Protocol of the Session on November 30, 2016

Worüber reden wir denn eigentlich? Wir reden darüber, dass wir ein Umwelt- und Hygieneproblem bekommen werden, wenn wir nicht darauf reagieren, dass unsere Straßen, Parks und Wege stärker genutzt werden als in der Vergangenheit. Tag für Tag sind mit Touristen und Pendlern mehr als 2 Millionen Menschen in Hamburg unterwegs, Tendenz steigend. Uns allen dürfte klar sein, dass mehr Menschen auch mehr Müll machen. Hinzu kommt das veränderte Freizeitverhalten, besonders im Sommer. Darüber sollten wir uns eigentlich freuen, weil es die Stadt auch ein bisschen lebendig macht. Aber seit einigen Jahren werden die Parks nicht mehr nur von älteren Menschen zum Spazierengehen, sondern von allen Generationen zum Spazierengehen, Sporttreiben, Chillen und Grillen genutzt. Das bringt auch negative Begleiterscheinungen mit sich. Nicht jeder schafft den Weg bis zum nächsten Papierkorb und manchmal ist der auch schon ziemlich voll. Als Stadtgemeinschaft müssen wir darauf reagieren. Es ist jetzt an der Zeit, Verbesserungen bei der Sauberkeit und auch bei der Pflege herbeizuführen. Dabei geht es nicht nur um die Einwegbecher, die wir hoffentlich bald von den Straßen verbannen können. Alle

Hamburgerinnen und Hamburger wünschen sich, dass endlich auch wieder Mittel da sind, um unseren Parks und Grünanlagen etwas mehr als die Basispflege angedeihen zu lassen. Denn die steigende Nutzung hinterlässt auch Spuren an Wiesen, Büschen und Bäumen. Das alles gehen wir jetzt an.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dabei fangen wir nicht beim Geld an, sondern bei den Strukturen. Wir beenden den Zuständigkeitswirrwarr und sorgen dafür, dass Reinigungsarbeiten künftig aus einer Hand erledigt werden. Künftig wird die Stadtreinigung für die Reinigung aller öffentlichen Flächen zuständig sein. Damit entlasten wir die Bezirke erheblich, denn diese mussten in den letzten Jahren immer größere Anteile ihrer Grünpflegemittel dafür ausgeben,

(Franziska Grunwaldt CDU: Die haben ja keine Mittel mehr bekommen!)

den Müll aus Büschen und Wiesen zu klauben. Darunter haben die eigentlichen Aufgaben, nämlich die gärtnerische Pflege des Grüns, die Neuanpflanzung und die zeitgemäße Weiterentwicklung der Parkanlagen erheblich gelitten. Aufwendige Naturpflegemaßnahmen waren kaum noch möglich. Mit der Übergabe der Reinigungs- und Aufräumarbeiten an die Stadtreinigung entlasten wir die Bezirke von diesen Aufgaben. Ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass die Bezirke dennoch die gleichen Mittel wie bisher zur Verfügung haben werden, die sie tatsächlich in die Pflege und Qualitätsverbesserung der Grünanlagen stecken können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn gerade eine wachsende Stadt braucht intaktes Grün in vielfältigen Formen und muss das Gleichgewicht halten zwischen den Ansprüchen von Erholungssuchenden und den Ansprüchen der Natur auf Erhalt von Biodiversität und Artenvielfalt. Beides wird jetzt besser möglich sein und von beidem werden die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt unmittelbar profitieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Stadtreinigung ihrerseits wird ihr Reinigungspersonal beinahe auf ungefähr 800 Personen verdoppeln. Das ist mehr, als zur Reinigung der Grünanlagen nötig ist. Auch die 1 000 neuen Papierkörbe, die gerade aufgestellt werden, können problemlos geleert werden. Und vor allem wird die Reinigungsfrequenz in den Straßen selbst erhöht. Ja, das kostet Geld. Stadtreinigung und Umweltbehörde setzen dafür erhebliche eigene Mittel ein, aber das reicht nicht aus für dieses ehrgeizige Programm, das den Bürgerinnen und Bürgern einen echten Mehrwert beschert. Bisher war es in Hamburg nicht wie in anderen Städten üblich, den Bürgerinnen und Bürgern die Straßenreinigung in

Rechnung zu stellen. Das galt immer irgendwie durch die Müllgebühren als abgegolten. Nun hat die Stadtreinigung – auch das muss einmal betont werden – sage und schreibe seit 2011 die Gebühren nicht mehr erhöht. Vor diesem Hintergrund halten wir die Einführung einer maßvollen Gebühr für die Straßenreinigung für vertretbar, denn die Bürgerinnen und Bürger bekommen auch etwas dafür.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Schließlich handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe, die dazu beiträgt, dass wir uns alle in unserer Stadt wohler fühlen. Diese soll dann auch von der Stadtgemeinschaft gemeinsam getragen werden. Die neue Gebühr ist ab 2018 zu entrichten, die ersten Verbesserungen sind schon 2017 vorgesehen. Die Gebühr wird nach der Straßenlänge der Grundstücke bestimmt, monatlich 50 oder 60 Cent pro Frontmetergrundstück. Das heißt, wie Frau Dr. Schaal schon gesagt hat, dass das für die Mehrzahl der Hamburger Haushalte, nämlich für diejenigen in den Mehrfamilienhäusern, die ja auch nicht immer zu den wohlhabendsten gehören, kaum zu Buche schlagen wird. Dort, wo Einzelhäuser auf größeren Grundstücken stehen, wird es etwas mehr. Es gibt dort aber auch einen gewissen Ausgleich, weil die Reinigungsfrequenz in den ruhigeren Wohnstraßen eine geringere sein wird als in der inneren Stadt.

Auch das wachsende Hamburg soll sich umweltfreundlich, ansehnlich und frei von Abfallbergen präsentieren. Dafür mobilisieren wir jetzt neue Ressourcen und erbringen neue Leistungen. Die Bürgerinnen und Bürger werden dafür um einen maßvollen Beitrag gebeten. Wer das so in Grund und Boden zu kritisieren versucht wie Herr Gamm, der setzt sich dem Verdacht aus, im Grunde keine Verbesserungen zu wollen, um weiterhin die Missstände anprangern zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dr. Monika Schaal SPD: Ja!)

Da machen wir nicht mit. Die rot-grüne Koalition geht die Probleme an und löst sie zum Wohle aller in dieser Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

(Sören Schumacher SPD: Zum Wohle aller, Stephan!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mal sehen, ob ich mich jetzt auch einem Verdacht aussetze,

(Farid Müller GRÜNE: Immer!)

aber mit Blick auf die Stadtreinigungsgeschichte stellt man fest, dass die Taktung von Sauberkeits

maßnahmen, von Initiativen seit 1560, als die erste auf den Markt geschmissen wurde, mittlerweile atemberaubend ist. Und ich habe angesichts dieser Initiative das Gefühl, dass die Regierungskoalition mittlerweile hyperventiliert. Wenn wir von der LINKEN immer mal wieder sagen, die Einnahmenseite der Stadt müsse verbessert werden, dann möchte ich Ihnen an dieser Stelle doch einmal sagen, dass Sie das völlig falsch verstanden haben.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Monika Schaal SPD: Warten Sie doch einmal die Gebüh- renordnung ab! – Dr. Andreas Dressel SPD: Seit wann wollt ihr die Grundeigentümer stützen?)

Es geht hier auch um eine soziale Staffelung und natürlich um eine Staffelung, bei der letztendlich nicht jeder für den Müll des anderen bezahlen soll. Das, was Sie hier vorlegen, schlägt auch Hamburgs letzter Mülltonne den Boden aus. In diesem Bereich mit einer neuen Gebühr zu kontern und vor allen Dingen wieder die Zentralisierung in Hamburg hinterherzuschieben, sind altbekannte Mechanismen, die dieser Senat allzu gern macht. Dabei ist es doch wirklich eine Ursache, dass das Personal in den Bezirken seit Jahren ausgedünnt wird, dass Sie den BOD aufgelöst haben als Kraft,

(Dr. Monika Schaal SPD: Trauern Sie aus- gerechnet dem hinterher?)

der auch für Sauberkeit gesorgt hat. Stattdessen wollen Sie 400 neue Kräfte für die Stadtreinigung einstellen, die in den Bezirken viel besser für den Zustand der Straßen und der Parks eingesetzt werden könnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist eine absolute schlechte Leistung des Senats, die auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger geschieht.

Ich verstehe nicht, wieso Sie erst jetzt eine langfristige Finanzierung des Themas Sauberkeit sicherstellen wollen. Seit Jahren ist klar, dass die Positionen im Haushalt dafür nicht ausreichen. Sie wissen laut eigener Drucksache immer noch nicht, wie viel Sie dafür wirklich benötigen. Insofern ist das völlig aus dem hohlen Bauch von Ihnen für diese Stadt gegen die Bürgerinnen und Bürger geplant. Ich wage zu bezweifeln, dass das die einzige Position des Haushalts ist, bei der den Bezirken die finanzielle Luft ausgeht.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Die Bezirke krie- gen so viel Geld!)

Insofern würde mich schon interessieren, worin Ihr Leistungsversprechen für die Menschen in Altengamme, in Duvenstedt, in Rissen oder in Cranz besteht. Das ist mir ein Rätsel. Etwa darin, dass, wenn sie als Tourist nach Hamburg kommen, die Innenstadt sauber aussieht? Wir sollten erst einmal darüber diskutieren, wo die Hotspots sind und wer

(Ulrike Sparr)

hier für wen zahlen soll. Dann können wir uns darüber unterhalten, wie so etwas zu finanzieren ist.

(Beifall bei der LINKEN und bei Stephan Gamm CDU)

Augenscheinlich haben Sie die Finanzierung bereits komplett ausgeplant.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Eben hieß es noch, wir haben keine Ahnung! Ja, was denn nun?)

Das finde ich äußerst spannend, zumal es doch erst einmal eine entsprechende Drucksache gibt, dass das entsprechend vorbereitet werden soll. Vor allen Dingen nimmt die Stadt damit wirklich Abstand vom Verursacherprinzip. Das ist ein Versagen der Politik in dieser Stadt. Die Müllvermeidung wird hintangestellt. Stattdessen werden alle in Kollektivhaft genommen und müssen für all die zahlen, die sich nicht an Grundsätze des Zusammenlebens halten.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wo haben Sie das denn her?)

Dieser Paradigmenwechsel geht zulasten aller Hamburgerinnen und Hamburger. Das ist der Skandal, der dieser Drucksache der SPD-GRÜNEN-Koalition zugrunde liegt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich empfehle Ihnen wirklich, noch einmal die Sustainable Development Goals der UN zu lesen. Ich glaube nicht, dass Sie diese großartig in Einklang bringen werden mit dem, was Sie hier beantragen. Da gibt es einige Differenzen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was? Da steht Vermüllung der Landschaft, oder was?)

Partnership for the goals.

Sie machen die einen zum Zahlesel und dieser Antrag gehört nur an einen Ort: nämlich in die blaue Tonne.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit falschem Ansatz, mangelnder Zielstrebigkeit und ohne nachhaltige Maßnahmen für die Umwelt riskieren Sie auch ein öffentliches Unternehmen und die Zukunft der Bezirke, weil Sie sie weiter ausdünnen, weil Sie Aufgaben aus den Bezirken wegnehmen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was? Wir dünnen nicht aus, wir stärken die Bezirke!)

Mit dieser Gebühr wird Sauberkeit in Hamburg zu einer kostenpflichtigen Zusatzausstattung. Das geht so nicht. Sie verhalten sich wie ein Autohändler.

(Beifall bei der LINKEN)

Das jetzt durchzupeitschen, ohne vorher in den Ausschuss zu gehen, ist ein Skandal. – Danke.