Protocol of the Session on November 22, 2017

(Beifall bei der FDP)

Wir bleiben deshalb bei der für uns unverfälschten Wahrheit, es ist eben nicht einfach besser, zu regieren, wir wollen nicht falsch regieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Von der AfD-Fraktion bekommt nun Herr Dr. Wolf das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren! Im Ergebnis sind die Jamaika-Sondierungen nach vier Wochen – seit der Wahl sind sogar acht Wochen vergangen – krachend gescheitert. Viel Zeit ist verloren gegangen, viel Geld ist verschwendet worden, ohne dass Deutschland vorangekommen ist. Das einzig Gute vielleicht, dem Land bleibt eine grüne Regierungsbeteiligung erspart.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

(Beifall bei der AfD)

Am Scheitern haben alle beteiligten Akteure und Parteien ihren Anteil. Eine einseitige Schuldzuweisung gegen eine Partei ist billig und durchsichtig, um vom eigenen Versagen abzulenken. Eine besondere Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen trägt natürlich Angela Merkel,

(Jörg Hamann CDU: Natürlich! – Dennis Thering CDU: Wie sollte es auch anders sein!)

die es, wie aus gut informierten Kreisen in Berlin immer wieder berichtet wurde, nicht geschafft hat, die Sondierungspartner zueinander zu führen, und sie konnte auch keine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre herstellen.

Deutschland hat acht Wochen lang erlebt, wie die Sondierungspartner gefeilscht, gepokert, sich gegenseitig misstraut und gar beleidigt haben. Mit verantwortlicher Politik, Verantwortung für unser Land mit Stil hat das nichts zu tun. Weiter noch, es ist eine historische Zäsur, erstmals sind die Altparteien nicht willens oder fähig, eine Bundesregierung zu bilden.

(Ksenija Bekeris SPD: Und jetzt bringen Sie sich ins Spiel!)

Ein einfaches "Weiter so!" ist nicht mehr möglich. Die Krise der Altparteien führt jetzt zu einer Regierungskrise. Von einer Staatskrise will ich noch nicht sprechen.

Angela Merkel hat abgewirtschaftet. Der kleinste gemeinsame Nenner der anderen, gegen die AfD zu sein, ist zu wenig für Deutschland. Die FDP hat wohl am klarsten erkannt, dass es eine gänzlich verfehlte Politik gewesen ist, die die AfD etabliert und so erfolgreich in den Deutschen Bundestag geführt hat.

(Beifall bei der AfD)

Sie sitzt vor allem der Union und der FDP permanent und stets im Nacken. Gerade die FDP hat ja einige AfD-Positionen übernommen.

(Heiterkeit bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Dass sie am Ende diesmal nicht umgefallen ist, dafür ist ihr einerseits durchaus Respekt zu zollen. Andererseits zeigt es natürlich auch, wie stark die Angst vor der AfD ist, wobei ich mir sicher bin, dass der Wähler am Ende das Original und nicht die Kopie wählen wird. Das Ende einer möglichen Jamaika-Koalition könnte endlich den dringend notwendigen Politikwechsel in diesem Land einleiten. Deutschland wartet auf eine deutliche Kurskorrektur in allen wesentlichen Politikfeldern,

(Dennis Thering CDU: Und keiner wartet auf Sie!)

vor allem in der Flüchtlingspolitik, aber auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik und in der Politik der verfehlten Euro-Rettung. Die AfD scheut keine Neuwahlen.

Unsere Ideen, insbesondere in den Politikfeldern Asyl, Einwanderung und Islamkritik, sind die Themen der Zeit. Es sind die Probleme, die die Menschen in diesem Land bewegen und die die etablierten Parteien bislang nicht gelöst haben. Sie zeigen auch nicht, dass sie sie zu lösen gewillt sind. Mit diesen Themen werden wir auch im Szenario von Neuwahlen in die Offensive gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Damit gehen wir in die zweite Runde. Das Wort bekommt Frau Gallina von der Fraktion der GRÜNEN.

Liebe Frau von Treuenfels-Frowein! Wir haben ja gestern Abend schon ein bisschen diskutieren können bei Herrn Schalthoff. Da habe ich Ihnen auch schon gesagt, auch ich hätte an eine Partei, die meint, liberale Werte zu vertreten, die Erwartung gehabt, dass sie in einer so schwierigen Situation nach einer Wahl die Rolle einnimmt, Brücken bauen zu wollen. Ich habe das leider nicht wahrgenommen und ich bedauere das sehr an dieser Stelle.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich freue mich übrigens auch hier vorn über Aufmerksamkeit.

Dann sind Sie aus den Sondierungsgesprächen ausgestiegen mit der Ansage, wir können nicht gegen unsere Grundüberzeugungen handeln. Dann frage ich Sie aber auch: Ist es denn eine liberale Grundüberzeugung, die Zusammenführung von Familien zu verhindern? Ist es eine liberale Grundüberzeugung, Frauen und Kinder in Kriegs- und Krisengebieten zurückzulassen?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mit Ihrer Haltung beim Familiennachzug haben Sie versucht, sich noch rechts der CSU zu positionieren und ich finde, das ist eine besonders traurige Angelegenheit.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber eines, finde ich, ist in dieser Debatte bisher zu kurz gekommen, denn es sind ja tatsächlich wir alle, die Verantwortung tragen. Es sind wir alle, die umgehen müssen mit schwierigen Wahlergebnissen, die sich für uns teilweise wie eine Zumutung anfühlen mögen, aber dennoch sind sie dadurch ja nicht illegitim geworden. Und ich denke auch, eines hat diese Situation gezeigt: Wir müssen an unserer politischen Kultur arbeiten. Es muss möglich sein, dass wir in gesellschaftliche Diskurse darüber

(Dr. Alexander Wolf)

eintreten, welche Probleme wir tatsächlich haben, denn das per se Schlechtreden der Situation Deutschlands finde ich auch, ehrlich gesagt, völlig absurd. Aber es muss darum gehen, dass wir diese Probleme gemeinsam analysieren, die da sind, dass wir daraus aber auch schaffen, gemeinsam Lösungen oder zumindest Ideen dafür zu entwickeln, anstatt uns immer nur einzelne Forderungen aus Wahlprogrammen gegenseitig um die Ohren zu hauen. Aus meiner Sicht haben wir das als GRÜNE an einigen Stellen versucht, aber ich glaube, insgesamt ist Deutschland von einer solchen Kultur leider noch weit entfernt.

Und ich möchte an DIE LINKE auch noch einmal sagen, wissen Sie, wenn Sie sich hier so hinstellen, ich höre immer, ja, aber wir wollen mehr. Wir wollen mehr dieses und wir wollen mehr jenes und so weiter. Wann rechnen Sie denn eigentlich mit der absoluten Mehrheit für Ihre Fraktion?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn Sie sind überhaupt nicht bereit, sich in irgendeiner Weise zu bewegen. Sie sagen immer nur: Alle anderen müssen sich ändern, damit wir unsere Politik umsetzen können. Das finde ich total fahrlässig, das muss ich Ihnen auch einmal sehr deutlich sagen. Und um jetzt mit diesem schönen Spruch von Herrn Lindner, den es in verschiedenen Ausführungen gibt, noch einmal abzuschließen, habe ich heute im Netz gelesen, es ist besser, nicht Hausaufgaben zu machen, als falsch Hausaufgaben zu machen. Ich würde sagen, Aufgabe von Politik ist, immer Hausaufgaben zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Von der SPD-Fraktion bekommt nun Herr Dr. Dressel das Wort.

(Zurufe von der CDU)

– Auf jeden Fall.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! So, wie der Kollege Trepoll aufgeregt war – und das mit der grünen Krawatte –, muss man doch sagen, dass der CDU im Moment der Allerwerteste auf Grundeis geht, weil die Machtperspektiven im Bund verschwinden. Das ist auch eine Situation, die Sie auch für sich verarbeiten müssen, wie Sie damit umgehen wollen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Stellt ihr euch doch auch mal Fragen!)

Und die FDP muss sich auch Fragen stellen.

Ich meine, das muss doch für Sie auch ein Alarmsignal sein, dass hier einer von der AfD sagt: Ja, da haben wir doch thematische Nähepunkte. Auf welchem Weg bewegt sich denn die deutsche

FDP? Das ist eine Frage, die Sie sich stellen müssen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und wir stellen uns der Verantwortung. Ich habe auf das Thema zwei Große Koalitionen, die wir mitgetragen haben, hingewiesen. Wir werden natürlich jetzt auch in dieser schwierigen Übergangsphase in der geschäftsführenden Bundesregierung Verantwortung übernehmen und selbstverständlich auch im Bundestag. Wo dort wichtige, dringliche Entscheidungen getroffen werden, werden wir sie auch mittragen. Und trotzdem muss man doch sagen: Was ist denn der Befund nach der zweiten Großen Koalition?

(Dennis Gladiator CDU: Ihr traut es euch nicht mehr zu! Das ist der Befund!)

Das ist eine Situation, wo wir manches miteinander hinbekommen haben, aber trotzdem sehen müssen, was das Ergebnis ist. Die Ränder sind gestärkt, die politische Debatte ist polarisiert. Deshalb muss doch klar sein, Große Koalitionen können in einer Demokratie nur die absolute Ausnahme sein. Das muss doch ein Befund sein, auf den man sich auch hier im Parlament einigen kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auch der Blick nach Österreich sollte uns das ein Stück weit lehren, was passiert, wenn man Große Koalitionen als Dauerschleife macht.