Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Formulierung des Themas durch die FDP zur Aktuellen Stunde stellt schon fest: Es ist nicht das Auto, nicht das Fahrrad, auch nicht der Schutzstreifen, welche hier für die aktuell gereizte Stimmung in Sachen Verkehr, Straßenverkehr oder Verkehrspolitik sorgen – das sind alles nur Dinge, die bewusst und zweckentsprechend eingesetzt sehr nützlich sein können. Und schon gar nicht ist es der Fußgänger als schwächster und am meisten vernachlässigter Verkehrsteilnehmer, der für die momentane Gereiztheit die Verantwortung trägt. Verantwortlich ist die jetzige Verkehrspolitik von SPD und GRÜNEN, wobei Letztere hier wohl den Schwarzen Peter innehaben. Wie sie unter Schwarz-Grün die Bildungspolitik als Tobewiese bekommen hat, bekommt sie nun die Verkehrspolitik als Tobewiese und nutzt diese auch reichlich; es bleibt abzuwarten, ob mit dem gleichen Ergebnis, aber die Zeichen stehen gut.
Dabei ist das so schade. Wie schon oft gesagt: Das Fahrrad ist eine gute Sache, aber wird es als Waffe eingesetzt, kann es auch zum roten Tuch werden, und daran arbeiten die GRÜNEN mit Feuereifer. Statt sich zum Beispiel auf Velorouten zu konzentrieren und diese unter der Vorgabe fertigzustellen, ein sauber vom Verkehr getrenntes Verkehrssystem einzuführen, welches eine möglichst geringe Zahl an Kreuzungsverkehren aufweist, klauen Sie Hauptverkehrsstraßen lieber eine Fahrspur. Statt wunderbare Radwege zu ertüchtigen, die neben dem Bürgersteig in ausreichender Breite vorhanden sind, zwangsverlegen Sie diese ganz ohne Not – auch gern einmal brandneue – auf die Straße. Was treibt Sie dazu? Hier kann uns ein Freud'scher Versprecher, wir wollen ihn mal so nennen, vielleicht weiterhelfen. Da gab es einen Experten im Umweltausschuss, der äußerte, Tempo 30 oder 50 spiele für die Luftreinhaltung eine zu vernachlässigende Rolle. Dazu bemerkte der Umweltsenator Kerstan sinngemäß: Wir finden noch etwas, warum wir Tempo 30 einführen können. Noch Fragen?
Vielleicht ist es aber auch der Geist, den wir in dem Interview mit Frau Pfaue und Herrn Hieff vom ADAC vermittelt bekamen, und zwar hier von Herrn Lau, Vorsitzender vom ADFC. Herr Lau fragte, warum immer ein Mensch sterben müsse, be
vor etwas gemacht werde, und bezog sich damit auf den tragischen Verkehrsunfall mit einer Toten in der Osterstraße, einer Radfahrerin. Wenn ein Interessenvertreter auf diesem Niveau argumentiert – letztlich war es ja nur Polemik in einer besonders geschmacklosen Form und er kann damit im Übrigen auch nur Sie gemeint haben, weil Sie im Moment die Akteure des politischen Geschehens sind –, dann darf man sich nicht wundern, wenn Vernunftentscheidungen und Sachlichkeit bei diesem Sachthema auf der Strecke bleiben. Und dieser Geist ist es, der ja nicht vom Himmel fällt, sondern er wird von Menschen gemacht, und auf der Basis werden dann Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausgespielt.
Am Ende der Legislaturperiode werden Rot-Grün Tausende von Parkplätzen vernichtet haben – bei steigender Pkw-Zulassungszahl –, weitere Hauptverkehrsstraßen auf 30 gedrosselt und weitere Fahrspuren überbaut haben, um die von der Verkehrsplanung konzipierten Hauptträger der Verkehrslast weiter zu schwächen. Und das verkaufen Sie als Stärkung des Fahrradverkehrs.
Andere Dinge werden schlechtgeredet, um sie zu beseitigen. Dieselfahrer werden da zum Beispiel genommen oder auch der Hochbordradweg. Bei einigen sind diese ja per se die Ursache für Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern. Das ist in etwa so, als würde ich mir mit dem Hammer auf den Daumen hauen und dem Hammer dafür die Schuld geben.
Dat is dumm Tüch. Die Konflikte unter Verkehrsteilnehmern gibt es immer dann, wenn sich jemand nicht an die Verkehrsregeln hält. Fährt das Rad auf dem Radweg und geht der Fußgänger auf dem Fußweg, gibt es keinen Konflikt. Und wenn die beiden dann auch noch Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung leben – da steht: "Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht" –, dann ist alles gut und ohne die geht auch nichts.
Die Bürger wollen keine Fahrradstadt in dem Sinne, dass die Stadt verkehrlich auf den Kopf gestellt wird. Sie wünschen sich, dass jeder seinem freien Willen entsprechend mit dem Verkehrsmittel seiner Wahl zur Arbeit fährt oder seine Freizeit gestaltet – und das möglichst konflikt-, stau- und störungsfrei. Sorgen Sie daher dafür, dass die Hauptverkehrsstraßen Leistungsträger des motorisierten Individualverkehrs bleiben. Bauen Sie diese entsprechend aus. Schaffen Sie, wie zuvor beschrieben, mit der Fertigstellung der Velorouten ein attraktives Angebot für Pendler, um vom Auto aufs Rad umzusteigen. Beschleunigen und intensivieren Sie den Ausbau des schienengebundenen ÖPNV bis an die Ränder Hamburgs und darüber hinaus wie auch den Ausbau der Kapazitäten, um dem ge
wünschten Wachstum, das wir alle wollen, im Bereich des ÖPNV gerecht zu werden und um attraktive Angebote anzubieten. Und hören Sie auf – aber diesen Aufruf haben Sie jetzt schon mehrfach gehört –, ideologiebetriebene Verkehrspolitik zu betreiben, denn dabei kann es nur Verlierer geben. – Danke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, das Thema ist doch immer noch hochaktuell. Es ist in der Stadt allseits präsent. Sie brauchen nur einmal auf Straßenfeste, an Stände zu gehen: Thema 1 ist der Verkehr. Und, Frau Martin, so sehr ich Sie schätze, um diese allgemeine schöne Verkehrswelt, die Sie hier aufbauen, geht es gar nicht. Da sind wir von der FDP in ganz vielen Punkten sehr nah bei Ihnen.
Es geht um die ganz konkrete Politik, die derzeit gemacht wird; darum geht es. Die Leute sind derzeit sauer über das, was in der Stadt passiert, und dazu haben Sie bisher vonseiten der Koalition – zumindest habe ich nichts gehört – gar nichts gesagt.
Zum Beispiel zu der Frage, in den nächsten Jahren werde der Lkw-Verkehr in und um Hamburg um 44 Prozent steigen. Was wollen Sie denn da tun, um diese Situation zu verbessern?
Dann höre ich von Herrn Bill auf den Vorschlag, dass man den HVV gegebenenfalls nach Winsen und Buxtehude erweitern solle: Nein, das machen wir nicht.
Das kostet 2,5 Millionen und das sind keine Hamburger, deshalb bezahlen wir das nicht. Was ist denn das für eine Politik?
Und dann, denke ich, sollten Sie vielleicht auch einmal Folgendes machen, Herr Kienscherf: Sie sollten einmal …
Sie könnten einmal eine Umfrage machen, wann und unter welchen Bedingungen zum Beispiel der von Ihnen immer wieder angeführte Autofahrer, der nun tatsächlich umsteigt … Fragen Sie die Leute doch einmal, unter welchen Bedingungen sie umsteigen, und tun Sie nicht immer so, als hätten Sie die Bedingungen geschaffen und der böse Autofahrer steige nicht um. Das ist dummes Zeug, tut mir leid.
Dass der Straßenverkehr abnimmt und der Parkoder Stehverkehr zunimmt – ich weiß nicht, wer in Hamburg von denen, die das sagen, mit dem Auto fährt.
Ich muss beruflich dreimal in der Woche mit dem Auto durch die Gegend fahren; ich sehe, der Autoverkehr wird immer mehr. Sie sehen es auch an den Zulassungszahlen. Zu diesem Thema sagen Sie nichts außer: Wir machen diesem Verkehrsteilnehmer das Leben schwer. Das wollen wir nicht. Alle müssen – da gebe ich Ihnen recht, Frau Sudmann – gleich behandelt werden. Und wenn die einen noch nicht ganz gleich sind, dann stehe ich sogar bei Ihnen, dann machen wir sie gleich.
Aber zum Schluss sei gesagt: Das Übermanteln der tatsächlichen Probleme mit irgendwelchen ITSKongressen, das müssen Sie sein lassen.
Zum einen, Herr Thering, und ich glaube, das hatten wir vor ein paar Wochen schon einmal, mit dem Märchen dieser angeblichen Parkplatzvernichtung.
Vielleicht nur noch einmal ein paar Zahlen. Übrigens war das Ihre Kleine Anfrage, vielleicht sollten Sie einmal Ihre eigenen Anfragen lesen. Also: 2011 bis 2016 wurden ungefähr 1 900 Parkplätze vernichtet. Wenn man sich das anschaut, wurden im Zeitraum 2014/2015 rund 5 000 neue Stellplätze im Rahmen des Wohnungsbaus beantragt.
Es werden neue Parkplätze geschaffen. Und wenn ich das addiere, sind das knapp 30 000 Parkplätze. Es werden in Hamburg neue Parkplätze geschaffen und das müssen Sie, CDU, einfach zur Kenntnis nehmen.