Protocol of the Session on June 13, 2018

dort die bösen rechtspopulistischen Parteien – wie holzschnittartig. Schüler und Eltern leiden darunter.

Wie schon gesagt, aufgrund einer Vielzahl derartiger Vorfälle, bei denen sich Lehrer, Eltern und Schüler hilfesuchend an uns wandten, haben wir den Ansatz entwickelt, ihnen mit einer Onlineplatt

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe)

form Hilfe zu bieten. Das ist nichts anderes als ein Kummerkasten, mit dem wir erstens über rechtliche Vorgaben informieren, zweitens dazu anregen, Probleme schulintern zu lösen, und drittens, wenn alle anderen Wege nicht weiterführen, ihnen auch unsere Hilfe auf parlamentarischem Wege anbieten. Darüber werden wir noch in der zweiten Runde gern diskutieren und dort auf Ihre Fragen und vermutlich Angriffe eingehen. – Vielen Dank erst einmal.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat die Abgeordnete Duden für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Wolf, ich möchte Sie eindringlich bitten, verschonen Sie uns in Zukunft mit solchen Anfragen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Bislang war Ihre Vorliebe für Schulpolitik nicht erkennbar und bei Veranstaltungen hieß es meistens: zugesagt, aber nicht erschienen. Erkennbar ist nach der Lektüre der Anfrage, dass Sie ein völlig falsches Bild von politischer Neutralität vor sich hertragen. Neutral zu sein, heißt nicht, keine Meinung zu haben, sondern Neutralität fördert einen demokratischen und offenen Streit um Meinungen und damit auch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen. Politische Neutralität ist nicht der Verzicht auf Informationen. Lehrer, die diesen Politikunterricht in der Schule leisten, einen Unterricht, der umfassend informiert, brauchen unsere volle Unterstützung und keinen Generalverdacht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Die Antwort auf die Anfrage kann nicht heißen, dass man Schulen zu Orten des Misstrauens und der Denunziation macht und Kinder und Jugendliche anstiftet, Lehrer an den Internetpranger zu stellen, um sie dort mit ihrer vermeintlichen Gesinnung anzuschwärzen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Wenn die AfD im Politikunterricht kontrovers diskutiert wird, dann ist das ein Problem der Partei und nicht der Lehrer. Wenn Ihr Vorsitzender Gauland die NS-Zeit als Fliegenschiss der Geschichte bezeichnet,

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

müssen Sie sich doch nicht wundern, dass diese Art der Geschichtsbetrachtung Eingang in den Politikunterricht findet.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Sabine Boeddinghaus DIE LINKE und Wolf- hard Ploog CDU)

Die GEW hat in ihrer Presseäußerung in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass die AfD mit ihrem Ansinnen, das wir hier heute diskutieren, eigentlich in der Tradition der Nazis steht.

Und, die Frage muss doch auch erlaubt sein, wer soll denn die Vorwürfe, die erhoben werden, überprüfen? Machen das Ihre Mitarbeiter oder machen das die Abgeordneten selbst? Festzustellen bleibt: Die AfD hat die Schulen entdeckt. Das ist insgesamt eine schlechte Nachricht für Lehrer, Eltern und Schüler.

(Beifall bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Es hat in den vergangenen Tagen einige sehr eindeutige Presseberichte zu diesem Thema gegeben und besonders zutreffend ist ein Zitat der "Süddeutschen Zeitung", das ich hier auch noch einmal zitieren werde:

"Lehrer sind keine Missionare, aber sie haben eine Mission: die Schüler zu mündigen Bürgern zu erziehen."

Unser Fazit: Keine Einschüchterung durch die AfD in Hamburger Schulen. Unsere Antwort: Die Bemühung um die politische Bildung muss weiter verstärkt werden. Ich glaube, die Diskussion und der Wortbeitrag eben haben es deutlich gemacht, einer unserer Schwerpunkte ist, politische Bildung zu verstärken.

Und mein letzter Satz ist auch mein erster: Ich möchte Sie eindringlich bitten, verschonen Sie uns in Zukunft mit solchen Anfragen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und bei Wolfhard Ploog CDU)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Frau Stöver das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die AfD meldet die Debatte "Politische Neutralität an Hamburger Schulen – Rechtsgrundlagen und Erfassung von Verstößen" zur Debatte an und damit mahnen Sie zum wiederholten Male politische Neutralität an. Herr Dr. Wolf, nur weiße Mäuse sollten Sie nicht sehen, Sie sollten es auch nicht überziehen. So ähnlich wie Frau Duden würde ich auch gern mit meinem Schlusssatz beginnen, dass ich davor warnen möge, die Beschwerden wegen mangelnder Neutralität, zum Beispiel Nichtwahl von AfD-Vorschlägen in der Bürgerschaft, aber auch jetzt als Beispiel den Kummerkasten als Internetplattform, bitte nicht in die Klassenzimmer und Schulen zu verlagern. Diese Diskussion gehört hierher, in dieses Haus, und sollte meines Erachtens im politischen Umfeld ausgetragen werden.

(Dr. Alexander Wolf)

Der Hinweis auf das Grundgesetz ist schon erfolgt, das brauche ich nicht weiter auszuführen. Lehrkräfte sind auch aus Grundgesetzgründen daher im Unterricht zur politischen Neutralität verpflichtet und zudem muss bei schulischen Veranstaltungen mit Repräsentanten politischer Parteien stets allen in der Bürgerschaft vertretenen Parteien Gelegenheit zur Teilnahme gegeben werden. Das ist auch nur richtig so.

Weiter ist hier im Kontext Schule auf den Beutelsbacher Konsens als professionell-pädagogischen Rahmen hingewiesen worden, der besagt, dass Schüler nicht einseitig beeinflusst werden dürfen. Weiter ausführen, Herr Dr. Wolf hat das getan, brauche ich auch dieses nicht. Hier stellt sich die Frage nach der Aktualität des Beutelsbacher Konsenses. Bei der Überprüfung der drei Grundsätze behalten alle drei Bedeutungen in der modernen Gesellschaft ihre Gültigkeit. Der Einzug von extremen Parteien im Parlament macht uns aber erneut auf die Brisanz des ersten Grundsatzes aufmerksam.

Demokratie bedarf einer Möglichkeit zur freien Urteilsbildung, die in Form der politischen Bildung im Unterricht frühzeitig geschult werden kann. Auf keinen Fall darf politische Instrumentalisierung an dieser Stelle zugelassen werden, um demokratische Werte nicht zu gefährden. Auch der zweite Grundsatz wirft vielleicht kritische Fragen zur Umsetzung auf, die allerdings zu einer genauen Überlegung und Planung des Unterrichts unter Berücksichtigung aktueller und komplexer Fragestellungen anregen sollten. Das Aufdecken von Kontroversen, und das hat Frau Duden ja auch schon ausgeführt, und der Bezug der Schüler trägt in der Form der eigenständigen Erarbeitung der Inhalte zum Begreifen von Zusammenhängen in der Politik und Gesellschaft bei. Auch der dritte Grundsatz kann aus der Debatte um die Individualisierung zwar kritisch betrachtet werden, allerdings enthält er den notwendigen emanzipatorischen Gedanken, der mündige Schüler müsse zunächst seine eigene Interessenslage erkennen, um auch zu Urteilskraft zu gelangen. Zugleich darf die Berücksichtigung der Mitverantwortung für das soziale Ganze bei der Erörterung politischer Problemlösungen nicht außer Acht gelassen werden.

Also die Aktualität des Konsenses ist sicherlich gegeben, doch ergibt sich die Frage, wie man dem Beutelsbacher Konsens auch gerecht werden kann, wenn man sich im Unterricht auch schwierigen Themen oder anderen Positionen widmet. Und da muss man definitiv einmal die Lehrer in Schutz nehmen. Die Aufgabe der Lehrer soll es sein, den Schülern die Grundsätze der Demokratie beizubringen und auch, den Blick des Schülers auf möglichst viele unterschiedliche Ansichten und Alternativen zu richten. Hierzu gehört der Diskurs mit politischen Themen und hierzu gehört auch in den höheren Klassenstufen, den politischen Populismus,

den wir in Europa zunehmend wahrnehmen, zu behandeln.

Wie äußert man sich als Lehrkraft also nun gegenüber populistischen Standpunkten? Ist der Beutelsbacher Konsens sogar eine Grundlage dafür, sich auch klar gegen populistische und extreme Parteien äußern zu können und den Schülern und Schülerinnen die eigene Meinung mitzuteilen? Ich sage ganz deutlich: Ja. Die persönliche Meinungsäußerung muss der Lehrer nur ganz deutlich auch als eine solche kennzeichnen.

Bei den in der Großen Anfrage genannten Sachverhalten handelt es sich unbestritten um Überschreitungen dieses Rahmens. Zudem ist offenbar nicht in allen Fällen verhindert worden, dass linksextreme Kräfte wie die Antifa an Schulen agitieren konnten. All dies kann auf eine gewisse Hilflosigkeit der Lehrerschaft hindeuten. Der Senat darf die Lehrer mit den neuen Formen des politischen Populismus, die in ganz Europa, wie gesagt, wahrnehmbar sind, nicht allein lassen. Stattdessen muss die Schulbehörde hier Hilfestellungen für die Lehrer entwickeln. Eine Information über allgemeine Rechte und Pflichten der Lehrkräfte oder eine Dienstanweisung vor der Bundestagswahl ist sicherlich nicht ausreichend.

Der Senat schreibt in seiner Antwort auf die Große Anfrage:

"Angesichts der thematischen Verankerung des Beutelsbacher Konsenses in der Ausund Fortbildung der Politik unterrichtenden Lehrkräfte war beziehungsweise ist eine Notwendigkeit solcher Maßnahmen nicht erkennbar."

Dieser Aussage kann offensichtlich nicht zugestimmt werden. Der Senat ist also gefordert, seine Lehrkräfte stärker zu unterstützen. Dabei aber darf er nicht vergessen, dass zur Neutralität auch gehört, dass keine Partei, auch keine sozialdemokratische, politisch die Lufthoheit über die Kinderbetten erlangen darf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Frau Dr. von Berg das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einmal mehr versucht die AfD-Fraktion, sich hier mit dieser Großen Anfrage als Opfer zu stilisieren, als arme kleine Partei, die überhaupt keine Möglichkeiten hat zur freien Meinungsäußerung, in Schulen nicht gesehen wird, nicht eingeladen wird, von allen Seiten behindert wird. Sie sind die Opfer. Das ist Ihre Erzählung.

(Birgit Stöver)

Ich will Ihnen nur eines sagen, meine Damen und Herren: An dieser Erzählung ist nichts dran.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ja, der Beutelsbacher Konsens ist ein absolut wichtiger Konsens in der Schule. Auch das Neutralitätsgebot ist richtig. Und wenn wir die Große Anfrage einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten, dann sehen wir sehr genau, dass die Schulbehörde darauf achtet, dass sowohl der Beutelsbacher Konsens als auch das Neutralitätsgebot entsprechend eingehalten werden.

Ja, auch ich bin der Meinung, dass bei einer politischen Veranstaltung tatsächlich alle in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen eingeladen werden sollten. Das trägt zur politischen Urteilsbildung bei. Das ist absolut richtig.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE)

Aber, meine Damen und Herren, in über drei Jahren zehn Vorfälle. Wir haben 14 000 Lehrkräfte. Das ist doch keine Opfererzählung. Das ist doch einfach an den Haaren herbeigezogen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich will Ihnen einmal sagen, was sie wirklich sind, die Kollegen und Kolleginnen von der AfD-Fraktion: Sie richten mit ihrer Meldeplattform eine Plattform ein, die zum Denunziantentum aufruft, ganz einfach.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN- KEN und bei Anna-Elisabeth von Treuen- fels-Frowein FDP)

Sie nehmen damit billigend in Kauf, dass Hetzkampagnen losgetreten werden. Sie wissen doch ganz genau, wie die sozialen Medien funktionieren. Sie nehmen das in Kauf.