Protocol of the Session on February 14, 2018

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man sich die Berichtsdrucksache einmal auf ihre Zielsetzung anguckt, dann haben wir einerseits den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und andererseits die Stärkung der Agrarwirtschaft. Wenn man sich die Vorreden der Kolleginnen und des Kollegen der Regierungsfraktionen über die großen umweltpolitischen Zielsetzungen anhört, muss man sagen: In der Berichtsdrucksache sind die nur noch unter Leitlinien dieser Forschung aufgeführt worden. Ich denke schon, das allein ist eine falsche Schwerpunktsetzung in dieser Drucksache.

(Beifall bei der LINKEN)

Es werden, wenn ich richtig gezählt habe, 14 Projekte aufgezählt. Ich fand es schon äußerst spannend, dass Fischerei bei uns in Hamburg ein agrarwirtschaftlicher Faktor ist. Das Projekt ist ja auch vom Angelsportverband durchgeführt worden. Das halte ich an dieser Stelle für einen Lückenfüller und in keinster Weise für die definierte Zielsetzung angebracht. Und genau so ist diese Drucksache dann auch wirklich aufgebaut. Die Ergebnisse, die aus dieser Forschung gemäß dem Auftrag hätten generiert werden müssen, werden an keiner Stelle aufgeführt. Hier wird einfach nur nett daherparliert, ohne dass man wirklich weiß, ob die Zielsetzung damit erreicht ist.

Wenn wir uns die Leitgedanken dieser Forschungsberichtsdrucksache angucken, dann, muss man sagen, ist der Klimawandel mit Sicherheit ein sehr wichtiges Ziel. Nur, Klimaziele 2020 – in der Aktuellen Stunde wurde es bereits kritisiert – sind von der Bundesregierung über Bord gekippt worden und Hamburg hat sie schon vorher über Bord gekippt. Statt den Allgemeinplatz, den eigenen Beitrag für diese Klimaziele zu leisten, die jetzt

(Carsten Ovens)

auch nicht mehr existieren, wären Regierungspolitik und klare Zielsetzung gefordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Das dritte oder vierte Spin-off aus dem Agrarpolitischen Konzept 2020 bringt auch an dieser Stelle die Agrarwirtschaft nicht weiter. Es ist ein einzelner Punkt, der noch dazu lausig finanziert wird, 200 000 Euro mehr pro Jahr auf insgesamt 500 000 Euro. Mein Gott, da zahlen wir für andere Sachen deutlich wesentlich mehr. Deswegen kann man nur sagen – und da bin ich auf die Diskussion im Ausschuss sehr gespannt –: Wer ein Bekenntnis zur Landwirtschaft ablegt, wie der Senat es behauptet, der muss hier eine andere Drucksache und nicht ein so halbgares Zeug vorlegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer Landwirtschaft, Agrarwirtschaft in Hamburg sichern will, der muss Planungssicherheit schaffen und nicht nur die Forschung dafür aufbieten. Er muss Planungssicherheit für unsere Landwirtinnen und Landwirte, die Personen in der Agrarwirtschaft, schaffen, damit sie ihre Zukunft gesichert und nicht auf irgendwelche Elfenbeintürme planen können.

Wir stimmen der Überweisung an den Ausschuss natürlich zu und sind gespannt darauf, wie wir hier weiter vorgehen können. Zumindest dieser Bericht: nur die halbe Wahrheit. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jersch. – Herr Oetzel, bitte, Sie haben nun das Wort für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist jetzt von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern im Grunde fast alles schon mehrfach gesagt worden, was man zu dieser Drucksache sagen kann. An dieser Stelle werde ich mich kurzfassen und auf die wesentlichen Aspekte beschränken, die ich noch einmal ansprechen möchte, zumal wir die Drucksache an den Wirtschaftsausschuss überweisen und die offenen Fragestellungen dort dann weiter diskutieren werden.

Einen Aspekt dieser Drucksache hat mein Kollege Ovens eben schon zu Recht kritisch vermerkt: das Mehr an Geld, das hier aus der Produktgruppe 271.03, also der agrarpolitischen Produktgruppe, angekündigt wird, wird aber nur umgeschichtet. Herr Müller, da reicht es natürlich nicht, dass Sie sagen, na ja, es sei irgendwie gar nicht gefordert, mehr Geld aufzubringen. Doch, es war natürlich mehr gefordert. Schauen Sie noch einmal auf die erste Seite der Drucksache; da steht unter "Anlass", dass der Senat aufgefordert wurde:

"dafür Sorge zu tragen, dass die Finanzierung dieses Forschungskonzeptes im Haushalt sichergestellt ist"

Das heißt natürlich, dass es langfristig sichergestellt ist. Es belegt aber nicht Ihre These, da werde mehr Geld bereitgestellt. Möglicherweise sind 500 000 Euro das, was Sie für diese Drucksache herausgeleiert haben. Aber wenn das durch Umschichtung kommt, dann fehlt es doch woanders, dann können Sie nicht sagen, das Geld ist irgendwo anders. Na dann, bitte, dann würde ich Sie bitten, gleich noch einmal an das Pult zu treten und zu sagen, woher das Geld kommen soll. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen: Der Haushaltsplan ist noch gar nicht aufgestellt. Insofern bin ich wirklich gespannt, dass Sie schon jetzt mit Sicherheit sagen können, es gebe irgendwie mehr Geld an der Stelle.

Und noch eines. Sie haben eben in Ihrer Zwischenbemerkung gesagt: Wenn in einer Produktgruppe gerade an manchen Stellen Geld frei wird, dann könne man unterjährig umschichten und dann sei das alles kein Problem. Aber dann frage ich mich: Warum brauchen wir dann noch dieses Konzept? Warum müssen wir dann hier überhaupt noch zur Kenntnis nehmen oder beschließen, dass der Senat hierfür 500 000 Euro in der Produktgruppe einstellen soll, wenn das ohnehin durch produktinterne Umschichtungen erreicht wird, die Ihrer Meinung nach sowieso immer erfolgen können? Dann frage ich mich wirklich, warum wir diesen Aspekt hier so windelweich in der Drucksache drin haben, wenn es Ihrer Meinung nach sowieso jederzeit unterjährig freihändisch geschehen könnte.

Ich finde auch einen Aspekt, den Frau Sparr gerade angesprochen hat – Herr Ovens ist darauf eingegangen, aber ich möchte ihn noch einmal betonen –, etwas fragwürdig, und zwar die Tatsache, dass hier auf der einen Seite Forschung, wir würden sagen, freie Forschung und Forschung ohne Vorfestlegung, gefördert werden soll, aber das Plädoyer von Frau Sparr hat sich eben sehr einseitig, wie ich finde, für die ökologische Landwirtschaft ausgesprochen. Und dann hat sie am Ende doch noch gesagt: Wir wollen Vielfalt erhalten. Aber das ist aus Ihrem Redebeitrag überhaupt nicht hervorgegangen. Deshalb frage ich mich ein bisschen, in welche Richtung Sie da vorstoßen wollen. Gleichzeitig nach vorn und hinten, das wird auf jeden Fall schwierig werden.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Oetzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung der Abgeordneten Sparr?

(Stephan Jersch)

Herr Oetzel, ist Ihnen aufgefallen, dass der Auftrag darin bestand, anwendungsorientierte Forschung zu betreiben? Das heißt, dass in dem Fall unsere Institute im Vordergrund stehen und nicht unbedingt die Universitäten, mit denen man dann fallweise Zusammenarbeit sucht, und dann meiner Meinung nach auch gern über Hamburg hinaus. Die … Jetzt habe ich den Faden verloren. Die … Da habe ich einen Cut, tut mir leid.

Ich möchte trotzdem gern darauf eingehen.

(Beifall und Heiterkeit im Plenum – Zuruf: Sehr gut!)

Liebe Frau Sparr, ich muss sagen, ich finde es fast schon abenteuerlich, dass Sie auf meinen Vorwurf hin, Sie würden politisch vorfestlegen, in welche Richtung hier geforscht werden soll, sagen: Na ja, es geht um anwendungsorientierte Forschung, dann ist es in Ordnung. Das finde ich ehrlicherweise sogar noch fragwürdiger als das, was Sie eben hier am Rednerpult gesagt haben. Insofern sollten Sie vielleicht noch einmal in sich gehen und sich überlegen, in welche Richtung Sie hier eigentlich vorgehen wollen.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Mir scheint, Frau Sparr hat den Faden wiedergefunden. Gestatten Sie ihr, ihn wieder aufzunehmen?

Herzlich gern.

Ja, jetzt habe ich den Faden wieder. Sie haben es mir ja netterweise noch einmal gesagt. Es ist eigentlich so, dass sich die Institute ihre Forschungsgegenstände in Zusammenarbeit mit den Landwirten und Landwirtinnen selbst suchen. Da gibt es offensichtlich den Bedarf, eben einmal nicht nach der chemischen Keule zu suchen – das machen andere, größere, viel effektiver –, sondern zu gucken, was man jenseits davon machen kann. Das ist der Sinn dieser speziellen Art von anwendungsorientierter Forschung. Das wollte ich Ihnen noch gern mitgeben.

Frau Sparr, Sie können es noch und noch und noch einmal sagen und es wird nicht besser.

(Beifall bei Jörg Hamann CDU)

Wenn Sie sagen, dass sich bei der anwendungsorientierten Forschung die Institute und die Leute aus der Praxis ihre Forschungsbereiche selbst suchen und Sie das dann als Legitimation dafür neh

men, politische Vorgaben zu machen, dann frage ich mich einfach, wo überhaupt der Zusammenhang besteht. Wie soll dieses Argument Ihre Haltung legitimieren, dass Sie hier zum Beispiel politische Vorgaben in Ihrem Konzept zum Thema Pflanzenschutzmittel, zum Thema Gentechnik drin haben? Das hat Herr Ovens eben auch schon gesagt. Da gehen Sie ganz engstirnig an die Sache heran, obwohl Sie gerade selbst zugestanden haben, dass doch die Leute aus der Praxis und die Institute sich ihre Forschungsgegenstände selbst suchen. Dann frage ich mich, warum hier eine solche Vorfestlegung erfolgen muss.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Abschließend – vor dem Hintergrund, dass wir das im Wirtschaftsausschuss noch einmal debattieren und besprechen – möchte ich noch anmerken, dass wir der Überweisung natürlich zustimmen, uns natürlich auch darüber freuen, wenn Gelder in den Forschungsbereich Landwirtschaft investiert werden. Wir hoffen aber, dass dann im Wirtschaftsausschuss am Ende des Tages herauskommt, dass wir vielleicht diese, ich sage mal, politische Lenkung, die Sie hier so ein bisschen eingebracht haben, noch ein bisschen herauskriegen können. Dann sind wir auch sehr zufrieden mit der Tatsache, dass hier für die Zukunft in die Landwirtschaft investiert wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Joachim Len- ders und Carsten Ovens, beide CDU)

Vielen Dank, Herr Oetzel. – Das Wort bekommt nun die Abgeordnete Oelschläger für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute einmal wieder über Landwirtschaft sprechen, denn Hamburgs Landwirte haben es schwer. Die Zahl der Kleinbauern ging seit 2013 um mehr als 12 Prozent zurück. Die gesamten landwirtschaftlichen Betriebe in Hamburg sanken daher um 9 Prozent; das ist weit über dem Bundesdurchschnitt. Die Probleme sind vielfältig, von überbordender Bürokratie bis hin zum Flächenfraß für Bauvorhaben, wo ja auch gern einmal Erdbeerfelder zu Flüchtlingsunterkünften umgewidmet werden.

Forschungsvorhaben für die Agrarwirtschaft durchzuführen, ist sinnvoll, denn die Hamburger Bauern sind viel mehr als nur Nahrungsmittelproduzenten; sie betreiben unter anderem auch Grünpflege und nebenbei lernen Stadtkinder auch noch, dass Kühe nicht lila sind und Milch nicht aus der Tüte kommt.

Wer meint, die knappen Flächen in einem Stadtstaat wie Hamburg besser und anders zu nutzen, macht einen großen Fehler.

(Beifall bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Darum hätte ich mir ausnahmsweise gewünscht, dass sogar etwas mehr Geld in die Hand genommen wird. Nur 200 000 Euro innerhalb der Produktgruppe Agrarwirtschaft umzuschichten, scheint mir etwas knauserig. Und es ist tatsächlich so, dass es erst ab 2019 angekündigt ist. Es ist jetzt nicht eine Umschichtung in die entsprechende Forschung, sondern wirklich die Ankündigung für 2019; da wird umgeschichtet.

Ihr Forschungskonzept hat natürlich gute Ansätze. Ich denke da zum Beispiel an das Drohnenprojekt und auch an die Entwicklung regionaler Obstsorten. Frau Sparr hat dazu einiges ausgeführt; das mache ich insofern nicht mehr. Forschungsarbeit ermöglicht unserer Agrarwirtschaft, langfristig im Umfeld der Globalisierung und damit weltweiter Konkurrenz bei extremen Wetterereignissen und Änderung im Anspruch und Konsum der Verbraucher wettbewerbsfähig zu bleiben. Und diese Unterstützung haben unsere Hamburger Bauern verdient. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Oelschläger. – Das Wort erhält nun Herr Senator Horch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Agrarwirtschaft steht, auch nach allen Beiträgen, die wir gehört haben, vor enormen Herausforderungen, und das auch ganz besonders in Hamburg. Hieraus resultiert der hohe Stellenwert – auch in der gerade geführten Diskussion – der praxisbezogene Agrarforschung, die wir in Hamburg betreiben wollen für die zukünftige Entwicklung und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe hier in unserem Bundesland.

Mit dem Agrarpolitischen Konzept 2020 hat der Senat die angewandte Forschung als Handlungsschwerpunkt gestärkt und die Forschungsschwerpunkte in allen Einzelzeiten entsprechend formuliert. Hiervon profitieren werden viele Vorhaben aus den Bereichen des Gartenbaus, gerade in den Marsch- und Vierlanden, des ökologischen Landbaus, aber auch – und das will ich besonders betonen – der allgemeinen Landwirtschaft in Hamburg.

Die bisherigen Forschungsansätze stellen eine wichtige Basis zur Stärkung der Hamburger Agrarwirtschaft dar, aber, das will ich auch deutlich bekennen, das reicht noch nicht aus, um hier für die Zukunft entsprechend vorbereitet zu sein. Das Forschungskonzept soll nun den mittelfristig und insbesondere den langfristig wirkenden Herausforde

rungen und Rahmenbedingungen der Hamburger Agrarwirtschaft noch besser für die Zukunft begegnen. Hierbei gilt es, wichtige Fragestellungen noch intensiver zu bearbeiten. Entsprechend müssen die Auswirkungen des Klimawandels, die auch schon von vielen angesprochen wurden, noch stärker in diesen einzelnen Projekten beleuchtet werden. Genauso haben der Erhalt und die Förderung der Biodiversität eine hohe Priorität in diesen programmatischen Ausrichtungen. Wir wollen auch spürbare Reduzierungen des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes, eine sehr wichtige Voraussetzung, in Zukunft weiter aktiv vorantreiben.