Protocol of the Session on March 16, 2000

Vielleicht hören Sie bitte erst einmal zu und am Schluss können Sie ja eine Frage stellen. Sonst kriegen Sie es wieder nicht mit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig. Jawoll, Frau Ministerin!)

Also ein Schiedsspruch, nämlich der mit der AOK, ist im Dezember gefallen. Er löst die Probleme nicht. Deshalb haben wir am 25. Januar diesen Jahres in meinem Hause Gespräche zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung über die Vergütung angeregt. Diese Gespräche wurden durch das Sozialministerium vorbereitet und moderiert. Dabei bestätigten alle Beteiligten die vom Staatssekretär den Gesprächen zugrunde gelegten Eckdaten. Nach diesen Eckdaten ist eine psychotherapeutische Praxis mit 1.500 Leistungen der großen Psychiatrie angemessen ausgelastet.

Um unter der Berücksichtigung eines Mindestmaßes an Praxiskosten ein einem Angestellten vergleichbares Einkommen zu erzielen, wird ein Praxisumsatz von mindestens 158.000 DM und damit ein Punktwert von mindestens 7,25 Pfennigen im Durchschnitt aller Kassenarten notwendig. Diese Fakten wurden von allen Beteiligten, auch den Psychotherapeuten, als sachgerecht anerkannt. Hierauf fußend haben wir allen Beteiligten einen Vergütungsvorschlag unterbreitet, wonach folgende Punktwerte gelten sollen:

für 1999: Ersatzkasten 7,5 Pfennig AOK 6,75 Pfennig

für 2000: Ersatzkassen 7,6 Pfennig AOK 7 Pfennig.

Die Kassenärztliche Vereinigung hat – ebenso wie die Psychotherapeuten – diesem Vorschlag zugestimmt. Der VdAK hat aus nachvollziehbaren Gründen der internen Abstimmung auf Bundesebene um eine Erklärungsfrist bis zum 25. März nachgesucht. Die AOK meint unter Hinweis auf erhebliche Defizite keine weiteren finanziellen Mittel aufbringen zu können. Die AOK meint sogar gegen den Schiedsspruch klagen zu müssen, der der AOK wirklich eine bescheidene Mehrbelastung von 1 Pfennig je Punkt oder insgesamt 350.000 DM für das ganze Jahr 1999 auferlegt hat.

Nein, meine Damen und Herren, so geht es nicht weiter, und zwar selbst dann nicht, wenn steigende Leistungen zu Mehrkosten führen, die die von uns grundsätzlich – und ich glaube, da sind wir uns alle einig – befürwortete Beitragssatzstabilität bei einzelnen Kassen in Frage stellt. Mit der maßvollen Differenzierung der Punktwerte zwischen Ersatzkassen einerseits und AOK andererseits sollte der Tatsache der noch immer fortdauernden unterschiedlichen Finanzkraft Rechnung getragen werden.

Ich bin mir natürlich dessen bewusst, dass im Laufe der Zeit, nämlich im Zuge der Verbesserung der Ausgleichsleistungen im West-Ost-Verhältnis, Unterschiede in den Punktwerten bei den einzelnen Kassenarten nicht beibehalten werden können. Nach unserem Vorschlag sollte der finanzielle Mehrbedarf etwa zu gleichen Teilen von den Kassen und der KV getragen werden. Dies gilt bei der Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen sowohl für das Jahr 1999 als auch für das Jahr 2000. Wir werden

vertragliche Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung nicht beanstanden, sondern ausdrücklich billigen, die den Honorarmehrbedarf für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nicht in die Budgetobergrenzen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgungen einrechnen, sondern diesen Mehrbedarf zusätzlich zu dem gesetzlich vorgesehenen Budget vergüten. Die Rechtsgrundlage hierfür bietet der Paragraph 71 Absatz 1 Satz 1 SGB V, worin steht, dass die Beitragsstabilität dann durchbrochen werden kann, wenn dies für die Vergütung medizinisch notwendiger Leistungen erforderlich ist und andere Einsparmöglichkeiten, zum Beispiel aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen, nicht oder nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Eine andere Alternative steht nicht zur Verfügung, weil die Finanzierung aus der hausärztlichen Versorgung von Gesetzes wegen nicht zulässig ist und eine Finanzierung aus der fachärztlichen Vergütung zu einer Gefährdung der flächendeckenden Versorgung in diesem Bereich führen würde. Um die dauerhafte Schlechterstellung der Psychotherapeuten beziehungsweise der psychotherapeutisch tätigen Ärztinnen und Ärzte zu vermeiden und die Versorgungsstruktur nicht irreversibel zu schädigen, sehe ich keine andere Möglichkeit, als die Ausnahmeregelung des Paragraphen 71 des SGB V zur Anwendung in Mecklenburg-Vorpommern freizugeben. Ich bin mir dessen bewusst, dass das sicher auch im Bundesmaßstab eine heftige Diskussion bringt, aber anders sehe ich die Gewährleistung der psychotherapeutischen Versorgung nicht machbar. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Sicherung der psychotherapeutischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern steht hier heute auf der Tagesordnung, sicherlich ein wichtiges Thema. Aber Sie sehen, wo Sie mit Ihrem Solidaritätsstärkungsgesetz hingekommen sind

(Annegrit Koburger, PDS: Die Ursachen liegen da nicht.)

und wo Sie mit der Gesundheitsreform 2000 landen werden.

(Annegrit Koburger, PDS: Davon haben Sie gar keine Ahnung!)

Das sind nämlich die ersten Auswirkungen Ihrer sonst immer so hervorragend gelobten Gesetzgebung in Bonn und in Berlin, meine Damen und Herren.

(Annegrit Koburger, PDS: Die Ursachen liegen im Ursprungsgesetz. – Angelika Gramkow, PDS: Das ist nicht meine Gesetzgebung.)

Sie beschreiben jetzt einen Zustand und beklagen ihn, den Sie selbst seit zwei Jahren oder seit anderthalb Jahren hervorragend vorantreiben. Ich kann Ihnen dazu nur meine Glückwünsche aussprechen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sagen Sie das uns, Herr Glawe? Wem sagen Sie das?!)

denn wir haben Ihnen ja versprochen, dass wir zu diesen Themen immer wieder auch im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern reden müssen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Glawe, wem sagen Sie denn das?)

Und heute ist der erste Tag nach Ihren hervorragenden Gesetzgebungen. Sie haben es gesagt, Frau Ministerin, es gibt verschiedene Töpfe, es gibt...

(Dr. Martina Bunge, PDS: Das Psychothe- rapeutengesetz hat Herr Seehofer gemacht. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ja, Seehofer hat sogar ein vernünftiges Gesetz gemacht, und diese Gesetze haben Sie alle schön austorpediert. Sie haben ja auch alles Mögliche zurückgenommen und heute stehen Sie eigentlich vor dem Problem: Wie soll ich zusätzliche Aufgaben und Leistungen finanzieren?

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sind wir etwa in Berlin in der Regierung, Herr Glawe, Herr Stadtpräsident?)

Und wie kriege ich für Psychotherapeuten, die nach dem Gesetz einen berechtigten Anspruch haben, auch vernünftig bezahlt zu werden, das nun ins System?

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Stadtpräsident.)

Die Frage steht.

Meine Damen und Herren, und dass nun der Antrag noch von Herrn Koplin kommt, ist ja auf der einen Seite lobenswert.

(Torsten Koplin, PDS: Die Koalitionäre.)

Auf der anderen Seite, sage ich mal, Herr Koplin, ist das Sozialministerium ja verpflichtet, das Gesetz umzusetzen. Und Frau Ministerin hat ja hier vorgetragen, wo das Problem liegt.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na sehen Sie mal!)

Es liegt nämlich darin, dass die Selbstverwaltungsorgane, also sprich die Kassen und die Kassenärztliche Vereinigung, vor einem Problem stehen,

(Annegrit Koburger, PDS: Das Problem liegt im Ursprungsgesetz.)

nämlich dass sie beide eigentlich zu wenig Geld haben, um zusätzliche Leistungen auf den Punktwert zu bringen, der ein gesichertes Einkommen für die Psychotherapeuten und ärztlichen Psychologen sichert.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Und schuld daran ist Seehofer.)

Meine Damen und Herren, und schuld daran sind Sie,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was?! Kann das sein?)

sind Sie als PDS und SPD, die also die neue Gesundheitsreform ja hervorragend auf den Weg gebracht haben.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was? Die PDS? – Angelika Gramkow, PDS: Sie haben ja wohl nicht zugehört!)

Sie haben doch immer hervorragend mitgejubelt.

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)

Sie haben im Bundesrat zugestimmt.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na, na, na!)

Sie haben im Bundesrat zugestimmt. Sie haben ausdrücklich Herrn Ringstorff ermuntert, das zu tun. Das haben Sie alles schon vergessen.

(Unruhe bei der PDS – Zurufe von Dr. Martina Bunge, PDS, und Angelika Gramkow, PDS)

Ja, so kurzlebig ist die Zeit.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bitte um Sachlichkeit.