Protocol of the Session on April 26, 2017

Der entscheidende Punkt, dass es schneller geht, ist, dass wir jetzt zu einer Klärung darüber kommen, wie wir mit dem Dach umgehen, weil die Frage des Umgangs mit dem Dach am Ende die Entwicklung der Hallen 2 und 3 maßgeblich mit berücksichtigt. Und auch da freuen wir uns über die Unterstützung des Antrags und darüber, dass er Bezug nimmt auf einen Prozess, der schon längst

läuft. Wir werden in der nächsten Woche einen ersten Workshop haben innerhalb eines Ideenprozesses, mit dem Raumlabor Berlin beauftragt ist, in dem die derzeitigen, die künftigen und die interessierten Nutzerinnen und Nutzer des Oberhafenquartiers ihre Ideen für die Gestaltung dieses Quartiers offenlegen werden, miteinander diskutieren werden. Wir werden nach dieser Bestandsaufnahme weitere Workshops folgen lassen, die sich konkret mit der Frage des Gleisfeldes unter dem Dach auseinandersetzen und der Frage, was dort möglich ist, und werden dann hoffentlich auf der Basis dieser Diskussion eine informierte Entscheidung darüber treffen können, ob und zu welchen Konditionen das Dach erhalten bleiben kann.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Ja.

Mich würde einmal nach Ihren Worten interessieren: Welche neuen Impulse bringt Ihnen denn dieser Antrag?

Der Antrag bringt als Impuls vor allen Dingen, dass er hilft, die öffentliche Debatte durch ein klares Statement der Bürgerschaft zu konstituieren und zu strukturieren, während man bisher in der öffentlichen Debatte im letzten Jahr das Gefühl hatte, es geht um ein Dach. Es geht aber nicht um ein Dach, es geht um ein Kreativquartier. Das noch einmal als Feststellung ist wichtig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Als Senat spüren wir den Rückenwind dieses Antrags, das können wir deutlich so sagen, mehr brauchen wir da nicht.

(Michael Kruse FDP: Wind im Nacken!)

Nicht im Nacken, da ist es schön warm, das ist alles ganz wunderbar, damit kommen wir klar.

Wir stellen fest, dass wir dort die Möglichkeit haben, einen Ort zu entwickeln, der etwas Besonderes werden kann.

Zu den 3 Millionen Euro Bundesgeld noch einmal: Die stehen zur Verfügung, die werden allerdings auch dringend gebraucht, um Halle 3 zu sanieren, zu den Kosten, die wir dort den Kreativen zugesagt haben. Bei den anderen Hallen klappt das im Rahmen des Möglichen. Die 3 Millionen Euro, der Prozess ist schon deutlich länger als die Diskussion über das Dach im Gange, sollen für die Halle 3 eingesetzt werden und werden dort gute Ergebnisse

(Detlef Ehlebracht)

zeitigen. Den Rest werden wir gemeinsam mit allen Beteiligten dort organisieren müssen.

Wir sind zuversichtlich, dass die HafenCity GmbH für die stadtentwicklungspolitische Seite und die Kreativgesellschaft für die kreativwirtschaftliche und kulturpolitische Seite dort zwei Akteure sind, die diesen Prozess gut vorantreiben können. Wir sind uns sicher, dass es sehr viel kreatives Potenzial unter denen gibt, die schon dort sind. Auch bei der Initiative, die sich Gedanken darüber macht, was man unter diesem Dach machen kann, und die hoffentlich auch gute Impulse im weiteren Verlauf bringen werden. Darum wird es gehen.

Und wir werden am Ende für 20 Jahre dort einen Ort schaffen können, mitten in der HafenCity, an einem Scharnier zwischen dem eher gewerblich genutzten und dem eher wohnungsgenutzten Teil der HafenCity, der, glaube ich, ein spannender, kreativer Unort unserer Stadt werden kann, mit dem wir noch sehr viel Spaß werden haben können. Daran muss jetzt intensiv gearbeitet werden. Wir freuen uns, dass die Bürgerschaft uns dabei unterstützt. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Senator. Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Die ist ein wenig kompliziert, ich bitte um besondere Aufmerksamkeit.

Wer möchte zunächst den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN aus der Drucksache 21/8721 an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Wer möchte diese Drucksache an den Kulturausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist ebenfalls abgelehnt worden.

Dann kommen wir zur Abstimmung über diesen Antrag in der Sache. Die FDP-Fraktion möchte die Ziffer 5 des Antrags separat abstimmen lassen.

Wer möchte also dem Antrag aus Drucksache 21/8721 mit Ausnahme der Ziffer 5 folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Wer möchte Ziffer 5 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich beschlossen worden.

Nun möchten die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN diesen Antrag nachträglich federführend an den Stadtentwicklungsausschuss und mitberatend in den Kulturausschuss überweisen.

Wer möchte diesem Überweisungsbegehren seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Dann rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 5, Drucksache 21/8004, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Aufarbeitung der Diskriminierung von Sinti und Roma in Hamburg nach 1945.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Aufarbeitung der Diskriminierung von Sinti und Roma in Hamburg nach 1945 – Drs 21/8004 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Wird hierzu das Wort gewünscht? – Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wissen, dass wir den Senat mit unserer Großen Anfrage ziemlich strapaziert haben. Wir bedanken uns deshalb insbesondere bei den Mitarbeitenden in den Behörden, dass sie sich trotz der Strapazen große Mühe bei der Beantwortung gegeben haben.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

In den letzten zehn Jahren hat die Stadt Hamburg viel unternommen, das öffentliche Gedenken an die Deportationen von Sinti und Roma aus Hamburg, an den Völkermord an den Sinti und Roma zu entwickeln. Das Anliegen unserer Großen Anfrage ist die vollständige Aufklärung der auch nach 1945 fortdauernden Diskriminierung. Das öffentliche Bewusstsein darüber ist kaum entwickelt. Sie ist auch noch längst nicht in vollem Umfang aufgearbeitet. Ich kann in dieser Debatte nicht annähernd den institutionellen Antiziganismus darstellen, der sich etwa darin äußerte, Sinti und Roma an den Rand der Städte auf unzumutbare Plätze zu verbannen oder, wie in den Siebzigerjahren in Harburg, in armselige Baracken in einer von Abgasen der Affi-Anlage kontaminierten Kleingartensiedlung. Das alles, weil sie angeblich normalen Wohnvierteln nicht zuzumuten seien. Nicht annähernd darstellen kann ich auch die personellen Kontinuitäten.

Nur ein Beispiel aus unserer Anfrage, das die Forderung nach weiterer Erforschung unterstreicht: Die Rassen- und Volkskundlerin Ruth Kellermann, die für das berüchtigte Rassenhygienische Forschungsinstitut in Berlin arbeitete und die Ermordung von Hunderttausenden Sinti und Roma mit vorbereitete, hat bis 1961 als Zigeunerexpertin für die Hamburger Polizei gearbeitet. Auf unsere Frage bestätigt der Senat nun, dass eine Personalak

(Senator Dr. Carsten Brosda)

te der Schulbehörde mit diesem Namen aus den Jahren 1970 bis 1982 im Staatsarchiv liegt. Was hatte diese Person mit der Schulbehörde zu tun? Was ist das für eine Akte?

Antiziganistische Diskriminierung ist bis heute nicht überwunden. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Sie dauert an auf der zwischenmenschlichen Ebene im Handeln von Menschen, auf der diskursiven Ebene, insbesondere durch ausgrenzenden Sprachgebrauch und antiziganistische Stereotype. Und auch auf der institutionellen und strukturellen Ebene, sei es durch erschwerten Zugang zu Bildung oder durch Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt oder bei der Gesundheitsversorgung. Dass sich ab den Achtzigerjahren dennoch etwas geändert hat, die unverhüllte Diskriminierung der vorangegangenen Jahrzehnte bis zu einem gewissen Grad gebrochen wurde, das hängt vor allem mit dem Aufkommen der Bürgerrechtsbewegung von Sinti und Roma Anfang der Achtzigerjahre zusammen, die zur Gründung des bundesweiten Zentralrats Deutscher Sinti und Roma sowie der Hamburger RCU 1982 und später dann 1999 des Landesvereins der Sinti in Hamburg führte.

Wir begrüßen sehr, dass in der geplanten Dauerausstellung beim neuen Mahnmal am Lohsepark, das bald eröffnet wird, auch die Diskriminierungsgeschichte nach 1945 dargestellt werden soll. Aber das ersetzt die Befassung dieser Problematik in der Bürgerschaft nicht. Deshalb beantragen wir die Überweisung unseres Antrags. Die Wunden, die geschlagen wurden, müssen geheilt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Vollständige Aufklärung ist Voraussetzung dafür. Es geht aber nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, den Kreislauf zu durchbrechen und die Beziehung zwischen der Mehrheitsbevölkerung und den Minderheiten der Sinti und Roma neu und diskriminierungsfrei zu gestalten. Drei Bundesländer haben Rahmenvereinbarungen mit den Verbänden der Sinti und Roma abgeschlossen; Baden-Württemberg einen Staatsvertrag, Berlin ist auf dem Weg zu einem Staatsvertrag, Thüringen hat eine gemeinsame Erklärung mit dem Zentralrat verabschiedet, in Schleswig-Holstein stehen deutsche Sinti und Roma als schützenswerte Minderheit sogar in der Verfassung.

Wir haben uns die verschiedenen Verträge und Vereinbarungen angesehen. Sie anerkennen die historische Verantwortung und regeln eine Reihe wichtiger Fragen, angefangen von der institutionellen Förderung der Vertretungen der Minderheiten, die wir in Hamburg sehr dringend brauchen, über Regelungen zu schulischen Lehrplänen und politischer Bildung, bis zu Anweisungen und Hinweisen zu antidiskriminierender Praxis in den Verwaltungen. So heißt es in der hessischen Vereinbarung – von Bouffier unterschrieben, ich zitiere –:

"Die hessische Landesregierung legt Wert darauf, dass Behörden sich auf die Belange der Sinti und Roma einstellen und ihr Handeln vorurteilsfrei danach ausrichten."

Auch Hamburg sollte den von anderen Bundesländern eingeschlagenen Weg beschreiten. Es ist an der Zeit, ein ganz neues Kapitel im Verhältnis zu den Minderheiten der Sinti und Roma in Deutschland zu eröffnen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Vértes-Schütter von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verfolgung und Völkermord an Roma und Sinti sind ein unauslöschlicher Teil unserer Geschichte. Sie haben einen zentralen Platz in der Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit und diesen Platz werden sie auch in Zukunft behalten. Allen, die einer Revision dieser Gedenkkultur das Wort reden, die der Umdeutung unserer Geschichte eine politische Plattform bieten, sage ich, Sie werden immer auf den entschiedenen Widerstand der demokratischen Mehrheit in diesem Haus und in dieser Stadt treffen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Die Senatsantworten auf die Große Anfrage der Links-Fraktion zeigen, dass die Verfolgung von Sinti und Roma in Hamburg längst Gegenstand wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Aufarbeitung war und weiterhin ist. Das gilt für die Verfolgung im NS-Unrechtsstaat und das gilt auch für die personellen, strukturellen und ideologischen Kontinuitäten des Antiziganismus, die in der Tat eine lange, weit über die NS-Zeit hinausreichende Geschichte haben.

Die Antworten des Senats zeigen auch, dass Hamburg seit Langem über die Aufarbeitung hinaus sehr konkrete Maßnahmen für soziale Integration und Teilhabe von Sinti und Roma ergriffen hat. Die verschiedenen Aktivitäten und Zeichen der Anerkennung haben sowohl beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als auch international Beachtung gefunden. So wurde bereits zu Beginn der 1980erJahre in Georgswerder eine damals einmalige Maßnahme des sozialen Wohnungsbaus geschaffen, die speziell an den Bedürfnissen hier lebender Sinti-Familien ausgerichtet war. So fördert die Stadt seit Langem Beratungsangebote der beiden Dachverbände für Sinti und Roma. Die Stiftung Hilfe für NS-Verfolgte gewährt seit ihrer Gründung im Jahr 1988 finanzielle Beihilfen an ehemals NS-verfolgte Sinti und Roma. 2012 hat die EU-Kommissi

(Christiane Schneider)