Protocol of the Session on April 26, 2017

Frage müssen wir uns zuwenden. Die Frage sollte doch nicht lauten, ob jetzt die doppelte Staatsbürgerschaft das Problem sei, sondern welche Art von Politik ermöglicht, dass Menschen sich demokratischen Werten zuwenden. Das ist eine Aufgabe, die wir alle angehen müssen.

(Beifall bei der LINKEN – André Trepoll CDU: Haben wir denn zu wenig demokrati- sche Werte? Wir haben doch demokratische Werte!)

Das, Herr Trepoll, passiert natürlich nicht mit einem inhumanen Flüchtlingsdeal, der demokratische Werte demontiert. Das ist doch nicht die richtige Message. Sie poltern hier herum, aber Ihre Bundeskanzlerin sitzt bei allen wichtigen Entscheidungen in der Türkei bei Erdogan und unterstützt ihn damit.

(Zuruf: Das ist doch Blödsinn!)

Das ist kein Blödsinn.

Das hat das Ja-Lager und auch die AKP in der Türkei gestärkt. Es hilft nichts, wenn die Kanzlerin zu den Menschenrechtsverletzungen schweigt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Jörn Kru- se AfD)

Sie sprechen davon, das Nein-Lager zu stärken. Entschuldigen Sie einmal, wo waren Sie eigentlich während dieser Wahlkampfphase? Das Nein-Lager hat versucht, viele unentschiedene Menschen davon abzubringen, mit Ja zu stimmen, sie haben versucht, viele Menschen gegen diese Verfassungsänderung zu mobilisieren. Da hätte ich mir gewünscht, dass auch Sie als Fraktionsvorsitzender einmal aufgetaucht wären.

(Beifall bei der LINKEN und bei Kazim Abaci SPD)

Herr Trepoll, vielleicht sollten Sie auch einmal in Ihre eigene Partei schauen und nicht immer die anderen beschuldigen. "Der Spiegel" erhob heftige Vorwürfe gegen Ihren Parteivorsitzenden Roland Heintze. Er sei in Propagandaaktivitäten des Erdogan-Regimes dadurch verstrickt, dass er diese Pressereise organisiert habe. Ich finde, Sie sollten uns erläutern, was es damit auf sich hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn wir wissen, was auf dieser Sitzung diskutiert und propagiert wurde.

Wir sollten dieses Wahlverhalten untersuchen lassen, das Wahlergebnis nüchtern betrachten und uns die relevante Frage stellen, welche Partei diese Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl wählen werden. Auch wenn es uns emotional sehr berührt, muss die Zeit des Dampfablassens jetzt zu Ende sein, weil die Opposition in der Türkei, aber auch in Deutschland die Unterstützung der deutschen Politik braucht.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss ein Wort an die GRÜNEN. Sie halten am Doppelpass fest, aber Herr Özdemir hat ihn heute infrage gestellt.

(Kazim Abaci SPD: Nein, hat er nicht!)

Darüber wünsche ich mir eine Aufklärung.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Frage wird jetzt im Plenum nicht mehr beantwortet werden können, weil wir am Ende der Aktuellen Stunde angekommen sind. Deshalb kann ich auch leider der Rednerin der FDP nicht mehr das Wort erteilen. Die Aktuelle Stunde ist also beendet.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf, Drucksache 21/8696, Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 14. Dezember 2016 "Sanierungsfonds 2020: Intensivierung der Sicherheitsmaßnahmen an Hamburger Gerichten und Staatsanwaltschaften".

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 14. Dezember 2016 "Sanierungsfonds 2020: Intensivierung der Sicherheitsmaßnahmen an Hamburger Gerichten und Staatsanwaltschaften"(Drucksache 21/6978) – Drs 21/8696 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Ja, Urs Tabbert von der SPD-Fraktion erhält als Erster das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich räume freimütig ein, dass die heutige Debatte in die Rubrik "Tue Gutes und rede darüber" fällt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – André Trepoll CDU: Selbst ent- larvt!)

Auch die CDU, lieber André Trepoll, hatte sich schon mit dem Thema befasst. Ich hoffe nicht, dass das eine Debatte ist, bei der wir irgendeine Gegensätzlichkeit haben. Aber man muss auch einmal sagen, dass man etwas gemacht hat, wo hausintern hoffentlich Konsens besteht. Bereits im Dezember 2016 hatten wir einen entsprechenden Haushaltsantrag von SPD und GRÜNEN in der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen. Aus dem Sanierungsfonds 2020 haben wir damals bereits Mittel in Höhe von 1,4 Millionen Euro bereitgestellt, um über das Strafjustizgebäude hinaus unsere Hamburger Justiz sicherer zu machen.

(Cansu Özdemir)

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nicht zuletzt hat uns der erschreckende Angriff eines Angeklagten auf eine Zeugin im Gerichtssaal des Strafjustizgebäudes im Januar 2017 in tragischer Weise darin bestätigt, wie richtig und notwendig es ist, bei allen Justizgebäuden der Stadt in mehr Sicherheit und damit auch in mehr Vertrauen in eine funktionierende Rechtspflege zu investieren. Heute freuen wir uns darüber, dass unsere Justizbehörde dem Handlungsauftrag unseres Haushaltsantrags nachgekommen ist und ein Konzept vorgelegt hat, das aus meiner Sicht auf einen klugen und stimmigen Mix setzt. Nach den geplanten Maßnahmen werden künftig Justizgebäude grundsätzlich vom Publikumsverkehr nur noch durch einen einzigen kontrollierten Zugang begehbar sein. Mit zusätzlichem Personal soll gewährleistet werden, dass Eingangskontrollen flächendeckend durchgeführt werden und bei Bedarf Gerichtsverhandlungen zusätzlich gesichert werden können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Diensträume der Mitarbeiter sollen besser geschützt werden. Wenn möglich, sollen sie vom Zugang der Öffentlichkeit getrennt werden. Insgesamt sorgen wir somit für ein deutliches Mehr an Sicherheit für alle Rechtsuchenden und Justizmitarbeiter. Da mich die Pressemitteilung des Kollegen Dolzer etwas irritiert hat, möchte ich Folgendes klarstellen: Uns geht es nicht darum, die Justizgebäude zu Hochsicherheitstrakten umzurüsten, und es geht uns auch nicht um Abschottung. Gerichte müssen selbstverständlich für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Wie Sie wissen, gibt es wohlbegründete gesetzliche Ausnahmen im Familienrecht und auch im Jugendstrafrecht. Aber Demokratie und Rechtsstaat erfordern im Grundsatz den Zugang der Öffentlichkeit zur Justiz. Daher ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger als Rechtsuchende oder als kritische Beobachter weiterhin vollen Zugang zu allen Gerichtsgebäuden haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Natürlich wäre es am allerschönsten, wenn wir in einer Gesellschaft leben würden, in der Sicherungsmaßnahmen wie nun vorgesehen nicht notwendig wären, aber die Realität ist leider zuweilen eine andere und man wird leider Situationen, in denen Menschen in Justizgebäuden zum Sicherheitsrisiko werden, nie völlig ausschließen können. Was man aber tun kann, ist, dieses Risiko, so gut es geht, mit vertretbaren Mitteln zu minimieren. Und das ist die Intention unseres damaligen Antrags und des Senatskonzeptes, das wir – diese Einigkeit können wir hoffentlich feststellen – vollumfänglich unterstützen. Denn das wird zu einer Stärkung des Rechtsstandorts Hamburg führen, die hinsichtlich der Sicherheit nicht nur wünschenswert, son

dern ein Gebot praktischer Vernunft ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke für den kompakten Beitrag. - Herr Seelmaecker von der CDU-Fraktion hat jetzt als Nächster das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zeit will ordentlich genutzt werden. Vielen Dank, endlich investieren wir konkret in die Sicherheit unserer Justiz, für die Mitarbeiter und die hamburgischen Gerichte. Das ist erfreulich und längst überfällig. Wir fordern diese Maßnahmen schon seit fünf Jahren. Trauriger Auslöser, über die notwendigen Verbesserungen nachzudenken, war damals der konkrete Anlass, als ein Staatsanwalt bei der Urteilsverkündung in Dachau erschossen wurde. Anlässlich dessen kam die Debatte wieder auf und wir haben uns überlegt, dass es – schon damals, wohlgemerkt – zu diskutieren sei, ob Gefahrenpotenziale nicht auch in anderen Bereichen der Justiz vorhanden sind, und wir haben damals übereinstimmend festgestellt, dass es insbesondere zum Beispiel bei den Familiengerichten und anderen potenziell besonders schwierigen familienrechtlichen Verfahren immer Gefahren geben kann, wo Menschen ausrasten und letztlich auch Gewalt anwenden. Unser Ansatz war und bleibt deshalb, erstens für jedes hamburgische Justizgebäude eine Gefährdungsanalyse unter Begleitung der Sicherheitsexperten des LKA zu gewährleisten, zweitens aus dieser das konkrete Sicherheitskonzept zu entwickeln, drittens flächendeckend Schleusen und Detektoren in allen hamburgischen Justizgebäuden einzuführen, und viertens Einlasskontrollen für Sitzungs- und Ordnungsdienste mit entsprechend geschultem Personal zur Verfügung zu stellen. Jetzt werden Sie sagen, Mensch, toll, das ist doch das, was wir haben. Völlig richtig, es herrscht Konsens. All das ist konkret nachzulesen in unserem Antrag 20/1364 von vor fünf Jahren. Also herzlichen Dank, dass das jetzt genauso umgesetzt wird, wie wir es schon damals gefordert haben. Das ist gut.

(Beifall bei der CDU – Karl-Heinz Warnholz CDU: Das ist sogar sehr gut, Herr Kollege!)

Das ist sogar sehr gut, vielen Dank.

Die Menschen fragen sich nur, warum es in Hamburg ausgerechnet im Bereich der Justiz immer so lange dauern muss. Daran müssen wir noch arbeiten. Aber letztlich ist es Sache der Regierungsfraktionen und insbesondere des Justizsenators, vorn dran zu sein und sich darum zu kümmern. Stattdessen haben wir immer dieses Versteckspiel: täuschen, tricksen und tarnen. Das ärgert mich und deswegen muss ich etwas Wasser in den Wein gießen. Sosehr das Konzept an und für sich richtig

(Urs Tabbert)

ist, ist der Umgang damit nicht in Ordnung. In der Landespressekonferenz von vor zwei Wochen äußerte sich der Justizsenator unter anderem zur Polizei und stellte das Sicherheitskonzept vor, und es wurden die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen detailliert erörtert. Das finde ich richtig und begrüße es, Herr Steffen, dass Sie das getan haben. Aber damit legen Sie gleichzeitig ein Armutszeugnis im Umgang mit dem Parlament ab, denn auf meine zuvor gestellten Anfragen, zuletzt auf die Schriftliche Kleine Anfrage, Drucksache 21/5741, antwortet mir der Senat:

"Im Übrigen sieht der Senat aufgrund der Ausführungen des Hamburgischen Verfassungsgerichts […], die entsprechend für die Gerichte gelten, davon ab, detaillierter über einzelne bestehende und geplante Sicherheitsmaßnahmen zu berichten."

Hier sieht man wieder einmal den Umgang des Senators, der für Transparenz stehen sollte, mit dem Parlament. Zuerst wird ein an den Haaren herbeigezogenes Argument bemüht, das dann ad absurdum geführt wird, indem gesagt wird, man stelle der breiten Öffentlichkeit vor, was man mache. Da weiß ich nun wirklich nicht mehr, was man als Parlamentarier noch machen soll. Das, finde ich, ist ein Stück weit lächerlich.

(Beifall bei der CDU)

Sei's drum, das Wesentliche ist, dass wir diese Sicherheitsmaßnahmen jetzt zügig umsetzen. Das schulden wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Justiz und das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Seelmaecker. – Als Nächste erhält das Wort Frau Dr. Timm von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie Herr Tabbert schon sagte, tue Gutes und rede darüber, das mache ich jetzt auch, vor allem weil wir wirklich etwas tun. Wir investieren 1,4 Millionen in Baumaßnahmen für die Sicherheit der Gerichte, also für stärkere Einlasskontrollen, moderne Sicherheitstechnik und mehr Sicherheitspersonal. Sicherheit im Gerichtssaal ist wesentlich für das Funktionieren des Rechtsstaates. Prozessbeteiligte und Angestellte der Gerichte müssen sich angstfrei bewegen können. Nur so können sie sich darauf konzentrieren, ihre Rechte wahrzunehmen. Das gilt nicht nur für die Strafjustiz, sondern für alle Justizbereiche, gerade auch für Familienrechtsstreitigkeiten, bei denen die Emotionen, insbesondere bei Sorgerechtsstreitigkeiten, sehr hochkochen können. Deshalb ist es gut und notwendig, nicht nur im Strafjustizgebäude, sondern in allen Gerichten, gerade auch in den

Amtsgerichten im Bezirk, anzusetzen, um diese sicherer zu machen und die Maßnahmen greifen zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Hier herrscht Konsens. Aber Sie als Opposition – das kann ich verstehen – müssen ja irgendetwas kritisieren. Und so sagen Sie, Herr Seelmaecker, das sei überfällig, es dauere zu lange. Sie sind mit der Maßnahme einverstanden; etwas anderes fällt Ihnen als Kritik offensichtlich nicht mehr ein.