und seit vier Jahren scheint er die gesundheitliche Situation in der Pflege verschlafen zu haben. Darum bin ich sehr froh über den Weckruf aus Hamburg.
Genau deswegen haben wir uns auf den Weg gemacht und werden auch hier in Hamburg natürlich nicht die Hände in den Schoß legen. Es geht auch hier darum, die Qualität, die fachlichen Standards in den einzelnen Abteilungen anzuschauen. Darüber – Herr Schinnenburg weiß das, es ist eine Antwort auf seine Anfrage – wird im Moment im entsprechenden Landesausschuss beraten. Ham
burg ist also keineswegs untätig. Auf beiden Ebenen, sowohl auf der Bundesebene als auch auf der Hamburger Ebene, wird aktiv daran gearbeitet, dass sich die Pflege verbessert – was notwendig ist, damit die Schräglage zwischen der technischen Entwicklung und der Pflege wieder ausgeglichen wird.
Frau Stöver, ich würde mich freuen, wenn Sie hier noch einmal deutlich sagen: Vielen Dank, Frau Senatorin,
dass Sie sich in der Expertenkommission eingesetzt haben. Sonst wäre das bis heute nicht auf den Weg gebracht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sagen Sie einmal, Herr Celik, was wollen Sie eigentlich, wollen Sie Parolen absondern oder wollen Sie konkret etwas für die Krankenhäuser tun? Ich habe das Gefühl, es geht Ihnen mehr um Parolen. Das ist ein völlig falscher Ansatz. Der erste Ansatz sollte sein: Was können wir für Krankenhäuser tun, was können wir für die Pfleger tun und was können wir für die Patienten tun?
Und da möchte ich erst einmal – das habe ich von keinem gehört – im Namen der FDP-Fraktion allen Ärzten, allen Pflegern und sonstigen Mitarbeitern in den Krankenhäusern danken für ihre sehr gute Arbeit unter oft in der Tat schlechten Bedingungen. Vielen Dank dafür.
Die gesetzlichen Vorgaben für Personaluntergrenzen – das hören Sie nicht gern; ich sage es Ihnen – sind nicht nur kein Allheilmittel, es besteht die große Gefahr, dass sie sogar kontraproduktiv sind. Warum das so ist, werde ich Ihnen anhand von fünf Punkten erläutern.
Zunächst einmal: Die gesetzlichen Vorgaben sind entweder ungenau oder ein bürokratisches Monster. Es hat keinen Sinn, einen einheitlichen Schlüssel zu machen – egal, um welche Patienten es geht, immer den gleichen Schlüssel –,
wir müssen also einen sehr differenzierten haben. Alle Intensivstationen oder alle urologischen Patienten müssen sicher nicht immer den gleichen Schlüssel haben. Mit anderen Worten: Sie brauchen einen sehr komplexen Schlüssel. Das ver
langt danach, dass das Fachleute machen, sprich Krankenkassen und Krankenhäuser, und nicht irgendein Ministeriumsbeamter. Das ist der erste Punkt. Die Vorgaben werden höchstwahrscheinlich entweder bürokratisch sein oder ungenau.
Zweiter Punkt: Wenn Sie zu dem Ergebnis kommen, dass wir nach diesem Schlüssel mehr Personal brauchen, ist Ihr Problem – unser aller Problem –, dass es das Personal gar nicht gibt.
Ich habe den Senat einmal gefragt, wie viele offene Stellen es gibt, wie viele Pfleger und Ärzte zur Verfügung stünden, wenn man neue Stellen schaffen würde. Die Antwort: 416 Pflegestellen sind in Hamburger Krankenhäusern unbesetzt und 57 ärztliche Stellen. Es nützt also wenig, zu errechnen, dass man viel mehr Personal braucht, wenn man schon die jetzigen Stellen nicht alle besetzen kann.
Dritter Punkt: Wenn Sie das konsequent durchsetzen, vielleicht auch mit Bußgeldern, wird es zu Bettenschließungen kommen. Vielleicht wissen Sie es, es gab dieses Problem bereits. Wir hätten beinahe ab dem 1. Januar dieses Jahres reihenweise Perinatal-Stationen schließen müssen, weil es dort solche Vorgaben gab. Etwa die Hälfte der Stationen hätte geschlossen werden müssen. Dann ist die Wahl: Einige sind toll versorgt, andere gar nicht. Wollen Sie es verantworten, dass frisch geborene Kinder gar nicht versorgt werden können, weil diese Stationen geschlossen werden müssen? Das wollen Sie doch wohl nicht im Ernst.
Vierter Punkt – und das sind jetzt die wahren Probleme der Krankenhäuser –: die Unterfinanzierung. Der Landesbasisfallwert ist in Hamburg seit 2007 um 18 Prozent gestiegen. In der gleichen Zeit sind die Arztgehälter um 26 Prozent gestiegen, die Pflegegehälter um 29 Prozent. Das sei ihnen gegönnt. Aber Sie müssen doch erkennen, dass hier eine gewaltige Schere entstanden ist. Das ist ein wahres Problem. Die Krankenhäuser sind unterfinanziert. Dagegen sollten Sie etwas tun.
Fünfter Punkt: Geld gibt es zu wenig, Bürokratie zu viel. Seit 2011 – Antwort des Senats – gibt es 21 neue Gesetze auf Bundes- und Landesebene, die die Krankenhäuser betreffen. Die Krankenhäuser und ihre Mitarbeiter müssen immer mehr Energie aufwenden, um sich mit Bürokratie und gesetzlichen Vorgaben zu beschäftigen statt mit ihrer eigentlichen Aufgabe, der Pflege von Patienten. Das ist eine gewaltige Schieflage, die hier entstanden ist.
Was ist zu tun, was schlägt die FDP-Fraktion vor? Zunächst fordern wir in unserem Bundestagswahlprogramm völlig zu Recht, dass die Budgetierung abgeschafft werden soll. Es kann doch nicht sein, dass gerade in dem menschlich so wichtigen Bereich, bei der Behandlung von kranken Menschen, eine Budgetierung besteht. Bei den Krankenhäusern heißt es so schön Fixkostendegressionsabschlag. Dieses Wortmonstrum muss man sich erst einmal vorstellen, es heißt tatsächlich so. Leistungen werden um bis zu 35 Prozent gekürzt, wenn ein Krankenhaus zu viel macht.
Zweiter Punkt: Wir brauchen Anreize, dass die Länder ihre Investitionszuschüsse endlich einmal einhalten. Kurzer Hinweis: Hamburg ist einigermaßen gut, andere Länder wie Niedersachsen, rotgrün regiert, sehr schlecht. Die FDP fordert deshalb einen Anreiz insofern, als Bundesmittel dazugegeben werden, wenn Länder ihren Verpflichtungen endlich nachkommen, Niedersachsen zum Beispiel. Das wäre ein wichtiger Punkt.
Dritter Punkt, auch wenn das manche Gewerkschaftler nicht gern hören: Wir brauchen eine stärkere Differenzierung. Wir müssen die Fachkräfte in den Krankenhäusern entlasten dadurch, dass für einfache Arbeiten auch Hilfskräfte eingestellt werden können, mehr als bisher – auch deshalb, weil solche Menschen dann von der Straße geholt werden und nicht mehr arbeitslos sind. Dafür sollten Sie sich einmal einsetzen. Das ist ein Problem mit ver.di. Aber mit ver.di haben wir oft Probleme,
Vierter Punkt: Wir brauchen einen konsequenten Bürokratieabbau. Wir müssen dafür sorgen, dass Ärzte und Pfleger mehr Zeit für ihre Patienten haben statt für Bürokratie und Häkchen-Machen auf irgendwelchen Zetteln.
Schließlich fünfter Punkt: Wir brauchen eine andere Art und Weise der Qualitätskontrolle, wir brauchen eine Ergebniskontrolle. Es muss kontrolliert werden, ob zum Beispiel auf Pflegestationen ein Dekubitus auftritt oder zu oft auftritt, oder ob multiresistente Keime vorhanden sind. Das muss kontrolliert werden, von mir aus auch unangemeldet, aber nicht dieser Wahnsinn mit dem Struktursystem oder der Prozessqualität, dass also ständig ein Häkchen gemacht wird, statt die eigentlichen Ergebnisse anzuschauen.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen keinen Populismus und wir brauchen auch keine Planwirtschaft, wir brauchen endlich einmal vernünftige Arbeit für die Menschen, die dort arbeiten. Es geht
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Richtig ist, Pflegekräfte brauchen Zeit für ihre Patienten. Sie brauchen Zeit, um ihre Arbeit sorgfältig zu machen, und natürlich benötigt man auch Zeit für die Händedesinfektion. Zunehmende Arbeitsverdichtungen können Pflegekräfte derart unter Zeitdruck setzen, dass Patienten schlecht gepflegt werden, dass Patienten gefährdet werden und dass Fehler entstehen. Das gilt es zu verhindern.
Zwei wichtige Punkte für gute Pflege wurden hier genannt: Es muss genügend Personal vorhanden sein, und natürlich ist auch die ausreichende Händedesinfektion wichtig und notwendig. Diesen Forderungen stimmen wir vollständig zu. Neben ausreichend Pflegepersonal sind weiterhin wichtig und erforderlich eine adäquate Organisation, gut strukturierte Arbeitsabläufe sowie regelmäßige Qualifizierungsmaßnahmen, damit die Pflegekräfte ihre Aufgaben verantwortungsvoll durchführen können. Auch eine angemessene Bezahlung darf nicht fehlen.
Eine gute Pflege zu gewährleisten erfordert somit eine Anzahl von Voraussetzungen. Der Bedarf der Pflege hängt von mehreren Faktoren ab: von der Art und Schwere der Erkrankung, vom Alter und der Pflegebedürftigkeit der Betroffenen. Hierbei ist zu bedenken, dass die Menschen immer älter werden und insofern einen höheren Pflegebedarf haben. Es macht auch einen Unterschied, ob es sich um Intensivpatienten oder um Menschen auf Normalstationen handelt. Postoperative Patienten benötigen eine engmaschige Überwachung. Der Nachtdienst muss auf spezielle Bedürfnisse wie Schlafstörungen, Schmerzzustände und vieles andere mehr eingehen können. All das bedarf einer individuellen Betrachtung und einer detaillierten Erörterung. Deswegen stimmen wir der Überweisung an den Ausschuss zu; vor einer ausführlichen Diskussion können wir dem Antrag allerdings nicht zustimmen.
Das Thema Pflege ist wichtig und muss gründlich erörtert werden. Wir wollen zu einer guten Lösung beitragen. Das Konzept sollte jedoch gut durchdacht werden. Ziel ist eine qualitativ hochwertige Pflege, die an den individuellen Bedürfnissen ausgerichtet ist. Ebenso notwendig ist ein hoher Standard bei der Krankenhaushygiene. Es gilt, Krankenhausinfektionen sowie die Entstehung von multiresistenten Keimen zu verhindern. Todesfälle
Sehr verehrtes Präsidium, sehr verehrte Volksvertreter! Was Sie sagen, sehr geehrter Herr Celik, klingt vernünftig, sehr vernünftig. Mehrere Ihrer Forderungen waren im viel geschmähten Großbritannien schon vor 30 Jahren selbstverständlich, bevor ich dort meine Ausbildung begonnen habe. Leider lassen sich die Menschen selten von Logik leiten und hängen lieber an Gewohnheiten. Die Niederländer können die deutsche Untätigkeit auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene nicht verstehen. Missstände liegen offen da wie der helle Tag. Eine nachweislich wirksame Lösung lehnt man ab. Ja, mit dem holländischen Weg hätten wir Wartezeiten für Krankenhäuser, aber eben auch erheblich weniger Menschen, die im Krankenhaus erst richtig krank werden.
Wie und warum solche Widerstände geleistet werden gegen die Lösung des Problems, möchte ich Ihnen veranschaulichen am Fall des ersten Vorkämpfers der Krankenhaushygiene, Ignaz Semmelweis. In der geburtshilflichen Abteilung dieses österreich-ungarischen Arztes betrug vor 170 Jahren die Sterblichkeit durch das Kindbettfieber 15 Prozent bezogen auf die Gesamtzahl der Geburten. In der Nachbarabteilung, wo nicht Ärzte, sondern Hebammen ausgebildet wurden, starben viel weniger Frauen. Um die Ursache herauszufinden, untersuchte er die Frauen gründlicher. Die Todesrate stieg noch weiter. Ein trauriger Zufall führte ihn zu einer Vermutung über die Ursache. Er überzeugte Ärzte und Medizinstudenten, sich nach Leichenöffnungen, später auch nach gynäkologischen Untersuchungen, die Hände zu desinfizieren. So konnte er die Sterblichkeit auf 3 Prozent, später auf 1,3 Prozent reduzieren. Dennoch feindete man ihn an. Er musste die Klinik in Wien verlassen. In seiner Heimat Ungarn wurde er Professor für Geburtshilfe. Aus Budapest schrieb Semmelweis Briefe, die, nicht immer sehr diplomatisch, an Koryphäen der Gynäkologie gerichtet waren. Diesen erschien aber der Gedanke, dass durch die Hand eines Arztes eine Patientin erkrankt oder gar stirbt, völlig absurd, und dies, obwohl die Idee von Infektionskrankheiten längst bekannt war. Später schrieb er offene Briefe an seine Kollegen, bezeichnete sie als Mörder. Die Wut fast der gesamten Fachwelt auf ihn wuchs ins Unermessliche. Wenige Zeitgenossen reagierten verständiger. Louis Kugelmann aus Hannover stärkte Semmelweis. Zitat: