Die Sauberkeit auf Hamburgs Straßen, den öffentlichen Wegen, Grünanlagen und Plätzen hat maßgeblichen Einfluss auf die Attraktivität und die Lebensqualität in unserer Stadt. Das ist nicht nur für das allgemeine Wohlbefinden von großer Bedeutung, sondern auch für das individuelle Sicherheitsempfinden eines jeden Einzelnen. Ja, es gibt bezüglich der vielerorts mangelhaften Sauberkeit in unserer Stadt einen erheblichen Handlungsbedarf. Daher begrüßen wir als CDU-Fraktion es ganz ausdrücklich, dass dieser Senat endlich sein Wahlversprechen aus dem Jahr 2011 umsetzen möch
te. Erstmals seit der Abschaffung des Bezirklichen Ordnungsdienstes unternimmt dieser rot-grüne Senat nun einen konzeptionellen Vorstoß, um für das Sauberkeitsproblem unserer Stadt eine strukturelle Lösung zu finden. So weit, so gut. Doch das, was wir bislang über das sogenannte Sauberkeitskonzept von Rot-Grün wissen, in dessen Zentrum die Einführung einer neuen Sauberkeitsgebühr für alle Hamburgerinnen und Hamburger steht, ist inhaltlich und methodisch an Dilettantismus kaum zu überbieten.
Dies zeigt sich neben inhaltlichen Unzulänglichkeiten auch in der Art und Weise, wie dieser Senat und insbesondere Senator Kerstan in den vergangenen Wochen dieses Vorhaben kommuniziert haben. Alles nahm seinen Anfang im Herbst dieses Jahres. Am 14. Oktober 2016 hat Senator Kerstan gegenüber dem NDR verlauten lassen, dass seine Behörde seit Monaten in enger Abstimmung mit der Senatskanzlei, der Stadtreinigung und anderen Behörden an einem Konzept zur Umstrukturierung der Reinigungsdienste arbeitet und eine neue Gebühr einführen möchte. Als wichtige Grundsatzentscheidung wurde die Zentralisierung der Stadtreinigung Hamburg angekündigt – das ist ja auch ein wesentlicher Gegenstand dieses Antrags, den wir hier debattieren. Doch wenn man hinterfragt: Gibt es Argumente, warum das sinnvoll sein soll? Fehlanzeige. Wie hoch die Gebühren sein sollen? Fehlanzeige. Wie viel Geld die Stadt einnehmen möchte? Fehlanzeige.
Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich daraufhin eine Anfrage an den Senat gerichtet mit 14 Fragen zu diesem Konzept.
Nein, jetzt nicht. – Genau einen Monat später gab es eine rotgrüne Pressemitteilung, durch die wir auch nicht schlauer geworden sind. Diese wimmelte geradezu von Worthülsen und inhaltsleeren Aussagen. In einem Interview am 24. November 2016 mit der "Hamburger Morgenpost" verweigerte Senator Kerstan schlicht die Antwort auf die Frage, wie viele Millionen die Stadt denn durch diese neue Gebühr einnehmen möchte. Nur zwei Tage später bestätig
te aber seine Behörde einen Bericht der "Bild"-Zeitung, dass er sehr wohl mit Einnahmen in Höhe von 25 bis 30 Millionen Euro rechnet. Diese Salamitaktik, Informationen nur auf Druck der Presse preiszugeben, zeugt eindeutig davon, dass Sie zum einen auch nach vielen Monaten Arbeit an diesem Konzept offenbar zu vielen wichtigen Sachverhalten überhaupt nicht aussagefähig sind und zum anderen offenbar den berechtigten Widerstand der Öffentlichkeit fürchten.
Wenden wir uns doch einmal den verschiedenen Fragestellungen zu, die mit diesem Konzept zusammenhängen.
Es beginnt mit der offenbar bereits vom Senat getroffenen Grundsatzentscheidung, 400 zusätzliche Stellen bei der Stadtreinigung zu schaffen und diese durch die Hebung einer Straßenreinigungsgebühr zu finanzieren. Da haben wir schon den ersten großen Widerspruch. So heißt es in Ihrem Antrag, den wir hier diskutieren, unter Punkt 1 b sinngemäß, die Höhe der Gebühr richte sich nach den konkreten und nachweisbaren Bedarfen für eine saubere Stadt. Doch dann frage ich mich, wenn der Bedarf noch nicht feststeht, wieso Sie jetzt schon diese Zahl 400 in den Raum stellen. Warum sollen es genau 400 sein? Warum nicht 200 oder 800? Und einen Nachweis, was diese zusätzlichen Reinigungskräfte konkret tun sollen, sind Sie uns bis heute schuldig. Es ist hilfreich, sich die Zahl 400 einmal ein bisschen genauer anzusehen. 400 Reinigungskräfte können pro Jahr über eine Million Arbeitsstunden verrichten. Wenn wir jetzt einmal – das ist nur ein Beispiel, das ich nicht überprüft habe – von 250 Schmuddelecken in Hamburg ausgehen und jede Schmuddelecke von drei Reinigungskräften zwei Tage lang komplett gereinigt wird, dann kommen wir auf insgesamt 12 000 Arbeitsstunden. Das heißt aber, dass wir immer noch weit über eine halbe Million Arbeitsstunden zur Verfügung haben,
(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist doch su- per! Dann können wir überall sauberma- chen, auch die Schmuddelecken!)
über die Sie nicht sagen, was mit diesen verbleibenden Kapazitäten stattfinden soll. Damit ist im Übrigen auch nicht beantwortet worden, ob es wirtschaftlich nicht viel günstiger wäre, diese Aufgaben vollständig oder zumindest anteilig von privaten Reinigungsfirmen durchführen zu lassen.
Diese sind in der Regel bei der Erbringung von Reinigungsleistungen bei sehr hohen sozialen Standards im Durchschnitt nämlich 30 Prozent kostengünstiger als ein öffentliches Unternehmen. Das wird durch zahlreiche Studien eindeutig belegt.
Die maßlose Aufblähung der Stadtreinigung Hamburg und die damit einhergehende Ausweitung des Aufgabenspektrums sind daher auch noch mittelstandsfeindlich
(Dr. Andreas Dressel SPD: Oh bitte! Jetzt komm doch bitte nicht mit dem Argument! Das ist doch absurd!)
und setzen gerade auch die Hamburger Unternehmen, die sich ohnehin unternehmerisch laufend optimieren müssen, zusätzlich unter Druck.
Der nächste große Kritikpunkt betrifft Ihr angeblich konkretes Leistungsversprechen, das da lautet – wohlgemerkt, konkretes Leistungsversprechen –:
Das ist Ihr konkretes Versprechen. Also unkonkreter geht es doch nicht. Solange Sie nicht in der Lage sind, präzise zu sagen, was das genau bedeutet, ein Leistungsverzeichnis diesem Versprechen zugrunde legen, ist diese Aussage völlig inhaltsleer. Daher hat mich die Stellungnahme des Kollegen Tjarks in Ihrer Pressemitteilung wirklich ein wenig amüsiert. Sie sprechen davon, dass Sie sich an der Erfüllung dieses Leistungsversprechens messen lassen wollen. Ich kann mich aber nicht messen lassen, wenn ich keinen Maßstab nenne oder den Gegenstand dessen, was gemessen werden soll, nicht benenne. Es bleibt dabei: Rot-Grün will eine Gebühr einführen, ohne die Gegenleistung zu spezifizieren. Dieses Vorgehen zeichnet sich durch ein Ausmaß an politischer Unzulänglichkeit aus, wie ich es bis dato kaum erlebt habe. Daher möchte ich nun zum Kern meiner Kritik kommen.
(Beifall bei Franziska Grunwaldt CDU – Dirk Kienscherf SPD: Na, da bin ich ja gespannt! – Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist denn Ihr Vorschlag?)
Dieser Senat will eine neue Gebühr einführen und alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zusätzlich belasten. Er möchte sich künftig die Wahrnehmung einer elementaren Grundaufgabe dieser Stadt, nämlich für Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung zu sorgen, von allen Hamburgerinnen und Hamburgern bezahlen lassen, völlig losgelöst davon, ob der Einzelne selbst Dreck verursacht hat oder nicht. Hamburg kann sich aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland seit 2011 fast durchgehend jedes Jahr über Steuermehreinnahmen freuen. Die Einführung dieser neuen Gebühr wird aber die Mieten für über 700 000 Wohnungen in Hamburg erhöhen. Das ist gerade in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen erbärmlich und ideenlos.
Gleichzeitig legen Sie aber auch nicht dar, ob dieser drastische Schritt wirklich alternativlos ist, so wie er hier dargestellt wird. Sind denn alle Möglichkeiten bei der Stadtreinigung durch Aufgabenkritik oder organisatorische Veränderungen geprüft worden? Wir können das nicht beurteilen, weil Sie sich dazu schlicht und ergreifend nicht äußern. Doch gerade wenn ein Senat eine solche folgenreiche Maßnahme durchsetzen möchte, steht er ganz besonders in der Pflicht, die Gründe dafür offenzulegen. Alles andere lässt entweder eigene fachliche Unkenntnis oder Arroganz vermuten. Beides ist nicht gerade eine Zier, die sich ein Senat an die Brust heften sollte.
Dann sprechen Sie noch davon, die Belastung solle sozial verträglich sein. Noch immer ist unklar, wie hoch die Belastungen für den Einzelnen ausfallen werden, und es ist unklar, wie Sie Ihre Aussage sozial angemessen definieren. Wir wissen zwar auf der einen Seite, dass offenbar seit Monaten an dem Konzept gearbeitet wird, aber Frau Dr. Schaal, Sie haben eben gesagt, Sie möchten es nicht im Ausschuss diskutieren, weil Sie eigentlich noch nicht so weit sind.
Wie sollen diese Gebühren eingenommen werden? Welcher bürokratische Aufwand ist damit verbunden? Wie soll mit Menschen verfahren werden, die diese Abzockegebühr nicht bezahlen und so weiter und so fort?
Es gibt ein ganzes Bündel unbeantworteter Fragen. Sie sehen alle, auf welch schwachen Beinen dieses vermeintliche Sauberkeitskonzept von RotGrün steht. Daher kündige ich hiermit an, dass dieses Thema mit der heutigen Debatte bei Weitem nicht beendet ist.
Wir werden Sie als politisch Verantwortliche hierbei nicht aus Ihrer Pflicht entlassen und Sie dazu bringen, dass Sie uns Antworten liefern, weil Sie das den Hamburgerinnen und Hamburgern schuldig sind. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Herr Gamm hat sich pflichtgemäß echauffiert. Er ist auch ein bisschen laut geworden, aber im Grunde genommen hatte ich den Eindruck, als hätte er gar nichts zu kritisieren gehabt.
Was blieb denn eigentlich übrig? Es gibt noch kein Konzept. Das ist richtig, die Senatsdrucksache steht noch aus. Wir sind jetzt in einem Stadium, in dem die Bürgerschaft einen Antrag verabschieden soll. Das ist formal ein anderer Schritt. Das hat Herr Gamm vielleicht nicht ganz realisiert.
Dann hat er kritisiert, dass wir möglicherweise viel zu viele Reinigungskräfte einstellen. Es fiel ihm aber nichts anderes ein als, ich glaube, es war Papierkörbe leeren oder irgendetwas. Die Aufgaben der Stadtreinigung und das, was wir uns vorgenommen haben, sind vielfältiger.
Das werden wir dann sicherlich auch noch einmal im Ausschuss besprechen, wenn wir die Senatsdrucksache haben.
Dann fiel Ihnen wieder das Ding mit der Privatisierung ein. Tolle Idee. Wir haben neulich in einem Fernsehbeitrag sehen können, wie sich die Privatisierung der Müllabfuhren auf bestimmte Städte in Deutschland ausgewirkt hat, nämlich so, dass die Leute jetzt 30-und-mehr-prozentige Erhöhungen der Müllgebühren haben. Das wollen wir nicht.
Worüber reden wir denn eigentlich? Wir reden darüber, dass wir ein Umwelt- und Hygieneproblem bekommen werden, wenn wir nicht darauf reagieren, dass unsere Straßen, Parks und Wege stärker genutzt werden als in der Vergangenheit. Tag für Tag sind mit Touristen und Pendlern mehr als 2 Millionen Menschen in Hamburg unterwegs, Tendenz steigend. Uns allen dürfte klar sein, dass mehr Menschen auch mehr Müll machen. Hinzu kommt das veränderte Freizeitverhalten, besonders im Sommer. Darüber sollten wir uns eigentlich freuen, weil es die Stadt auch ein bisschen lebendig macht. Aber seit einigen Jahren werden die Parks nicht mehr nur von älteren Menschen zum Spazierengehen, sondern von allen Generationen zum Spazierengehen, Sporttreiben, Chillen und Grillen genutzt. Das bringt auch negative Begleiterscheinungen mit sich. Nicht jeder schafft den Weg bis zum nächsten Papierkorb und manchmal ist der auch schon ziemlich voll. Als Stadtgemeinschaft müssen wir darauf reagieren. Es ist jetzt an der Zeit, Verbesserungen bei der Sauberkeit und auch bei der Pflege herbeizuführen. Dabei geht es nicht nur um die Einwegbecher, die wir hoffentlich bald von den Straßen verbannen können. Alle