Das Ableisten der gemeinnützigen Arbeit als Alternative zur Ersatzfreiheitsstrafe ist sinnvoll. Deshalb unterstützen wir grundsätzlich den Antrag der Regierungsfraktionen. Aber eins muss man natürlich auch sehen: Die entsprechenden Abbruchquoten bei der gemeinnützigen Arbeit – mehr als 30 Prozent betragen sie in Hamburg – sind sehr hoch. Wir haben bereits im November 2017, daran werden Sie sich erinnern, lieber Kollege Tabbert, als CDU-Fraktion einen entsprechenden Antrag formuliert. Der ist dann natürlich mal wieder mit der Regierungskoalitionsmehrheit locker vom Tisch gewischt worden; das Thema haben Herr Aukes und Herr Thering heute schon angesprochen. Es ist nicht immer etwas Negatives, nur weil es aus Oppositionsreihen kommt, und gelegentlich sollten auch die Regierungsfraktionen ernsthaft darüber nachdenken.
Viele der Verurteilten sind schlicht und ergreifend überfordert, die Strafen zu zahlen oder die benötigte Hilfe anzunehmen. Spezialisierte Anlaufstellen – das war damals unser Vorschlag –, wie es übrigens auch in Niedersachsen praktiziert wird, sollte man hier in den Fokus nehmen. Aber last, but not least: Es geht in die richtige Richtung. Und vielleicht können Sie noch einmal darüber nachdenken, was wir damals im November 2017 in unserem Antrag gefordert haben; vielleicht wird das auch Gegenstand der Ausschussberatungen, wo dieser Antrag hingeht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Antrag soll unnötige Gefängnisstrafen vermeiden; das ist schon ausgeführt worden. Das ist ein sehr wichtiges Anliegen, gerade bei Kleinkriminalität, denn es heißt immer, dass viele in Gefängnissen erst kriminell werden. Außerdem sind Haftplätze teuer und die Personalsituation hat sich zwar erheblich verbessert, aber ist trotz der Ausbildungsoffensive im Moment noch etwas angespannt. Deshalb ist es im Interesse aller, nicht zwingend notwendige Haftaufenthalte zu vermeiden.
Das gilt gerade bei Kleinkriminalität, und darum geht es hier: Es geht um diejenigen, die zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind und diese nicht bezahlen. Das heißt, das Gericht hat von vorherein eine Freiheitsstrafe für nicht notwendig erachtet, und es geht nur darum, was zu tun ist, wenn die Geldstrafe nicht gezahlt wird. Da halten wir es für sinnvoll – und darauf zielt der Antrag ja auch ab –, die Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Ar
beit zu ersetzen, denn diese ist sinnvoll, kostengünstig und fördert die Integration in die Gesellschaft.
Das Problem bisher ist eben auch gewesen, dass einige Verurteilte die Arbeit im Gefängnis, die bezahlt wird, gegenüber der gemeinnützigen Arbeit bevorzugt haben. Das ist natürlich nicht Sinn der Sache, denn diese Menschen brauchen in erster Linie Hilfe und Unterstützung, um dauerhaft ihr Leben in den Griff zu bekommen, und zwar in Freiheit. Wir wollen ja auch entkriminalisieren und tun deshalb viel für die Resozialisierung; es ist im Interesse aller, wenn diese Personen gar nicht erst wieder straffällig werden. Deshalb sieht der Antrag eben nicht nur diese Gesetzesänderung vor, dass man gemeinnützige Arbeit in den Vordergrund stellt und dadurch die Ersatzfreiheitsstrafe möglichst ersetzt, sondern auch gezielte Konzepte zur Motivation und Unterstützung der Verurteilten, die auf ein Leben in Freiheit langfristig eingestellt werden sollen.
Mit diesem Gesetzentwurf wird umgesetzt, dass es nicht mehr die Verpflichtung zur Ersatzfreiheitsstrafe in der bisherigen Form gibt, sondern stattdessen gemeinnützige Arbeit angeboten wird, auch innerhalb der Justizvollzugsanstalten.
Das muss natürlich alles gut organisiert werden und da muss man natürlich auch überhaupt erst einmal einen wirkungsvollen Zugang zu den Verurteilten haben, die oft in einer sehr schwierigen sozialen Situation und Lebenslage sind. Deshalb wollen wir unter anderem auch die aufsuchende Sozialarbeit stärken, und das mit einzelnen Angeboten. Hierzu soll ein Konzept entwickelt werden. Und da ist Hamburg schon sehr konkret – wie dieser Antrag auch zeigt –, auch in der Umsetzung, um vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung etwas zu bewegen.
Was Sie von der FDP jetzt als Zusatzantrag vorgelegt haben, Bundesratsinitiative: Das kann man machen, das ist aber nicht vergleichbar wirkungsvoll. Denn eine Bundesratsinitiative schadet zwar nicht, aber sie nützt auch nicht immer etwas. Wir sind unabhängig vom Bund mit konkreten Maßnahmen auf einem guten Weg und werden das im Ausschuss noch vertieft behandeln. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – SPD und GRÜNE planen, die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit zu ersetzen. Die Grundabsicht, das zu tun, also die Ersatzfreiheitsstrafen auszuschließen, ist richtig. Die konkrete Umsetzung lässt aber unseres Erachtens noch zu wünschen übrig.
Herr Dolzer, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber bin erstaunt, dass so wenige Leute so viel Lärm machen können. Vielleicht wäre es gut, es wäre ein bisschen leiser.
Denn dieses Haus hat ein Gewicht, insbesondere wenn die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern gewährleistet ist.
Als Zweites ist das der Ausdruck des Respekts vor der HDP-Abgeordneten Leyla Güven und 7 000 Hungerstreikenden in der Türkei. Die werden dort zum Teil gefoltert, bekommen keine Salze und Vitamine in den Gefängnissen. Wir haben das heute zum Ausdruck gebracht und deshalb habe ich mich so angezogen; ich hoffe, dass die Bundesregierung da endlich einmal tätig wird.
So weit dazu. Deshalb vielen Dank für die Zwischenfrage. Ich werde das aber auch in Zukunft ab und zu mal machen, ich finde das nämlich auch ganz schick.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜ- NEN, vereinzelt bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos und Heiterkeit)
Nein, nein, nein, ich hatte früher auch schon mal einen Anzug an. Aber jetzt wirklich zum Thema, sonst läuft mir die Zeit weg.
als auch jetzt ein bisschen vergessen, deutlich zu machen – das habe ich bei Herrn Lenders sogar mehr herausgehört –, dass es wirklich die sozial Schwachen sind, die oft ins Gefängnis gehen.
Das haben Sie vergessen. Die befinden sich nämlich sehr oft in dem Dilemma, einem ausgegrenzten Leben unter dem Existenzminimum und dem Erreichen kultureller Teilhabe entgegenzustehen, und dies wird manchmal mit fragwürdigen Mitteln überwunden. Ich finde, das muss man in solch einer Debatte auch sagen.
Daher sagen wir als LINKE, Bagatelldelikte wie zum Beispiel das Schwarzfahren sollten entkriminalisiert werden. Das wäre ein erster, guter Schritt.
Zudem ist, wie Sie sagen, und es ist sehr gut, das zu sagen, die aufsuchende Sozialarbeit sehr wichtig. Grundsätzlich ist es aber auch wichtig, die soziale Ausgrenzung, die finanzielle Ausgrenzung zu überwinden. Und auch in Gerichtsverfahren muss man gucken: Wann muss man wirklich zu einer Geldstrafe greifen und wann kann man eher über eine verständnisvolle Gerichtsverhandlung von den Richterinnen oder Richtern aus darauf einwirken, dass diejenigen, oft Jugendliche oder junge Erwachsene oder eben finanzschwache Menschen, einsehen, warum vielleicht eine bestimmte Tat nicht sinnvoll ist, und dann jenseits der Strafe wirklich dazu kommen, dass eine Konfliktheilung stattfindet? Darüber sollten wir auch diskutieren. Und das ist ebenfalls ein Ansatz der LINKEN.
Das ist die Konfliktheilung, die ich meine; ich weiß nicht, ob Frau von Treuenfels-Frowein deshalb gelacht hat oder aus einem anderen Grund.
Auf jeden Fall ist das die Konfliktheilung, die ich meine. Das ist eine historisch matriarchal verwurzelte Idee, Konflikte jenseits von Strafen zu lösen. Ich hoffe, dass wir das im Ausschuss gut diskutieren – ich finde, Herr Lenders hat heute dazu schon ganz gute Ideen eingebracht – und dann nicht in irgendeiner Form Law and Order und Hardliner-Gedanken dort eine große Rolle spielen, sondern wirklich die Frage: Wie können wir das in Zukunft besser regeln?
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat im Februar 2018 einen Regelvergleich zu Ersatzfreiheitsstrafen in europäischen Staaten gemacht. In Dänemark gibt es sie nicht mehr für finanzschwache und zahlungsunfähige Menschen, in Schweden ist die Ersatzfreiheitsstrafe de facto abgeschafft, in Italien wurde sie sogar für verfassungswidrig erklärt. Das sind Ansätze, über die sollten wir diskutieren. Ich freue mich, dass wir in Hamburg so einen guten Umgang haben momentan und gucken, dass wir die Justiz gut weiterentwickeln, und eben nicht Zustände haben wie in Ungarn oder wie in der Türkei. – Vielen Dank.