Protocol of the Session on January 31, 2018

Ich will jetzt auch gar nicht thematisieren, ob es irgendwie wichtig wäre, dass der Bürgermeister, den Sie gerade wegen seiner großen staatsmännischen Übersee-Club-Rede angesprochen haben,

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

vielleicht einmal bei einer Wissenschaftsdebatte in diesem Hause anwesend wäre. Das ist nicht das erste Mal und es gibt immer irgendeinen Grund, der irgendwie wichtiger ist, warum man irgendwo Politik macht, nur nicht in der Stadt, wo er der Erste Bürgermeister ist, nämlich hier in Hamburg.

(Wolfgang Rose SPD: Sie wissen doch, wo er ist!)

(Dr. Sven Tode)

Ich erwarte von Ihrem Bürgermeister, dass er im Hause ist, wenn wir über Wissenschaftspolitik reden.

(Beifall bei der CDU – Wolfgang Rose SPD: Soll Frau Merkel auch noch kommen?)

Frau Merkel ist nicht Bürgermeisterin dieser Stadt, Herr Rose, sondern Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Herr Scholz ist aber Ihr gewählter Bürgermeister.

Ich weiß nicht, wo die Wissenschaftssenatorin ist, ich weiß auch nicht, wo die sonstige … – Gut, sie ist krank, das entschuldigt. Ich weiß auch nicht, warum die Wissenschaftsbehörde da nicht durch die Staatsrätin vertreten ist. Offenbar interessiert es Ihren Senat gar nicht, was Sie hier im Bereich Wissenschaft diskutieren wollen, und das ist leider schlecht für unsere Stadt an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU – Milan Pein SPD: Re- den Sie auch noch zum Thema?)

Aber kommen wir gern zum Thema der Technischen Universität. Ich stelle mir vor, Herr Dr. Tode, in einigen Jahren würden wir zusammen durch Harburg gehen und dort eine Absolventin mit einem Bachelor im Bereich Bioinformatik treffen. Wir würden sie beide fragen, was denn an der TU in Harburg – die mittlerweile übrigens TU Hamburg heißen soll, wie der Senat sagt – so besonders ist. Und sie erzählt uns etwas von exzellenter Lehre und kleinen Gruppen. Und sie erzählt uns etwas von günstigem Wohnen vor Ort in einem tollen Campusleben. Und sie erzählt uns, dass sie trotz guter Angebote aus der Industrie mit ihrem Bachelor in Bioinformatik gern an der TU für einen Master bleiben wolle. Und wir sagen, Mensch, da haben wir ja gemeinsam etwas richtig Gutes auf den Weg gebracht. So, jetzt müssen wir nur leider entscheiden, ob das Ganze eine Utopie bleibt oder aber ob wir eine Wirklichkeit daraus machen, Herr Dr. Tode. Und mit dem, was Sie jetzt gerade gesagt haben, diese vielen Nebelkerzen, die Sie in den Raum geworfen haben,

(Farid Müller GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht!)

die aber nichts mit der TU zu tun haben, mit dem, was Sie jetzt gerade gesagt haben, erreichen wir leider noch nicht, was wir beide vielleicht gern gemeinsam sehen wollen.

Wenn wir uns konkret anschauen, was der Senat nun vorhat – das "Hamburger Abendblatt" und andere Medien haben darüber berichtet –, dann stellen wir doch ein paar Probleme fest. Und ich habe gerade in einigen Senatsantworten auf Drucksachen das noch einmal für Sie zusammengeschrieben. Lediglich 64 Prozent der Professuren an der TU in Harburg sind besetzt. Und da frage ich den Senat: Wird denn das aktuelle Budget für mehr reichen? Da sagt der Senat: Nö. Einfache, kurze Ant

wort. Und begründet das dann etwas nebulös und sagt: Na ja, die TU will aber auch gar nicht mehr Professoren berufen, denn so sei man flexibler. So. Herr Dr. Tode, dann wundere ich mich aber, warum die Zahl der Lehrbeauftragten in den letzten Jahren kontinuierlich steigt. Offenbar besteht ja ein Bedarf an mehr Unterstützung in der Lehre. Und jetzt lese ich in der "Hamburger Morgenpost", dass Anjes Tjarks

(Dennis Gladiator CDU: Der ist ja auch nicht da!)

nicht nur 10 000, sondern 15 000 neue Studenten an die TU holen will, wo ich auch denke, Mensch, toll, und dafür gibt es genau 15 zusätzliche Professuren. So plant es Ihr Senat, wenn wir uns genauer anschauen, was die Medien berichten. Das verschlechtert die Betreuungsrelation an der TU und verbessert sie nicht und damit kriegen wir auf jeden Fall keine exzellente Lehre und keine kleinen Gruppen hin.

(Beifall bei der CDU)

Es geht weiter. Schauen wir uns an, wo denn künftig 2 500 bis 7 500 Studenten im Süden der Stadt – da sollen sie im Idealfall in direkter Nähe zur TU auch wohnen – unterkommen sollen. Und dann frage ich den Senat: Wie viele Wohnheimplätze gibt es? Was ist geplant? Es gibt 505 Wohnheimplätze im Süden Hamburgs. Was ist zusätzlich geplant? Nischt, rein gar nichts, meine Damen und Herren. Wenn ich 7 500 Menschen, die studieren sollen, in den Süden holen will, dann muss ich dafür auch Infrastruktur schaffen. Die müssen ja irgendwo wohnen. Oder sollen die von Norderstedt täglich zur TU runterfahren? Wir könnten das Spiel jetzt noch ewig weiterspielen. Vielleicht noch ein Beispiel. Es gibt seit Gründung der TU genau eine Mensa. Die hat eine tägliche Kapazität laut Ihrer Senatsauskunft von 2 000 Personen und ist allerdings in Spitzenzeiten schon längst am Limit, ist insgesamt über den Tag verteilt auch schon mehr oder weniger an dem, was möglich ist. Und dann frage ich: Gibt es denn Pläne für den Bau einer neuen Mensa, beispielsweise im Binnenhafen, wo ja künftig Schwerpunkt der TU sein soll? Nein, gibt es nicht. Und wir können uns gern noch weiter über fehlende Inhalte unterhalten. Da soll erst im Sommer ein Konzept über ein Gutachten für neue Gebäude und Flächen kommen. Da soll erst irgendwas im Herbst kommen. Insgesamt kommen wir mit dieser kleinen finanziellen Erhöhung von gerade mal 19 Millionen Euro nicht einmal ansatzweise in Reichweite des Budgets der TU in Braunschweig, die dreimal so viel Budget hat wie unsere hier in Harburg. Wir kommen lange nicht an die RWTH Aachen. So machen wir keinen großen Sprung in der Wissenschaftspolitik. Und daran, lieber Herr Dr. Tode, müssen wir mehr arbeiten, damit Ihr Senat es endlich einsieht.

(Glocke)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Herr Gögge das Wort.

(Marc Schemmel SPD: Der war wahrschein- lich noch nie in Harburg!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eins ist auch hier wieder deutlich geworden: Wer das Wohlstandsversprechen in dieser Stadt weiterhin einlösen will, der muss auf Wissenschaft und Forschung setzen. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind nicht nice to have, sondern sie sind die Motoren des Wohlstands. Und ich bin froh, dass dieser Senat und diese Regierungskoalition das erkannt haben und dementsprechend auch in diesem Bereich deutlich investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Senat und diese Koalition unterstützen die Technische Universität in ihrer Entwicklung durch ein langfristig angelegtes Wachstumskonzept. Im Mai letzten Jahres haben wir gemeinsam in der Bürgerschaft dieses Ziel und diesen Weg noch einmal bekräftigt. Hamburg wird mehr denn je ein Spitzenstandort für die Wissenschaft. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es gibt gar keine Veranlassung, das mit kleinstteiligen Argumentationen immer wieder schlechtzureden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn eins wissen Sie genauso wie wir: Gerade im Hochschulbereich brauchen Umstrukturierungsprozesse nicht nur eine finanzielle Grundlage, sondern auch ausreichend Zeit und ein reichlich überlegtes Vorgehen.

(Carsten Ovens CDU: Aber Sie haben kein Konzept!)

Und dieser vernünftigen Erkenntnis folgt auch die Strategie für den Ausbau der Technischen Universität. Die Eckpfeiler stehen und jetzt wird, genau wie es sich in der Wissenschaft gehört, gemeinsam eine Abstimmung mit der Universität weiter geplant. Dieses Vorgehen erscheint mir weder utopisch noch abstrakt, sondern einfach nur sinnvoll.

Halten wir einmal Folgendes fest: Insgesamt 19 Millionen Euro werden in den kommenden fünf Jahren in die Hand genommen. In der ersten Phase bis 2022 werden unter anderem das Studienangebot ausgebaut und mindestens 15 neue Professuren eingerichtet. Um direkt loslegen zu können, bekommt die TU bereits in diesem Jahr zusätzlich 3,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nach den ersten fünf Jahren werden die Experten prüfen, wie diese Wachstumsphase verlaufen ist. Es kann dann also nachjustiert werden, bevor es in

die weitere Aufbauphase geht. Aus meiner Sicht ist auch das ein kluges, umsichtiges und durchdachtes Vorgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der neue Präsident der TU, Professor Brinksma, brauchte nur wenige Wochen in Hamburg, um eines deutlich zu erkennen: Dass es anderswo nicht selbstverständlich ist, wie sich dieser Senat und diese Koalition der Wissenschaft verschreiben.

Ich freue mich sehr, dass Professor Brinksma auch noch eine weitere richtige Erkenntnis betont hat. Größe spielt eben nicht die wichtigste Rolle, wenn es darum geht, gut oder vorn dabei zu sein. Ich zitiere:

"Qualität spielt ebenfalls eine Rolle und diese hat auch mit dem Fokus auf den richtigen Themen zu tun, mit guter Organisation und bestmöglicher Kooperation zwischen Forschern."

Die Technische Universität hat bereits jetzt internationale Strahlkraft und ihre Expertise ist anerkannt. Sie dockt ganz im Sinne der vorgenannten Aussage überaus klug an vorhandene Cluster in Logistik und Luftfahrt an. Sie entwickelt neue Technologien, zum Beispiel für die Energieversorgung oder in der Digitalisierung; und das sind Themen, die uns bereits jetzt viel beschäftigen

(Glocke)

und in Zukunft noch mehr beschäftigen.

Herr Gögge, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen …

Nein danke.

Meine Damen und Herren! Das Wachstum der TU ist für ganz Hamburg ein Signal des Aufbruchs, aber speziell für Harburg hat es eine besondere Bedeutung. Dieser dynamische Stadtteil, in dem sich derzeit bereits viel bewegt, wird von der Entwicklung und Ausdehnung der Hochschule massiv profitieren. Die Hochschule wird zur Keimzelle, aus der sich Harburg stetig zum Wissenschaftszentrum Hamburgs weiterentwickelt. Ich kann mir vorstellen, dass in der Umgebung der TU eine ähnliche Vorwärtsbewegung wie zum Beispiel in Lüneburg spürbar sein wird.

Ich fasse zusammen: Wissenschaft wird in unserer Stadt künftig weiter eine sehr zentrale Rolle spielen. Rot-Grün macht mit klugen Entscheidungen diese Bedeutung sehr klar. Mit der Technischen Universität und ihrem Wachstum starten wir den Aufbruch, den Hamburg braucht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Carsten Ovens)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Dolzer das Wort.

Ja, vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun sollen von 2018 bis 2022 an der TU Harburg 19 Millionen Euro zusätzlich zum Grundbudget investiert werden. Das finden wir erst einmal gut, aber das ist im Grunde genommen …

(Kazim Abaci SPD: Reicht nicht? Immer mehr!)

5 Millionen Euro im Jahr ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man bedenkt, was wirklich notwendig ist; da muss viel mehr getan werden.

(Beifall bei der LINKEN)