Protocol of the Session on March 1, 2017

Vielen Dank, Frau Dr. Schaal. – Als Nächstes erhält das Wort Herr Gamm von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ist festzuhalten, dass die Problembeschreibung, die in diesem Antrag von Rot-Grün zu finden ist, zutreffend ist. In der Tat haben die Togo-Becher einen erheblichen Anteil an dem tagtäglichen Müllaufkommen, gerade auch in unserer Stadt. Daher ist es zu begrüßen, dass sich dieser Senat und allen voran Senator Kerstan mit der Entwicklung eines Lösungsansatzes beschäftigt, der möglicherweise in die Realisierung eines pfandbasierten Mehrwegsystems münden könnte. Nun ist er heute leider nicht da, aber ich denke einmal, Sie werden das weitertransportieren.

Und was den hier skizzierten Weg zur Lösungsfindung im Rahmen dieses Antrags betrifft, möchte ich positiv herausstellen, dass insbesondere die GRÜNEN einmal nicht wie sonst üblich reflexartig ihre Verbots- und Drangsalierungsfantasien ausleben, denn der Kern des vorliegenden Antrags basiert im Wesentlichen, so habe ich ihn jedenfalls verstanden, auf der Erarbeitung einer ergebnisoffenen Lösung mit allen relevanten Stakeholdern.

(Vizepräsidentin Christiane Schneider über- nimmt den Vorsitz.)

Das ist angesichts der vielfältigen logistischen, technischen und betriebswirtschaftlichen Fragen, die es im Vorwege zu klären gilt, sinnvoll und zu begrüßen. Gerade vor dem Hintergrund, dass es bereits Mehrwegsysteme auf freiwilliger Basis in

(Ulrike Sparr)

Hamburg gibt, muss dabei das Prinzip der Freiwilligkeit maßgeblich sein. Und ob sich nun ausgerechnet die GRÜNEN am Ende wirklich an diesen Grundsatz halten, wage ich dann doch zu bezweifeln. Denn in dem Antrag selbst gibt es keinen Hinweis darauf, dass ein solches Mehrwegsystem auch gegen den Willen der Akteure durchgesetzt werden soll. Doch aufgepasst, denn selbst wenn Senator Kerstan noch heute dem "Hamburger Abendblatt" gegenüber erklärt hat, es solle keine Gebühr auf Einwegbecher geben, einen gibt es dann doch, der die üblichen grünen Umerziehungsgelüste aus dem Sack lässt. Im Oktober 2016 hat nämlich Kollegin Sparr verlauten lassen, dass sie sich sehr wohl eine Strafgebühr auf Pappbecher vorstellen könne,

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

dann nämlich, wenn es nicht gelingt, ein Mehrwegepfandsystem aufzubauen. Und da sind Sie dann auch wieder die GRÜNEN, so wie wir Sie doch üblicherweise kennen.

(Beifall bei der CDU)

Ungeachtet meiner positiven Vorrede wird die CDU-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten und das möchte ich auch kurz begründen. Handwerklich ist dieser Antrag nämlich wie so oft mangelhaft. Er enthält drei wesentliche Schwachstellen. Erstens gibt es keine detaillierte Aussage, wie teuer oder wie detailliert die Machbarkeitsstudie werden soll.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das bezahlen ja auch andere, deshalb braucht man das nicht!)

Zweitens gibt es keine Aussagen bezüglich der Aufteilung der Kosten für die Studie zwischen der Umweltbehörde, der Stadtreinigung und den weiteren Akteuren. Und es gibt in diesem Antrag keine Aussage zur Zeitplanung. Dem "Hamburger Abendblatt" konnten wir heute zwar erste ebenso grobe wie unverbindliche zeitliche Vorstellungen entnehmen, nicht aber diesem Antrag. Unterm Strich bleibt nämlich die Erkenntnis, dass Senator Kerstan offenbar nicht den Mumm hat, sich gegenüber der Bürgerschaft klar festzulegen.

(Dirk Kienscherf SPD: Man kennt ihn an- ders!)

Ich für meinen Teil erkenne hier keine Lernkurve auf Seiten des Senats. Zusagen darüber, wann aufwendigere politische Vorhaben abgeschlossen werden sollen, werden vom Senat konsequent gebrochen. Die Beispiele drängen sich doch förmlich auf. Ein Luftreinhalteplan, der nicht pünktlich da ist, die Nichtentscheidung zu Wedel, Elbvertiefung, das möchte ich gar nicht erwähnen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Thema, Thema, Thema!)

Wie reagiert der Senat nun darauf, dass er seine Terminzusagen nicht einhalten kann? Es gibt zwei typische Verhaltensmuster. Erstens, ich lege Endtermine so weit in die Zukunft in der Hoffnung, dass das Thema dann abgekühlt ist oder sich gar keiner mehr erinnert – so wie das Thema Sauberkeitsgebühr, auch bei diesem Thema ist diffus von im Laufe von 2018 die Rede –, oder ich lasse den Zeitplan so wie in diesem Antrag gleich ganz weg. Beide Verhaltensmuster haben mit dem angeblichen ordentlichen Regieren, das Bürgermeister Scholz versprochen hat, nun rein gar nichts zu tun. Denn politisch verantwortliches Handeln erschöpft sich doch nicht darin, dass ich nur die Wahl habe zwischen kleinteiligen PR-Gags auf der einen Seite und der Beschlussfassung von Machbarkeitsstudien für sehr langwierige Vorhaben auf der anderen Seite. Das hoffe ich doch nicht, denn es gibt auch sehr wohl etwas dazwischen.

Selbstverständlich gilt das auch für den Einwegbecher. Da müssen wir gar nicht erst nach Ottensen oder Eimsbüttel schauen, sondern es reicht ein kurzer Blick auf die linke Seite des Hauses; ich habe ein Anschauungsobjekt dabei, dort steht nämlich ein Wasserspender mit Einwegbechern.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe Folgendes ausgerechnet: Seit Senator Kerstan im Amt ist, gab es ungefähr 44 Bürgerschaftssitzungen, und ich schätze, das sind ungefähr 300 Becher. Wenn man das addiert, sind dort also seit Senator Kerstans Zeit 11 000 bis 13 000 Becher verbraucht worden. Wenn man die stapeln würde, käme man auf einen Turm von 4 Metern Höhe.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Und jetzt frage ich Sie, wo ist denn hier der politische Gestaltungswille, auch im Kleinen oder vor der eigenen Haustür anzufangen?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wo ist Ihr An- trag?)

Es gibt keinen, weder im Großen noch im Kleinen.

(Beifall bei der CDU)

Und das ist das Problem, das Kernproblem dieses Senats. Meine Zeit ist vorbei. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gamm. – Jetzt hat von der Fraktion DIE LINKE Herr Jersch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um die Spannung wegzunehmen, damit Sie dann meine folgende Bemerkung auch richtig interpretieren: Wir werden dem Antrag zustimmen. Die Diskussion gibt es doch

(Stephan Gamm)

jetzt nicht das erste Mal zu diesem sogenannten Kehrwieder-Becher, und irgendwie ist es ein Wiedergänger in der Politik der Freien und Hansestadt Hamburg, der immer wieder gern als Anlass für Pressebilder und schöne Öffentlichkeitskampagnen genutzt wird. Insofern wäre es schön, wenn dieses wichtige Thema – die Zahlen sind schon genannt worden – für die Freie und Hansestadt Hamburg ein bisschen weniger zur Profilgestaltung taugen würde als wirklich für eine ökologische Gestaltung dieser Stadt. Denn letztendlich geht es um den Ressourcenschutz. Es geht um die Abfallvermeidung und die –entsorgung, und hier haben wir die Situation, dass es eine Vergesellschaftung der Kosten, der ökologischen und der wirtschaftlichen Kosten, zurzeit in der Stadt gibt. Ich denke, dieser Zustand ist dauerhaft nicht haltbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Angesichts des Antrags habe ich mich natürlich auch um die Situation in Berlin gekümmert, und da hat mich der Antrag schon an die Formulierung überholen ohne einzuholen erinnert. Berlin ist da durchaus schon einen Schritt weiter und in den Ausschussberatungen zu einer entsprechenden Beschlussfassung. Da wird es breit parlamentarisch in drei Ausschüssen aufgestellt. Ich denke, das würde diesem Hause vielleicht auch gar nicht so schlecht zu Gesicht stehen.

Aber nichtsdestotrotz ist es vielleicht gut, wenn man wieder Hauptstadt für etwas werden will, und sei es der Pfandbecher.

(Ralf Niedmers CDU: Wenn es schon nicht mit Olympia klappt!)

Da ist die Freie und Hansestadt Hamburg doch Motivationsmotor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dieses Thema sollte nicht im Regierungsplanschbecken versenkt werden. Insofern ist es wichtig, dass wir über die bisher erreichten Ergebnisse, nämlich unverbindliche Erklärungen und Einzelinitiativen einiger Unternehmen in dieser Stadt, hinauskommen. Deswegen ist es natürlich wichtig, dass die Behörde für Umwelt und Energie hier auch einen konkreten Auftrag bekommt. Nichtsdestotrotz finde ich es schon merkwürdig, dass die Machbarkeitsstudie nicht ein eigener Punkt des Petitums ist, sondern in einem Halbsatz des zweiten Punktes untergebracht ist, den wir so klammheimlich direkt noch einmal mit beschließen, denn auch über Machbarkeitsstudien kann man sich gern unterhalten. Es wäre durchaus angebracht, dass man vielleicht ein bisschen mehr Elan in diese Sache investiert, denn bei den Straßenreinigungsgebühren war dieser Senat doch auch extrem elanvoll und hat die Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg abgeladen. Das möchte man für die Kaffeeanbieter hier in der Stadt augen

scheinlich nicht machen, auch wenn es ein Leichtes wäre.

Letztendlich ist es durchaus die Frage, woher kommt eigentlich dieser Auftrag. Er klingt sehr nach einer Auftragsarbeit für die Behörde für Umwelt und Energie. Nichtsdestotrotz, die Sache ist es wert, dass wir hier weiter voranschreiten, und deswegen werden wir diesem Antrag zustimmen und werden natürlich auch darauf schauen, dass wir über mehr als Unverbindlichkeiten hinauskommen und im Zweifelsfall dann auch über neue Maßnahmen reden müssen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Vielen Dank, Herr Jersch. – Jetzt erteile ich das Wort Herrn Dr. Duwe von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist heute der vierte Werbeblock von Rot-Grün.

(Anna Gallina GRÜNE: Tja, wenn man et- was zu bewerben hat!)

Ich gebe zu, die Bezeichnung Kehrwieder-Becher finde ich gut. Das ist wirklich ein Marketinginstrument. Ich frage mich allerdings auch, warum es solche Systeme eigentlich noch nicht gibt, und da bin ich auf die Idee gekommen, das haben sich eine Menge Leute überlegt und sind dann zu dem Schluss gekommen, es wird teuer. Sprich ein System, das sich von sich aus rechnet, wird es wahrscheinlich nicht geben. Und das wird auch wahrscheinlich bei dieser Studie herauskommen. Dann stellt sich natürlich die Frage, wer es zahlen soll. Das ist das Erste.

Das Zweite ist, wir müssen dafür sorgen, dass diese Situation natürlich freiwillig geschieht. Es wird zwar jetzt so gesagt, dass das freiwillig geschehen soll, ich frage mich nur, was dann passiert, denn die Kaffeeketten müssen das doch finanzieren. Das wird nicht so billig werden wie der Plastikbecher. Dann wird es der Kunde bezahlen beziehungsweise der Kunde einmal über den Kaffeepreis, zum Zweiten über den Becherpreis, weil da noch eine Gebühr draufkommt. Das kann ich mir richtig vorstellen, denn die Leute sollen doch gefälligst mit diesem Kehrwieder-Becher auftauchen und den nicht zu Hause vergessen und dann Plastikbecher nehmen.

Was mich sehr stört ist, dass dieser Antrag jetzt einfach durchgewunken wird und dass wir nicht im Umweltausschuss darüber reden können, was zum Beispiel in dieser Studie überhaupt bearbeitet werden soll. Hier wird einfach eine Studie in Auftrag gegeben, und ich gehe einmal davon aus, dass ein größerer Teil der Kosten beim Steuerzahler hängenbleiben wird. Das ist für mich einfach zu wenig.

(Stephan Jersch)

In den beiden Petita 1 und 2 sieht man doch, wo die großen Probleme sind, das ist das Hygieneproblem und das ist das logistische Problem. Da sehe ich großen Bedarf an Diskussion, ob das überhaupt machbar und notwendig ist.

Es wurde schon gesagt, dass das Datum irgendwie fehlt. Petitum 3 bedeutet, der Senat wird gebeten zu berichten, Punkt. Bis wann? Das ist die Frage. Vielleicht gibt es den Senat dann nicht mehr, dann kann er auch nicht mehr berichten irgendwann einmal.

(Jan Quast SPD: Da machen Sie sich mal keine Sorgen! – Zuruf: Der ist ewig, der ewi- ge Senat!)

Der ist ewig, aber wer sagt denn, was Ewigkeit ist.