Protocol of the Session on April 12, 2000

Nee, nee, nee, so einfach ist das nicht. Das wissen Sie ja auch.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es sollte doch der Umschwung kommen.)

Ja, ja, darüber können wir noch mal reden, Herr Riemann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann müssen wir mal ins Wahlprogramm gucken!)

Sie wissen ja, dass sich schon was verbessert hat, ne?

(Georg Nolte, CDU: Die Sprüche.)

Von entscheidender Bedeutung für junge Frauen sind chancengleiche Zugangsbedingungen zur Wirtschaft, speziell zu den zukunftsorientierten Berufsbereichen

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

wie der Informationstechnologie, wo der Frauenanteil derzeit lediglich 15 Prozent beträgt. Und der Wirtschaftsminister hat Ihnen ja vorhin dargelegt, was er tun will. Ich denke, das ist der Weg in die richtige Richtung, um etwas dagegen zu machen. Also wir tun etwas, Herr Riemann, wie Sie sehen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Mit Worten! Mit Worten!)

Die in Schulen und Gesellschaft vermittelte Rollenzuweisung von Mädchen und Jungen muss beendet wer

den. Darüber rede ich auch häufig. Mädchen dürfen nicht auf so genannte frauentypische Berufsfelder festgelegt werden. Das hat der Wirtschaftsminister auch erkannt.

(Harry Glawe, CDU: Das weiß man doch.)

Sie müssen genauso wie Jungen Zugang zu sämtlichen Ausbildungsgängen, Berufs- und Erwerbsfeldern haben. Die Herausforderung an Politik und Gesellschaft besteht darin, die Rahmenbedingungen für die Zukunftswünsche der jungen Menschen zu schaffen. Und dafür müssen wir alle etwas tun. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Das Wort hat die Vorsitzende der PDS-Fraktion Frau Gramkow. Bitte sehr, Frau Gramkow.

Herr Präsident!

Ja, meine Damen und Herren, wenn die Geschäftsordnung nicht wäre, hätte ich gerne die mir zustehenden fünf Minuten an ein Mädchen oder einen Jungen oder vielleicht auch den Sprecher des Landesjugendringes übergeben, um uns kräftig die Meinung zu sagen zu diesem Thema.

(Siegfried Friese, SPD: Ihnen aber auch!)

Auch mir, Herr Friese.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie hat doch „uns“ gesagt.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinder und Jugendliche haben Rechte unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Status und ihren Anschauungen. Das ist die Botschaft der UN-Kinderrechtskonvention und dazu hat sich die Bundesrepublik Deutschland bekannt.

Ob Kinder ihre Rechte hier in unserem Land wahrnehmen können, hängt davon ab, ob sie die notwendigen Rahmenbedingungen vorfinden, ob sie von belastenden und bedrückenden Lebensumständen weitgehend verschont bleiben, egal ob sie Mädchen oder Junge, egal ob sie nichtdeutsche oder deutsche Jugendliche sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Weil dieses Land seinen jungen Menschen eine klare Perspektive geben will, müssen wir uns hier in diesem Land, in diesem Parlament dafür entscheiden, dass die Verbesserung der Lebensbedingungen und die Schaffung von Perspektiven und Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche ein wichtiger Maßstab der Politik sind. So steht es in der Koalitionsvereinbarung, aber das ist keine Aufgabe, die Politik in 4-Jahres-Scheiben realisieren könnte.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und weil es eben um einen längerfristigen Prozess geht, brauchen wir Leitlinien unseres Handelns über alles Ressortdenken und über Legislaturperioden hinweg. Wenn die neoliberale Logik uns immer wieder einzureden versucht, der Schlüssel für die Zukunft einer Gesellschaft eines Landes liege in verlässlichen Rahmenbedingungen für Kapitalverwertung, dann halte ich dagegen, die Zukunft unseres Landes liegt zuallererst darin, jedem Einwohner, jeder Einwohnerin und insbesondere jungen Leuten die Chance zu geben, ihre Möglichkeiten zu entfalten.

Mit diesem großen Anspruch, meine Damen und Herren, dürfen wir jedoch die konkrete Arbeit nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Und das heißt für uns als PDS-Fraktion:

Erstens. Mecklenburg-Vorpommern muss ein Ort behüteter Kindheit sein. Dazu ist die Familienförderung auszugestalten,

(Wolfgang Riemann, CDU: Und das Landeserziehungsgeld wieder einzuführen.)

vom Wohnungsbau bis zum Kindergeld, von der Anerkennung der Kindererziehungszeiten bis zur Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung von null bis zehn Jahren.

(Zuruf von Georg Nolte, CDU)

Ins Kindertagesstättengesetz gehört endlich wieder ein Erziehungsauftrag.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Zweitens. Mecklenburg-Vorpommern braucht eine moderne Schule mit entrümpelten Lehrplänen, mit Leistungsförderung und dem Ende der verhängnisvollen Selektion nach Klasse 4. Schule muss auch als Ort der Demokratie und des sozialen Lernens ausgestaltet werden, Schule muss sich öffnen, muss lebenslanges Lernen ermöglichen. Weil die Herausforderungen der nächsten 30 Jahre heute gar nicht abschätzbar sind, brauchen wir die Einstellung auf ständige Veränderungen. Und wir brauchen einen Einstieg in die Praxis lebenslangen Lernens durch ein Bildungsfreistellungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Wir brauchen Hochschulen mit höherer Flexibilität, höherer Autonomie und Globalhaushalten,

(Wolfgang Riemann, CDU: Da fragen Sie mal Ihre Finanzministerin.)

die neue Ausbildungsinhalte anbieten, die nationalen und internationalen Ruf erarbeiten.

Warten Sie es doch ab, Herr Riemann!

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, ja, bis jetzt hat sie ja erfolgreich blockiert.)

Wir müssen solche Studienbedingungen erhalten, die junge Menschen in unser Land locken.

(Zuruf von Georg Nolte, CDU)

Wir brauchen weiter Unterstützung für die Studentenwerke und eine Landesausbildungsförderung gehört doch eigentlich auf den Tisch.

Drittens. Jeder Jugendliche, jede Jugendliche erhält in Mecklenburg-Vorpommern einen Ausbildungsplatz. Ja, das eigentliche Problem ist doch aber die so genannte zweite Schwelle. Hierzu haben beide verantwortlichen Minister Ausführungen gemacht. Ja, wir bekämpfen die Jugendarbeitslosigkeit mit neuen Konzepten, mit einer neuen Förderung. Doch ob junge Leute nach Ausbildung und Studium im Land bleiben, wird künftig auch davon abhängen, dass endlich das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Leistung“ in Mecklenburg-Vorpommern gilt.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Deshalb ist es notwendig, dass von Mecklenburg-Vorpommern ein Signal ausgeht, Herr Riemann,

(Zuruf von Georg Nolte, CDU)

und wir erwarten, dass die Landesregierung in der Tarifauseinandersetzung einen Stufenplan für die Angleichung der Löhne und Gehälter im Osten einbringt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Schafft das die Landesregierung denn? – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Sie können ja dagegen sein, meine Damen und Herren von der CDU.