Protocol of the Session on March 28, 2018

Ich bin darüber erfreut, dass die Tatsache, dass wir und die FDP nicht ganz identische, aber doch ähnlich lautende Anträge vorgelegt haben, auch dazu geführt hat, dass die Partei der GRÜNEN – Frau Gallina, Sie haben sich ja mehrfach in der Öffentlichkeit geäußert –, aufgeschreckt ist und sich des Themas auch wieder in der Öffentlichkeit angenommen hat. Dass Sie heute in der "Hamburger Morgenpost" die Pro-Position ziemlich ohne Wenn und Aber vertreten haben, finden wir natürlich auch sehr gut und deswegen hätten wir eigent

lich den Antrag, glaube ich, heute auch entscheiden können. Wir LINKE stellen den Antrag auf Einführung einer solchen Kennzeichnung zum vierten Mal seit 2008. Ich will nicht die ganze Historie nacherzählen,

(Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

kann mir aber zwei Zitate aus der Bürgerschaftsdebatte vom 8. Oktober 2009 nicht verkneifen. Damals regierte Schwarz-Grün, die SPD war in der Opposition. Der Innenausschuss hatte sich bei der Debatte unseres ersten Antrags immerhin darauf verständigt – ich zitiere –:

"Mit dem Personalrat und den Gewerkschaften sollen Gespräche mit dem Ziel aufgenommen werden, auch bei geschlossenen Einsätzen von Polizeikräften eine Regelung zu finden, die die individuelle Identifizierbarkeit ermöglicht und der notwendigen Fürsorgepflicht gegenüber den Polizistinnen und Polizisten gerecht wird."

Zitatende. Der Senat wurde entsprechend ersucht, die Bürgerschaft wurde dann einige Monate später durch den Präsidenten darüber unterrichtet, dass Personalrat und Gewerkschaften die Zustimmung versagt haben und der Senat das Thema damit als erledigt abgehakt hatte.

In der Debatte sagte der damalige innenpolitische Sprecher der SPD, Andreas Dressel – ich zitiere –:

"Ich will es einmal vorsichtig ausdrücken. Das Interesse der Polizeiführung, da etwas weiterzugehen, ist in Kenntnis der dort handelnden Personen sicherlich unterdurchschnittlich ausgeprägt. Insofern ist das Thema mit Sicherheit nicht vom Tisch."

Zitatende. Mit dem letzten Satz hat er ja recht behalten.

Die Kollegin Möller wertete in derselben Debatte das Ergebnis etwas anders – Zitat –:

"Was mich bei diesem Thema freut, ist, dass die Bundesländer Bremen und Berlin endlich mitziehen. Dann sind wir nämlich schon drei Bundesländer, die das Thema überhaupt bewegen. Hamburg ist noch dabei."

Zitatende. Das Protokoll vermerkt Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN. Aber die Kollegin hatte ebenso recht wie zuvor Kollege Dressel. Während Berlin und Bremen und sechs weitere Bundesländer die individuelle Kennzeichnungspflicht längst beschlossen haben, bewegt Hamburg das Thema immer noch und bewegt und bewegt und bewegt und bewegt. Dabei tut, das sagen alle Erfahrungen, eine anonymisierte Kennzeichnung zum Beispiel in Gestalt eines Nummernschildes gar nicht weh. Keine der aus Polizeikreisen geäußerten Befürchtungen ist in irgendeinem Bundesland eingetreten.

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

(Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

Was ist also das Problem, das noch gelöst werden muss? Die beiden vorliegenden Anträge enthalten zusammengefasst alle wesentlichen Argumente, die ich hier nicht weiter ausführen will. Wir werden uns natürlich der Überweisung auch nicht verschließen, aber wir versprechen, dass wir uns nicht damit abfinden werden, falls die Regierungsfraktionen, deren Vertreterinnen und Vertreter 2009 im Prinzip und eigentlich ihre Sympathie für das Anliegen angedeutet hatten, die Problematik aussitzen wollen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Carl-Edgar Jarchow FDP)

Das Wort bekommt Herr Schumacher von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schneider, über die Kennzeichnungspflicht wird seit Jahrzehnten kontrovers und ziemlich emotional diskutiert. Die vorliegenden Anträge bieten also Anlass, sich erneut mit dem Thema im Parlament auseinanderzusetzen, und es ist auch kein Geheimnis, dass wir beide Anträge überweisen werden.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Nein!)

Denn sie sind eben nicht identisch, sie sind völlig anders in der Rechtsgrundlage zu finden. Deutschlandweit gibt es keine einheitliche Regelung zur Kennzeichnungspflicht. So tragen in neun Bundesländern Polizistinnen und Polizisten Kennzeichen und in sieben eben nicht. Vorreiter war schon 2011 Berlin, jüngst, am Jahresanfang hinzugekommen ist das rot-schwarz regierte Mecklenburg-Vorpommern. Was spricht eigentlich gegen oder für eine Kennzeichnung? Lassen Sie mich einige Argumente für beide Seiten aufzählen. Nur so wird verständlich, dass wir hier weniger ideologisch oder interessengeprägt als sachlich diskutieren sollten.

Dafür spricht, dass Polizisten, die sich fehlverhalten, einfacher zu identifizieren sind. Eine transparent auftretende Polizei stärkt das Vertrauen der Bürger genau in diese Polizei. Die Kennzeichnung steht für eine moderne und professionelle Polizei. Aber es gibt eben auch wichtige Gegenargumente und die sollte man sich wirklich auch zu Herzen nehmen.

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe übernimmt den Vorsitz.)

Polizistinnen und Polizisten sehen sich unter Generalverdacht gestellt und fürchten um ihre Sicherheit und die ihrer Familien. Die Kennzeichnung ist Ausdruck eines generellen Misstrauens gegen die Polizei. Die Kennzeichnung ist unnötig, da die Polizisten auch ohne individuelle Kennzeichnung schon heute zu identifizieren sind.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Nein!)

Ich finde, dass wir beide Seiten in unserer Entscheidungsfindung berücksichtigen müssen. Die Überweisung an den Innenausschuss gibt uns die Möglichkeit, Experten anzuhören, die bereits Erfahrung mit der Kennzeichnung haben. Wichtig dabei ist mir, dass wir genau anhören und zuhören, wie es ist, mit einer Nummer im Einsatz herumzulaufen, wie die konkreten Erfahrungen der Polizei in den Ländern sind, aber auch diejenigen anzuhören, die große Sorge haben mit den Fragen, wie sich das Anzeigeverhalten gegenüber Polizistinnen und Polizisten verändert hat. Gibt es konkrete Gefährdungen oder neue Ressentiments gegenüber den Beamten? Klar ist auch, das zeigt diese Debatte, dass sie in manchen Ländern, aber auch, wie Frau Schneider beschrieben hat, in Hamburg sehr hart und kontrovers geführt wurde. In manchen Ländern aber auch eben nicht. Dort wurde sachlich und abwägend beraten. Rot-Grün in Hamburg wird diesen sachlichen Umgang mit diesem Thema und den beiden Anträgen gemeinsam mit Ihnen im Ausschuss vorantreiben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Gladiator für die CDU-Fraktion. Die Uhr müsste erst einmal umgestellt werden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Schneider, nicht die Debatte hätten wir streichen sollen, sondern beide Anträge hätten wir streichen sollen, denn sie gehen in die völlig falsche Richtung.

(Beifall bei der CDU)

Für die Kennzeichnungspflicht gibt es keine Notwendigkeit, sondern sie ist nur Ausdruck des Misstrauens gegenüber unseren Polizisten, und das ist das völlig Falsche und das Gegenteil von dem, was unsere Polizisten brauchen. Sie brauchen und vor allem sie verdienen Rückendeckung und Unterstützung.

(Beifall bei der CDU)

Das Schlimme an den vorliegenden Anträgen ist ja: Sie verzerren und verdrehen die Realität völlig. Wir haben nämlich kein grundsätzliches Problem mit Gewalt von Polizisten, sondern wir haben ein Problem mit einer zunehmenden Gewalt gegen Polizisten. Das ist die Realität, um die wir uns kümmern müssen.

(Beifall bei der CDU)

Ich würde mich freuen, wenn Sie sich gerade vor dem Hintergrund des G20-Gipfels – und da haben wir diese enthemmte Gewalt; wir haben Mordversuche, Tötungsversuche erlebt gegen Polizeibe

(Christiane Schneider)

amte, die nach Hause verfolgt worden sind, an deren Privatfahrzeugen Manipulationen vorgenommen worden sind – einmal mehr Gedanken darüber machen, wie Sie den Schwarzen Block kennzeichnen können, damit wir diejenigen von den Straßen in die Gefängnisse kriegen, die hier Polizisten angreifen und töten wollen, und sich nicht mit der Kennzeichnungspflicht für Polizisten beschäftigen, sondern diese deutlich stärker unterstützen. Das wäre nämlich notwendig.

(Beifall bei der CDU – Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Sie verrennen sich!)

Nein, ich verrenne mich da nicht, liebe Kollegen von der LINKEN.

Es sind insbesondere Linksextremisten, für die Polizeibeamte legitime Ziele ihrer dummen und sinnlosen Gewalt sind. Das ist die Wahrheit, die muss man auch so benennen. Und sie werden dabei ja auch unterstützt. Sie werden dabei unterstützt von Abgeordneten der Links-Fraktion,

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Was?)

also einer Fraktion, die heute die Kennzeichnungspflicht fordert. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich eine Zumutung,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wo ist denn da der Zusammenhang?)

und das kann so auch nicht stehen bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dolzer sitzt in Ihren Reihen und Sie wissen, wie er gegen Polizeibeamte hetzt und diese damit zusätzlich in Gefahr bringt.

(Zurufe von der LINKEN)

Wir als Parlamentarier haben aber eine besondere Verantwortung für den Schutz der Polizisten. Die Polizisten sind in unserem Auftrag im Dienst und während wir hier nur über Krisen debattieren, sind es die Polzisten, die draußen auf der Straße zwischen den Fronten stehen und die dort für uns alle im wahrsten Sinne den Kopf hinhalten. Meine Damen und Herren, das verdient die volle politische Rückendeckung und kein rot-rot-grünes Misstrauen.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Sehr geehrter Herr Gladiator, ich verstehe Ihren Ehrgeiz, aber ich möchte Sie bitten, trotzdem das Wort Hetze nicht in den Mund zu nehmen. Das ist kein parlamentarischer Sprachgebrauch. – Vielen Dank.

Das akzeptiere ich natürlich und komme zu den drei Gründen, warum wir diesen Antrag ablehnen.

Erstens: Ich habe es gesagt, es gibt keine Notwendigkeit für die Kennzeichnungspflicht, denn bisher sind keine Verfahren gegen Beamte daran gescheitert, dass deren Identität nicht ermittelt werden konnte. Das ist eine reine Phantomdebatte, die niemandem nützt, die aber großen Schaden anrichtet.