Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 60, Drucksache 21/10702, Antrag der AfD-Fraktion: Politische Neutralität garantieren – Klarstellung der Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung.
[Antrag der AfD-Fraktion: Politische Neutralität garantieren – Klarstellung der Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung – Drs 21/10702 –]
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es waren schon denkwürdige Vorgänge, die sich vor einigen Monaten in der Schulbehörde abspielten. Herr Senator Rabe ist leider nicht mehr anwesend. Während einer Lehrerfortbildung im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung hetzten Vertreter der Behörde und ein als sogenannter Experte eingeladener Referent gemeinschaftlich und offen gegen die AfD mit so absurden Vorwürfen wie, die AfD habe den Plan gefasst, die Demokratie zu unterwandern und abzuschaffen, oder AfD-Vertreter hätten eine Kriegserklärung ausgesprochen, es gehe darum, unsere Gesellschaft und Ordnung zu zerschlagen. Lehrer machten uns auf diese Vorgänge aufmerksam, allerdings regelmäßig unter einer Bedingung: Wahrung der strikten Anonymität, man habe Angst vor Nachteilen und Repressalien im Dienst.
beschwerde gegen fünf leitende Beamte des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung gestellt. Die Reaktion der Behörde: abstreiten, verharmlosen, verdrehen. Die Veranstaltung sei keine reguläre Lehrerfortbildung gewesen, sondern eine öffentliche Lesung. Man habe sich mit demokratiegefährdenden Tendenzen in Deutschland auseinandergesetzt und dabei kontrovers diskutiert, so hieß es. Gegen das Gebot der politischen Neutralität habe niemand verstoßen, so in der Antwort auf unsere Beschwerde. Die Fakten indes waren andere. Nein, die Grenzen zur politischen Indoktrination und gezielten Verächtlichmachung einer Partei wurden hier offenkundig überschritten. Dabei ist es die Verantwortung und Pflicht des Senators, die politische Neutralität seiner Behörde als Verfassungsorgan der Freien und Hansestadt Hamburg zu garantieren und zu verteidigen. Dass er dies nicht getan hat, sich nie distanziert hat, nicht öffentlich Kritik geübt und Fehler eingeräumt hat, ist beschämend, um ein Wort im Rahmen des parlamentarischen Sprachgebrauchs zu benutzen. Die Neutralitätspflicht wird verletzt, wenn Staatsorgane parteiergreifend zugunsten oder zulasten von politischen Parteien in den politischen Wettstreit eingreifen.
Die Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem Grundgesetz. Sie leitet sich aus den Artikeln 20 und 21 ab und gehört zu den wesentlichen Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Zwei jüngere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben dies bestätigt und konkretisiert. Es heißt dort ausdrücklich, die Pflicht werde verletzt, wenn Staatsorgane parteiergreifend zugunsten oder zulasten einer politischen Partei in den Wahlkampf eingreifen. Diese Rechtsprechung hat nur augenscheinlich die Hamburger Schulbehörde noch nicht erreicht. Denn diese regelt in ihrer Geschäftsordnungsbestimmung, dass nicht für politische Parteien und Organisationen geworben werden darf, und es steht dort nicht ausdrücklich drin, dass auch nicht gegen politische Parteien geworben werden darf, was aber nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zwingend geboten ist. Für den Juristen sollte dabei klar sein, dass diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichts höherrangig ist und auch ungeschrieben zwingend für die Auslegung der Vorschrift die Maßgabe macht, dass es an sich dieser Ergänzung gar nicht bedürfte.
Das Schlimme ist nur, dass führenden Vertretern der Schulbehörde dies nicht bewusst ist und dass sie ihre Antwort auf die Beschwerde so formuliert haben, als gäbe es die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht. Deswegen halten wir diese Ergänzung der Geschäftsordnungsbestimmung zwingend für geboten und bitten Sie, den Antrag mit uns an den Ausschuss zu überwei
sen und, falls es nicht zu einer Ausschussüberweisung kommt, für diesen Antrag zu stimmen, der dem Grundgesetz und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts auch im Rahmen der Hamburger Schulbehörde Geltung verschafft. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ist wohl etwas ein bisschen durcheinandergekommen. Mit drei Sätzen möchte ich unsere Auffassung zu diesem Punkt hier deutlich machen. Laut Verfassung haben wir kein Beschlussrecht zu internen Dienstanweisungen, und ich sage mal, das ist gut so. Der angesprochene Paragraf, nämlich der Paragraf 14, befasst sich mit der Nutzung von Räumen und beileibe nicht mit Inhalten, und der Beutelsbacher Konsens verbietet jede Form von Indoktrination. Gegenauffassungen müssen zugelassen und geschützt werden; das ist Brauch, seitdem es den Beutelsbacher Konsens gibt, und das hat immer geklappt. Ich denke, mehr ist dazu nicht zu sagen.
Herr Präsident! Ich möchte auch nur kurz darauf eingehen. Ich glaube, Herr Dr. Wolf hat den Vorfall ausgiebig beschrieben und ausgiebig versucht, dieses auch hinzubekommen. Ich bin jetzt keine Juristin, ob nun zugunsten oder zulasten … Nur die Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung besagt ja, in den Diensträumen der Behörde für Schule und Berufsbildung dürfe nicht für politische Parteien oder Organisationen sowie für politische Vereinigungen und Verbände durch Wort-, Schrift-, Film- und Tonveranstaltungen geworben werden. Damit wird eine Überparteilichkeit ausgedrückt und das heißt, dass eine einseitige politische Betätigung nicht zulässig ist. Die Wortwahl, ob nun zugunsten oder zulasten oder für oder gegen finde ich letztendlich relativ irrelevant. Für oder gegen wäre einseitig und damit nicht zulässig. Dementsprechend, Herr Dr. Wolf, liebe AfDKollegen, sehen wir da keine Notwendigkeit einer Anpassung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir erleben erneut, dass die AfD einen Antrag stellt, der in formaler Hinsicht nicht korrekt ist, weil sie etwas fordern, was nicht Sache der Bürgerschaft ist. Und auch in sachlicher Hinsicht ist er völlig falsch. Ich kann nur noch einmal unterstreichen, was meine Kollegin Frau Duden gesagt hat: Nummer 14 der Geschäftsordnungsbestimmung regelt die räumliche Nutzung. Die Neutralitätspflicht ergibt sich außerdem nicht nur aus dem Beutelsbacher Konsens, sondern auch aus Paragraf 33 des Beamtenstatusgesetzes. Dieser Antrag ist also sowohl in formaler als auch in sachlicher Hinsicht einfach ziemlicher Unfug. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist alles Notwendige gesagt. Ich füge noch zwei Sätze hinzu. Wenn die AfD sich wirklich um ihren Ruf bei den Hamburger Schülerinnen und Schülern sorgt, dann, glaube ich, muss ihr deutlich mehr einfallen, als eine Geschäftsordnungsdebatte mit uns zu führen. Ansonsten langweilt Ihre Dauerlamentoschleife, Sie seien die Opfer, enorm, und ich hoffe, dass es auch zunehmend Ihren Wählerinnen und Wählern so geht, sodass der Spuk ab 2020 hier ein Ende hat. – Vielen Dank.
Alles ist gesagt, nur noch nicht von uns, und deswegen muss ich es jetzt auch noch einmal bestätigen. Was Sie da fordern, ist einfach nicht notwendig, denn Sie haben ein Bundesverfassungsgerichtsurteil zitiert und genau danach wird das an den Schulen auch ausgelegt. Wenn man kein Gesetz braucht, dann muss man auch keines machen; das hat schon Montesquieu gesagt und das finden wir auch. Dass sich die Schulen und Lehrer nicht gegen Sie wie gegen keine andere Partei aussprechen, finden wir ja alle, auch wenn, glaube ich, keiner von uns so oft Ihre Meinung teilt, aber dennoch müssen sie neutral bleiben. Und sollten wir da irgendwann einmal das Gefühl oder vor al
len Dingen auch Beweise haben, dass das anders ist, dann müssen Sie sich einfach an die Schulen und an die Direktoren wenden. So einfach ist das. Damit können Sie uns nur schwer beschäftigen. Insbesondere – und damit komme ich jetzt zu dem, was auch alle anderen hier schon gesagt haben – ist es gar nicht unsere Beschlussfassung. Ich warte darauf, dass wir uns mit Ihnen in der Sache wirklich auseinandersetzen können. Aber jedes Mal ist es so – dieses Mal ist es eine Geschäftsordnungsdebatte –, dass wir sagen müssen: Ach, die arme AfD, sie ist so ausgegrenzt. Das ist ja nun wirklich nicht so. Sie haben an allen Debatten teilgenommen. Als wir unsere Debatten in den Schulen geführt haben,
waren Sie jedes Mal mit dabei, immer ein anderer Vertreter. Da hatte ich nicht das Gefühl, dass Sie besonders gut angekommen sind, aber ausgegrenzt worden sind Sie nicht. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau von Treuenfels-Frowein. – Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Thema? – Herr Dr. Flocken, Sie haben das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Volksvertreter! Heute vor acht Wochen hat das Präsidium dieses Hauses in Person von Frau Schneider das Wort Gleichschaltung in den hamburgischen parlamentarischen Sprachgebrauch eingeführt. Den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichschaltung hat sie erwähnt. Im rechten Teil des Parlaments wurde herzhaft gelacht.
Wer diese Debatte unbefangen anhört, dem bleibt das Lachen im Halse stecken. Denn was hier gleich beschlossen werden wird, was ist das anderes? Wie ängstlich müssen Sie eigentlich sein, wie geknickt Ihr Vertrauen in die Kraft der eigenen Argumente, wenn Ihnen Herr Kleber und seine zwangsfinanzierten Medien nicht mehr ausreichen, wenn auch Herr Augstein und seine Privatmedien nicht mehr genug Druck machen können,
wenn auch die von Ihnen abhängigen Kulturstätten die Menschen nicht ausreichend mobilisieren, in Ihrem Sinne politisieren können?
Herr Dr. Flocken, in Anbetracht der schon vergangenen Redezeit sind Sie jetzt noch nicht beim Thema. Bitte kommen Sie zum Thema. – Danke.
Wenn Sie nun wollen, dass Ihre seit Langem in den Institutionen schlafenden Agenten im Einsatz gegen die AfD von der Leine gelassen werden sollen, was ist das anderes als Gleichschaltung? Und Ihnen fällt nichts Besseres ein, als der AfD höhnisch zuzurufen: Ihr Opfer. Der Wille der AfD, Schutzräume gegen Schmutzkampagnen zu erhalten, ist hier ausreichend deutlich von Herrn Dr. Wolf vertreten worden. Es ist aber nicht nur die AfD, es sind auch speziell die Lehrer zu schützen. Diese kommen zu Fortbildungen, um sich umfassend und ausgewogen in einer Atmosphäre der Offenheit zu bilden. Sie haben ein Recht darauf, während dieser Zeit vor ideologischem Trommelfeuer geschützt zu werden. Ihr Gehirn darf dort nicht als Deponie benutzt werden für Tüll, für durchgehend gekettelten, von schräg links als ganzdrehend beschlossenen halbseidenen durchsichtigen Propagandatüll.
Die Lehrer sind aber auch allgemein als Teil des Volkes zu schützen. In einer Demokratie ist der Politiker dem Volk verpflichtet, das Volk aber nicht dem Politiker. Das Volk, jeder Einzelne, hat keine politische Verpflichtung. Wenn immer gesagt wird, jeder müsse sich beteiligen, sage ich: Nein, jeder kann wählen gehen, er kann es aber auch sein lassen. Er kann sich in Parteien oder Organisationen engagieren, muss er aber nicht. Er kann sich umfassend oder einseitig oder gar nicht informieren, ganz wie er will. Es ist ein wesentliches Kennzeichen einer freiheitlichen Gesellschaft, dass das eigene Streben nach Glück jedem unabhängig von der Politik erlaubt ist, wie das vor 250 Jahren in Amerika als Pursuit of Happyness formuliert worden ist. Nur totalitäre Gemeinwesen und solche, die es werden wollen, reden dem Einzelnen ein, für oder gegen etwas kämpfen zu müssen, das der Staat vorgibt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Flocken. – Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag abgelehnt.