Sie nehmen damit billigend in Kauf, dass Hetzkampagnen losgetreten werden. Sie wissen doch ganz genau, wie die sozialen Medien funktionieren. Sie nehmen das in Kauf.
Und ich will Ihnen noch eines sagen: Sie nehmen es nicht nur billigend in Kauf, Sie haben in mindestens einem Fall eine Hetzkampagne hier in der Bürgerschaft ins Leben gerufen. Sie haben sie initiiert, Sie haben Öl ins Feuer gegossen, und ich sage Ihnen eines: Das geht seit fast drei Jahren so. Sie sind nicht Opfer, Sie sind Täter. Nehmen Sie das zur Kenntnis.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf, Ihr Versuch, das sogenannte Neutralitätsgebot für
Ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren, ist so durchsichtig wie perfide, und ich glaube, Sie müssten sich einmal ein bisschen mehr Gedanken machen, als immer zu meinen, Sie könnten jetzt hier im Grunde das kleine Opfer spielen. Sie verantworten hier eine ganz, ganz schlechte Stimmung an den Schulen, und ich hoffe nur, dass wir uns alle zusammen hier solidarisieren, dass das auch wirklich zutage tritt.
Sie haben übrigens das Neutralitätsgebot überhaupt nicht verstanden. Sie setzen es gleich mit Meinungs- und mit Haltungslosigkeit. Da sind Sie aber total auf dem Holzweg, denn zum Bildungsauftrag der Schulen gehört im Gegenteil ein Mehr an politischer Bildung, ein Mehr an Aufklärung, an Information, an Entwickeln klarer Haltung und ganz sicher nicht an Zukleistern und Verniedlichen von menschenverachtender Politik, so wie Sie sie betreiben.
Wir sagen, die Lehrerinnen und Lehrer sind sogar aufgerufen, mit ihren Schülerinnen und Schülern Parteiprogramme und Verlautbarungen kritisch zu diskutieren. Und wenn die AfD da häufiger im Fokus steht – Frau Duden sagte es schon –, dann müssen Sie sich einmal endlich selbstkritisch Gedanken machen, woran das denn liegt. Und ich kann nur sagen: Wehret den Anfängen, und zwar überall, zu jeder Zeit, an jedem Ort.
Deswegen ist es mir auch ein Anliegen, hier an dieser Stelle noch einmal zu sagen: Wir erklären uns solidarisch mit den Lehrerinnen und Lehrern, denen Sie jetzt mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde kommen wollen. Wir müssen klar zusammenstehen und sagen: Die AfD darf keinen Spaltpilz in die Schulen bringen. Das wäre verheerend.
Und auch von mir noch ein Wort zu dieser sogenannten Onlineplattform. Sie bedienen sich einer Methode, die wir aus einem ganz dunklen Kapitel deutscher Geschichte kennen. Und ich finde es wirklich ohne Worte, dass Sie jetzt Eltern und Schüler und Schülerinnen auffordern, ihre Lehrerinnen anzuzeigen und angebliches Fehlverhalten anzuzeigen. Sie zerstören damit das Vertrauensverhältnis in den Klassen, das bitter nötig ist, damit überhaupt Lernen stattfinden kann, damit überhaupt der Bildungsauftrag in einem guten Verhältnis zwischen Lehrkraft und Schülerin und Schüler vonstattengehen kann. Und Sie entlarven sich an dieser Stelle, dass es Ihnen nämlich total egal ist, wie Lernen funktioniert und wie Bildung funktioniert; Sie wollen die Schulen kapern für Ihre Interessen und das ist unterirdisch.
Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal sagen: Wir müssen auch in diesem Haus einen Konsens finden darüber, dass wir hier immer eine klare Haltung zeigen. Ich bin froh über die Debattenbeiträge. Ich fand es nicht glücklich, dass die BSB bei der einen Schule eine Dienstanweisung ausgegeben hat, weil ich finde, es liegt in der Autonomie der Schule, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Diskussionsveranstaltungen organisiert. Ich finde, darüber müssen wir auch noch einmal diskutieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind uns, glaube ich, alle einig – und das müssen wir wahrscheinlich auch nicht noch einmal diskutieren –, dass wir das Neutralitätsgebot an Schulen einhalten wollen. Aber wir sind uns genauso einig, dass das nicht immer eingehalten wird, und das war auch schon immer so.
Jetzt lesen wir die Große Anfrage der AfD und lenken unseren Blick natürlich immer wieder in eine Richtung und sagen: Warum machen Sie das? Warum schreiben Sie das, was wollen Sie eigentlich? Was wollen Sie da eigentlich wirklich erreichen? Ich möchte erst einmal gar nicht unbedingt den Blick auf diese Opferrolle lenken – das wissen Sie und das wissen wir alle, dass Sie die gern stricken –, sondern ich möchte meinen Blick in erster Linie darauf lenken, dass Sie so tun, als ob Sie Opfer politischer Indoktrination sind, als ob Sie eigentlich fast in einem autokratischen Staat leben, der Sie in eine Minderheitenrolle drängt. Ja, genau, Sie nicken schon, ich liege da leider gerade ganz richtig. Aus Ihrer Anfrage entnehme ich – ich möchte da etwas zitieren –, wie Sie das beweisen wollen. Hier steht:
"Entsprechende Gespräche zwischen verschiedenen Lehrern seien von Schülern, die in der Pause neben den Lehrern standen, beobachtet/mitgehört worden."
Sorry, ganz ehrlich: In welche Richtung soll das gehen? Was für ein Klima möchten Sie denn bitte an Schulen erzeugen, wenn in den Pausen Schüler zusammenstehen, vielleicht einmal mit Lehrern oder auch untereinander reden und ein anderer schon einmal mithört, was da vielleicht auf das Portal kommen könnte? Das ist doch hier schon ganz richtig gesagt worden: Das sind genau die Fehler in den autokratischen Systemen, dass sich untereinander bespitzelt wird. Sie wollen uns doch hier nicht wirklich erzählen – oder ich hoffe, dass
Sie uns das nicht erzählen wollen –, dass das Ihr Ziel ist? Das kann doch hier keiner wollen, dass das in Schulen passiert. Das lehnen wir wirklich ab.
Und ich sehe, ehrlich gesagt, das auch in den Schulen so: Mir hat der Politikunterricht immer am meisten Spaß gemacht, wenn da auch einmal Sachen zur Sprache kamen und das Neutralitätsgebot nicht anfing, einfach nur noch langweilig zu werden, weil alle Lehrer sich drum herumgedrückt haben, auch einmal ihre Meinung zu sagen. Man konnte ja schon ab der achten Klasse aufwärts ganz genau unterscheiden. Unsere Lehrer, möchte ich jetzt einmal sagen, waren meistens Sozialdemokraten und haben auch keinen großen Hehl daraus gemacht. Na und? Aus uns ist auch etwas geworden. Ist doch nicht so schlimm.
(Dirk Kienscherf SPD: Da hätte man noch ein bisschen nachsteuern können! Ganz so erfolgreich war es nicht!)
Keiner von uns hat doch deswegen einen demokratischen Mangel oder so etwas erlitten. Also allen Ernstes, das kann jetzt nicht wirklich Ihr Ernst sein. Und wenn die Schulbehörde dann eingreift, wenn es also wirklich an manchen Stellen vielleicht zu doll gewesen ist, dann reicht das doch schon. Dann kann das doch jetzt nicht wirklich Ihr Ernst sein, dass Sie hier von uns verlangen, dass wir uns hinstellen und sagen: Ja, die Opferrolle der AfD, die stricken wir gern weiter mit und haben Teil an einem Portal, wo Sie dann am besten auch noch beurteilen, wer da irgendwie schlecht über Sie gesprochen hat. Ganz ehrlich, sorry, das entbehrt jeder Grundlage. Das tragen wir natürlich nicht mit.
Wir finden, Demokratie an Schulen, Demokratiebildung und besonders auch politische Bildung, das möchte ich hier allerdings auch noch einmal dazu sagen, müssten deutlich zunehmen. Und zwar nicht Einflussnahme, sondern einfach die Diskussion an Schulen. Dann hätten wir auch mehr Interesse an der Politik, weniger Politikverdrossenheit. Das wäre einmal ein Appell an uns alle. – Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Warum gelingt es nicht, den Beutelsbacher Konsens einzuhalten? Wegen der AfD? Nein, jedenfalls nicht nur. Das Problem liegt tiefer. Es liegt daran, dass in jedem staatlichen Schulzwangsystem der Beutelsbacher Konsens einen Fremdkörper darstellt.
Der Beutelsbacher Konsens wie auch unser Grundgesetz steht für die Freiheit des Schülers von Indoktrination – ein hehres Ziel. Der Drang zur Indoktrination ist aber in jedem staatlichen Schulzwangsystem fest verwurzelt. Das galt am Anfang der Idee bei Luther, und das muss ich jetzt erläutern, weil mir immer wieder gesagt wird, das könne man nicht verstehen: Also, Frau Güçlü, Luther, das war ein einflussreicher Pastor vor ungefähr 500 Jahren in Deutschland,
und damals ging es gegen die Katholiken. Ich zitiere jetzt einmal für alle, die es noch nicht gehört haben, eine Schrift aus dem Jahr 1524 mit dem Titel "An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen". Das war der Titel der Schrift. Und sechs Jahre später schreibt er:
"Ich halt aber, daß auch die Obrigkeit hie schuldig sei, die Untertanen zu zwingen, ihre Kinder zur Schule zu halten […]."
Der nächste Meilenstein des Schulzwangs in Deutschland war das Jahr 1717. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. erließ die Principia regulativa. Das will ich jetzt nicht im Einzelnen zitieren, aber Sie glauben mir vielleicht: Es ging darum, dass er mit seinem Anspruch als absoluter Herrscher den Kindern die Königstreue einbläuen wollte. Und das galt auch …
Ja. Also für jeden, der es nicht gemerkt hat: Es geht im Augenblick darum, Ihnen zu erklären, dass Schulzwang und Indoktrination tiefer zusammenhängen und dass man das nicht hier auf irgendwelche bösen Achtundsechziger schieben kann.
zum ersten Mal in Deutschland per Gesetz festgelegt. Darauf brauche ich, glaube ich, jetzt nicht eingehen.
Bildung, wissenschaftlich-aufklärerisch zumal, war Vorwand für den Schulzwang, deshalb meist nur schlecht realisiert. Indoktrination war und ist das Wesen des Schulzwangs, mal besser, mal schlechter vertuscht, mal mehr religiotisch, mal mehr politisch, meist beides.
Und so sieht es natürlich manch linientreuer Absolvent einer politisch korrekten Kaderschmiede: Was soll ich als Lehrer anderes machen, als meinem Trieb zur Indoktrination nachgehen?