Protocol of the Session on June 28, 2017

Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Rose. – Zum selben Thema spricht jetzt Michael Westenberger von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ganz so einfach, wie der Kollege Kruse es sich macht, ist das Leben manchmal nicht. Aber dazu bin ich ja da;

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD)

ich glaube, wir können heute ein bisschen was klären.

Ich habe das letzte Telefonat mit einer der Interessengemeinschaften, die ja auch der Sonntagsfrieden betrifft, tatsächlich um – ich habe gerade noch einmal geschaut – 12.12 Uhr geführt. Was das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts – das geht sogar auf das Jahr 2009 zurück – beschlossen hat, ändert alles in dieser Stadt und auch alles in unserer Republik. Meine beiden Vorredner haben es umfangreich dargelegt: Es gibt nach Auffassung der höchsten Gerichte keinen Anlass mehr für eine

(Wolfgang Rose)

Öffnung der Läden am Sonntag. Dass wir in Hamburg überhaupt so weit gekommen sind, mit denen zu reden, die Verfassungsträger sind, nämlich den Kirchen und den Gewerkschaften, ist einzigartig für den Norden der Republik. Ich weiß, dass man in den angrenzenden Bundesländern von einem Konsens in dieser Frage weit entfernt ist, und ich würde mich nicht wundern, wenn es in den angrenzenden Bundesländern im nächsten Jahr keine Sonntagsöffnung gibt. Folgen wir heute dem doch sehr emotional gehaltenen Antrag der FDP, die sich ein bisschen sehr zur Vergangenheit hingezogen fühlt, wird es definitiv …

(Katja Suding FDP: Das ist die Zukunft! Das verwechseln Sie!)

Frau Suding, nein, Sie sind nicht der Zukunft zugewandt. Das müssten Sie spätestens seit 1989 wissen.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel SPD und Olaf Duge GRÜNE – Katja Suding FDP: Wo ist da der Zusammenhang?)

Wenn wir heute dem Antrag der FDP zustimmen, gibt es definitiv keine Sonntagsöffnung in 2018,

(Michael Kruse FDP: Quatsch, lesen Sie mal die Senatsantworten zu dem Thema!)

und aller Voraussicht nach auch keine in 2019. Und ich glaube nicht, dass wir dann einen so breiten Konsens hinbekommen, wie wir ihn in den vergangenen Wochen und Monaten erarbeitet haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe, das sage ich offen, vor denen Respekt, die eine deutlich bessere Rechtsposition haben, aber dennoch bereit sind zu geben.

Das gilt insbesondere für die Kirchen, die gesagt haben: Wir haben in der Vergangenheit einen Kompromiss erreicht, vier verkaufsoffene Sonntage. Bitte, Politik, versuche es umzusetzen. Versucht, euch im Rahmen dieses Konsenses oder dieses Fahrwassers, das wir euch mit auf den Weg geben, mit dem Handel zusammenzusetzen und mit den Bezirken und den Zentren in dieser Stadt ein Konzept zu entwickeln, mit dem wir diesen Sonntagsfrieden weiterleben.

Das werden wir tun. Unmittelbar nach der Sommerpause wird die Handelskammer alle Verbände und alle, die es betrifft, einladen. Ich bin der festen Überzeugung, dass diejenigen, die bereits an den Gesprächen teilgenommen haben – wie der Kollege Rose und dankenswerterweise auch ich –, an diesen Gesprächen weiter teilnehmen werden. Es wäre schön gewesen, das sage ich in aller Deutlichkeit, wenn die FDP an diesen Konsensgesprächen teilgenommen hätte. Dann, und auch das sage ich deutlich, hätten Sie uns diesen Antrag, der uns überhaupt nicht weiterbringt und im Gegenteil

die Sonntagsöffnung im nächsten Jahr blockieren könnte, erspart. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE spricht jetzt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die klaren Ansagen des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich der Sonntagsöffnung und die daraus resultierende Nichthaltbarkeit der tatsächlich praktizierten Sonntagsöffnungen in Hamburg sind allgemein bekannt. Nichtsdestotrotz ist mir bei der vielen Lyrik im Antrag nicht wirklich klar geworden, wo hier der Paradigmenwechsel sein soll und die Grundidee einer Zukunftslösung. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich so dem Antrag nicht wirklich entnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stehen vor der Situation, dass von 1992 bis 2015 – das sind die letzten Zahlen, die ich finden konnte – die Sonnabendarbeit bei den Erwerbstätigen, die Selbstständigen nicht eingeschlossen, von 21 auf 26 Prozent gestiegen ist, und bei der Sonntagsarbeit gibt es einen Anstieg von 10 auf 14 Prozent. Das ist jeder Siebte, der theoretisch auf die Frage "Kommst du am Sonntag mit shoppen?" antworten könnte: "Nein, ich muss arbeiten."

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ich bin schon da!)

Die Kolleginnen und Kollegen des Einzelhandels sind davon ja noch weitestgehend ausgeschlossen.

Diese Situation haben wir. Wir haben eine Veränderung der Arbeitswelt und wir müssen uns nach dem Ausgleich fragen und dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deswegen ist der Hamburger Sonntagsfrieden natürlich eine wichtige Institution, und es ist zu betonen, dass er auf einer breiten Basis erzielt worden ist. Aber die Zukunftsfähigkeit wird sicherlich daran festgemacht werden müssen, inwieweit es uns gelingt, angesichts der geänderten Arbeitsbedingungen in dieser Welt den Schutz aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Und das heißt auch, liebe Kolleginnen und Kollegen vor allen Dingen der Regierungskoalition, aber auch der CDU und der FDP, die Sie immer wieder die Globalisierung proklamieren, dass Sie hier tatsächlich selbst daran arbeiten, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einen 24-mal-7-Betrieb umgestellt werden, ohne dass es entsprechende ausgleichende Maßnahmen gibt. Das heißt, die Zwänge verursachen Sie selbst.

(Michael Westenberger)

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Zum Glück wollen Sie den Kapitalis- mus ja überwinden!)

Wenn wir den Kapitalismus überwinden und jeder nach seiner Fasson glücklich wird, Herr Kruse, dann sage ich, ich bin dabei.

Zum FDP-Zusatzantrag kann ich nur sagen – der Kollege Westenberger hat es schon getan –: nice try. 28 verkaufsoffene Sonntage, völlig dereguliert in Hamburg – bei allem Verständnis für die Autonomie der Bezirke, ich glaube, die Bezirke sind so weit ausgeblutet, dass sie überhaupt gar nicht mehr in der Lage sind, dies vernünftig abzuwickeln. Deswegen werden wir diesem Antrag so nicht zustimmen.

In der Schlussfolgerung kann ich nur sagen: Der Antrag zur Aufrechterhaltung des Sonntagsfriedens ist gut für Hamburg und für den Sonntagsfrieden, aber er ist nichts anderes als eine Reparaturlösung, um den Frieden aufrechtzuerhalten, den wir bisher haben. Er ist mit Sicherheit keine langfristige Lösung im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Letztendlich werden wir klären müssen, was hier Anhang ist und was dezentrale Veranstaltung bei den Sonntagsöffnungen. Unsere Fraktion wird, wenn dies natürlich scheitert, klar dafür sein, dass eine Sonntagsöffnung im Moment nur unter den gegebenen gerichtlichen Beschränkungen gemacht werden kann. Deswegen werden wir besonders intensiv darauf schauen, inwieweit alles so umgesetzt werden kann, wie es gerichtlich vorgegeben ist. Wir werden aber diesem Antrag trotz alledem im Sinne des Sonntagsfriedens und des Kompromisses zwischen allen Beteiligten so zustimmen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält jetzt Michael Kruse von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Haupteinkaufstag in Deutschland ist der Sonntag. Das kann man gut oder schlecht finden, aber es ist die Realität. Der Handel macht an keinem Tag der Woche so viel Umsatz wie am Sonntag. Das mögen Sie alle nicht gut finden, man kann auch, wie die GRÜNEN in Niedersachsen, die Realität verweigern und einfach fordern, am Sonntag dann auch noch das Onlineshopping zu verbieten, aber die Realität der Menschen erreichen Sie damit nicht.

(Beifall bei der FDP)

Im Kern geht es um eine Debatte – und darin bin ich mit Herrn Rose sogar noch einig – darum, dass sich die Gesellschaft verändert, und die Frage ist, ob Politik die richtigen Rahmenbedingungen setzt und entsprechend auf die Veränderung von Ge

sellschaft eingeht. Dazu muss ich leider sagen, Herr Rose: Sie machen sich echt lächerlich, wenn Sie nicht einmal den Inhalt unseres Antrags zur Kenntnis nehmen wollen. Allen Vorrednern, die davon geredet haben, dass es dann künftig 28 verkaufsoffene Sonntage gäbe, sei vor Augen geführt, dass es nach unserem Antrag weiterhin explizit vier verkaufsoffene Sonntage pro Bezirk geben wird. Und selbstverständlich können die auch weiterhin …

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir haben sie- ben Bezirke! Hallo!)

Ja, gut. Und in irgendwelchen Ostseebädern ist das ganze Jahre geöffnet, auch sonntags.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Aber wir sind hier in Hamburg! – Gegenruf von Katja Su- ding FDP: Das ist albern, Andreas, und das weißt du auch!)

Aber darüber reden wir doch nicht, Herr Dr. Dressel. Das ist wirklich albern.

Sie schlagen vier Themensonntage vor. Für Händler bedeutet das weiterhin einen Wust an Bürokratie, und noch viel schlimmer, es bedeutet weiterhin Rechtsunsicherheit. Denn Sie nehmen vier Themensonntage und sagen, das seien jetzt Ihre Themen. Es sind sehr pauschale Themen, und man kann sie auch so benennen, nur das Problem ist, dass IGs, also die Interessengemeinschaften, die diese verkaufsoffenen Sonntage beantragen, weiterhin selbst in der Pflicht sind, zu begründen, dass die Veranstaltungen, die sie zu diesen Themen durchführen, mehr Besucher anziehen als die Tatsache, dass es eine Verkaufsöffnung gibt. Deswegen ist Ihr Antrag überhaupt nicht geeignet, die Probleme zu lösen, die das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts uns aufgegeben hat.

(Beifall bei der FDP)

Herr Westenberger, das Urteil ändere alles, sagen Sie. Ja, aber Ihr Antrag ändert gar nichts.

(Hansjörg Schmidt SPD: Du hast das ein- fach nicht verstanden!)

Das ist das Hauptproblem.

Wir wollen mehr Selbstbestimmung. Wir wollen mehr Selbstbestimmung für die Bürger in dieser Stadt, wir wollen mehr Selbstbestimmung für die Händler in dieser Stadt, wir wollen mehr Selbstbestimmung für alle. Deshalb haben wir diesen simplen Vorschlag unterbreitet.

(Dirk Kienscherf SPD: Der ist nicht rechts- konform!)

Beschließen Sie einfach, dass jeder Bezirk selbst bestimmen darf, wann er einen verkaufsoffenen Sonntag legt. Die Beschränkung der Höhe nach haben wir heute sehr bewusst nicht mit eingebracht, auch wenn wir durchaus der Meinung sind,

(Stephan Jersch)

dass eine maßvolle Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage den Sonntagsfrieden in dieser Stadt nicht gefährdet.