Protocol of the Session on November 22, 2017

(Zuruf von Cansu Özdemir DIE LINKE)

Ich komme gleich zu Ihnen. Warten Sie einmal ab, es wird spannend.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Ich warte da- rauf!)

Natürlich werden wir uns dabei auch unserer Verantwortung in Hamburg stellen und landespolitische Möglichkeiten für eine Verbesserung bei den Lohnuntergrenzen, zum Beispiel bei städtischen Unternehmen und Beteiligungen, ausloten. Das geht nicht über Nacht und muss das jeweilige Tarifgefüge berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Ein neues Landesmindestlohngesetz macht aber keinen Sinn. Gleichwohl werden wir den Antrag überweisen. Mich wundert schon, dass Sie jetzt die Überweisung verteufeln, sonst beschweren Sie sich immer darüber, dass wir nicht überweisen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sie hätten auch Ja sagen können!)

Und noch ein Blick in Hinsicht auf DIE LINKE:

(Glocke)

Thüringen – wer ist Ministerpräsident? Kein Landesmindestlohngesetz. Wahrscheinlich sind sie der Überzeugung, Mindestlohn reicht.

(Glocke)

Herr Schwieger, jetzt muss ich Sie leider abwürgen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schwieger. – Als Nächste erhält das Wort Frau Grunwaldt von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, was für eine populistische Forderung, die uns DIE LINKE hier präsentiert. Aber zur Wahrheit gehört natürlich auch dazu, dass Ihnen Olaf Scholz hier eine entsprechende Steilvorlage geliefert hat. Wenn Sie, lieber Herr Schwieger, hier zu Recht betonen, dass man nicht über jedes Stöckchen springen soll, das einem DIE LINKE hinhält, dann hoffe ich, dass Sie auch nicht über jedes Stöckchen springen, das Ihnen Olaf Scholz hinhält.

(Beifall bei der CDU)

Fakt ist, dass derartige Forderungen eines bundeseinheitlichen Mindestlohns von 12 Euro für einen ehemaligen Bundesarbeitsminister mehr als abenteuerlich sind.

(Kazim Abaci SPD: Was? – Gabi Dobusch SPD: Da passt aber mehr als ein Blatt Pa- pier zwischen uns!)

Ein solcher Gehaltssprung gefährdet die momentan bestehenden Beschäftigungserfolge, geht im schlimmsten Falle zulasten der Allerschwächsten am Arbeitsmarkt. Herr Scholz missachtet die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission und die dortige Rolle der Sozialpartner, die sich bei Anpassungen allein an der Tariflohnentwicklung orientieren. Noch einmal zur Erinnerung: In der Mindestlohnkommission sitzen Vertreter von Arbeitgebern, aber auch von Gewerkschaftsseite, also alles Personen, denen man durchaus Expertenwissen zurechnen kann. Gerade von der SPD hätten wir daher an dieser Stelle eine deutlichere Kante erwartet, ein klareres Bekenntnis auch zur Kommission, denn schließlich hat eine SPD-Bundesministerin das Mindestlohngesetz ausgearbeitet und dies wurde von der SPD sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat beschlossen.

Nun gut. Der vorliegende Antrag soll jetzt an den Ausschuss überwiesen werden. Das war sowohl den GRÜNEN als auch der SPD gestern eine Pressemitteilung wert. Wahrscheinlich deshalb, um sich hier ein wenig herauszureden. Ich hoffe natürlich nicht, dass es so ist, aber ich teile die Befürchtung bei der LINKEN, Sie trauen sich nicht, den Antrag hier abzulehnen, überweisen ihn deshalb

an den Ausschuss. Ich hoffe aber dort auf eine wirklich fachlich fundierte Diskussion

(Dirk Kienscherf SPD: Nee! Wenn Sie sich vorbereiten!)

und auf kein plattes Das-regeln-wir-auf-Bundesebene. Gucken wir einmal nach den Mehrheitsverhältnissen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Grunwaldt. – Als Nächste erhält das Wort Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Grundwaldt, manchmal muss man die Dinge doch noch einmal zuspitzen.

(Franziska Grunwaldt CDU: Stimmt!)

Von daher ist das eine richtig, wenn Olaf Scholz sagt, jetzt sollen es einmal 12 Euro sein und da arbeiten wir dran, und wenn DIE LINKE sich das dann vornimmt und es in ihrem eigenen Stil noch toppt, dann finde ich das bei diesem Thema eigentlich sehr wichtig, um immer einmal wieder auch uns selbst wachzurütteln bei der Frage, die Sie aber ja schon vor vielen Jahren – also nicht Sie als Person, aber die CDU vor allem –, als die erste Diskussion um die Einführung des Mindestlohns aufkam, eigentlich für sich, glaube ich, abschließend beendet haben. Da haben Sie Szenarien entwickelt, die hier also ein Desaster bei den Arbeitsplätzen und bei den Unternehmen beschrieben haben. Das alles hat sich in heiße Luft aufgelöst. Dass der Mindestlohn Arbeitsplätze vernichten und die Arbeitslosigkeit sich breitmachen würde, ist schlicht und einfach Unsinn gewesen. Die Einführung des Mindestlohns ist eine der definitiv guten politischen Entscheidungen in den letzten Jahren gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das bestärkt uns natürlich darin, diesen Weg auch weiterzugehen. Herr Schwieger hat das ausführlich und sorgsam dargestellt, weil man es eben auch sorgfältig und sorgsam besprechen muss. Ich finde, der Ausschuss ist der richtige Ort dafür und ich finde auch, dass es richtig ist, den Blick auf den Bund weiter gerichtet zu halten. Wir werden uns durch diesen ganzen Wahlkampfmodus, der da im Moment immer so durch die politische Szene durchwabert, wahrscheinlich hindurchwühlen müssen. Deshalb ist es gut, in Hamburg im Ausschuss noch einmal sach- und fachgerecht zu dem Thema zu denken, auch zu streiten und uns die Hamburger Situation anzugucken, um dann hoffentlich einen adäquaten Lösungsweg hin zu einem höheren Mindestlohn und zu weniger Alltagsarmut entwickeln zu können. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Möller. – Als Nächste erhält Frau Nicolaysen von der FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass wir Freien Demokraten den Mindestlohn ablehnen, dürfte an dieser Stelle niemanden überraschen.

(Beifall bei der FDP – Gerhard Lein SPD: In der Tat!)

Wir haben schon vieles zu diesem Thema debattiert und unsere Position oft genug begründet. Wie oft müssen wir noch darauf hinweisen, dass ein Mindestlohn Menschen aus dem Arbeitsmarkt drängt

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was für ein Ar- gument!)

oder ihnen den Eintritt erschwert? Vielleicht nehmen Sie es endlich zur Kenntnis, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber am besten wissen, was in einer Branche oder einer Region eine angemessene Vergütung ist.

(Beifall bei der FDP – Vizepräsident Dr. Kurt Duwe übernimmt den Vorsitz.)

Die mit dem Mindestlohn verbundene Bürokratie schafft nur zusätzliche Probleme. Ein Arbeitgeber überlegt sich sehr genau, ob er unter diesen Umständen zusätzlichen Menschen Arbeit und Lohnerwerb gibt. Statt sich um die wahren Herausforderungen in der Arbeitsmarktpolitik zu kümmern, bauen Sie weitere Hürden auf und unterminieren auch die Tarifautonomie. Wir wissen, dass dies so nicht funktioniert und lehnen daher sämtliche Ziffern und den Antrag in Gänze ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Nicolaysen. – Als Nächster hat Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es heute Nachmittag schon einmal erwähnt und jeder weiß es: Bürgermeister Scholz ist kürzlich mit der populistischen Forderung eines Mindestlohns von 12 Euro an die Öffentlichkeit gegangen. Das konnte sich natürlich die populistische Partei DIE LINKE nicht bieten lassen. Populistische Forderungen können die LINKEN allemal besser als die SPD. DIE LINKE fordert nun also 13 Euro ab übernächstem Jahr. Ich bin gespannt, ob nächste Woche Herr Trepoll um die Ecke kommt mit der Forderung nach 14 Euro; ich hoffe nicht.

(Wolfhard Ploog CDU: 15 Euro!)

Nein, wir natürlich nicht, schließlich sind wir keine populistische Partei.

(Lachen bei der SPD)

Seien Sie so nett und hören mir noch einen Augenblick zu, ich bin gleich fertig. Als Ökonom bin ich grundsätzlich gegen jegliche staatliche Mindestpreisregulierung, und zwar vor allem wegen der unerwünschten und ineffizienten Mengeneffekte.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

Bei einem moderaten Mindestlohn sehe ich das etwas anders, und zwar aus zwei Gründen. Erstens gibt es bei Löhnen unterhalb eines moderaten Mindestlohns, und das ist ein solcher, der im Wesentlichen darauf abzielt, Ausbeutung und Armut zu verhindern, keine gravierenden Mengeneffekte, sondern nur die Ausbeutung der unqualifizierten Arbeitskräfte. Der Grund ist im Wesentlichen die staatliche Existenzsicherung der Sozialpolitik und das ist auch gut so.

Der zweite Grund ist der fiskalische Effekt von genau dem, was ich eben gesagt habe. Was Unternehmer sparen bei sehr niedrigen ausbeuterischen Preisen, zahlen der Steuerzahler und die Sozialkassen. Das kann nicht richtig sein.

Mindestlohnbewertung ist eigentlich keine grundsätzliche Frage, sondern nur eine Frage der Höhe des Mindestlohns. Oberhalb eines moderaten, Armut verhindernden Mindestlohns gibt es negative Mengeneffekte in großem Umfang, mit anderen Worten: Arbeitslosigkeit. Und das ist auch der Grund, weshalb Ökonomen eigentlich alle gegen Mindestlohn sind. Wobei ich hinzufügen möchte, es hängt tatsächlich von der Höhe ab. Deshalb würde ich, wenn die Leute festgestellt haben, 8,50 Euro waren noch kein Problem, jetzt sagen, okay, aber höhere Mindestlöhne sind es eben sehr wohl. Ein Mindestlohn von 12 oder 13 Euro ist bestimmt oberhalb eines vernünftigen und moderaten Mindestlohns. Und völlig klar ist, dass ein Mindestlohn, der bundesweit gilt, in jedem Fall nur falsch sein kann, weil die Arbeitsmarktbedingungen in allen Regionen sehr unterschiedlich sind. Wenn überhaupt Mindestlohn, dann müsste man ihn differenzieren, genauso wie das bei gewerkschaftlichen Lohnverhandlungen auch der Fall ist. Völlig klar, dass wir die Forderung der LINKEN ablehnen und natürlich würden wir auch die 12 Euro ablehnen, die unser Bürgermeister gefordert hat. – Vielen Dank.