Protocol of the Session on December 20, 2017

Auch Herr Wysocki hat schon auf die inhaltlichen Schwierigkeiten, sage ich jetzt einmal, in diesem Antrag hingewiesen. Dazu will ich auch gar nichts weiter sagen, weil meine beiden Vorredner dazu schon hinlänglich alles Wichtige gesagt haben.

Ich möchte noch einmal auf die politische Dimension des Vertrags eingehen und auch auf das politische Ziel, das die AfD offensichtlich hier mit ihrem Antrag verfolgt. Sie, Herr Professor Kruse und Ihre Kollegin und die Kollegen in der Fraktion, haben nur ein einziges Ziel, diesen Staatsvertrag oder diesen Vertrag aufzukündigen und letztendlich für nichtig zu erklären. Da muss ich sehr klar sagen: Da haben Sie, glaube ich, niemanden an Ihrer Seite hier im Parlament; jedenfalls habe ich das so wahrgenommen. Auf jeden Fall haben Sie uns

GRÜNE und die SPD, für die kann ich hier durchaus auch sprechen, nicht an Ihrer Seite, denn unser Ziel ist sehr klar, mithilfe des Vertrages ein friedliches Zusammenleben hier in unserer Gesellschaft mit dem interreligiösen Dialog zu ermöglichen und auch umzusetzen. Ich finde, es lohnt sich, dafür tatsächlich auch durch schmerzhafte und anstrengende Prozesse zu gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Alle religionspolitischen Sprecherinnen und Sprecher befinden sich in einem dauernden Gespräch mit der DITIB, mit regelmäßigen Gesprächskreisen. Meine Wahrnehmung ist zumindest, dass die doch in einem mittlerweile sehr großen Vertrauensund Offenheitsverhältnis miteinander stattfinden. Ich bin eher verwundert darüber, wie offen dort gesprochen wird. Glauben Sie im Ernst, dass es diese Gespräche geben würde, wenn wir diesen Vertrag aussetzen oder für nichtig erklären würden? Glauben Sie im Ernst, sie hätten auch nur einen Funken an Motivation, sich in diese anstrengenden Gespräche zu begeben, in die konfrontativen Gespräche? Nein, das glaube ich bestimmt nicht. Deshalb sage ich: Wir brauchen diesen Vertrag, um weiter im Gespräch zu bleiben, auch im kritischen Gespräch. Glauben Sie nicht, dass wir uns keine Sorgen machen. Aber dieser Vertrag ist eine gute Basis und wir stehen dazu, den weiterhin aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich schließe mich meinem Kollegen Wersich an. Ich möchte auch darum bitten, dass Sie diesen Antrag zurücknehmen, weil er wirklich sachlich, juristisch so erhebliche Mängel aufweist, dass er eigentlich dieses Parlaments nicht würdig ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. von Berg. – Es erhält das Wort Frau Özdemir von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kruse, natürlich gibt es besorgniserregende Entwicklungen in der Türkei, die auch für uns in Deutschland spürbar sind. Natürlich gibt es einen gewissen Aufbau von Netzwerken Erdogans auch hier in Deutschland, die sich vielleicht auch bei DITIB bemerkbar gemacht haben. Aber wir und auch Sie wissen, weil Sie auch an dem Tisch sitzen, dass es momentan einen sehr harten, einen sehr schwierigen Prozess gibt. Wir wissen alle nicht, wie dieser Prozess ausgehen wird. Ob er im Sinne von DITIB und auch der Stadt Hamburg positiv oder negativ ausgehen wird, das wird erst am 24. Dezember in Köln entschieden. Ich finde, wir müssen diesen Prozess abwarten trotz aller Kritik an DITIB, trotz

(Dietrich Wersich)

aller Sorge darum, wie sich die Situation entwickelt, wie auch Oppositionelle, die momentan geflüchtet sind, Angst haben, beunruhigt sind. Es sind auch noch einige Tage bis dahin. Ich finde, erst dann können wir sagen, wie es auch mit DITIB-Nord weitergeht. Erst dann macht es Sinn, diese Debatte noch einmal aufzurollen. Wir haben in der letzten Zeit viel darüber gesprochen und viel darüber diskutiert. Ich finde es richtig, zu diesen Vorwürfen und Vorfällen, die öffentlich geworden sind, auch mit den Partnern des Staatsvertrages in Kontakt zu treten und sie damit zu konfrontieren, darüber zu sprechen und auch zu zeigen, dass man ein Auge darauf hat und diese negativen Entwicklungen und Vorfälle im Blick hat und sie eben auch nicht so durchgehen lässt.

Aber dieser Antrag, und das haben wir in den vorherigen Debatten auch bei Ihrer Fraktion gerade bemerkt, tut wirklich nichts zur Sache. Es geht Ihnen nicht um den Sachverhalt, es geht Ihnen im Endeffekt um den Islam. Sie haben versucht, in diesem Antrag einen sachlicheren Ton zu fassen. Aber jetzt einmal im Ernst: Die Debatten der letzten Monate haben doch gezeigt, welche Bestrebungen Sie haben und wie Ihr Verhältnis zu der Religion Islam und auch zu den Islamverträgen ist. Wir wissen, welches kritische, sage ich einmal, Verhältnis Sie zu den Verträgen haben. Wir wissen auch, dass Sie gar nicht verstanden haben, was diese Verträge eigentlich für die Stadt und auch für die Religionsgemeinschaften in dieser Stadt bedeuten. Da würde ich Ihnen noch einmal raten: Gerade der interreligiöse Dialog in dieser Stadt ist ein großer Schatz; an dem muss man festhalten, und dazu gehören eben auch die Islamverbände.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Özdemir. – Es erhält das Wort Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie wir zu den Staatsverträgen stehen, glaube ich, brauchen wir jetzt hier nicht noch einmal zu wiederholen. Wir haben sie damals abgelehnt, und zwar einmal aus grundsätzlichen Gründen, weil wir auch nicht der Auffassung sind, dass man sich nur unterhalten und Gespräche führen kann, wenn man miteinander einen Vertrag hat; das müsste auch so gehen. Deswegen kann das nicht der ausschlaggebende Punkt sein.

(Farid Müller GRÜNE: Aber manchmal ja!)

Und auch, weil wir damals schon, und das hat sich jetzt auch bewahrheitet, der Auffassung waren, dass die Vertragspartner zumindest einige Fragen aufwerfen. Das gilt insbesondere für die DITIB. Wir alle wissen, dass die DITIB sich bis jetzt nicht von der Diyanet losgelöst hat, und wir alle wissen auch,

dass die DITIB von Erdogan, nämlich aus der Türkei, einer Autokratie, gesteuert ist. Wir müssen hier nicht so tun und es verharmlosen, als ob das nicht so wäre. Das hat mit den Gesprächen oder dem Gesprächeführen, ehrlich gesagt, nichts zu tun. Das ist Nummer eins.

Zweitens wissen wir, dass hier auch in Moscheen zum Teil wirklich, ich will nicht sagen verfassungsfeindlich, aber zumindest die Verfassung bezweifelnde Predigten gehalten worden sind. Das ist sehr integrationsfeindlich und nicht integrationsfreundlich. Auch das ist eine Tatsache, die wir hier jetzt einmal alle miteinander zur Kenntnis nehmen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Das Dritte ist, dass der Antrag der AfD … Also Sie haben ja heute schon eine Erziehungsstunde hinter sich, warum das alles schlimm ist, was Sie fordern. Ich fand, ehrlich gesagt, dass Sie sich dieses Mal sachlich mit einem muslimischen Verein beschäftigt haben. Deswegen hätte ich das heute hier einmal nicht so gesehen, aber bitte sehr, man kann sich ja auch einmal ein Alleinstellungsmerkmal Ihnen gegenüber erarbeiten. Dennoch ist es natürlich nicht mit dem Vereinsgesetz vereinbar, was Sie hier fordern, denn Sie können so etwas nicht fordern, weil es einfach nicht damit vereinbar ist, also rechtlich völlig undenkbar. Ich bin der Meinung, dass man es einmal politisch diskutieren muss. Wir sind dagegen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg Staatsverträge mit Vereinen hat, die sich verfassungsfeindlich verhalten, und auch mit welchen, die antisemitische Tendenzen haben. Deswegen hat uns umso mehr gewundert, dass die GRÜNEN auf ihrer Mitgliederversammlung das wieder einmal nicht durchgebracht haben, dass einige von denen, die ja wirklich klug sind, gesagt habe, man müsse die Gespräche aussetzen, solange die sich da nicht anders verhalten und weiterhin an antisemitischen Demonstrationen teilnehmen, und die sich auch bis jetzt,

(Phyliss Demirel GRÜNE: Die Schura!)

und da kommen wir einmal zu den Gesprächen zurück, die wir auch mit der Schura, dem zweiten Vertragspartner, geführt haben, immer noch nicht davon distanziert haben, was sie uns in diesen Gesprächen versprochen hatten.

Summa summarum möchte ich sagen …

(Glocke)

Ist meine Redezeit zu Ende?

Nein, nicht zu Ende, aber Herr Müller bittet um das Wort.

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP (fortfahrend) : Nein, das möchte ich jetzt gerade

(Cansu Özdemir)

nicht, ich möchte nämlich gern hier zu Ende ausführen.

Die beiden Vertragspartner sind nicht die, von denen wir uns vorstellen können, dass man mit ihnen qua Staatsvertrag ein integrationsbesseres Gespräch führen könnte, erstens. Und zweitens, und das ist für uns viel wichtiger: Wir sollten hier langsam, glaube ich, alle einmal ein bisschen Haltung zeigen und das auch deutlich machen und nicht immer in so einem Wischiwaschikonsens sagen: Ja, wir müssen mit denen reden. Wir können auch sonst mit denen reden. Außerdem, ein kleines Beispiel: Wir sollten nicht so tun, als ob die DITIBNord mit diesen Dingen nichts zu tun hätte. Denn wie wir gerade erfahren haben, übrigens von der DITIB-Nord selbst, ist ihnen verordnet worden, dass sie keine Vorstandswahlen durchführen dürfen, und das ist ihnen von ihrer fröhlichen Zentrale verordnet worden. Das heißt, sie sind überhaupt nicht unabhängig, sondern sie sind weit abhängiger, als man denkt. Dann zu sagen, wir wollen doch den Türken hier so ein bisschen helfen und wir wollen ihnen irgendwie zeigen, dass wir doch an ihrer Seite stehen, das finde ich, ehrlich gesagt, totalen Quatsch, weil man genau damit ihnen nicht hilft. Ein freies und offenes Wort und eine klare Haltung können hier mehr leisten, als wenn wir uns irgendwie einreden wollen, dass wir durch Gespräche allein irgendetwas ändern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Vielen Dank, Frau von Treuenfels-Frowein. – Es wünscht das Wort Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache es auch kurz. Wir von der AfD-Fraktion und ich persönlich sind sehr für den Dialog mit den Muslimen. Die Frage ist nur, ob die DITIB berechtigter Gesprächspartner ist. Jetzt haben wir die DITIB und wir haben zwei sehr gute Gespräche gehabt. Frau von Treuenfels-Frowein war dabei, Herr Wersich war dabei und Herr Wysocki war dabei. Es waren sehr gute Gespräche und ich war sehr beeindruckt von Herrn Simsek, der sehr offen mit uns gesprochen hat. Ich war sehr davon beeindruckt. Aber sein Hauptthema war: Wir können hier gar nichts machen, die Befehle bekommen wir aus Köln. Das ist genau das, was der Gegenstand meines Antrags ist. Wir müssen dafür sorgen, dass die Muslime hier in Hamburg, und sei es auch unter dem Namen DITIB, ein eigenständiger Vertragspartner sind, dass sie etwas tun können, was wirklich für Hamburg ist und was unabhängig von der Diyanet ist und damit von Ankara. Das ist der Gegenstand meines Antrags.

(Dietrich Wersich CDU: Das steht da aber nicht!)

Der ist politisch und nicht juristisch und nicht vereinsrechtlich, Herr Wersich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Professor Kruse. Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer also möchte nun die Drucksache 21/11243 federführend an den Innenausschuss sowie mitberatend an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache.

Wer möchte dem Antrag der AfD-Fraktion aus Drucksache 21/11243 seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt 10, Drucksache 21/11211, Senatsantrag: Haushaltsplan 2017/2018: "Innovationsfonds Digitale Stadt": Zustimmung zur Mittelverwendung für das "Programm Digital First".

[Senatsantrag: Haushaltsplan 2017/2018 – "Innovationsfonds Digitale Stadt": Zustimmung zur Mittelverwendung für das "Programm Digital First" – Drs 21/11211 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Die Hamburger Verwaltung wird digital – "Digital First" treibt den digitalen Wandel voran – Drs 21/11429 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/11429 ein Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN vor. Die Fraktionen der CDU und der FDP möchten den Senatsantrag an den Haushaltsausschuss überweisen.

Wer wünscht zu dieser Debatte das Wort? – Herr Quast von der SPD-Fraktion, Sie haben es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ziel der Koalition ist es, die Digitalisierung von Serviceleistungen der Verwaltung voranzutreiben. Hamburg hat hier schon viel geleistet, gleichwohl bietet die Transformation noch viel Potenzial. Wir wollen, dass durch die Digitalisierung Verwaltungsdienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger und für Unternehmen komfortabler angeboten werden, dass Behördengänge reduziert

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

werden können und dass Daten möglichst nur ein Mal erhoben werden und dann für viele Dienstleistungen genutzt werden können. Ziel ist also eine termin- und ortsunabhängige Kommunikation zwischen Bürgern, Unternehmen einerseits und Ämtern andererseits,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)