Protocol of the Session on January 16, 2019

Rechte, die uns als Oppositionspartei durch die Verfassung garantiert werden. Wir wollten deshalb der Kulturbehörde einmal genauer auf den Zahn fühlen, welche Belege es für diese angeblichen Eingriffe in die Hamburger Kultur durch die AfD gebe und aus welchen Mitteln die Arbeit der Kampagne finanziert werde. Schließlich hatte doch Kultursenator Brosda höchstselbst von der Erklärung geschwärmt, sie als – Zitat –

"großartige und wichtige Aktion"

gepriesen,

(Vereinzelter Beifall bei der SPD, den GRÜ- NEN und der LINKEN)

dabei mahnend an den 80. Jahrestag der Pogromnacht erinnert und, sehr wichtig, gefühlt ein Dutzend Mal den Begriff "Haltung" bemüht. Es ist immer etwas schwierig, wenn ein Regierungsvertreter diesen Begriff bemüht. Sprechen wir ein andermal darüber.

Unsere Große Anfrage, übrigens die größte parlamentarische Anfrage dieser Legislaturperiode mit insgesamt 106 Einzelanfragen, brachte dabei sehr viel Entlarvendes zutage. Um es vorwegzunehmen: Die Behörde kann keinen einzigen Beleg für einen Angriff oder eine Einflussnahme der Hamburger AfD auf hiesige Kultureinrichtungen nennen, keinen einzigen. Das Ganze ist ein Popanz, aufgebaut nach dem Motto: Haltet den Dieb. Keine Störung einer Veranstaltung, kein Eingriff in Spielpläne, keine Forderung nach einer Renationalisierung der Kultur, nichts, selbstverständlich nichts.

(Zurufe von Phyliss Demirel GRÜNE und Dietrich Wersich CDU)

Ich sage Ihnen, worum es den Initiatoren dieser Erklärung in Wahrheit geht: Es ist die Angst vor dem Verlust der linken Deutungshoheit. Es ist die Angst vor unliebsamen Anfragen und Debatten über Fördermittel und Förderzwecke, nämlich von Steuermitteln.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Das ist die Angst, die Sie verbreiten!)

Es ist die Angst vor gesellschaftskritischen Positionen von rechts, gegen die man sich abzuschirmen versucht, also genau das Gegenteil von Kunstfreiheit, was hier angeblich angeführt wird.

(Zuruf von Jens-Peter Schwieger SPD)

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe)

Vor allem geht es um den ideologisch motivierten Kampf gegen die AfD. Wie aus unserer Anfrage hervorgeht, organisiert die Initiative nachweislich Demonstrationen gegen die AfD,

(Kazim Abaci SPD: Verfassungsschutz!)

hetzt mit einer Wortwahl gegen meine Partei im Internet, die ich hier mit Rücksicht auf den parlamentarischen Sprachgebrauch nicht wiedergeben darf, und instrumentalisiert beinahe jede SKA meiner Fraktion als Angriff auf die Kunstfreiheit. So viel Mimimi, so viel Verachtung und Angriff gegenüber den verfassungsmäßigen Kontrollrechten der Opposition habe ich selbst von Linken selten erlebt.

(Beifall bei Dirk Nockemann AfD)

Da sieht man, woher der Wind weht. Klar ist: Vor solchen Anfragen haben Kultureinrichtungen Angst. Herr Kultursenator Brosda muss sich als politisch Verantwortlicher die Frage gefallen lassen, warum er sich mit Einrichtungen solidarisiere, die mit gewaltbereiten Linksextremisten zusammenarbeiten. Wann fordern Sie wenigstens den Teil der Fördermittel zurück, mit denen linke Verfassungsfeinde ihre Propaganda in Hamburger Kultureinrichtungen verbreiten dürfen? – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zurufe)

Das Wort erhält nun die Abgeordnete Oldenburg für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit ihrer Großen Anfrage versucht die AfD, Hamburger Kultureinrichtungen zu diskreditieren, die die "Erklärung der Vielen" unterzeichnet haben.

(Dirk Nockemann AfD: Hier wird gar nie- mand diskreditiert!)

Diese Erklärung wendet sich gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtspopulismus und Ausgrenzung.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Sie ist gut und notwendig für ein gutes Leben aller in Hamburg. Es gibt eine einfache, aber unseres Erachtens ausreichende Antwort auf die Anfrage der AfD: Das ist der Verweis auf das Grundgesetz, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Kunst.

(Dirk Nockemann AfD: Darum geht es hier gar nicht!)

Beide Rechte sind wesentliche Säulen und zählen zu den höchsten Werten unserer Gesellschaft. Auch und gerade kritische Haltungen sind durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt. Das

mag für die AfD schwer auszuhalten sein, aber ihr geht es nicht anders als der SPD, der CDU oder den LINKEN. Auch alle anderen Parteien hier in der Bürgerschaft müssen harte Kritik hinnehmen. Die AfD ist da nicht besonders gebeutelt. In einer Demokratie gehört das dazu. Punkt.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich möchte dennoch die Gelegenheit nutzen, um drei wesentliche Grundzüge der AfD-typischen Argumentationsfiguren in dieser – Sie haben es gesagt – sehr langen Anfrage zu skizzieren. Punkt 1: Ein gängiges Muster im politischen Auftreten der AfD ist die Täter-Opfer-Umkehr. Wir haben das hier gerade wieder erlebt.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Die Ausfälle und Attacken der AfD nebst ihrer rechtsextremen Sympathisanten gegenüber Flüchtlingen, Ausländern

(Dirk Nockemann AfD: So ein Quatsch!)

und politischen Gegnern allgemein sind bundesweit zuhauf dokumentiert und inzwischen auch ein Prüffall für den Verfassungsschutz.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Das ist der Grund, warum sich die Unterzeichnung der "Erklärung der Vielen" auch gegen die Angriffe der AfD auf die Prinzipien einer offenen, toleranten und couragierten Zivilgesellschaft wendet. Diesen Gegenwind versucht nun die AfD zur Bestätigung ihrer Opferrolle umzudeuten, indem sie behauptet, dass sich die Kampagne gegen sie als Partei richte; das haben wir gerade auch wieder gehört. Ja, nun, wer rechtspopulistisch auftritt, darf sich auch nicht wundern, wenn er als rechtspopulistisch kritisiert wird. Das ist so.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und bei Thilo Kleibauer CDU)

Punkt 2: Sehr beliebt aufseiten der Rechtspopulisten ist auch die vermeintliche Verunglimpfung politisch Andersdenkender als Linksextremisten – das haben wir auch gerade gehört. Diese doch recht schlichte Argumentationsfigur zieht sich wie ein roter Faden durch diese Große Anfrage der AfD. Ob Kampnagel, ob Thalia Theater oder Stadtteilkulturzentren, bei der AfD sind das alles irgendwie Linke, wenn nicht gar Linksextreme. Klar, wer so weit rechts steht wie die AfD, kann in anderen politischen Positionen nur linkes Teufelswerk erkennen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Bei aller Plumpheit ist dies ein Versuch, eine Debatte über gesellschaftskritische Positionen zum Tabu zu erklären.

(Dr. Alexander Wolf)

Nun folgt schließlich Punkt 3: In einem weiteren argumentativen Dreh versucht die AfD, den kritischen Kultureinrichtungen die finanzielle Grundlage zu entziehen. Dazu deutet sie das Schaffen der Unterzeichner der Erklärung als linksextremistisch, leitet daraus eine Verfassungsfeindlichkeit der Kulturinstitutionen ab und konstruiert aufgrund dieser falschen Prämisse die implizite – ich betone hier: implizite – Aufforderung an die Kulturbehörde, diesen Einrichtungen die öffentliche Förderung zu entziehen. Dabei argumentiert die AfD oft langatmig und vordergründig, extrem formalistisch, möchte etwa Ausgaben und Verwendungsnachweise von Kulturstätten zum Teil über mehrere Jahre belegt haben.

(Dirk Nockemann AfD: Das ist doch nur legi- tim, gnädige Frau!)

Natürlich, das ist legitim. Das Recht haben Sie; Sie haben es doch genutzt.

(Dirk Nockemann AfD: Danke, dass Sie mir das zugestehen!)

Der Senat hat dieses durchsichtige und zugleich perfide Spiel nicht mitgemacht, trocken auf die entsprechenden Informationsquellen hingewiesen und am Ende seiner Antwort auf die Anfrage noch einmal auf den Wesenskern der Hamburger Kulturpolitik verwiesen:

"Der Senat begrüßt das besondere Engagement von Kampnagel als eine von vielen Kultureinrichtungen, die die Freiheit der Kunst und die Meinungsfreiheit im Rahmen der geltenden Rechtsordnung verteidigen."

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Da kann ich nur sagen: Gut gemacht, Senat. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Wersich für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle beobachten, dass die AfD sich in der letzten Zeit in ihren Anträgen, in ihren Anfragen, in den Debatten immer weniger mit den Menschen in Hamburg und deren Problemen befasst, sondern immer mehr mit sich selbst. Diese ständige Selbstreflektion hier im Parlament bringt Hamburg nicht voran.