Wie immer ist der Antrag der LINKEN ein besonderes Wort wert. Und auch da ist es wie ein zweites Déjà-vu-Erlebnis, Herr Dolzer, ich habe ja schon häufig nach Ihnen zum Thema Kriegsforschung gesprochen. Ich glaube, ich würde eher die Aussage von Herrn Kruse, meinem Vorredner, noch verschärfen. Bei den allermeisten Forschungen kann man überhaupt nicht wissen, was später einmal in der Anwendung daraus gemacht wird. Egal ob es im nächsten Jahr passiert, in zehn Jahren oder in 20 Jahren – so gut wie jedes Forschungsprojekt, das Sie sich in irgendeinem Fach vorstellen können, kann später einmal einen Nutzen für militärische Anwendung geben. Wenn Sie das aber zum Maßstab machen, dann können wir die Forschung einstellen. Dann sagen wir, Forschung machen wir nicht mehr, denn es könnte militärisch genutzt werden.
rade bei Ihnen, Herr Dolzer, schon häufiger gesehen habe. Sie tun immer so, als wenn es diese Forschung, wenn man sie bei Fraunhofer in Hamburg, was ich ja nicht glaube, nicht machen würde, dann nicht gäbe. Völlig falsch, dann würde die Forschung in China gemacht werden, in Russland, im Iran oder in anderen dubiosen Ländern. Da ist es mir schon lieber, wir machen die Forschung konkret hier in Hamburg. Aber ich sehe aufgrund all dessen, was ich über Fraunhofer-Institute in Hamburg weiß, überhaupt nicht, wo da die Befürchtung sein könnte. Ich würde mir wünschen, dass Sie das in Ihren Zusatzanträgen, die sicherlich vom Geist des guten Menschen getragen sind, etwas präziser darlegen könnten, damit wir substanzieller darüber reden können. So, wie Ihr Antrag jetzt ist, kann man ihn nur ablehnen, und dem Antrag der vier Fraktionen werden auch wir zustimmen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kruse, ich glaube, heute ist kein Tag, um zurückzublicken und sich zu fragen, warum Vorgängersenate bestimmte Dinge nicht getan haben, bestimmten Initiativen nicht gefolgt sind oder politisch andere Bewertungen hatten, sondern heute ist doch ein Tag, an dem man sagt, wir schauen nach vorn. Wir haben hier eine großartige Initiative gemeinschaftlich durch die Fraktionen auf den Weg gebracht bekommen, die die Aktivitäten des Senats unterstützt, und dafür möchte ich meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Das hat nämlich nicht nur Symbolcharakter, wie Sie sagen – man habe hier einen inhaltsschwachen Antrag vorlegt –, sondern das wird durchaus gesehen. Das wird in Berlin gesehen und das wird bei Fraunhofer gesehen. Allein deshalb haben wir unsere Drähte zu Fraunhofer in den letzten Monaten noch einmal intensivieren können, weil klar ist, dass Hamburg diese Anstrengungen gemeinsam macht und diese gemeinsam getragen werden. Das wird dem Wissenschafts-, dem Wirtschafts- und dem Innovationsstandort in den nächsten Jahren ausdrücklich zugutekommen und deshalb möchte ich meinen Dank aussprechen.
An Herrn Dolzer gerichtet: Wir haben im Moment keine Forschung über Fraunhofer in Hamburg, die militärischen Zwecken dient, und wir haben auch nicht vor, dass das passiert. Ich fand allerdings sehr schön, wie eigentlich alle anderen Abgeordneten außer Ihnen dargelegt haben, wie schwierig es tatsächlich ist, zu Beginn eines Forschungspro
jekts bei der Antragstellung oder in der Erstkooperation, die zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stattfindet, zu 100 Prozent auszuschließen, dass das nicht irgendwann in 5, 10 oder 15 Jahren passiert, wenn aus einer Idee ein Produkt oder eine Anwendung erfolgt ist. Aber deshalb zu sagen, wir machen es nicht, hielte ich für den völlig falschen Weg, weil dann natürlich auch sehr viel Potenzial verloren geht, das sich in den Schnittstellenbereichen entwickelt. Und nur da entsteht doch die Innovation in der Interdisziplinarität, im Zusammenspiel zwischen Grundlagenforschung und dem berechtigten Interesse der Wirtschaft, Dinge aus der Wissenschaft auch hier in Hamburg stärker zu nutzen. Das ist von den Abgeordneten sehr treffend dargestellt worden.
Ich freue mich sehr über die Entwicklung der zarten Pflänzchen in den letzten zweieinhalb Jahren, die es schon vorher gab mit dem Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen, das sich weiterentwickelt hat, in den letzten Jahren auch an der TU angedockt hat und entscheidende Forschung im Bereich der Schifffahrt und der Seehäfen macht, beispielsweise zum Schutz des Hafens vor Cyberkriminalität. Ich freue mich außerordentlich, dass wir seit diesem Startschuss eine Reihe von weiteren Initiativen auf den Weg bringen konnten, also Forschung und Technologietransfer made in Hamburg. Das ist den gemeinsamen Anstrengungen von Ihnen hier, meine Damen und Herren, aber auch von allen Hamburger Abgeordneten in Berlin zu verdanken, die nicht zuletzt in der Bereinigungssitzung zum Haushalt 2017 zum einen erreicht haben, dass die Grundfinanzierung bei Fraunhofer, nämlich zwei Drittel/ein Drittel, also Bund-Länder-finanziert und industriegetragen, also Projektförderung, wieder ins Lot gebracht wurde, und gleichzeitig in diesem Jahr schon eine Erhöhung der Grundfinanzierung von 67 Millionen Euro erreicht haben. Das ist ein sehr schöner Batzen, der da reingegangen ist, und es war nicht leicht, auch gegenüber den anderen Außeruniversitären wie Leibniz oder Max Planck zu argumentieren, dass wir hier diesen Fokus auf Fraunhofer gelegt haben, weil wir uns versprechen, dass damit der Blick auf Hamburg und auch stärker auf unsere Initiativen gerichtet wird. Deshalb auch mein Dank an alle Abgeordneten der Bundestagsfraktionen, die sich hier so stark für Hamburger Interessen eingesetzt haben.
Die bestehenden Fraunhofer-Institute neben dem CML, dem Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen, die noch an andere Institute in anderen Bundesländern angedockt sind, das IME ScreeningPort beispielsweise im lebensmittelwissenschaftlichen Bereich oder das Anwendungszentrum für Leistungselektronik, wo es um ökologische
Windkraftanlagen, aber auch passgenaue Medikamente und energiesparende Transportmöglichkeiten geht, haben Sie schon dargelegt. Sie haben auch dargestellt, dass wir uns jetzt eigentlich in der Phase der dritten Aktivitätswelle befinden. Das IWES ist genannt worden, also unser Windprüfstand, der in Bergedorf entsteht. Das Spannende dort ist, dass um diesen Prüfstand herum und im Rahmen des Windenergie- und Energiesystemtechnik-Clusters Erneuerbare Energien und Energieeffizienz gerade ein Nährboden entsteht, der Gründerinnen und Gründer anlockt, der Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer anlocken wird und der Bergedorf perspektivisch auch zu einem richtigen Eldorado machen kann, wo Wissenschaft und Wirtschaft zusammen gedacht und gelebt werden. Das wird das Klima für Wissenschaftsbegeisterung stärken und die Neugier und eben diesen Gedanken noch stärker in den Mittelpunkt rücken, aus guten Ideen, aus wissenschaftlichen Erkenntnissen dann auch in die Anwendung zu kommen und Produkte zu entwickeln, die wichtig sind – Produkte made in Hamburg, die zeigen, dass wir vorangehen mit Innovationen.
Und zu guter Letzt will ich sagen, weil wir uns natürlich auch diesem gemeinsamen Antrag verpflichtet fühlen, dass wir aktuell in Gesprächen sind – da wir natürlich wollen, dass weitere Einrichtungen in die Fraunhofer-Gemeinschaft übernommen werden –, die intensiv sind, die sehr kompliziert sind und denen sehr aufwendige Abstimmungsverfahren zugrunde liegen, Herr Dolzer, weil natürlich immer die Universitäten und andere Partner dabei sind, die genau gucken, wie die Vertragswerke denn aussehen. Man will sich da nicht über den Tisch ziehen lassen und sich gefesselt und geknebelt von Fraunhofer fühlen.
Deshalb haben wir jetzt einen sehr langen und mühsamen Prozess, sehen aber Licht am Ende des Tunnels, zum einen beim Laser Zentrum Nord unter der Führung der Koryphäe Professor Emmelmann, vielen von Ihnen sicherlich bekannt, Stichwort 3-D-Druck, sehr großer Schwerpunkt in den Materialwissenschaften und additiven Verfahren. Und wir sind mit dem CAN, dem Centrum für Angewandte Nanotechnologie, unter der Leitung von Herrn Professor Weller von der Universität Hamburg kurz davor, im lebenswissenschaftlichen Bereich den Sprung zu machen.
Das sind Riesenschritte und ich bin sehr optimistisch und frohen Mutes, dass wir mit der Dynamik, die wir jetzt in der Debatte haben, und mit der Unterstützung hoffentlich aus dem ganzen Haus auch Kraft entfalten für weitere Aktivitäten, die teilweise im Antrag angedeutet wurden, die aber am Wissenschaftsstandort aufgrund der Debatte über Fraunhofer in der Stadt auch dazu geführt haben,
Ich hoffe, dass Sie uns da weiter positiv begleiten, und wir werden liefern. Wir werden Ihnen zeigen, dass es funktioniert mit den beiden, die jetzt in der Planung und in der Mache sind und hoffentlich bald zur Fraunhofer-Familie gehören als eigenständige Hamburger Institute und nicht nur als Zweigstellen und Ableger. Und dann hoffe ich, dass dem weitere folgen werden, weil es uns und dem Standort sehr gut tun wird. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Herren Kruse! Sie haben beide in die gleiche Kerbe gehauen: Es ist so, dass in der Debatte über Militärforschung und militärisch relevante Technologien in den letzten Jahren der Begriff Dual-Use, worauf Sie auch abgehoben haben, eine sehr große Rolle spielt. Dieser Begriff ist analytisch wenig tragfähig, da die meisten Technologien – da haben Sie recht – sowohl zivilen als auch militärischen Nutzen haben können. Tatsächlich verfolgt aber die Bezugnahme auf die Logik des Dual-Use meist taktische Zwecke, um im konkreten Fall die militärische Nutzbarkeit ziviler Forschung als unbeabsichtigt oder unvermeidlich darzustellen oder auch, um Zivilklauseln als unrealistisch darzustellen.
Es ist aber doch eine Entscheidung von politischen Protagonisten und Akteuren, ob man Strukturen schafft oder fördert, in denen schon angelegt ist, dass zivile Forschung auch militärisch genutzt werden kann, wie es bei Fraunhofer eigentlich angelegt ist durch die sieben Verbände, wo eben der verteidigungs- und sicherheitspolitische Verband auch die zivile Forschung nutzen kann, oder ob man sagt, dass man das anders anlegen möchte, damit genau das nicht möglich ist. Genau diese Entscheidungsmöglichkeit hätten wir und genau diese Entscheidungsmöglichkeit wollten wir abrufen, aber leider sind die anderen Fraktionen dazu nicht bereit. Wir stehen nämlich für eine friedliche Forschung und das kann man durchaus als politische Intention haben. Man kann das der Fraunhofer-Gesellschaft sicherlich auch in Verhandlungen abtrotzen, wenn man sagt, dass die Mehrheit des Parlaments dahintersteht. Nur das wollten wir, das hätten wir richtig gefunden und wir finden es schade, dass Sie das als unrealistisch abbügeln wollen. – Danke.
Herr Dolzer, da Sie noch einmal ans Pult gingen, mache ich das auch noch einmal. Ich glaube, dass man Ihnen vielleicht ein bisschen deutlicher machen muss, wie Forschung funktioniert. Einmal angenommen, wir würden ein Forschungssiegel vergeben, ein Dolzer-Siegel, das dafür steht, dass es sich um militärisch völlig irrelevante und nur zivile Forschung handelt, und wir würden einem Projekt ein solches Dolzer-Siegel verleihen, dann können Sie nicht ausschließen, dass das, was dort erforscht wird, später von den gleichen Leuten oder von anderen weiterverwendet wird. Sie können Forschungserkenntnisse niemals zusammenhalten. Das ist inkorporiert in den Menschen, die dort lernen und die Dinge vorantreiben. Jeder Einzelne von denen kann zu einer anderen Firma gehen, von mir aus zu einer sehr üblen kriegsforschenden Firma in Amerika oder in Russland. Es ist völlig ausgeschlossen, das zu verhindern.
Der Versuch, so zu tun, als könne man irgendwo ein Unbedenklichkeitssiegel vergeben, ist völlig illusorisch. Das sollte man auch gar nicht versuchen, denn die ganze Geschichte hindurch ist häufig die Kriegsforschung der Treiber für Forschung überhaupt gewesen. Deshalb würde ich sagen, es bringt einfach nichts. Ich verstehe Ihren guten Willen, den will ich durchaus akzeptieren, aber es ist einfach unsinnig, das zu tun.
Meine Damen und Herren, wird weiter das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, können wir zu den Abstimmungen kommen.
Ich frage zunächst, wer beide Drucksachen an den Wissenschaftsausschuss überweisen möchte. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte ihm folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag mit großer Mehrheit so beschlossen.
Und ich frage noch, wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 21/9252 zustimmen möchte. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann hat dieser Antrag keine Mehrheit gefunden.
[Bericht des Verkehrsausschusses zum Thema: "Sachstand Verlängerung der U4 in die Horner Geest" (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drs 21/9022 –]
Dazu liegen vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und FDP jeweils eine Fragestellung vor. Für jede Frage und ihre Beantwortung haben wir jeweils 20 Minuten Zeit. Antworten, die heute hier nicht gegeben werden können, werden zu Protokoll nachgereicht.
[Das "Bündnis Stadtherz" kritisiert die Privatisierung öffentlicher Liegenschaften rund um den Hauptbahnhof – vom Bieber-Haus über die ehemalige Schule für Hörgeschädigte am Schultzweg sowie über den jetzt geplanten Verkauf und Abriss der City-Hochhäuser –, da dadurch die Stadt immer handlungsunfähiger wird und Spekulation fördert. Wo und wie will der Senat zukünftig die rund um den Hauptbahnhof dringend benötigten Flächen für soziale und soziokulturelle Nutzungen, für Nahversorgung, für kleinteiliges Gewerbe, für geförderte Arbeitsräume für Künstler_innen, für solidarische Wohnformen et cetera finden und anbieten? (Fragethema der Fraktion DIE LINKE)]
Wir beginnen mit der Fragestellung der LINKEN. Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.
Das Bündnis Stadtherz kritisiert die Privatisierung öffentlicher Liegenschaften rund um den Hauptbahnhof, vom Bieberhaus über die ehemalige Schule für Hörgeschädigte am Schultzweg sowie bei dem jetzt geplanten Verkauf und Abriss der City-Hochhäuser, da dadurch die Stadt immer handlungsunfähiger wird und Spekulationen fördert. Unsere Frage: Wo und wie will der Senat künftig die rund um den Hauptbahnhof dringend benötigten Flächen für soziale und soziokulturelle Nutzungen, für Nahversorgung, für kleinteiliges Gewerbe, für geförderte Arbeitsräume, für Künstlerinnen und Künstler, für solidarische Wohnformen et cetera finden und vor allen Dingen auch anbieten?
Anders als Ihre Fragestellung andeutet, Frau Sudmann, ist es nicht so, dass die Stadt sich aus dem Immobilienmarkt zurückzieht. Im Gegenteil kaufen wir auch aktiv Immobilien an. Letztlich wirken wir vor allem als Stadt darauf hin, dass die Grundstücke auch im innerstädtischen Bereich insbesondere genutzt werden, um zusätzliche Flächen für Wohnungsbau, für Büro, für Gewerbe, auch für kleinteiliges Gewerbe und sonstige Nutzungen wirklich zu entwickeln, und dafür eben zur Verfügung zu stehen.
So ist es zum Beispiel auch bei dem Konzept für den Klosterwall. Dazu haben Sie eine Drucksache bekommen. In dieser Neubebauung ist eben auch geförderter Wohnungsbau vorgesehen, es geht um die Schaffung von Flächen für eine Kita, eine Markthalle für kleinteiliges Gewerbe soll geschaffen werden und auch künstlerische und kulturelle Nutzungen sind vorgesehen.
Selbst im Münzviertel – das ist ja ein Thema, das Sie auch berührt – sind Flächen für stadtteilbezogene Nutzung und soziale Zwecke vorgesehen. Insofern ist Ihre Annahme, die der Fragestellung zugrunde liegt, unzutreffend und in diesem Sinne wirkt der Senat darauf hin, dass wir auch im innerstädtischen Bereich ausreichend Flächenentwicklung haben.