürlich auch jeweils die weiblichen Kollegen, erhalten dagegen 54 DM pro Stunde. Nach einer erfolgreichen Nachqualifizierung werden künftig auch andere Betreuer die höhere Vergütung erhalten können.

Besonders die anerkannten Betreuungsvereine, die vom Sozialministerium sowie den Kommunen für die Gewinnung und Unterstützung ehrenamtlicher Betreuer gefördert werden, sind auf eine kostendeckende Refinanzierung der Bezahlung ihrer beruflichen Betreuer angewiesen. Sie können ihre Verpflichtung aus ihren Arbeitsverträgen nur erfüllen, wenn sie von der Staatskasse auch in der Höhe bezahlt werden, in der sie ihrerseits Kosten für Arbeitsplätze und Vergütungen ihrer professionellen Mitarbeiter haben. Das ist nur mit dem erhöhten Stundensatz möglich. Dass auch die langjährig im Betreuungswesen Tätigen Zugang zu diesem Stundensatz erhalten, wie es unser Gesetzentwurf vorsieht, ist ein Gebot der Fairness.

Das alte Vergütungssystem stellte vor allen Dingen auf den Schwierigkeitsgrad des Einzelfalles ab. Langjährig tätige Betreuer erwarben Erfahrungswissen und wurden bei der Übernahme von schwierigen oder sehr schwierigen Betreuungen von den Gerichten entsprechend höher bezahlt. Dies wird nach dem neuen bundesrechtlichen Vergütungssystem spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist ab Mitte dieses Jahres nicht mehr möglich sein. Zukünftig wird einzig und allein auf die formale, durch Zeugnisse belegte Ausbildung des Betreuers abgestellt. Berufliches Erfahrungswissen zählt nicht mehr für die Eingruppierung.