Protocol of the Session on September 13, 2017

nehmigung von überplanmäßigen Ausgaben nach Paragraf 39 LHO zum Haushaltsplan 2017/2018, Einzelplan 7, Aufgabenbereich 268 – Steuerung und Service mit Stabsbereich und Planfeststellung sowie Nachbewilligung nach Paragraf 35 LHO für das Haushaltsjahr 2017 zum Kauf von Anteilen an hamburg.de inklusive Ablösung eines ausgereichten Darlehens.

[Senatsantrag: Nachträgliche Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben durch die Bürgerschaft nach § 39 LHO zum Haushaltsplan 2017/2018, Einzelplan 7, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Aufgabenbereich 268 – Steuerung und Service mit Stabsbereich und Planfeststellung sowie Nachbewilligung nach § 35 LHO für das Haushaltsjahr 2017 zum Kauf von Anteilen an hamburg.de GmbH & Co. KG zu einem Kaufpreis in Höhe von 3.834 Tsd. Euro inkl. der Ablösung eines an die hamburg.de GmbH & Co. KG ausgereichten Darlehens – Drs 21/10213 –]

Diese Drucksache möchten alle sechs Fraktionen federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Auch dieser Tagesordnungspunkt ist vonseiten der FDP-Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden, sodass – Sie kennen das Verfahren – wiederum jeder Rednerin und jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Kruse von der FDP-Fraktion, bitte.

Meine Damen und Herren! Mit der angemeldeten Drucksache bittet uns der Senat um eine nachträgliche Genehmigung – an sich schon ein ziemlich unüblicher Vorgang. Aus unserer Sicht deutet aufgrund der Drucksache nichts auf einen gelungenen Deal hin.

Erstens: Sie wollen eine nachträgliche Genehmigung, was bedeutet, dass Sie holterdiepolter Anteile gekauft haben, was wir als Bürgerschaft jetzt nachträglich legitimieren sollen. Warum gibt es diesen Zeitdruck? Dazu finden wir in Ihrer Bürgerschaftsdrucksache nichts. Gibt es inhaltliche Gründe, warum Sie diesen Kauf getätigt haben? Dazu finden wir in Ihrer Drucksache nichts. Gibt es eine Strategie für ein Unternehmen, das jetzt wieder fast vollständig in staatlichem Besitz ist? Dazu finden wir in Ihrer Drucksache nichts. Das bedeutet, Sie geben Millionen für einen nicht genehmigten Deal aus, kaufen ein Unternehmen, das es in den letzten Jahren geschafft hat, mit steigendem Umsatz – und, weil es ein im Internet operierendes Unternehmen ist, trotz steigender Klickzahlen –

den Gewinn nicht nur zu senken, sondern in die Verlustzone zu fahren. Das heißt, Sie kaufen ein Unternehmen, das Verluste macht, obwohl es immer mehr Umsatz macht. Sie erklären nicht, was die Strategie für dieses Unternehmen ist. Sie erklären nicht, warum Sie holterdiepolter diese Unternehmensanteile kaufen. Deswegen sind wir äußerst skeptisch, dass das ein gutes Geschäft ist. Wir freuen uns sehr auf die Ausschussberatung, denn bisher ist das rot-grüne Beteiligungspolitik at its best: viel Steuergeld ausgeben für ein Unternehmen, das Verluste macht, keine Strategie haben, und – das Beste –: Woher nehmen Sie das Geld? Aus den Mitteln für die Verkehrsinfrastruktur. Herzlichen Glückwunsch. Mit dieser Politik führen Sie Hamburg nicht in eine positive Zukunft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Uwe Giffei SPD und Andrea Oelschläger AfD)

Das Wort bekommt Herr Schmidt von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Kürze erst einmal zwei Sätze zu dem, was Herr Kruse eben gesagt hat. Er hat die Situation von hamburg.de deutlicher schlechter gemalt, als sie ist. Da muss er nur einmal seine eigene Anfrage lesen, da sind ein paar Zahlen drin. Verlust gab es im letzten Jahr, die Jahre davor gab es Gewinne, davor gab es auch einmal Verluste. Insofern ist es etwas schwankend. Aber zu sagen, es gebe dauerhaft Verluste, geht an der Realität vorbei.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Drei Jahre runtergegan- gen!)

Axel Springer konsolidiert seine Beteiligung, um sich stärker auf das internationale Geschäft zu konzentrieren. Das ist aus deren Sicht legitim, aus unserer Sicht ein nachvollziehbarer Schritt. hamburg.de ist mit seinen knapp 4,6 Millionen Visits im Moment eines der reichweitenstärksten Stadtportale in Deutschland. Mit der Übernahme der AxelSpringer-Anteile wird die Stadt nun 87 Prozent halten. Wir begrüßen die Übernahme dieser Anteile grundsätzlich. hamburg.de ist eine wichtige Säule des Stadtmarketings, und deshalb ist es wichtig, dass wir hamburg.de nicht zum Spielball von Investoreninteressen verkommen lassen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden diesen Vorgang an den Ausschuss überweisen; das ist schon angekündigt worden. Dort können wir, anders als hier in einer Kurzdebatte, die fachlichen Fragen sicherlich alle sehr gut klären. Ich bin mir sicher, dass der Senat dort im Detail seine Strategie sehr gut darlegen kann, und

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

deswegen freuen wir uns auf die fachliche Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nicht alles von dem, was Herr Schmidt gesagt hat, ist falsch. Aber man muss trotzdem ein wenig auf die Drucksache eingehen. Dabei kommt man auf einige Punkte, die sehr kritisch sind; Herr Kruse hat sie schon herausgearbeitet. Drei möchte ich anführen.

Erstens: Wir investieren hier über 3 Millionen Euro in Unternehmensanteile – das haben wir an anderer Stelle auch getan –, aber wir schreiben den Betrag sofort ab. Da fragt man sich doch, was denn das für ein Investment ist, wenn man das gleich als Verlust abbucht. Das ist haushaltsrechtlich schon sehr merkwürdig, Herr Müller. Das ist erklärungsbedürftig. Das können Sie uns dann ja im Ausschuss erklären.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der zweite Punkt: die völlig sachfremde Gegenfinanzierung. Sie nehmen die Mittel für den Erwerb der Anteile an hamburg.de im Wesentlichen aus dem Investitionsprogramm Sicherung der Verkehrsinfrastruktur. Sie kürzen bei der Verkehrsinfrastruktur, wo Sie sich doch sonst immer rühmen, was Sie alles Tolles an Straßensanierung machen. Und das ist nicht das erste Mal. Wir haben in dieser Legislaturperiode regelmäßig Drucksachen von Rot-Grün bekommen, wo in den wesentlichen Titeln Infrastruktur aus dem Bereich der Behörde für Wirtschaft und Verkehr die Mittel zweckentfremdet werden. Das geht nicht; das sollten wir klar sagen.

Und der dritte Punkt: Was hat die Stadt eigentlich mit dieser Gesellschaft vor? Wie sind die konkreten Planungen? Es ist ja schön, dass Sie Angaben zu 2016 machen, aber das eigentliche Interesse, die Strategie, warum man diese Anteile kauft, sind dort mit keinem Wort erwähnt. Das ist viel zu unkonkret. Das ist für eine Drucksache definitiv nicht ausreichend. Hier brauchen wir konkrete Fakten, und die erwarten wir im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Meine Damen und Herren! Eine Kurzdebatte dazu ist hinreichend, weil wir im Ausschuss näher darauf eingehen werden, auch auf die Haushaltsfragen, die wir dem Senat stellen können. Ich glaube, wir werden zufriedenstellende Antworten bekommen.

(André Trepoll CDU: Haben Sie auch noch nicht?)

Ich werde dem Senat hier nicht vorgreifen, Herr Trepoll, und auch nicht der Ausschussberatung.

Ihnen ist es fast egal, ob wir hamburg.de kaufen oder nicht; Sie interessiert nur, ob da irgendetwas beim Verkehr passiert. Ich finde die Frage, die Herr Kruse gestellt hat, sehr wichtig. Warum haben wir das getan? Ich finde, das steht schon in der Senatsdrucksache drin. Springer wollte hamburg.de verkaufen, und ich habe es so verstanden: Hätten wir im Sommer nicht zugegriffen, dann wäre das Ding woanders hingegangen. Ich muss ehrlich sagen, bevor es passiert, dass ein Unternehmen, das seinen Sitz von Hamburg nach Berlin verlagert hat, anfängt, hamburg.de an wen auch immer zu verkaufen, sage ich als Hamburg: Nein, Moment mal, das kaufen wir. Das finde ich eine richtige Entscheidung.

(Katja Suding FDP: Das ist Ihre Strategie?)

Im Übrigen: Der Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro ist, was die Marke hamburg.de betrifft, ein Klacks. Sie ist um ein Vielfaches mehr wert; das wissen wir alle.

(Thilo Kleibauer CDU: Wer hat denn die Rechte an der Marke?)

Deswegen ist es richtig, dass wir diese Marke zurückgekauft haben. Ich bin mir sicher, dass wir im Ausschuss über die weitere Strategie hören werden und darüber, was wir mit hamburg.de vorhaben.

Aber ich sage auch eines: Der Verkauf damals von der CDU-Regierung an Springer war ein Fehler. Damals haben wir den Verkauf auch schon in der Opposition kritisiert. Zwei Wochen später, nachdem der Verkauf unterschrieben war,

(Zuruf: Wer hat denn verkauft?)

hat Springer entschieden, Bild.de von Hamburg nach Berlin zu verlagern.

(Glocke)

Ich finde, das sagt alles über die Zuverlässigkeit

(Glocke)

dieses Konzerns aus.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Drucksache ist einen Tusch wert, wahrhaftig. Es ist auf Papier festgehalten das Scheitern eines Public Private Partnership Projekts in der Hansestadt Hamburg, wieder einmal – und noch dazu hängt dieses Mal

(Hansjörg Schmidt)

ein wunderschönes Preisschild mit daran. Das heißt, wir können deutlich sehen, was uns das gekostet hat. Besonders erschreckend ist natürlich, dass eine reguläre Beschlussfassung der Bürgerschaft mit dieser Drucksache überhaupt nicht möglich ist. Das zeigt doch, wie schlecht dieses Projekt ausgehandelt worden ist und dass Gefahr im Verzug gewesen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir sehen, dass von 2006 bis 2016 jährlich über 400 000 Euro Zuschüsse in diese Gesellschaft geflossen sind und das eine deutliche Steigerung gegenüber dem Eigenbetrieb von hamburg.de war, dann kann man schon sagen, dass das zumindest ein zweifelhaftes Projekt ist – einmal ganz davon abgesehen, dass diese Stadt laut zweier Drucksachen gar nicht mehr weiß, wie viele Erträge wirklich erwirtschaftet worden sind. Wenn wir uns die Anfragen vom Kollegen Michael Kruse ansehen und gleichzeitig die aus der letzten Legislaturperiode, dann sind von fünf Jahren, die hier aufgeführt worden sind, in vier Jahren die Ertragszahlen unterschiedlich. Mein Gott, man muss doch wissen, wie viel eine Gesellschaft an Ertrag erwirtschaftet hat.

Die Frage, warum es eine Verfünfzig- oder Versechzigfachung des Unternehmenswertes gegenüber dem Rückkauf der HSH gegeben hat, ist natürlich auch noch einmal zu klären. Letztendlich hat der Kollege Müller es angedeutet: Die Stadt ist an dieser Stelle erpressbar geworden. hamburg.de wäre woanders hingegangen,

(Jörg Hamann CDU: Das wäre ja unglaub- lich!)

und das wäre natürlich eine Katastrophe gewesen.