Es geht hier um den Unterschied in den Szenarien von mehreren Milliarden Euro. Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, die sofortige Abwicklung sei besser – darauf läuft nämlich Ihr Abstimmungsverhalten hinaus –, dann müssen Sie plausibilisieren – und das ist der entscheidende Punkt: mit Argumenten unterlegen –, warum Sie glauben, dass das für die Vermögensposition und die Arbeitsplätze das bessere Szenario ist. Das haben Sie mit keinem Wort getan und das ist einfach ein bisschen zu wenig, wenn es um die Frage 10,8 und 13,5 Milliarden Euro geht. Das ist wirklich zu wenig an dieser Stelle.
Der entscheidende Punkt ist doch, Frau Boeddinghaus: Die Sunrise-Garantie wird in beiden Szenarien fällig. Aber im Szenario der sofortigen Abwicklung gehen Sie mit der Gewährträgerhaftung, die immerhin noch 3,1 bis 3,4 Milliarden Euro beträgt, da streiten sich die Auguren ein bisschen, auch in die sofortige Abwicklung, und die werden mit ziemlicher Sicherheit sofort und in vollem Umfang schlagend. Wenn Sie dieses Argument ignorieren, dann brauchen Sie ein besseres an einer anderen Stelle oder Sie müssen es widerlegen. Das haben Sie aber mit Ihrem Redebeitrag hier nicht gemacht und deswegen kann man die Entscheidung an der Stelle so nicht akzeptieren.
Und das andere Thema sind doch noch einmal die Arbeitsplätze. Ich will jetzt hier über Beiersdorf gar nicht reden,
im Gegensatz zu einer Bank, die sofort abgewickelt wird, die Chance und die Plausibilität, dass erheblich mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben, deutlich größer ist als in dem anderen Szenario. Und auch mit diesem Argument müssen Sie sich auseinandersetzen. Beide Argumente …
Das ist kein Argument, dass da mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit?
Das ist nicht unglaublich, sondern da müssen Sie einmal über die Zukunft reden. Sie werden sich dafür halt nie rechtfertigen müssen, weil diese andere Zukunft nicht eintritt, weil der Rest des Hauses ein bisschen verantwortungsvoller ist als Sie.
Dann noch einmal zu dem Thema: Was wäre eigentlich mit einer Abwicklung gewesen? Wir hatten die Debatte hier schon ein paarmal. Also in "Sozialismus aktuell" haben Sie geschrieben, die richtige Abwicklung wäre 2008 gewesen.
Jetzt kommen Sie mit 2015, ein WestLB-Szenario, das regulatorisch gar nicht ginge. Und selbst wenn es gegangen wäre regulatorisch, ignorieren Sie dabei, dass Sie Liquiditätshilfen in einem zweistelligen Milliardenbetrag zur Verfügung stellen müssen und 12,3 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung dahinter haben, um das zu machen. Sie haben niemanden, der diese Liquiditätshilfen bereitstellt, außer die Länder würden es tun, und da würden Sie sich dann auch wieder in die Büsche schlagen bei der Verantwortung. Also das ist weder ein regulatorisch noch ein praktisch gangbares noch ein verantwortungsvolles Szenario gewesen. Auch das passt nicht. Und jetzt schlussendlich die heutige Entscheidung so zu fällen, wie Sie sie gefällt haben, aufgrund einer angeblich nicht vorhandenen Information über eine Sachlage aus dem Jahr 2015, da weiß ich nicht, ob das einer verantwortungsvollen Entscheidung im Juni 2018 gerecht wird. Und wenn Sie sich dann hinstellen und sagen, der Finanzsenator, der von der FDP, die ja durchaus kritisch in diesen Fragen ist, hier explizit für seine Informationspolitik gelobt wird, würde hier Dinge verschleiern, weil er in einer zehnminütigen Rede über ein zehnjähriges brisantes, großes Thema eine Information nicht erwähnt, dann ist das doch wirklich dumm Tüch. Deswegen kann man Sie mit dem, was Sie hier gesagt haben, einfach nicht durchkommen lassen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf die Glaubwürdigkeit der LINKEN, was den Erhalt von Arbeitsplätzen betrifft,
will ich nicht noch weiter eingehen; es ist, glaube ich, deutlich geworden. Ich will auch nicht noch einmal darauf eingehen, dass Sie Ihre Entscheidung offenbar davon abhängig machen, dass Sie ein Gutachten nur in Teilen gesehen haben, das einen Sachverhalt aus dem Jahr 2015 betrifft. Das alles ist hier deutlich genug geworden und Sie müssen sich, glaube ich, in Ihrer Fraktion schon fragen, ob Sie nicht auf dem Holzweg sind nach all dem, was Ihnen Herr Tjarks und andere Vorredner hier auseinandergesetzt haben.
Was ich aber als Ungeheuerlichkeit empfinde, Herr Hackbusch, ist, dass Sie uns erst vortragen, dass ein Staatsanwalt ausgeführt hätte, der Senat wäre hier nicht in der Verantwortung, sondern jeder einzelne Abgeordnete, der abstimmt – ja –, aber dann im nächsten Atemzug die namentliche Abstimmung beantragen. Das empfinde ich als ungeheuerlich. Das kann man als Drohung verstehen und das ist nicht parlamentarisch, was Sie hier machen, Herr Hackbusch.
Politisch haben Sie sich in dieser Frage längst disqualifiziert, aber Sie haben es jetzt auch parlamentarisch gemacht.
Deswegen möchte ich eigentlich sehr deutlich machen, dass jeder Abgeordnete hier im Haus, vor allen Dingen aber die Abgeordneten, die über Wochen in den Ausschüssen Öffentliche Unternehmen und Haushalt beraten haben, über Jahre, aber in den letzten Wochen insbesondere, sich informiert haben, auseinandergesetzt haben und in der SPD-Fraktion, für die ich hier nur sprechen kann, jederzeit bemüht waren, den Schaden, von dem Hamburg bedroht war, abzuwenden und zu reduzieren. Ich glaube, es ist heute in den Debattenbeiträgen deutlich geworden, von wo wir gekommen sind, von 65 Milliarden Euro Belastung bis heute zu einem Rest von 3,3 Milliarden Euro in der Gewährträgerhaftung. Das war ein Weg, den wir gegangen sind, der nicht einfach war, der nicht schön war, der uns aber zumindest vor Schaden bewahrt hat, der den Haushalt von Hamburg und Schleswig-Holstein zerstört hätte und damit viele politische Bemühungen kaputt gemacht hätte.
Herr Hackbusch, Sie erhalten das Wort, obwohl mir zugetragen wurde, dass Sie einen Kraftausdruck benutzt haben, der hier nicht hergehört.
Dann ist mir zugetragen worden, dass Herr Yildiz einen Ausdruck benutzt hat, der nicht dem parlamentarischen Sprachgebrauch entspricht.
Im Übrigen möchte ich den Hinweis geben, dass für den Kampf um das letzte Wort den Fraktionen noch rund 200 Minuten in dieser Debatte zur Verfügung stehen. – Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Hackbusch für die Links-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich merke schon: Viel Feind, viel Ehr. Es ist natürlich die Situation … Wollen mal sagen: Alle hier regieren mit, CDU, FDP, SPD, die GRÜNEN. Dementsprechend ist es natürlich klar, dass man in einer bestimmten Art und Weise argumentiert. Ich möchte Ihnen aber noch einmal mit ein bisschen Ruhe und ein bisschen mehr Überlegung aufzeigen, um was es hier eigentlich geht. Es geht mir nämlich nicht nur um eine Kleinigkeit, die ich jetzt gerade einmal finde, sondern es geht um ein politisch großes Problem, und dieses große Problem ist die Frage: Sind wir in der Lage, Finanzmärkte politisch zu regulieren, oder nicht? Das wird eine Lebensfrage sein im Zusammenhang mit diesem Land und es wird eine Lebensfrage für diese Gesellschaft sein.
Und ich sage Ihnen jetzt: Wenn wir diese große Frage an dieser Stelle so beantworten, dass wir sagen, wir können gegen diese Großen sowieso nichts machen, die führen uns sowieso vor,