Protocol of the Session on February 13, 2019

"Sie …",

das heißt die Staatsgewalt,

"… hat auch die Aufgabe, die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern."

(Dirk Nockemann AfD: Das ist wohl eher Ar- tikel 3 als Artikel 4, Frau Kollegin! Artikel 4 ist Glaubensfreiheit!)

Ich hoffe, das haben Sie auch in diesen Reihen zur Kenntnis genommen.

Diese geforderte Förderung der Gleichstellung ist mittlerweile integraler Bestandteil jedes Regierungshandelns in Hamburg geworden, gleich ob wir das Demografiekonzept, die Fachkräftestrategie oder Senatsvorlagen betrachten. Das Thema ist in alle großen Hamburger Programme integriert. Die Implementierung in die Globalrichtlinien läuft noch.

(Beifall bei der SPD)

Das GPR zeigt durchaus Wirkung, auch über unsere Landesgrenzen hinaus. So hieß es zum Beispiel im Schulausschuss – ich zitiere jetzt einmal aus dem Protokoll –:

"Ein Erfolg des ersten GPR seien die auf Bundesebene von der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz und der Kultusministerkonferenz beschlossenen Leitlinien zur Sicherung der Chancengleichheit durch

geschlechtersensible schulische Bildung und Erziehung."

Das ist nur ein Beispiel. Ein weiteres Beispiel, ebenfalls mit Wirkung auch über die Landesgrenzen hinaus, zeigte das Gremienbesetzungsgesetz noch von 2013, das ebenfalls einem expliziten Verfassungsauftrag nachkommt. Auch hier – ich zitiere gern noch einmal aus Absatz 4 –:

"Insbesondere wirkt sie …",

also die Staatsgewalt,

"… darauf hin, dass Frauen und Männer in kollegialen öffentlich-rechtlichen Beschlussund Beratungsorganen gleichberechtigt vertreten sind."

Dass es hierbei nicht nur um eine Frauenquote geht, wie es immer einmal wieder fälschlicherweise heißt, sondern um eine gleichberechtigte Vertretung beider Geschlechter, macht übrigens ein aktuelles Beispiel aus dem Justizbereich deutlich. Wie ich gehört habe, wurden bei der Staatsanwaltschaft aufgrund der Geschlechterquote aktuell vermehrt Männer eingestellt. Das hat offenbar auch zu gewissen, wie soll ich sagen, Irritationen bei beiden Geschlechtern geführt, was ich ganz in Ordnung finde.

Die Ausschussberatungen zum GPR – es lohnt sich übrigens, die Protokolle noch einmal durchzulesen – waren teils erfreulich intensiv. Ich will jedoch nicht verhehlen, dass es in einigen Politikfeldern noch Luft nach oben gibt, sei es, weil der Bewusstseinsprozess zum Beispiel in den öffentlichen Unternehmen etwas hinterherhinkt, sei es, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien als einziger Fachausschuss überhaupt keinen Beratungsbedarf sah, was mich schon etwas erstaunte. Nun ja.

Lassen Sie mich zum Schluss zum wichtigsten Bereich kommen, zum Bereich Finanzen/Haushalt. Soweit Sie mir in anderen Debatten zugehört haben, wissen Sie, wie wichtig mir das Thema Gender Budgeting war und auch ist. Eine adäquate Teilnahme von Frauen und Männern an Gestaltung und Entscheidungsfindung, das ist doch das eine. Das betrifft übrigens natürlich auch die Repräsentanz der Geschlechter im Parlament. Eine geschlechtergerechte Verteilung der öffentlichen Mittel und staatlichen Leistungen, das ist das andere.

Den Antrag auf entsprechende Weiterentwicklung des Hamburger Haushaltswesens hatten wir bereits vor knapp einem Jahr gestellt. Das beauftragte Gutachten zur konkreten Ausgestaltung der Umsetzung sollte uns in Kürze zugeleitet werden. Ich bin sehr gespannt auf die Vorschläge.

Es geht also weiter. Es gibt noch viel zu tun. 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts sehe ich uns in der Pflicht, Nägel mit Köpfen zu

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

machen. Meine Damen und Herren, Sie sich hoffentlich auch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Rath von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist gut, dass es eine Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms gibt, denn in Zeiten von Strömungen, die eine gesellschaftliche Rolle rückwärts anstreben, kann das Thema Gleichstellung nicht hoch genug angesetzt werden. Dabei berücksichtigt das Rahmenprogramm ebenfalls – und das finde ich auch gut –, dass es hier nicht nur um die Gleichstellung von Mann und Frau geht, denn gemeint ist mit dem Rahmenprogramm auch die Verhinderung einer sozialen Spaltung durch Schaffung von Chancengleichheiten. Daher – oder traurigerweise – wird dieser Fortschreibung wohl noch eine weitere folgen und wahrscheinlich noch eine weitere folgen müssen, denn viele Ziele sind noch in weiter Ferne.

So weit die Theorie. Lassen Sie mich einmal einen kleinen Schwenker in die Praxis machen, und zwar zum Thema Teilzeitausbildung. Die findet auch in der Fortschreibung ihre Erwähnung und ist unstrittig ein Instrument gerade für junge Mütter, um sich beruflich zu qualifizieren. Wir alle wissen inzwischen, berufliche Qualifizierung bedeutet, Altersarmut zu vermeiden.

Im Dezember des letzten Jahres hat die Sozialsenatorin im Rahmen eines Zeitungsinterviews und auch innerhalb der Haushaltsberatungen binnen weniger Tage die Teilzeitausbildung gelobt, diese müsse verstärkt gefördert werden. Allerdings frage ich mich, was den Senat bisher daran gehindert hat, sie stärker zu fördern. Daher haben wir auch eine Kleine Anfrage gestellt mit dem aufschlussreichen Titel: Sozialsenatorin will Teilzeitausbildung stärken, doch warum fristet diese – also die Teilzeitausbildung – bisher nur ein Nischendasein?

Die Antwort darauf war ziemlich ernüchternd, denn das Ergebnis war seit dem 1. August letzten Jahres, dass elf Referendare in Teilzeit im Rahmen des Vorbereitungsdienstes für Lehrkräfte beschäftigt werden, im Landesbetrieb ZAF/AMD im vergangenen Jahr zwei Teilzeitausbildungsverhältnisse abgeschlossen wurden und im Bereich der Bezirksämter eine Auszubildende in der Fachrichtung Staudengärtnerei in Teilzeitausbildung ist. Hier ist also definitiv noch Luft nach oben. Man kann leider nicht sagen, dass die Stadt Hamburg beim Thema Teilzeitausbildung mit gutem Beispiel vorangeht.

(Beifall bei der CDU)

Aber wir unterstützen den Antrag aus der letzten Sitzung und sind schon gespannt auf den Bericht, um einen Istzustand zu erhalten.

Ebenso spannend ist momentan auch, denn es geht doch wirklich um die Chancengleichheit aller Menschen oder um Teilhabe, der Versuch des Senats, das Bundesteilhabegesetz umzusetzen. Dass die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen ihre Zustimmung zum Landesrahmenvertrag noch nicht erteilt hat, ist für uns durchaus nachvollziehbar, denn das Gesetz beziehungsweise dessen Umsetzung zum 1. Januar 2020 ist bisher äußerst nebulös.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Senat in seiner Pressemitteilung die Zweifel der Interessenvertretungen der Betroffenen mit keinem Wort erwähnt, sondern nur zum Falle der Arbeitsgemeinschaft sagt, sie hätte maßgeblich mitgewirkt. Das ist hier echt eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Aber auch unabhängig davon gibt es viele, viele Fragen, was die Umsetzung des Gesetzes anbelangt. Es fängt an bei dem Fallmanagement. Was muss es in Zukunft leisten, damit es dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auch gerecht wird – beiden Interessen –, denn davon wird maßgeblich abhängen, ob der Teilhabeprozess gelingen wird. Auch wissen wir noch gar nicht, um wie viel Personalressourcen es hier eigentlich geht.

Langer Rede kurzer Sinn: Man muss ein wenig pessimistisch sein, darf aber das Beste hoffen. Das gilt auch für die Zukunft des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms, das hoffentlich irgendwann überflüssig sein wird. Ich werde das wahrscheinlich nicht mehr miterleben, aber vielleicht mein Sohn. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Engels von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den Themen, die Frau Rath gerade als Letztes angesprochen hat, die nicht Gegenstand der Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms sind, sondern andere Themen, die im Sozialausschuss anhängig sind, werden wir fachlich dort in den nächsten Monaten noch sehr intensiv beraten. Da stehen nämlich nicht nur die genannten Punkte an, sondern in dem Themenbereich noch ein paar andere.

Ich möchte jetzt zum Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm sprechen, dessen grundlegendes Ziel es ist, die Selbstbestimmung von Frauen und ihre gerechte Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern. Das Rahmenprogramm soll dazu beitragen, Vermögen, Einkommen, Gestaltungsmacht

(Gabi Dobusch)

sowie Erwerbs- und Sorgearbeit gerecht zwischen den Geschlechtern zu verteilen. Außerdem sollen Geschlechtsstereotype und Rollenerwartungen abgebaut werden. Dafür ist es wichtig, dass wir im Sinne des Gender Mainstreaming alles staatliche Handeln auf gleichstellungspolitische Aspekte untersuchen und, wo nötig, in allen Bereichen geeignete Maßnahmen ergreifen.

Das GPR, so die Abkürzung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms, ist genau das richtige Programm, um Gleichstellung in allen Bereichen, in allen Behörden, in allen Fachpolitiken zu verankern, aber eben auch ein geeignetes Monitoring-System.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das GPR wurde in den vergangenen Jahren mit anderen Programmen und Strategien der Stadt verzahnt, aktuell hierbei auch der Prozess zur Umsetzung der Agenda 2030, also der UN-Nachhaltigkeitsziele. Hier ist die Gleichstellung von Frauen ein zentrales eigenes Ziel, das Deutschland und somit auch Hamburg noch nicht erreicht hat. Hierin stecken also noch einmal Handlungsverpflichtungen, gerade mit Blick auf die Fortschreibung des GPR, die dann wiederum anstehen wird.

Ein weiteres wichtiges geschlechterpolitisches Programm ist außerdem der Aktionsplan für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, der auch für das GPR wichtige Anregungen bietet und sich gegenseitig gut ergänzt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das GPR ist ein dauerhafter behördenübergreifender Prozess. Auch wir als Parlament können uns hieran beteiligen, nicht nur indem wir in unserem Handeln als Abgeordnete und als Fraktionen die Ziele der Selbstbestimmung und gerechten Teilhabe verfolgen, sondern auch indem wir geeignete Maßnahmen in unseren fachpolitischen Bereichen vorschlagen.

Der Stellungnahme des Stadtentwicklungsausschusses habe ich zum Beispiel entnommen, dass die geschlechtergerechte Besetzung von Jurys ein Handlungsfeld sein könnte. Hier liegt dann auch direkt schon einmal ein Anknüpfungspunkt aus der Ausschussberatung für die Fortschreibung des GPR vor.

In den vergangenen Monaten haben wir uns alle sehr intensiv mit der Gleichstellung von Frauen in den Fachausschüssen beschäftigt. Alle 16 Fachausschüsse haben Stellungnahmen zum GPR abgegeben, manche ausführlicher, andere, wie Frau Dobusch schon anführte, weniger ausführlich. Für mich hat aber insgesamt dieses parlamentarische Verfahren noch einmal gezeigt, dass Gleichstellungspolitik zwar eine starke fachpolitische Dimension hat, aber eben auch ein Querschnittsthema ist.

Die zahlreichen Maßnahmen des GPR zeigen, Gleichstellung geht uns alle an. Wir alle können in unseren Fachbereichen einen Beitrag dazu leisten, um die Gleichstellung von Frauen voranzubringen. Lassen Sie uns das tun. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Özdemir von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

"Die größte Gefahr für die Gleichstellung ist der Mythos, wir hätten sie schon."