und b) Antrag der Fraktion der CDU – Zusammenschluss von Ämtern und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 3/1141(neu).
Antrag der Fraktionen der PDS und SPD: Einsetzung einer Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“ – Drucksache 3/1136 –
Antrag der Fraktion der CDU: Zusammenschluss von Ämtern und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1141(neu) –
Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD hat die Abgeordnete Frau Schulz von der PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen bringen heute den Antrag ein, eine Enquetekommission des Landtages mit dem Arbeitsthema „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“ zu bilden. Die Notwendigkeit und das Anliegen einer Enquetekommission ist zwischen den Koalitionsfraktionen seit längerer Zeit erörtert und in den letzten Wochen auch verstärkt in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Auch die CDU-Fraktion hat sich mit Standpunkten daran beteiligt.
Ich will deshalb im Namen der Einbringer nochmals auf folgende Zusammenhänge hinweisen: Über Fragen der Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung, auch über eine moderne und effektive kommunale Struktur, sind in unserem Land verstärkt seit der finanziellen Förderung von Gemeindenzusammenschlüssen durch das Finanzausgleichsgesetz vom Dezember 1996 ein Diskussionsprozess und eine Reihe von tatsächlichen Gemeindefusionen auf den Weg gebracht worden. Obwohl die rechtlichen Möglichkeiten der Kommunalverfassung, bezogen auf Fusionen, mindestens seit 1992 gegeben waren, kam es bis 1996 zu keinen nennenswerten Bestrebungen in dieser Richtung.
Meine Fraktion hat diese vorrangig durch finanzielle Anreize ausgelösten Zusammenlegungen kritisch begleitet. Sie befand sich dabei am Beginn dieses Prozesses durchaus in Übereinstimmung mit Positionen des Städteund Gemeindetages. Kritisch sahen wir vor allen Dingen die Tatsache, dass den Gemeindenzusammenschlüssen kein Gesamtkonzept oder, wie wir heute oft betonen, kein Leitbild für eine Gemeindegebietsreform zugrunde lag. Wir waren und sind der Auffassung, dass allein finanziell geförderte Zusammenlegungen von Gemeinden nicht den Anspruch einer zielgerichteten Reform der Kommunalverwaltungen und der Kommunalstruktur erfüllen und des
Klarheit besteht darüber, dass demokratisch gewachsene Zusammenschlüsse, die die Zustimmung vor allem der betroffenen Einwohner finden, unterstützt werden. Deshalb haben die Koalitionspartner in der Koalitionsvereinbarung klar formuliert: „Zusammenschlüsse kleiner Gemeinden und Kleinstgemeinden zu effektiven und modernen Einheiten sind auf der Basis der Freiwilligkeit und der demokratischen Mitbestimmung zu unterstützen.“
Inzwischen werden, wie wir alle wissen, allerdings in der Praxis weiter gehende Forderungen hinsichtlich der Gemeindefusionen gestellt.
Ein weiterer Aspekt für die Diskussion über kommunale Selbstverwaltung und eine veränderte Kommunalstruktur ist darin begründet, dass Gebietsreformen in der Vergangenheit in den alten, aber auch in den neuen Bundesländern, wie zum Beispiel in Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, durchgeführt beziehungsweise diskutiert werden. Es ist daher geboten, durch die Einsetzung einer Enquetekommission in einem demokratischen Meinungsbildungsprozess zur Gestaltung von kommunaler Selbstverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern einzutreten.
Eine Veränderung der Kommunalstruktur über den Rahmen der jetzt schon möglichen Zusammenschlüsse von Gemeinden verlangt nach Auffassung der Einbringer eben eine politische und parlamentarische Legitimation. Wir dürfen nicht übersehen, dass wir als Landtag mit der Amtsordnung von 1992 beginnend und fortgesetzt in der Kommunalverfassung von 1994 die politische Grundentscheidung getroffen haben, die selbständige Existenz der etwa 1.000 Gemeinden unseres Landes zu respektieren und über die Ämter eine Zusammenfassung der Verwaltungskraft der beteiligten amtsangehörigen Gemeinden zu ermöglichen.
Dieser Einschätzung ist wenig hinzuzufügen, aber die Entwicklung stellt inzwischen neue Fragen, die wir in der Begründung des Antrages deutlich gemacht haben. Im Ergebnis bisheriger Gemeindefusionen sind in der Praxis sehr verschiedene Wege gegangen worden. Um es kurz zu charakterisieren: Es gab Zusammenschlüsse aller Gemeinden eines Amtes zu einer neuen großen amtsfreien Gemeinde, zum Beispiel die ehemaligen Ämter Sanitz und Feldberger Seenlandschaft. Es gab Zusammenschlüsse von Gemeinden innerhalb eines Amtes, wodurch die Zahl der dem Amt angehörigen Gemeinden sich sehr stark verringerte, wie zum Beispiel im Amt Wittenburg-Land.
Wie Sie wissen, gibt es aber nach wie vor in unserem Land Ämter mit zum Teil sehr deutlich unterschiedlichen Zahlen von amtsangehörigen Gemeinden. Das reicht von überschaubaren 4 bis 6 Gemeinden bis zu Ämtern mit 15 und mehr. Ämter mit rund 20 Gemeinden bildeten sich vor allem im Umfeld von Kreisstädten beziehungsweise ehemaligen Kreisstädten heraus und es gab die Zusammenführung der Verwaltungen eines bisherigen Amtes mit der Verwaltung einer bisherigen amtsfreien Stadt, zum Beispiel im Raum Sternberg. Dabei erfüllt die Stadt ihre Funktion als geschäftsführende Gemeinde entsprechend der Kommunalverfassung.
Meine Damen und Herren! Wie vom Ältestenrat vorgeschlagen, soll der Antrag in die Ausschüsse überwiesen
werden. Ich spreche die Erwartung aus, dass bei diesen Beratungen der Auftrag der Enquetekommission weiter konkretisiert werden sollte. Das schließt ein, uns genau darüber zu verständigen, welche Erwartungen die Enquetekommission erfüllen beziehungsweise nicht erfüllen kann. Das betrifft meines Erachtens zum Beispiel Erwartungen, wonach die Enquetekommission im Zusammenhang mit dem formulierten Thema auch Fragen der Reform der Landesverwaltung und der Weiterführung der Funktionalreform untersuchen und entsprechende Empfehlungen ausarbeiten könnte. Auch Fragen einer möglichen Veränderung der Kreisstruktur stehen meines Erachtens nicht zur Debatte. Ich verhehle auch nicht, dass in Diskussionen schon jetzt erkennbar ist, dass wir zum Teil eine sehr unterschiedliche Interessenlage in der kommunalen Ebene haben. Kreisfreie Städte sind vor allem an den Regelungen der Stadt-Umland-Beziehungen interessiert. Es ist auch nicht zu übersehen, dass durch bisherige Entscheidungen zu Standortfragen von Gewerbegebieten und zum individuellen Wohnungsbau nicht unerhebliche Konkurrenzverhältnisse zwischen Kommunen entstanden sind.
1. die Schaffung leistungsfähiger kommunaler Gebietskörperschaften und die Sicherung dauerhafter Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen in unserem Flächenland Mecklenburg-Vorpommern
2. eine breite Akzeptanz und Mitwirkung aller betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner, die zu erreichen ist, wenn die Verwaltungsorganisation verbessert und die Finanz- und Wirtschaftskraft der Kommunen erhöht wird sowie Bürgernähe und kommunale Demokratie nicht verloren gehen und
Die Enquetekommission sollte zudem bei ihren Überlegungen nicht zuletzt auch notwendige Übereinstimmungen mit den Grundsätzen der Landesentwicklung und der Regionalplanung berücksichtigen. Solche Überlegungen, Analysen, Empfehlungen bedürfen breiter demokratischer Mitwirkung. Damit kann parteiübergreifend und unter Einbeziehung externen Sachverstands sowie von Erfahrungen der kommunalen Ebene selbst der Prozess der Verwaltungsreform befördert werden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie deshalb namens der Koalitionsfraktionen um Ihre grundsätzliche Zustimmung zur Bildung der Enquetekommission und zur Überweisung des Antrages federführend in den Innenausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss. – Ich danke Ihnen.
Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1141(neu) hat der Abgeordnete Herr Markhoff von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat in einer Pressekonferenz eine neue Landesverordnung über die Ge
währung von Zuwendungen bei der Auflösung von Gemeinden und der Neubildung von Ämtern und Verwaltungsgemeinschaften angekündigt, die, wenn wir richtig informiert sind, vom Kabinett abgesegnet ist und sich jetzt in einer Anhörungsphase befindet.
Das hat die CDU zum Anlass genommen, die Frage zum Zusammenschluss von Ämtern und Gemeinden in diesem Hohen Hause zu diskutieren und zu debattieren. Begründet wird die angekündigte Modifizierung der sogenannten Hochzeitsprämie mit der Zielsetzung der Landesregierung, die Anzahl der Gemeindezusammenschlüsse stärker und nachdrücklicher zu forcieren. Es wird in diesem Zusammenhang auch auf eine gesamtfinanzielle Situation im Land und in den Kommunen verwiesen. Daher seien leistungsfähige Gebietskörperschaften, eine effiziente Verwaltung und die Bündelung investiver Mittel notwendig.
Zum Letzteren, zur Bündelung investiver Mittel, kann ich nur sagen, das ist für die Kommunen eine Lachnummer. Wenn überall, wo es möglich ist, die Fördersätze gekürzt beziehungsweise auf null heruntergefahren werden, kann auch durch Bündelung der Finanzen keine neue Investitionskraft geschaffen werden. In gut funktionierenden Ämtern – so zumindest in meinem Wahlkreis – werden seit Jahren investive Mittel der Gemeinden mit Erfolg zusammengeführt, wie es unter anderem die Gemeinden im Amtsbereich Krien praktizieren. Das heißt, der bisherige Ansatz der Landesregierung, weniger Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen, reicht nicht aus, um die Gesamtproblematik zu lösen. Mit Ihren Aussagen haben Sie eins erreicht, und zwar dass eine Diskussion über eine neue Verwaltungsreform in Gang gesetzt wird.
Um zunächst auf der kommunalen Ebene zu bleiben: Es ist unseres Erachtens notwendig, dass die Landesregierung ihre Zielvorstellungen beziehungsweise Planungen, die im Wege freiwilliger Gemeinde- und Amtszusammenschlüsse erreicht werden sollen, vorlegt. Erst wenn diese Zielvorstellungen und Planungen vorliegen, könnte es Sinn machen, eine Enquetekommission einzusetzen.
Nur so kann sichergestellt werden, dass eine Empfehlung bis zur Entscheidungsfindung mit den Gemeinden auch in Zukunft Bestand hat und nicht neue Verwaltungsstrukturen entstehen, die letztlich das angestrebte Ziel nicht erreichen.
Mein persönlicher Standpunkt zu diesem Thema ist, die Landesregierung soll Ihre Hausaufgaben zu einer Verwaltungs- und Funktionalreform erfüllen, dann erübrigt sich eine Enquetekommission und wir sparen Zeit und Geld.
Vielmehr muss sie ebenso wie alle anderen Verwaltungsstrukturen und -einheiten unter dem Gesichtspunkt der Effektivität hinsichtlich der Aufgabenerfüllung, aber auch der Finanzierung evaluiert und den Bedürfnissen angepasst werden. Dieser Prozess kann nur erfolgreich und konstruktiv verlaufen, wenn alle Beteiligten ihre Prüfungsparameter offen legen und frei von Zwängen gehandelt werden kann.
Aufgrund der Verflechtung der kommunalen Aufgaben mit den Aufgaben der gesamten Landesverwaltung kann eine Prüfung der Leistungsfähigkeit der Verwaltung nicht isoliert die Gemeinden, Ämter, Landkreise und kreisfreien Städte umfassen, sondern muss im Gesamtzusammenhang unter anderem mit der Verwaltungs- und Funktionalreform analysiert werden.
Sinnvollerweise steht unseres Erachtens deshalb eine Entscheidung über die Weiterentwicklung der kommunalen Struktur am Ende einer Verwaltungsreform von oben nach unten. Fortlaufende Aufgabenkritik, Straffung und Konzentration in der Ministerialorganisation, Entflechtung der einzelnen Ebenen und konsequente Kommunalisierung sind entscheidende Ansatzpunkte.
Die Auferlegung einer hohen Selbstbeschränkung in der Ministerialbürokratie und die verantwortungsbewusste Delegation von Aufgaben schafft die Voraussetzung, mehr staatliche Verwaltung in die Fläche zu legen, die Ministerien von Vollzugsaufgaben zu befreien, um den Vollzug zu kommunalisieren. Die Diskussion um eine Neuentscheidung über kommunale Strukturen wird auf eine andere Ebene gehoben, wenn am Ende einer umfassenden Analyse herauskommt, es soll mehr staatliche Verwaltung auf kommunaler Ebene vollzogen werden und mit der kommunalen Ebene auf gleicher Stufe und Gemeindeebene darüber diskutiert werden, wie und mit welchen Strukturen die Aufgaben effizient gelöst werden können.
Mit unserem Antrag wollen wir, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, ihre konkreten Vorhaben hinsichtlich einer umfassenden Verwaltungs- und Funktionalreform und deren Auswirkungen auf die Landesentwicklung, die Personalstruktur sowie die finanziellen Konsequenzen auf allen Ebenen darzustellen, um die sich möglicherweise daraus ergebenden Fragen in der nun beantragten und einzusetzenden Enquetekommission zu diskutieren und weitere Empfehlungen auszusprechen.
Unter dem aktuellen Bezug hinsichtlich der modifizierten Förderung von Gemeindezusammenschlüssen bezüglich der Vorhaben der Landesregierung im Bereich der kommunalen Struktur haben wir 14 Fragen in unserem Antrag formuliert. Unseres Erachtens ist hier zunächst die Landesregierung aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten und dieses dann einer öffentlichen Diskussion aller Betroffenen sowie des Landtages zugänglich zu machen.
so dass unseres Erachtens die in unserem Antrag aufgeführten Punkte inhaltlich Berücksichtigung finden müssen in der Arbeit der Enquetekommission. Wir sind der Auffassung, dass beide Anträge in den Innenausschuss überwiesen werden sollten, damit eine konkrete Aufgabenstellung erarbeitet und eine entsprechende Beschlussempfehlung durch den Landtag angenommen werden kann, die weiteres Handeln zu dem Gesamtkomplex Verwaltung und Funktionalreform in unserem Land bestimmt. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.