Protocol of the Session on November 8, 2017

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Trepoll. – Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Duwe, Sie bemängeln nun, dass nach dem Olympia-Referendum kein Thema mehr als Referendumsfrage angemeldet wurde, und schließen daraus, es aus der Verfassung wieder herausnehmen zu können. Aber deutlich war damals in der Debatte geworden – und wir haben es auch so in die Verfassung hineingeschrieben –, dass gar nicht beabsichtigt war, dass dieses Instrument inflationär genutzt werden soll, sondern dass wir das hier sehr wohl abwägen – eben gesamtstädtische Bedeutung. Insofern war von Anfang an klar und es war auch so beabsichtigt, dass wir mit diesem Instrument sehr sorgfältig und sorgsam umgehen. Deswegen läuft Ihre Argumentation in diesem Punkt ins Leere.

Zum anderen reden Sie weiterhin von diesem Missbrauch, können ihn aber nicht wirklich auch nur ansatzweise belegen. In Ihrem Antrag schreiben Sie von Ihrer Befürchtung einer Funktionsverschiebung zur Stärkung der Regierung. Huh! Dazu hat Herr Trepoll schon gesagt, dass da nichts mit Funktionsverschiebung ist.

(André Trepoll CDU: Nee, mit Stärkung der Regierung!)

Ja, ja, nichts da. Funktionsverschiebung war mein Stichwort.

Jedenfalls ist klar, das haben wir ja auch extra so konzipiert, dass wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Das heißt, sollte eine Regierung auf die Idee kommen, so ein Thema gern allein zu einem Referendum machen zu wollen, muss sie auf die Opposition zugehen. Allein das ist schon ein großes Zeichen, dass Missbrauch hier eben zu einem hohen Prozentsatz ausgeschlossen ist. Wir haben auch daran gedacht – weil es die Kritik auch von der anderen Seite gab, dass Volksinitiativen dadurch möglicherweise in irgendeiner Weise ausgebremst werden –, dass das Thema mindestens ein halbes Jahr vorher angekündigt wird – im Verfahren kämen noch einmal einige Monate hinzu – und dass natürlich auch wie bei einem Volksentscheid noch eine andere Frage angehängt werden kann, wenn es ein erfolgreiches Volksbegehren gibt. Also auch da kann dann das Volk noch eine andere Frage zum selben Sachverhalt vorlegen. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, ein Informationsheft zu machen, das 1,3 Millionen Wählerinnen und Wählern vorgelegt wird und in das, selbst wenn es kein erfolgreiches Volksbegehren gibt, eine Volksinitiative mit 10 000 Unterschriften aufgenommen wird. Selbst wenn diese Anzahl an Unterschriften nicht zustande gekommen ist, können wir zur Sicherung der Meinungsvielfalt mit Zweidrittelmehrheit, was wir bei Olympia getan haben, dann

(André Trepoll)

auch noch deren Informationen und Darstellung des Themas mit aufnehmen.

Also was geht da noch? Nicht mehr sehr viel. Wir haben das ausgefeilteste Gesetz zu Bürgerbegehren, zu Referenden in unsere Verfassung aufgenommen. Kein anderes Bundesland hat eine so ausgefeilte und austarierte Volksgesetzgebung wie wir. Insofern verstehe ich Ihren Eifer von der FDP in dieser Frage überhaupt nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei André Trepoll CDU)

Vielen Dank, Herr Müller. – Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Müller, Sie sagen, um einem Missbrauch vorzubeugen, müsse ein Referendum Monate vorher angekündigt werden und es könne auch ein alternativer Gegenentwurf angehängt werden. Dabei verschweigen Sie, dass das nicht in der Verfassung verankert,

(Vizepräsident Detlef Ehlebracht übernimmt den Vorsitz.)

sondern in einem Ausführungsgesetz geregelt ist. Dieses Ausführungsgesetz kann mit einer einfachen Mehrheit wieder geändert werden. Und darin sehen wir ein großes Problem.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben Anfang des Jahres auch mit einem eigenen Antrag gefordert, dass das Bürgerschaftsreferendum aus der Verfassung gestrichen wird, weil wir Gefahren für die Volksgesetzgebung und für die direkte Demokratie in unserer Stadt sehen. Deshalb ist es gut und richtig, dass die FDP dieses Thema wieder aufgreift. Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil wir glauben, dass mit einem Bürgerschaftsreferendum über jeder Volksinitiative ein Damoklesschwert hängt. Das Instrument des Bürgerschaftsreferendums muss nicht, kann aber dazu genutzt werden, nicht genehme Volksinitiativen auszuhebeln und dadurch auch die direkte Demokratie ad absurdum zu führen. Themen, die der Mehrheit der Bürgerschaft nicht in den Kram passen, können von einer qualifizierten Parlamentsmehrheit an sich gezogen werden, und das ist aus unserer Sicht eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Gestaltungsmacht von unten.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Es bleibt immer noch falsch, das Argument! Das ist ein bisschen konstruiert!)

Das ist kein Szenario, das wir herbeifantasieren, sondern wir haben berechtigte Sorgen.

(Dennis Gladiator CDU: Beispiel!)

Ja, ich gebe ein Beispiel.

Mit einem anderen Instrument werden auf Bezirksebene Bürgerbegehren immer wieder ausgehebelt. Das ist natürlich ein anderes Instrument, aber da geht es um die Evokation oder Anweisung von der Senatskommission.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Bei der Evokati- on wird nicht abgestimmt!)

Ja, ich sage doch, dass es ein anderes Instrument ist.

Aber da haben wir doch die Erfahrung gemacht, dass auch von diesem Senat immer wieder Bürgerbegehren auf Bezirksebene ausgehebelt werden. Das kann auch in Bezug auf ein Bürgerschaftsreferendum mit einer qualifizierten Parlamentsmehrheit passieren, wenn die Bürgerschaft beschließt, dass ein Bürgerschaftsreferendum zu einem Thema gemacht wird, zu dem es schon einmal eine Volksinitiative gab. Und deshalb wird die Entscheidungsgewalt dann auch von der Bürgerschaft über das Abstimmungsdatum und über die Fragestellung bestimmt.

(Urs Tabbert SPD: Aber entscheiden tut das Volk!)

Das macht natürlich die Gestaltung von unten unmöglich.

(Farid Müller GRÜNE: Sie trauen den Ham- burgerinnen und Hamburgern nicht viel zu!)

Damit kann die Gestaltungsmacht von unten durch eine Volksinitiative erheblich eingeschränkt werden, und wir sehen die Gefahr, dass das Verhältnis zwischen der parlamentarischen Demokratie und der direkten Demokratie damit empfindlich gestört wird.

(Beifall bei der LINKEN – Urs Tabbert SPD: Kann das Volk nicht richtig abstimmen?)

Zudem möchte ich noch sagen, dass die Ausgestaltung des Bürgerschaftsreferendums die Grundsätze eines fairen Verfahrens missachtet, indem den Alternativvorschlägen unüberwindbare Hürden de facto in den Weg gestellt werden. Deshalb wäre es aus unserer Sicht für die Glaubwürdigkeit von Senat und Bürgerschaft gut und folgerichtig, wenn das Bürgerschaftsreferendum wiederum aus der Verfassung gestrichen wird, damit wir wieder die Stärkung der direkten Demokratie herstellen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Celik. – Professor Kruse von der AfD-Fraktion erhält das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP ist

(Farid Müller)

gegen Volksabstimmungen von oben, wie sie mehrmals schreibt. Aber außer dieser populistischen Formulierung hat der Antrag nicht viel zu bieten.

(Michael Kruse FDP: Populismus von Ihnen vorgeworfen zu bekommen, ist der Knaller!)

Denken Sie einmal darüber nach, Herr Meyer.

(Michael Kruse FDP: Kruse ist mein Name!)

Die Begründungen der FDP für den Antrag sind äußerst dürftig und teilweise falsch. Ich nenne vier Punkte aus dem Begründungsantrag der FDP. Der erste ist, es habe sich nicht bewährt. Ja, es gab noch gar keines, es konnte sich also nicht bewähren. Es konnte sich auch nicht nicht bewähren. Das ist also überhaupt kein Argument in diesem Fall. Zweites Argument: Es führe zur Stärkung der Regierung und der Parlamentsmehrheit und zu einer Schwächung der Opposition.

(Dennis Gladiator CDU: Regierung ist nicht stark!)

Ja, wie das? Wir wissen alle, dass das Referendum eine Zweitdrittelmehrheit im Parlament benötigt. Die Mehrheit könnte also auch ohne Referendum praktisch alles beschließen, was sie will, sage ich einmal etwas salopp. Sie bräuchte aber in diesem Fall in aller Regel, nämlich immer dann, wenn die Regierung keine Zweidrittelmehrheit hat, die Mitwirkung von mindestens einer, wenn nicht mehrerer Oppositionsfraktionen. Das ist eher eine Stärkung der Opposition. Dennoch würde die Regierung das unnötige Risiko eingehen, dass das Volk Nein sagt, wenn sie das trotzdem macht. Und wenn Sie das nicht glauben, dann denken Sie doch einmal an Herrn Cameron mit seinem BrexitReferendum und dessen katastrophalen Folgen. Der hat auch gedacht, das würde alles gut laufen,

(André Trepoll CDU: Sie wollen doch auch raus aus der EU!)

und am Ende haben sie alle ein Dilemma, und zwar nicht nur die Briten, sondern wir alle in Europa aufgrund einer Situation, die durch ein solches willkürliches, unnötiges Referendum herbeigeführt worden ist.

Punkt 3: Die FDP schreibt, man wisse ja gar nicht, welche Themen die nötige Bedeutung aufweisen. Klar, das stimmt natürlich, aber das kann man immer nur im Einzelfall regeln. Das kann man niemals in ein Gesetz schreiben. Auch da verweise ich noch einmal auf die Zweidrittelregel; zwei Drittel der Mitglieder dieses Hauses müssen es für entsprechend wichtig halten, dass sie dafür stimmen, sonst würden sie ja dagegen stimmen.

Vierter Punkt: Die FDP fürchtet, es könnte gezielte Suggestivfragen geben. Ich glaube, das müssen wir nicht befürchten, weil in Paragraf 25 h Absatz 2 Volksabstimmungsgesetz genau das ausgeschlos

sen ist. Ich glaube, selbst wenn es übergangen wird, würde die jeweilige Regierung einen großen Fehler machen, das trotzdem zu machen, denn dann würde es mit Sicherheit eine Klage geben und sie würde vor Gericht verlieren. Also auch dieses Argument ist nicht tragfähig. Ich glaube, man kann insofern den Antrag der FDP nur ablehnen.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Kruse. – Ich sehe sonst keine weiteren Wortmeldungen. Dann stimmen wir nun über den Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 21/10504 in der Sache ab.

Wer diesen Antrag annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 60, Drucksache 21/10702, Antrag der AfD-Fraktion: Politische Neutralität garantieren – Klarstellung der Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung.