Protocol of the Session on December 1, 2016

Ja. Das lege ich Ihnen sehr nahe.

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Und weil sie nicht Gremium der Vereinten Nationen sind, sind sie moralisch angreifbar. Das betrifft nach Ihrem Antrag automatisch in letzter Konsequenz auch den Verbund afrikanischer Staaten, die ihre Interessen wahrnehmen wollen innerhalb einer vereinten Welt, das Bündnis der südamerika

nischen Staaten und die Europäische Union. Dass das nicht der Fall sein kann, müsste Ihnen selbst klar sein,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist aber billig!)

und deswegen haben Sie versucht, diesen Antrag gar nicht erst groß zu begründen, sondern sind auf einer völlig anderen Welle geritten. Das zeigt, worauf Sie wirklich hinauswollen.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Worauf wollen Sie hinaus?)

Den Antrag selbst haben Sie hier überhaupt nicht begründet.

Warum stellen Sie diesen Antrag?

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Westenberger, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dolzer?

Alles beides.

Ich habe nur eine Zwischenfrage, und zwar: Die Bündnisse, die Sie eben aufgezählt haben, gerieren die sich auch als eine Art Weltregierung,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

die bindende Beschlüsse für alle aufstellen kann, oder ist da vielleicht ein Qualitätsunterschied zwischen der EU und der G20?

(Beifall bei der LINKEN)

Darauf antworte ich mit Ihrem Antrag: Sie sind informell, treffen keine rechtlich bindenden Beschlüsse und beraten sich untereinander, um zu einem Ergebnis auf ihrem Erdteil, in ihrer Region zu gelangen, um dann diese Interessen innerhalb der Vereinten Nationen zu bündeln.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Nach Ihrer Auffassung ist das allerdings moralisch verwerflich und illegitim. Und jetzt antworte ich einmal wie im privaten Bereich: Nö.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE – Ge- genrufe von der CDU: Oh!)

Nun wollen wir einmal gemeinschaftlich herausarbeiten, was eigentlich dieser Antrag wirklich soll. Denn nach Auffassung der LINKEN – das haben Sie gerade sehr lebhaft miterlebt – sind andere Staatenbündnisse, die vermeintlich gute Interessen vertreten, natürlich weder illegitim noch inkonsequent, geschweige denn rechtswidrig oder auch noch illegal. Was also möchte uns dieser Antrag sagen? Die Fraktionsvorsitzende der LINKEN hat

(Sören Schumacher)

das meines Erachtens eindrucksvoll dargelegt: Dieser Antrag geht in eine völlig andere Richtung, genauso wie der Wortbeitrag der LINKEN. Etwas, das politisch nicht gewünscht ist, wird automatisch als moralisch verwerflich bezeichnet.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Nicht demo- kratisch!)

Was als moralisch verwerflich bezeichnet wird, ist unbeliebt und möglicherweise, weil es verwerflich ist, auch rechtswidrig – und damit angreifbar. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden Sie in der Politik ein sehr unangenehmes Spiel betreiben. Sie sind der Auffassung, dass Ihre Wertvorstellungen, die Sie als legitim bezeichnen, gegen die des Rechtsstaats ausgetauscht werden, und geben damit Leuten wie denen, die letztens an der Messe Autoreifen angezündet und Scheiben eingeworfen haben,

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

eine vermeintlich moralische Grundlage, um zu sagen, sie würden gegen das Unrecht in der Welt antreten.

(Zuruf von Cansu Özdemir DIE LINKE)

Damit begeben Sie sich auf eine Ebene, auf die Sie eigentlich gar nicht wollen. Dort bewegen sich allenfalls der harte Kern der AfD und die Reichsbürger. Diese verwirrten Geister tauschen ihre Wertvorstellungen gegen das aus,

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

was wir im Rechtstaat leben. Wir haben klar definierte Regeln, die wir im Parlament hier und im Bundesparlament gemeinsam schaffen. Diese Werte sind es, die wir gemeinschaftlich als Parlamentarier nach außen tragen und leben.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Ich kann Sie nur bitten, Ihren Antrag entweder zurückzuziehen – es ist wahrhaftig ein sehr gekrampfter Antrag – oder aber zumindest deutlich nach außen zu sagen, wie es gestern unsere derzeitige Präsidentin gesagt hat,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was Frau Öz- demir auch gesagt hat! – Cansu Özdemir DIE LINKE: Wie ich auch fünfmal gesagt ha- be!)

nein, das haben Sie nicht gesagt –

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Doch, das ha- be ich gesagt!)

innerhalb des Meinungskampfes hat Gewalt nichts zu suchen.

Wenn sich in Hamburg Staatspräsidenten aller Erdteile und die 6 Milliarden Leute treffen, um auch darüber zu reden, dass Gewaltverzicht Ausdruck des politischen Miteinanders ist, so sollten wir sie hier begrüßen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Die kommen doch nicht alle!)

Wir sollten aus diesem Hause heraus heute ein Signal des Parlamentarismus hinaustragen. Wir sollten gemeinschaftlich sagen: Sie alle haben hier ein Zuhause. Gewalt nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Herr Westenberger. – Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich versuche einmal, ein bisschen auf den Antrag einzugehen. Es gibt aus meiner Sicht Punkte, die man unterstützenswert finden kann, es gibt aber auch Punkte – da schließe ich mich den Vorrednern an –, die mich an den Rand der Fassungslosigkeit gebracht haben, als ich den Antrag gelesen habe.

Grundsätzlich kann man sagen: Wir sind uns einig und die jetzige Präsidentin hat gestern auch klare Worte dazu gefunden, dass das Recht auf Demonstrationsfreiheit, das Sie in Ihrem Antrag unter Punkt 4 einfordern – man darf vielleicht noch hinzufügen, das soll auch in Sicht- und Hörweite des Veranstaltungsortes stattfinden –, das Recht auf friedliche Versammlung und friedliche Demonstration gerade bei diesem Thema und gerade, wenn ein Herr Trump kommt, etwas ist, das uns parteiübergreifend eint, und dass dieses Recht zu schützen die vornehmste Pflicht der Polizei in dieser Stadt ist. Das werden wir tun. Ich glaube, wir sind alle daran interessiert, dass wir das vernünftig und gut hinbekommen, weil der Protest bei so einem Gipfel genauso legitim ist wie der Gipfel selbst.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der FDP)

Aber natürlich gilt auch – und das ist der Teil, der mich zum Nachdenken gebracht hat –: Die Versammlungsfreiheit, die für die Hamburgerinnen und Hamburger und für alle anderen, die hierher kommen, gilt, gilt auch für die Staats- und Regierungschefs dieser Welt.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Für die 122, die fehlen, auch!)

Also erst einmal: Sie gilt für die Staats- und Regierungschefs dieser Welt.

Und wenn die Bundeskanzlerin, eine Bürgerin dieses Landes, sagt, sie wolle Leute nach Hamburg einladen, darf man ihr das nicht verwehren, und ich möchte den leisen Gedanken hinzufügen, Frau Sudmann, dass es in diesen Zeiten vielleicht wichtiger denn je ist, einmal miteinander zu reden. Ich glaube, das sollten Sie beherzigen.

(Michael Westenberger)

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD – Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Ich beziehe das noch einmal auf Herrn Trump, dem ich und die meisten von uns, vielleicht bis auf die ganz rechte Ecke des Hauses, ideologisch nicht so nahestehen. Viele von uns würden sagen: Gegen das, was er macht, und gegen das, was er propagiert – wenn man denn einmal weiß, was er eigentlich will –, wären wir die Ersten, zu protestieren. Aber man muss doch akzeptieren, dass dieser Mann in einer freien, demokratischen Wahl gewählt wurde und dass die Bundesregierung damit umgehen muss und mit ihm reden muss. Auch als GRÜNEN-Mitglied muss ich sagen: Dass die Bundeskanzlerin gesagt hat, auf Basis universeller Werte biete sie eine enge Kooperation an, ist ein vernünftiger Satz gewesen.