Protocol of the Session on December 12, 2018

Nein, ich möchte jetzt zum Ende kommen.

Unser Konzept einer gelingenden Integration steht diametral Ihrem Konzept einer Förderung von möglichst vielen nebeneinander existierenden Kulturen entgegen. Das wird bei näherem Blick in Ihre geförderten interkulturellen Projekte sehr deutlich, zum Beispiel das Projekt "Ich bin Ausländer, und das ist auch gut so", gefördert mit 2 300 Euro, oder 2018 das Transcorner-Festival.

Für die bunte Interkulturalität ist kein Preis zu hoch, was ein Blick auf die Kostenentwicklung zeigt. Von 2016 auf 2017 haben sich die Kosten für sogenannte interkulturelle Projekte fast verdoppelt, nämlich von 657 000 Euro auf 1,318 Millionen Euro. Gewinne wurden natürlich nicht erwirtschaftet, sondern allein 2017 ein Minus von knapp 1,3 Millionen Euro eingefahren.

Mit der Finanzierung dieser sogenannten interkulturellen Projekte erweist man einer gelingenden Integration einen Bärendienst. Wir fordern die komplette Streichung aller Mittel für derartige – ich betone, derartige – interkulturelle Projekte im Sinne einer gelingenden Integration und im Interesse der steuerzahlenden Bürger dieser Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Wolf. – Herr Senator Brosda, Sie haben nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hätte es noch eines Belegs bedurft, warum Kulturpolitik zentraler und wichtiger als Debattenfeld in unserer Gesellschaft wird, gerade eben haben wir einen Beleg dafür bekommen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)

Ein derartig fundamentales Missverständnis dessen, was Kultur in einer Gesellschaft ausmacht, habe ich selten in Worte gefasst gehört.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)

Kultur wird definiert als die Gesamtheit aller Lebensformen einer zusammenlebenden Gruppe,

und das umfasst alle, die in einer Gesellschaft zusammenleben.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das, was alle zusammen leben, ist das, was unsere Kultur ausmacht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)

Ich will den Gedanken nicht zu Ende führen, aber vor dem Hintergrund frage ich mich schon, ob ich den Begriff Interkultur und interkulturelle Arbeit auch anders framen müsste in diesem Haus und noch andere Angebote entwickeln müsste. Aber das lassen wir einmal beiseite.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Noch eine zweite Vorbemerkung will ich machen, weil ich dieses Kulturstädteranking der Berenberg Bank wirklich liebe, denn es zeigt wunderbar, was passiert, wenn Ökonomen sich mit Kultur auseinandersetzen. Meine Lieblingsdimension darin ist die Statistik zu den erfolgreichsten und deswegen für die Standorte bedeutsamsten Musikfestivals. Ich weiß nicht, wer hier im Saal weiß, wo in Deutschland das bedeutendste Festival der populären Musik gemessen an diesem Ranking stattfindet? Es ist in der Stadt Bochum, das Festival "Bochum total", das ich sehr gut kenne, weil ich nebenan in Gelsenkirchen aufgewachsen bin, wo ein paar Bühnen in der Innenstadt aufgestellt werden, Bierbuden daneben und 1 Million Menschen über ein Wochenende dort im Ruhrgebiet zusammenkommen. Das ist ein tolles Fest, aber es zum stilprägenden Maßstab zu machen für die Bedeutung der Förderung für Musik in einer Stadt, ist wahnsinniger Irrsinn und zeigt vor allen Dingen eins: Nicht alles, was zählt, kann man auch tatsächlich zählen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN und der FDP)

Und in diesem Sinne dann tatsächlich nur die zwei Hinweise auf die Zahlen, dass der Kulturhaushalt im nächsten Jahr, darüber ist vielfältig gesprochen worden, auf 326 Millionen Euro und im Jahr 2020 sogar auf 333 Millionen Euro steigen wird. Die Tatsache, dass wir diese Summen bewegen und dass das ein so deutlicher und auch deutlich überproportionaler Anstieg auch im Vergleich zu der Entwicklung der letzten Jahre ist, zeigt vor allen Dingen eins, nämlich dass diese Stadt aus ihrer politischen, aus ihrer gesellschaftlichen, aus ihrer bürgerschaftlichen Mitte heraus den Auftrag angenommen hat, Kunst und Kultur in unserem Land zu fördern, weil wir sie gerade jetzt in diesen Zeiten und angesichts dieser Debatten, die uns aufgedrängt werden, so dringend brauchen als einen Raum der Sinnstiftung.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

(Dr. Alexander Wolf)

Denn wir reden, wenn wir über Kultur reden, und zwar von der Stadtteilkultur, von dem freien Szeneprojekt bis hin zu den Staatstheatern und zur Elbphilharmonie, über Räume, in denen wir als Gesellschaft zusammenkommen, um gemeinsam miteinander das verhandeln zu können, was uns ausmacht, um unsere Werte zu klären und um Sinn zu stiften, um Zusammenhang zu stiften in unserer Gesellschaft. Und es ist großartig, dass wir gerade in diesen Tagen, in denen unser Land und ganz Europa diese Debatten so verstärkt in den politischen und gesellschaftlichen Raum bekommt, die Wiederentdeckung Hamburgs als Kulturstadt erleben und diese Stadt sich dazu bekennt, dass sie eine kulturelle Tradition hat, die sie durchaus an der einen oder anderen Stelle in ihrer Vergangenheit einmal nicht so sehr weit nach vorn in ihr Schaufenster gestellt hat. Gut, dass sich das ändert, gut, dass wir dabei die Unterstützung von großen Teilen der Bürgerschaft in diesem Prozess haben.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Verantwortlich dafür ist natürlich die Elbphilharmonie. Aber sie ist der Beginn eines Prozesses. Es geht darum, dass die Aufmerksamkeit, die wir durch die Elbphilharmonie als Kulturstadt bekommen, sich jetzt bricht auf die verschiedenen anderen kulturellen Angebote der Stadt. Und insofern stimmt es einfach nicht, wenn hier behauptet wird, dass die Museen so knapp dastünden und deswegen die Museumsdirektorinnen alle weggehen würden. Da dürfen Sie nicht jeden Satz glauben, der in der "Welt" steht, das tun Sie doch sonst auch nicht, Herr Hackbusch.

Es ist ein ganz anderer Umstand, den wir da in der Rolle haben. Wir gleichen erstens strukturelle Schwierigkeiten aus, wir stellen zweitens Geld für Innovationen zur Verfügung. Damit steigen die zur Verfügung stehenden Etatmittel der Museen um über 14 Prozent im kommenden Jahr. Und wir haben drittens die Kofinanzierung der zahlreichen Bundesmaßnahmen und die Möglichkeiten, über die Mittel des Mieter-Vermieter-Modells die Gebäude instand zu setzen, in allen Kultureinrichtungen übrigens. Das ist ein Riesenprogramm zur Attraktivitätssteigerung gerade dieser Häuser, die gerade in diesen Zeiten, in denen wir über Fake News und Falschinformationen reden, umso wichtiger sind als Orte, an denen wir uns darüber verständigen können, was wahr und was richtig ist in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und um diese Rahmenbedingungen geht es. Um diese Rahmenbedingungen geht es auch, wenn wir sagen, wir fördern die Produktion von Kunst und Kultur und wir helfen denen, die Kunst und Kultur machen, und stärken nicht nur die Institutionen. Die Beispiele der Freien-Szene-Förderung

sind genannt worden, und entscheidend dafür ist am Ende zwar auch das Geld, das spielt eine Rolle, viel entscheidender ist aber, und das gilt für die Bereiche Kultur wie für Medien gleichermaßen, dass wir als Gesellschaft in der Lage sind, die Freiheitsräume zu öffnen, in denen die Menschen wirken können, die in Kultur und Medien unterwegs sind. Und ich glaube, da sind wir alle miteinander gefordert.

Und deswegen ist es für mich ein sehr bedenkliches Zeichen, wenn Kultureinrichtungen, und zwar 100 allein in unserer Stadt, sich veranlasst sehen, sich wechselseitig der Solidarität zu versichern, weil sie sich so unter Druck gesetzt fühlen von außen. Ich glaube, dass das ein Punkt ist, der uns zu denken geben sollte und an dem wir alle miteinander gefordert sind als Gesellschaft, diesen Raum, den die Kultureinrichtungen brauchen, um in Freiheit Kunst und Kultur zu produzieren, zu verteidigen. Denn das ist es, was im Kern unsere freie und unsere offene und unsere demokratische Gesellschaft ausmacht, dass es diese Räume gibt. Und es ist unsere verdammte Pflicht in der kommenden Zeit, diese Räume zu sichern.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Carl-Edgar Jarchow FDP)

Dafür bietet dieser Etat eine gute Grundlage. Mehr ginge immer, gar keine Frage, selbst wenn wir verdoppeln würden, würden wir immer noch sagen, mehr ginge immer, aber das ist schon ganz schön viel, und Sie können sich sicher sein, es wird mehr werden. Und vor allen Dingen wird es nicht bilanzielle Ergebnisse bringen, aber es wird Sinn stiften. Und Sinnstiftung ist das Wichtigste, was wir in unserer Gesellschaft in diesen Tagen brauchen. – Schönen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Carl-Edgar Jarchow und Jens Meyer, beide FDP)

Bevor ich das Wort an Herrn Ovens gebe: Herr Schwieger, ich wurde darauf hingewiesen, dass Sie in einem Zwischenruf den parlamentarischen Sprachgebrauch nicht beachtet haben und möchte Sie bitten, das zu tun.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Wenn das der Wahrheitsfindung dient!)

Herr Ovens, Sie haben jetzt für die CDU-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass unser Senator, der doch nun auch für das Thema Games-Förderung zuständig ist, dazu noch ein bisschen mehr sagt, wenn schon seine beiden regierungstragenden Fraktionen SPD und GRÜNE dem Thema sogar einen eigenen An

(Senator Dr. Carsten Brosda)

trag widmen. Ich höre hier schon sehr viel Unruhe. Aber reden wir doch einmal ein bisschen Tacheles.

Es ist schön, dass sich jetzt SPD und GRÜNE zu diesem Thema endlich ein bisschen bekennen, endlich ein bisschen bewegen. Seit dem Regierungswechsel 2011 fragen wir, wo ist die Hamburger Games-Förderung hin, wo ist die Prototypenförderung hin? Während andere Bundesländer wie zum Beispiel Bayern bis zu 1,9 Millionen Euro in den Haushalt einstellen, Baden-Württemberg 600 000 Euro, Berlin-Brandenburg 1,2 Millionen Euro, macht der Hamburger Senat seit Regierungswechsel 2011 wie viel? Genau nichts. Und nun haben wir heute einen Antrag vorliegen, der ein bisschen viel Prosa wie immer verspricht und ankündigt, man wolle jetzt sehr viel tun. Nur, schaut man dann ins Petitum, wie viel findet sich dann da an konkreter Zusage, an konkreten Summen zur Förderung der ehemals großen starken Games-Metropole Hamburg? Richtig, wieder genau nichts. Das ist viel zu wenig, da hätte man deutlicher werden können, da hätte man sich zur Prototypenförderung bekennen können, da hätte man etwas über dezidierte Räume sprechen können, ein Cologne Games House beispielsweise nur für Hamburg. Das wäre etwas Innovatives gewesen, vernünftiges Standortmarketing. Ich würde mir wünschen, und Herr Schmidt und Herr Müller werden dazu bestimmt gleich noch etwas sagen, Sie hätten sich einmal vorher mit den Experten beispielsweise vom Bundesverband Game unterhalten, die haben eine ganze Reihe von klugen Ideen, was man für den Standort Hamburg tun könnte.

Dieser Antrag ist wie immer sehr viel Prosa, sehr viel PR, wenig Substanz. Wir werden uns dabei enthalten und im nächsten Jahr Eigeninitiativen einbringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Ovens. – Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Herr Schmidt.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schade, dass von der Opposition gar keine Initiativen zum Thema Medien kommen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Daniel Oetzel FDP: Überall lehnen Sie alles ab, was wir machen, und jetzt sagen Sie, hier hätten Sie gern welche!)

Ich finde, gerade in Zeiten von Fake News und permanenten Angriffen durch Rechtsradikale und deren Freunde von der AfD auf die freie Berichterstattung der Medien ist es wichtig, dass wir als einer der führenden Medienstandorte Europas ein klares, medienpolitisches Profil haben und Position für ein zukunftsfähiges Mediensystem beziehen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und der Senat tut genau dieses, Hamburg konnte in den letzten Jahren wichtige Impulse hierfür liefern, nämlich die Debatte um ein medienpolitisches Ordnungssystem im Internetzeitalter, eine zukunftsfähige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und gute Rahmenbedingungen für die deutsche Internetwirtschaft. Genau diese Debatten sind bundesweit verknüpft mit einem Namen, nämlich dem unseres Senators für Kultur und Medien, Carsten Brosda, und wir können stolz sein, ihn in unseren Reihen zu haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Durch Carsten Brosda hat die Medien- und Digitalwirtschaft in Hamburg einen Ansprechpartner, der sich um unseren Standort verdient gemacht hat wie kein anderer. Und wir werden auch in Zukunft vieles anpacken. Konkret werden wir die Musikwirtschaft in Hamburg durch die Stärkung nationaler und internationaler Kooperationen sichtbarer machen. Damit stärken wir einen Wirtschaftszweig, der auf viele andere Bereiche ausstrahlt und für die Innovationsfähigkeit unserer Stadt eine enorme Bedeutung hat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)