Protocol of the Session on October 11, 2017

Nichtsdestotrotz haben wir einen Staatsvertrag, und wir haben bereits an anderer Stelle gesagt, Verträge sind für gute und für schlechte Zeiten.

(Dennis Thering CDU: Aber nicht für dauer- haft schlechte Zeiten!)

Was das IZH anbelangt, muss man sagen, es sind schlechte Zeiten. Ich muss aber auch sagen, dass die Gespräche, die wir geführt haben, die wir übrigens auch interfraktionell geführt haben, alle Fraktionen mit der SCHURA, unter Beteiligung des IZH, durchaus Wirkung gehabt haben, denn es wurde gezielt demobilisiert, es wurden keine Busse mehr geschickt. Das werte ich schon als einen kleinen Erfolg. Dennoch ist die Teilnahme von Herrn Torabi inakzeptabel

(Dennis Thering CDU: Es war nicht nur eine Teilnahme, es war mehr als nur eine Teil- nahme!)

und für mich und für uns ein klarer Affront.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe: Und was wollen Sie denn jetzt ma- chen? Was machen Sie denn jetzt? Watte- bäusche werfen?)

Aber an die Adresse der AfD und vor allem an Sie, Herr Professor Kruse: Ich hätte Sie eigentlich für schlauer gehalten, nämlich dass Sie in der Lage sind, einen Vertrag zu interpretieren. Schauen Sie allein, was auf der ersten Seite steht. Dieser Vertrag ist mit der SCHURA geschlossen und nicht mit dem IZH. Das IZH ist ein Teil der SCHURA und es obliegt allein der SCHURA zu bestimmen, wer Teil der SCHURA ist und wer nicht. Das ist ein bisschen so, als ob Sie einen Vertrag mit der Bürgerschaft hätten und die Vertragspartner verlangten, wir sollten die AfD ausschließen. Das geht genauso wenig.

(Zurufe)

Nur damit es Ihnen klar ist. Wir sind eine Gemeinschaft, wir sind die Bürgerschaft. Als Vertragspartner wären wir die Bürgerschaft. Wir haben keinen Vertrag; das nur, damit Ihnen juristisch deutlich ist, was sich dahinter verbirgt.

(Ralf Niedmers CDU: Was wollen Sie denn jetzt machen?)

Schauen Sie einfach einmal auf die Vertragsklauseln, gerade im hinteren Teil, die Artikel 12 und 13, was dort hinterlegt ist. Wir nehmen diese Vertragsklauseln ernst. Da ist die Freundschaftsklausel, die sehr klar sagt, bei Meinungsverschiedenheiten wird gesprochen. Das nehmen wir ernst. Das tun wir, und wir sprechen sehr ernst mit den Vertragspartnerinnen und -partnern. Schauen Sie auch einmal auf das Thema Kündigungsklausel. Meine Damen und Herren, wir sind hier im juristischen Raum. Wir können doch nicht einfach sagen, der Vertrag gilt für uns nicht mehr. Dort ist explizit keine Kündigungsklausel, und wir als rot-grüner Senat beziehungsweise rot-grüne Fraktionen nehmen das sehr ernst und füllen diesen Vertrag aus.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe)

(Dietrich Wersich)

Deswegen werden wir weiterhin die Gespräche führen. Wir halten den Dialog aufrecht, und zwar im Sinne der Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Özdemir von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir finden den Al-QudsTag falsch und unerträglich, und auch jegliche Unterstützung und die Inhalte, die auf dieser Demonstration vertreten werden, finden wir unerträglich. Wir müssen uns mit der vergangenen Teilnahme des IZH kritisch auseinanderzusetzen. Aber wir müssen auch sehen, dass dieses Jahr eben nicht dazu aufgerufen wurde. Herr Torabi hat an dieser Demonstration teilgenommen; das reicht natürlich schon aus.

(Dennis Gladiator CDU: Es war mehr als ei- ne Teilnahme! Das wissen Sie!)

Doch man muss unterscheiden, ob er als Vertreter des IZH oder als Privatperson teilgenommen hat.

(Dennis Gladiator CDU: Ach so, als Privat- person ist in Ordnung, oder was?)

Nein. Ich habe doch eben gesagt, dass ich die Inhalte unerträglich finde, und damit ist auch die Teilnahme von Herrn Torabi

(Dennis Gladiator CDU: Es war mehr als ei- ne Teilnahme, das wissen wir doch alle!)

nicht richtig, Herr Gladiator.

Es gehört aber auch dazu, noch einmal deutlich zu sagen, dass die SCHURA sich mehrfach distanziert hat und das IZH sich hinter diese Distanzierung gestellt hat. Zur Wahrheit gehört eben auch, dass die SCHURA eine enorme Bildungsarbeit versucht, in den Gemeinden zu machen. Dazu gehören Besuche in Auschwitz, dazu gehören Besuche der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Und zur Wahrheit gehört auch, dass viele Imame, die nach Deutschland kommen, ein geringes oder auch ein falsches Vorwissen haben über diese Zusammenhänge. Deshalb ist diese Bildungsarbeit ein wichtiger und richtiger Schritt, um diese Konflikte anzugehen. Es ist, das müssen wir feststellen, ein wirklich enorm steiniger und schwieriger Weg. Aber es ist auch ein Weg, den man gehen muss und dem man nicht aus dem Weg gehen kann.

Und ja, ich sehe es auch so, man muss diese Punkte ansprechen, man muss sie diskutieren, und man muss natürlich auch gewisse Maßnahmen ergreifen. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass man nicht den konstruktiven Weg gehen möchte, sondern immer gleich damit droht, die Verträge aufzulösen. Ich möchte noch einmal deut

lich machen, was es bedeutet, dass so viele Strömungen des Islam unter der SCHURA versammelt sind. Das ist einmalig. Das gibt es in Hamburg, und das ist ein Schatz, und da muss man diese Kämpfe auch führen. So viele Sachen mich persönlich auch wütend machen auf diesem Weg, so viele Dinge ich auch nicht inhaltlich vertrete, ich finde, unsere Aufgabe ist es, diese Konflikte anzugehen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Die AfD argumentiert mit Antisemitismus,

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

und ich finde es ziemlich heuchlerisch, dass gerade die AfD mit Antisemitismus argumentiert.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Ich möchte Sie noch einmal fragen, ob es nicht Herr Gauland war, der sagte, kein anderes Volk habe so deutlich mit einer falschen Vergangenheit aufgeräumt wie das deutsche. Und war es nicht Herr Höcke, der das Holocaust-Mahnmal in Berlin als – ich zitiere – ein "Denkmal der Schande" bezeichnete? Sie müssen erst einmal vor Ihrer eigenen Haustür kehren; ich glaube, es wird bei Ihnen noch viel drastischer werden.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

In der Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der KZGedenkstätten in der Bundesrepublik Deutschland heißt es:

"Die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen ist ein unverzichtbarer Bestandteil des demokratischen Selbstverständnisses der Bundesrepublik Deutschland."

Es ist und bleibt unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dafür zu kämpfen, dass das das auch so bleibt, und zwar als Abgeordnete, aber auch als Organisationen und Akteure in dieser Gesellschaft.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Für Sie vielleicht noch einmal als Information: Wir haben als Sozialausschuss beschlossen, uns in einer der nächsten Sitzungen in einer Selbstbefassung mit dem Thema Maßnahmen gegen Antisemitismus in Hamburg auseinanderzusetzen, uns damit zu beschäftigen. Ich lade Sie dazu sehr herzlich ein.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Frau von Treuenfels-Frowein bekommt das Wort für die FDP-Fraktion.

(Dr. Stefanie von Berg)

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich würde das hier gern einmal ein bisschen strukturieren.

Wir haben, glaube ich, alle festgestellt, Herr Professor Kruse, dass Sie sich auf einem juristischen Pfad befinden, den Sie nicht beschreiten können. Man kann nicht einem Teil der SCHURA … und so weiter; das haben wir alles schon besprochen. Weiterhin fand ich wirklich unerträglich, wie Sie Ihren Antrag begründet haben. Ich koche vor Wut, wenn ich nur daran denke, was Sie da für zwei Dinge miteinander vergleichen, denn damit verharmlosen Sie das, wogegen wir hier alle zu kämpfen haben, nämlich den Antisemitismus. Das war ganz, ganz, ganz verkehrt; das war wirklich das Allerschlechteste, was wir bis jetzt hier von Ihnen gehört haben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

Zweitens: Wer mit der SCHURA spricht – und das haben wir, glaube ich, alle schon oft getan –, der weiß, dass vielleicht nicht alle dieser Auffassung sind, dass sie nicht alle Antisemitismus unterstützen, aber der wird auch wissen, dass es sehr viele gibt, die das eben tun und leider auch mobilisieren für diese Demonstration. Es ist nicht so, dass wir sagen könnten: Es ist doch eigentlich alles schon sehr viel besser geworden, und wenn wir noch weiter und noch ein bisschen länger miteinander sprechen, wird es vielleicht noch ein bisschen besser. Auf diesem Stand sind wir gerade nicht.

Ich möchte daran erinnern, dass wir 2013 über einen Staatsvertrag gesprochen haben, und jeder von Ihnen – fast alle waren schon dabei – mitgestimmt hat, obwohl alle gewusst haben, dass busseweise Menschen von der IZH angekarrt wurden, um genau an dieser Demonstration teilzunehmen. Alle, die jetzt sagen, o wie furchtbar, die IZH, wie sind sie antisemitisch, haben die das 2013 nicht gewusst? Das mussten Sie wissen, weil nämlich der Verfassungsschutz das damals schon gesagt hat.

Also: Was können wir jetzt tun? Wir müssen diesen Staatsvertrag kündigen; wir müssen es einfach tun. Wir müssen anfangen, diesen Rechtsstaat wirklich zu verteidigen, und nicht sagen: Wir hoffen, es wird irgendwie ein bisschen besser, mit ein paar Gesprächen wird das schon klappen. Dann tanzen die uns auf der Nase herum. Wir müssen der SCHURA auch einmal sehr klar sagen, dass sie die Verantwortung dafür mit trägt, was ein Teil ihrer Mitglieder, nämlich das IZH, tut. Es reicht überhaupt nicht aus, ab und zu ein bisschen mit denen zu sprechen, sondern wir müssen der SCHURA klar und deutlich sagen, sollten wir diesen Staatsvertrag wirklich nicht kündigen können,

(Jörg Hamann CDU: Natürlich können Sie den kündigen!)

werde die Zusammenarbeit auf den Prüfstand gestellt. Das ist meine feste Überzeugung, und ich hoffe, dass Sie das teilen. Ich hoffe nicht, dass wir alle es dabei belassen, dass wir sagen: Es wird schon irgendwie ein bisschen besser werden, und wenn wir noch mehr Gespräche führen, vielleicht sind es dann noch viel weniger, die diese Demonstrationen mitmachen. Ich finde, das ist ehrlich gesagt ein bisschen scheinheilig. Ja, Gespräche zu führen ist gut. Für Gespräche braucht man, das haben wir 2013 schon gesagt, keinen Staatsvertrag. Das kann man auch so tun. Und wenn die Gespräche nichts nutzen, dann müssen Konsequenzen folgen, und das werden wir ab jetzt auch fordern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt der fraktionslose Abgeordnete Dr. Flocken.