Protocol of the Session on December 20, 2017

Wer möchte die Drucksache gern an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Ist jemand gegen die Überweisung? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren bei wenigen Gegenstimmen so angenommen.

Wir kommen zu Punkt 49 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/11246, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zerfall der Kaimauern im Hamburger Hafen – Sanierung in der Speicherstadt.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zerfall der Kaimauern im Hamburger Hafen – Sanierung in der Speicherstadt – Drs 21/11246 –]

Diesen Antrag möchten die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der LINKEN an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Die CDU-Fraktion wünscht eine Überweisung an den Kulturausschuss. Es handelt sich hierbei um eine Kurzdebatte, die auch stattfindet.

Wer wünscht das Wort seitens der LINKEN? – Herr Hackbusch, Sie bekommen es für zwei Minuten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir als Links-Fraktion überlegen ja immer, wo wir Volksinitiativen in Gang setzen können, denn es ist das einzige Erfolgsmoment, das wir gegenüber der Regierung sehen. Wir haben jetzt die Situation, dass wir den Zustand der Kaimauern beziehungsweise der Sanierung in dieser Stadt diskutieren müssen. Der Bürgermeister hat voller Stolz vor einigen Wochen hier dargestellt, dass er die Sanierung an allen Orten dieser Stadt kräftig vorangebracht hat. Wir stellen jetzt in diesen Tagen allerdings fest, dass er in einem wichtigen Bereich völ

lig versagt hat und eine Instandsetzung überhaupt nicht stattgefunden hat, und zwar im Bereich der Kaimauern im Zusammenhang mit der Speicherstadt. Dieses Thema ist seit zehn Jahren bekannt, wird seit zehn Jahren diskutiert und es ist nichts geschehen. Wir sehen uns auch hier wie jedes Mal bei Ingenieursbaumaßnahmen der Schwierigkeit und der Situation ausgesetzt, dass im Nachhinein alles besonders teuer wird, wenn man am Anfang keine Sanierung vornimmt. Besonders teuer wird es jetzt, wir haben es heute lesen können, allein für den inneren Bereich der Speicherstadt. Eine solche Sanierung kostet über 100 Millionen Euro im Gegensatz zu dem, was vorher veranschlagt wurde. Das ist ein großes Versäumnis dieses Senats, das wir so nicht akzeptieren können.

(Beifall bei der LINKEN – Farid Müller GRÜ- NE: Ich hab von Ihnen auch keinen Antrag vorher gesehen!)

Das ist die Situation. Genau dazu, im Zusammenhang mit Sanierungen in dieser Stadt, haben wir schon einmal einen Antrag gestellt. Da hat der Senat immer gesagt, er hätte alles im Griff. Tatsache ist aber, er hat das eben nicht im Griff, wie sich jetzt herausstellt. Diese 100 Millionen Euro zeigen nur einen kleinen Bereich auf, und zwar den Bereich innerhalb der Speicherstadt. Wenn wir alles andere noch hinzunehmen, kommen wir zu riesigen Dimensionen. Dort sehe ich mich in einer sehr schwierigen Situation, wie ich eigentlich den heutigen Artikel im "Hamburger Abendblatt" verstehen muss, denn wir versuchen, dieses Thema zu diskutieren. Der Senat erzählt uns, dass er jetzt ein Register aller Uferbefestigungen erstellen will.

(Dirk Kienscherf SPD: Klar, gut!)

Wir versuchen zu verstehen, wie teuer die Sanierung ist, und Sie wissen noch nicht einmal, welche Uferbefestigungen Sie eigentlich haben. Wo sind wir denn hier?

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Martin für die SPD-Fraktion.

Das ging ja schnell zu Ende.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Sanierung der Hamburger Infrastruktur ist in der Tat eines unserer Kernanliegen, ob es bei Straßen ist, an Schulen, an Brücken, an Gebäuden und, Herr Hackbusch, natürlich auch bei den Kaimauern. Weil Sie uns ja eben vorgeworfen haben, es sei die letzten Jahre nichts passiert, vielleicht nur ein paar Beispiele. In den letzten fünf Jahren wurden unter anderem der O'Swaldkai, Bremerkai, Burchardkai, Athabaskakai saniert. Im Moment laufen drei Maßnahmen in der Speicherstadt, am Fährkanal und weitere sind aktuell auch schon in

(Präsidentin Carola Veit)

Planung. Ich denke, das ist weitaus mehr als nichts.

(Beifall bei der SPD)

Aber, und da sind wir gar nicht auseinander, wir brauchen weit mehr als nur einzelne Sanierungsmaßnahmen. Wir brauchen eben analog zur Straßensanierung eine umfassende Zustandsbeschreibung der Kaimauern und Befestigungsanlagen, um eben daraus ein systematisches Sanierungs- und Erhaltungsmanagement zu entwickeln. Genau daran arbeitet der Senat in einer behördenübergreifenden Arbeitsgruppe. Daran wird gearbeitet für die Speicherstadt, in der es schon erste Bestandsaufnahmen gab, für die verschiedene Sanierungsmaßnahmen jetzt auch auf dem Tisch liegen, aber noch keine Entscheidung getroffen wurde – das ist mir wichtig zu betonen –, weil es auch schon andere Verlautbarungen dazu gab. Und es wird auch, und das ist genauso wichtig, außerhalb des Hafengebiets dieses Register der Uferbefestigung geben, um auch dort zu schauen, wo es langfristig einen Sanierungsbedarf gibt, um den dann beplanen zu können. Also, es ist völlig richtig, dass wir diese Thematik der Sanierungsmaßnahmen im Ausschuss weiter diskutieren. Der Antrag von Ihnen kommt dazu ein bisschen spät. Der Wirtschaftsausschuss ist genau der richtige Ort dafür, weil es ja nicht nur um die Speicherstadt geht, sondern auch um weitere Kaimauern. Aufgrund des Denkmalschutzes, aufgrund des UNESCO-Weltkulturerbestatus ist uns aber auch als Wirtschaftsausschuss sehr wohl bewusst, dass es sehr sensibel ist, wenn wir über Speicherstadt reden. Uns ist natürlich auch bewusst, dass es Sorgen von Barkassenbetreibern über die zukünftige Befahrbarkeit gibt. Also werden wir im Wirtschaftsausschuss weiter diskutieren und beraten, auch über das Thema der Kosten und des Zeithorizontes. Dann werden wir sicherlich auch bei den Kaimauern ein gutes Stück vorankommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Niedmers hat das Wort für die CDU-Fraktion.

(Arno Münster SPD: Der war doch wirklich noch nie im Hafen!)

Ja, vielen Dank, meine sehr geschätzte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Sanierung der Kaimauern in der Speicherstadt sowie in großen Teilen des Hafengebietes längst überfällig ist, steht außer Frage. Während man auf nennenswerte Fortschritte bezüglich komplexer Großprojekte wie beispielsweise Elbvertiefung oder ein funktionsfähiges Sedimentmanagement vergebens wartet, sollte man doch eigentlich als Hamburger Bürgerin und Bürger annehmen, dass dieser Senat wenigstens bei der Sanierung von Kaimauern einen

Schritt vorankommt. Unter der rot-grünen Regierung in Hamburg versteht sich diese Annahme jedoch leider als klare Fehlanzeige.

Schaut man sich die Zuständigkeitssituation der für die Kaimauern relevanten Behörden an, spiegelt dies die eklatante Verworrenheit der Regierung wider. In den meisten Fällen ist die Hamburg Port Authority für die Kaimauern zuständig. Ist die Anlage für den Hochwasserschutz relevant, steht wiederum der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer in der Verantwortung. Noch dazu ist für die gesamte Speicherstadt die Finanzbehörde mit dem Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen zuständig. Damit aber nicht genug. Verläuft die Kaimauer nämlich zum Beispiel über einen Gehweg, kommen zumeist auch noch die Bezirke mit ins Spiel.

Diese kurze Ausführung soll bereits ausreichen, um das rot-grüne Chaos, das in puncto Strukturlosigkeit und Intransparenz wieder einmal alles toppt, für jedermann hier im Hause ersichtlich zu machen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Hansjörg Schmidt SPD: Das war zu CDU-Zeiten nicht anders!)

Fakt ist: Was der rot-grüne Senat als behördenübergreifende Koordination bezeichnet, ist vielmehr ein gegenseitiges Blockieren, das in eine unnötige Verzögerung der Notwendigkeiten mündet.

Wie wir heute vernommen haben, sollen nach Schätzungen die Sanierungskosten von etwa 29 Millionen 2012 auf jetzt 129 Millionen Euro gestiegen sein. Eine günstigere Kostenvariante, das konnte man heute auch im "Hamburger Abendblatt" nachlesen, liegt bei 75 Millionen Euro. Also komplette Verwirrung.

(Dorothee Martin SPD: Das stimmt! – Glocke)

Wir als CDU-Fraktion

(Glocke)

fordern den Senat auf …

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

… endlich tätig zu werden. Wir werden der Überweisung an den Ausschuss zustimmen. Dann erwarten wir auch, dass die Fakten im Ausschuss diskutiert werden und nicht am Tag vor der Ausschussbefassung

(Dirk Kienscherf SPD: Was ist das jetzt? – Glocke)

die Presse informiert wird.

(Beifall bei der CDU)

(Dorothee Martin)

Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Immer nach der Rede von Herrn Niedmers denkt man, man möchte seine Ausschussüberweisung wieder zurückziehen. Aber ich glaube, DIE LINKE hat hier einen wichtigen Punkt genannt, der uns alle angeht. Die Frage ist: Wie sanieren wir unsere Speicherstadt als eines der zentralen Themen, aber darüber hinaus, wie gehen wir auch mit Kaimauern um, die nicht nur dem Hafen direkt dienen, sondern auch in anderen Gebieten liegen? Wie wir alle wissen, ist die Speicherstadt UNESCO-Weltkulturerbe. Es verbinden sich damit ein paar Themen, was Barkassenbetriebe angeht, wie man das sanieren möchte und mit welcher Wassertiefe man es instand setzen möchte. Wir alle haben von Frau Martin gehört, dass die Behörden mit einer Arbeitsgruppe an dem Thema dran sind. Ich glaube, es liegt in der Natur der Sache, dass an vielen Grundstücken – ich meine, wir haben als Hamburg einen großen Hafen mit viel Wasserfläche – einige davon betroffen sind. Das finde ich jetzt irgendwie wenig verwunderlich. Dass wir das gemeinsam angehen, dass wir gucken, was in den letzten hundert Jahren passiert ist, nämlich relativ wenig, wollen wir jetzt gern mit Ihnen gemeinsam im Ausschuss behandeln. Deswegen machen wir dann trotzdem die Ausschussüberweisung. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kruse bekommt das Wort für die FDP-Fraktion.

Herr Tjarks, fehlt Ihnen Redezeit oder was war da eben los?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Zwei Minuten sind zwei Minuten!)

Ich denke, wir sollten, auch wenn wir eine Kurzdebatte führen, zumindest die Sätze doch zu Ende führen, die wir hier am Rednerpult vortragen. So macht das Ganze ja wenig Sinn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen und Monaten ein Bild erlebt, was wir, glaube ich, alle nicht so schön finden, nämlich dass an der einen oder anderen Stelle der Eindruck entstand, dass Hamburg langsam ins Wasser bröckelt und sich Stück für Stück Teile dieser geliebten Stadt langsam ins Wasser verschieben. Herr Kollege Niedmers liegt ja ganz richtig, wenn er sagt, es gebe einen Wirrwarr an Zuständigkeiten.

(Jan Quast SPD: Gibt es ja!)

Wir haben sehr viele Kaimauern im Hafen, die mittlerweile nicht mehr genutzt werden können, Kai

mauern, die eigentlich dafür gedacht sind, dass dort Schiffe anlegen können, aber an denen das eben nicht mehr möglich ist, weil die HPA sie nicht instand hält, sodass sich Unternehmen mittlerweile in der Situation sehen, beispielsweise bei Nachbarunternehmen anzufragen, ob ihre Schiffe dort anlegen dürfen. Wir haben die bezirklichen Kaimauern, wo wir ja auch einen sehr gefährlichen Fall am Wochenende erlebt haben, nämlich dass ein Einsatzteam nicht mehr rechtzeitig kommen konnte. Und wir haben dann aber auch noch die Flächen, die letztendlich kulturelles Erbe sind und bei denen es ebenfalls darum geht, dafür zu sorgen, dass die saniert werden, bevor sie ins Wasser abgerutscht sind, weil dieser Schaden dann irreparabel wäre. Wir sind als FDP-Fraktion sehr skeptisch, dass die von Dorothee Martin eben beschriebene Arbeitsgruppe zwischen den Behörden die Lösung sein soll. Ehrlich gesagt, wir halten das eher für einen Teil des Problems, dass nämlich genau in diesen interbezirklichen und interbehördlichen Arbeitsgruppen keine guten Ergebnisse erzielt werden. Deswegen sprechen wir uns dafür aus, dass es da klare Zuständigkeiten gibt. Sie sollten dieses Problem jedenfalls nicht so behandeln, wie Sie es bisher tun, es selbst drei Jahre liegen lassen und am Ende wieder bei Herrn Krupp in der Senatskanzlei zentralisieren. Bitte gehen Sie mit diesem Problem anders um, sonst ist es zu spät. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Kazim Abaci SPD)