Protocol of the Session on May 22, 2019

Sehr geehrter Herr Dr. Tjarks, nicht zum ersten Mal erweisen Sie sich als Meister der inhaltlichen Verkürzung und der Verallgemeinerung.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Zurufe von Phyliss Demirel, René Gögge, beide GRÜ- NE, und Nebahat Güçlü fraktionslos)

Wir von der AfD stehen auch für Vielfalt. Wir stehen für einen kontrollierten Zugang. Wir haben nichts dagegen, wenn Menschen nach Deutschland kommen in einem geregelten Verfahren, die hier arbeiten wollen, die sich an die Gesetze halten, die uns in Sachen Islam nicht bekehren wollen. Das verstehe ich unter echter Vielfalt. Denn Ihre Art von Vielfalt, die Sie predigen, ist doch kein Wert an sich, das bringt doch Deutschland nur Nachteile.

Und, Herr Dr. Tjarks, wir haben nie behauptet, dass wir gegen Europa sind, und Sie werden von mir – Entschuldigung, Sie müssen einmal lernen, zu differenzieren zwischen Europa und der EU –

(Anna Gallina GRÜNE: Ja, ja!)

auch niemals ein Zitat finden, dass ich mich für den Austritt aus der Europäischen Union in irgendeiner Weise inhaltlich stark gemacht hätte. Das werden Sie nicht finden. Ansonsten würde ich von meinem Mandat zurücktreten. Verspreche ich Ihnen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ist das so?)

Suchen Sie. Ja, ein einfaches Gemüt kann man leicht erheitern.

Herr Ilkhanipour von der SPD, Sie sind noch relativ jung, vielleicht darf ich auch sagen, unerfahren. Das meine ich jetzt nicht als Beleidigung, sondern Sie sind wirklich unerfahren. Sie werfen den österreichischen Christdemokraten vor, dass sie mit der FPÖ koaliert haben. Vielleicht wissen Sie es nicht: 2004 hat die SPÖ, also Ihr Pendant in Österreich, Herrn Haider, den größten Populisten Europas – ja, das kann man wohl so sagen –, zum Kärntner Landeshauptmann gewählt. Das heißt, mit dem lagen Sie im Koalitionsbett.

(Michael Kruse FDP: War das jetzt gut oder schlecht, Herr Nockemann?)

Aber gut, da müssen Sie gar nicht so weit zurückgehen. In Oberösterreich hat jetzt Ihr Pendant, die SPÖ, ein Arbeitsabkommen mit der FPÖ, also mit diesen unerträglichen Volksverhetzern, geschlossen. Wussten Sie das nicht? Oder sind Sie, ich hätte beinahe gesagt, ein Heuchler?

(Zurufe)

Ja, regen Sie sich nicht auf. Ich weiß doch, dass Sie sich gern vor ihn stellen. Nicht aufregen.

Im Strache-Video, das habe ich vorhin bereits gesagt, ist absolut widerwärtig, was der Mann gesagt hat. Und davon gibt es auch nichts zurückzunehmen. Nein, das ist keine Heuchelei, das meine ich wirklich so.

Aber was wäre denn passiert, wenn irgendjemand beispielsweise Ihren Herrn Haberbeck oder wie heißt er,

(Zurufe: Habeck!)

Habeck, ja, gut, wenn der …

(Zurufe)

Mit den GRÜNEN kenne ich mich nicht so aus, die sind bei mir unter ferner liefen. Ist gut, dass Sie so reagiert haben, wie Sie reagiert haben.

Was wäre denn, wenn der in eine ähnliche Falle gelockt worden wäre? Dann hätten Sie gesagt, um Gottes Willen, was ist denn los in diesem Land,

(Zurufe von den GRÜNEN)

dass jemand betrunken gemacht wird, dass er heimlich gefilmt wird

(Glocke)

und dass man das dann auswertet.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Dr. Anjes Tjarks)

Ich weiß, ich bin abgeklingelt; ich darf nicht länger reden, ich bin nicht von der SPD.

(Beifall bei der AfD – Dr. Monika Schaal SPD: Ja, Sie werden unterdrückt!)

Ich habe zum ersten Thema der Aktuellen Stunde keine Wortmeldungen mehr. – Doch; Herr Dr. Tjarks für die GRÜNE Fraktion bekommt das Wort.

(Zuruf: Das Grundgesetz mögen Sie nicht, oder?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wissen Sie, bei Herrn Nockemann kommt jetzt die typische NockemannStrategie zum Einsatz. Ja, Sie würden nicht aus der Europäischen Union austreten. Aber ich kann es Ihnen leider nicht ersparen, dass das in Ihrem Wahlprogramm steht. Sie wollen aus der Europäischen Union austreten als Partei, und nachdem Sie gemerkt haben, was diese Politik anrichtet in Großbritannien, haben Sie gesagt, aus dem WahlO-Mat wollen Sie den Dexit herausstreichen. Das ist doch die Situation, in der wir leben, und damit müssen Sie umgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Das zweite Thema. Einmal abgesehen davon, dass unser Parteivorsitzender Habeck heißt, ist die Situation so, dass es nun einmal keine derartigen Äußerungen und Videos von ihm gibt, weil es einfach unanständig ist, sich so zu äußern, und er sich so nicht äußern würde. Und allein die Tatsache, dass Sie darüber spekulieren, dass es so sein könnte, ist schon ein wenig komisch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte einfach sagen, und da kommen wir dann wieder zum Casus knacksus aus Österreich: Sie haben als Partei den größten Parteispendenskandal seit Helmut Kohl fabriziert.

(Dirk Nockemann AfD: Das sagten Sie doch schon!)

Ja, aber man muss es noch einmal wiederholen, damit Sie auch verstehen, was das eigentlich bedeutet.

Und Sie haben dann auf die Frage der Bundestagsverwaltung, woher das Geld gekommen ist, falsche Namen zugeliefert. Sie haben sich aktiv an der weiteren Verschleierung dieser Parteispenden beteiligt.

(Dirk Nockemann AfD: Das stimmt doch nicht!)

Sie haben dann 1 Million Euro zurückgestellt, weil Sie Angst vor den Strafzahlungen haben, übrigens

völlig zu Unrecht. Damit bleiben all diese Fragen im Dunkeln: Woher kommt eigentlich das Geld? Wer hat das bezahlt? Was haben Sie dafür versprochen? Sie tun nichts dafür, aber auch gar nichts, um das aufzuklären. Deswegen, meine Damen und Herren, gibt es sehr große Parallelen zwischen dem, was da in Österreich passiert ist, und dem, was in Deutschland bei der AfD passiert ist. Natürlich hat Richard von Weizsäcker recht, dass die Parteien in Bezug auf den Staat immer auch kritisch auf sich selbst schauen müssen. Aber Sie haben es geschafft, in wenigen Jahren wirklich zur ältesten der Altparteien in dieser Frage zu werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos und Jörg Ha- mann CDU)

Das Wort bekommt Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion.

Herr Tjarks, das war noch einmal ein schönes Statement. Aber ich weiß, dass Sie lesen können, und ich glaube sogar, dass Sie unser Programm komplett gelesen haben; das traue ich Ihnen jedenfalls zu. Sie werden feststellen, dass darin nicht steht, dass wir aus der Europäischen Union austreten wollen. Sie werden durchaus feststellen, dass darin steht, dass die Europäische Union, wenn Sie nicht verändert wird

(Christiane Schneider DIE LINKE: Nach Ih- ren Vorstellungen!)

ja, natürlich schreibt man nicht andere Vorstellungen in ein Wahlprogramm, das wissen Sie doch aber auch –, dass ein Austritt die letzte Option ist.

(Zurufe)

Die letzte Option, genau.

Das ist aber nicht identisch damit zu sagen: Wir wollen die Europäische Union verlassen. Ich persönlich möchte das auch nicht. Ich möchte, dass sie reformiert wird, dass eine sinnvolle Reformierung stattfindet. Aber dazu kommen wir vielleicht noch nachher.

Zum Parteispendenskandal, wie Sie das so schön sagen: Geld, das zurückgezahlt worden ist, ist erst einmal gar keine Spende, wenn Sie jetzt Frau Weidel anführen. Das ist zurückgezahlt worden. Alles andere wird aufgeklärt. Das können Sie, bitte schön, den Abgeordneten hier nicht vorwerfen.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Natürlich, eine Partei!)