Protocol of the Session on September 13, 2017

Und dann fordert die AfD – bemerkenswerter Vorgang – in ihrer Antragsprosa die Umsetzung einer EU-Richtlinie, nämlich der sogenannten Mehrwertsteuersystemrichtlinie mit ihrem Artikel 211. Das hat wohl bei Ihnen keiner gelesen. Zum einen ist diese Richtlinie bereits zum 1. Januar 2008 umgesetzt worden. Das ist längst abgearbeitet.

(Dr. Bernd Baumann)

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU – Zuruf von Dr. Bernd Baumann AfD)

Zum anderen sagt der von Ihnen geforderte Artikel 211, den Sie umgesetzt sehen wollen, nichts anderes – und da ist es hilfreich, das einmal zu lesen –, als dass jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union das Recht hat, die Einfuhrumsatzsteuer nach eigenem Rechtsmaß zu regeln. Das steht darin. Wenn Sie das noch umgesetzt haben wollen … Wie gesagt, es ist längst umgesetzt, aber es ist völlig inhaltsleer.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und natürlich ist es interessant, wer hier eigentlich die Umsetzung einer EU-Richtlinie fordert. Sie schreiben in Ihr Wahlprogramm zur Bundestagswahl deutlich hinein, dass Sie den Austritt aus der heutigen Europäischen Union wollen. Sechs Seiten weiter steht in Ihrem Wahlprogramm, dass Sie den Austritt aus der Währungsunion wollen, und wenn man Ihre Wahlveranstaltungen verfolgt, feiern Sie Nigel Farage, einen der Väter dieses fatalen Brexit-Beschlusses, als den Heilsbringer Ihrer Ideologie. Es ist wirklich bemerkenswert, dass Sie in Hamburg wiederum sagen, jetzt müsse aber eine EU-Richtlinie umgesetzt werden.

(Glocke)

Das tragen wir nicht mit. Das ist Populismus. Deswegen gehört der Antrag abgelehnt,

(Glocke)

und eine Überweisung wäre reine Zeitverschwendung.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Niedmers von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat wollen wir es vermeiden, jetzt noch einmal in großem Umfang eine Dopplung vorzutragen. Zentraler Bestandteil dieser Reform wird es sein, dass die künftige, CDU/CSU-geführte Bundesregierung

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit)

dann genau dieses für den Wettbewerb und für den Hafen so wichtige Thema closen wird. Die Details hat Dr. Seeler, hervorragend vorbereitet wie immer, schon vorgetragen, deswegen will ich das nicht wiederholen. Das heißt also, am Ende sind es noch elf Tage bis zu einer schicksalhaften Wahl für dieses Land, und die CDU/CSU-geführte Bundesregierung wird sich dann, da bin ich mir sicher, sehr schnell um dieses Thema kümmern.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Wieso haben Sie es bislang nicht gemacht? Sie regieren doch!)

Wir wollen jetzt, indem wir das Ganze hier nicht weiter debattentechnisch vertiefen, der AfD keine zu große Aufmerksamkeit in dieser Frage widmen. Denn wir alle wissen: Die Wirtschaft wird sich am Ende mit Sicherheit für die CDU/CSU entscheiden.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei Dr. Bernd Baumann AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach diesem gehaltvollen Debattenbeitrag weiß ich gar nicht, was ich an Doppelung noch verkünden darf. In der Tat ist es auch aus unserer Sicht so, dass es für dieses Thema drei Lösungswege gibt: einmal die Verfassungsänderung, die nicht so einfach zu erreichen ist, dann die Fristenlösung, für die sich Hamburg bereits eingesetzt hat, sie erreicht hat – womit ein Teil Ihres Antrags im Wesentlichen gegenstandslos wird –, und drittens die Weiterentwicklung eines Verrechnungsmodells, was aber in der Tat nicht so einfach ist. Ich glaube, aus Hamburger Sicht ist es so, dass wir uns dafür einsetzen sollten. Das werden wir weiter forcieren.

Herr Niedmers, Sie werden jetzt an Ihren Worten gemessen, wenn die AfD diesen Antrag das nächste Mal einbringt. Es ist nämlich in der Tat so, dass es aus anderen Bundesländern und vom Bundesfinanzministerium erheblichen Widerstand gegen das gibt, was Sie angedeutet haben, weil es um sehr große Summen Geld geht, auch außerhalb des Hamburger Hafens. Vor dem Hintergrund können Sie dann beim Closen in elf Tagen das dann elf Tage später vielleicht auch im Koalitionsvertrag closen, dass wir es so hinbekommen, dass der Hamburger Hafen davon profitiert.

Neben der Tatsache, die Herr Seeler schon angeführt hat – dass es bemerkenswert ist, dass die AfD-Fraktion sich auf eine EU-Richtlinie beruft –, kann ich Sie, Herr Baumann, abschließend nur auffordern: Wenn Sie Ihre hafenpatriotische Rede mit wenig Inhalt ins Internet stellen, stellen Sie doch die Rede des Kollegen Seeler gleich dazu, damit Ihre Wähler sehen, wie man richtige Hafenpolitik macht. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Jörg Hamann CDU)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege Seeler und

(Dr. Joachim Seeler)

der Kollege Tjarks haben eigentlich schon die zentralen Punkte genannt, was dieses Anträgchen der Rechtsaußenpartei im Plenum angeht.

(Zuruf von der AfD: Das sagt der Linksau- ßen!)

Insofern fand ich natürlich den Beitrag von Herrn Baumann äußerst spannend, der einen riesigen Verwaltungsaufwand beschrie und die Interessen der Hamburger Hafenwirtschaft endlich wieder vertreten sehen will. Ich bin vom Glauben abgefallen bei der Erinnerung an das Wahlprogramm der AfD.

(Zuruf von der AfD: Kennen Sie doch gar nicht!)

Ich kann es hier noch einmal sagen: Wer die Reichsmark in Deutschland wieder einführen will, wie Sie das wohl tun, der kann nicht wirklich von Verwaltungsaufwand reden und sich darüber beklagen. Ich denke, wir brauchen, um die maritime Wirtschaft voranzubringen, bessere Konzepte, vor allen Dingen zukunftsweisendere Konzepte, und nicht, dass Sie zum 150. Mal die Steuerschraube drehen wollen, die bisher – und da brauchen wir uns nur die HSH anzusehen – überhaupt nichts bewirkt hat. Insofern werden wir nach der Bundestagswahl mit Sicherheit von dem Thema noch einmal hören, aber bestimmt nicht aus Ihrer Ecke. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen, ich bin immer der Allererste, der dem Senat seine Fehler in der Hafenpolitik aufzeigt.

(Hansjörg Schmidt SPD: Er macht ja keine!)

In der Regel bekomme ich dafür nicht nur sehr viel Zeit, sondern es gibt auch sehr viele Punkte, an denen man sich im Moment reiben kann. Allerdings komme ich nicht umhin zu sagen, dass gerade beim Thema Einfuhrumsatzsteuer der Senat sich in der Tat engagiert hat. Ich finde, das muss man dann auch einmal anerkennen. Sicherlich kann ich den Impetus der AfD-Fraktion nachvollziehen, zu sagen: Da muss eigentlich noch mehr geschehen. Ich würde zudem sagen, es gibt einen eng damit zusammenhängenden Bereich, und das ist der Zoll in Hamburg, wo wir sehr große Probleme haben, und die kann man, finde ich, auch nicht mit ein bisschen Polemik gegenüber der AfD so einfach vom Tisch wischen.

(Hansjörg Schmidt SPD: Bundesbehörde!)

Ja, es ist eine Bundesbehörde, genau. Und wir sehen, dass die ein Drittel unbesetzte Stellen hat.

Wir alle sind Hamburger und wir alle sind davon überzeugt, wie toll diese Stadt ist. Da muss es uns sehr wundern, dass es eine Bundesbehörde gibt, bei der offensichtlich nicht der Fall ist, was in allen anderen Bundesbehörden der Fall ist, dass denen die Bude eingerannt wird und alle möglichen Leute versuchen, sich innerhalb der Behörde nach Hamburg versetzen zu lassen, sondern ein Drittel dieser Stellen ist unbesetzt. Das ist eine Bundesbehörde, richtig. Aber bis mindestens nächste Woche ist ja auch Ihre SPD, Herr Schmidt, noch in der Bundesregierung vertreten. Insofern könnten Sie sich auf Bundesebene einmal darum kümmern, dass dieser Missstand behoben wird. Das ist das eine.

Und wenn Sie dabei sind, diesen Missstand zu beheben, dann beheben Sie doch gleich noch zwei andere. Zum einen, dass der Zoll in Hamburg in den letzten Jahren mit immer mehr Bürokratie überschüttet worden ist. Warum, bitte sehr, ist denn der Zoll dafür zuständig, die Mindestlohndokumentationsverordnung einzuhalten in dieser Stadt? Warum schicken Sie denn den Zoll dafür los? Das ist völlig sachfremd

(Beifall bei der FDP – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- NE: Die einen immer auf die Flüchtlinge, die anderen immer auf den Mindestlohn!)

und der Zoll ist mit Überbürokratisierung in dieser Stadt lahmgelegt.

Und wenn Sie dabei sind, das zu bereinigen, dann kümmern Sie sich auch gleich darum, dass der Zoll nicht mehr dafür zuständig ist, die Erhebung der Kfz-Steuer in dieser Stadt durchzuführen. Das ist nämlich auch großer Quatsch. Das gehört da nicht hin. Entrümpeln Sie den Laden, besetzen Sie die Stellen in diesem Laden auf Bundesebene, dann ist dem Hamburger Hafen am meisten geholfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion.

(Zuruf: Jetzt wird der Antrag zurückgezo- gen!)

Wir haben schon vieles in diesem Hause erlebt – es gibt ein paar menschliche Schwächen, dazu gehört Überheblichkeit –, aber was ich heute erlebt habe von SPD-Seite, hat alles getoppt, was sich in dieser Legislaturperiode bis jetzt fühlbar gemacht hat.

Herr Seeler, Sie haben drei Wege aufgezeigt, sich dem Problem zu nähern. Der Antrag und die Rede bezogen sich nur auf einen, weil die anderen beiden selbstverständlich nicht zum Kern der Lösung kommen: Es wird weder eine Verfassungsänderung deswegen geben noch ist die Fristenlösung

(Stephan Jersch)

eine wirkliche Lösung. Sie hilft ein paar Sachen, aber dem Kern hilft sie nicht. Es geht um die Verrechnungslösung, und nur davon haben wir hier gesprochen.

Zur CDU. Der Beitrag hatte eine gewisse Witzigkeit. Aber zu sagen, nach der Wahl werde es sich ändern, wenn die CDU gewählt wird – die CDU regiert doch jetzt, und es geht um Finanzminister Schäuble. Um ihn geht es. Er muss mit Verordnung der Hafenwirtschaft helfen. Aber dafür braucht er natürlich die Zuarbeit Hamburgs, um im Kreis der Länder … Darum geht es im Kern doch, den Kreis der Länder. Den müssen Sie überzeugen, und Sie haben ihn noch nicht überzeugt.